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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

19 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Armbrust, Feuerwaffen, 30-jähriger Krieg ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 06:38
Ich lese gerade "Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges" von Peter Englund. http://www.amazon.de/Verw%C3%BCstung-Eine-Geschichte-Drei%C3%9Figj%C3%A4hrigen-Krieges/dp/349962768X

Dabei will es mir aber irgendwie nicht in den Kopf, warum sich dieses unsagbar umständliche Gefrickel beim Laden der ersten Feuerwaffen gegenüber dem Gebrauch von Bögen oder Armbrüsten letztendlich durchgesetzt hat! Die gesamte Handhabung ist nämlich so dermaßen kompliziert, dass man sich wirklich wundern muss, warum eigentlich alles kriegerische Gesindel im dreißgjährigen Krieg nicht ausschließlich mit Bajonetten, Säbeln, Sensen, Gabeln, Löffeln und Pflugscharen aufeinander losgegangen ist.

Aber um zu verstehen, was genau ich damit meine, hilft wohl am besten das nachfolgende Video, in dem sehr detailgenau die Benutzung eines Luntenschlossgewehres aus dem 17. Jahrhundert erklärt wird:

Youtube: Demonstration of a 1611 Matchlock Musket
Demonstration of a 1611 Matchlock Musket
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Was für ein unheimlich kompliziertes, störanfälliges Herumgebastel an einer Waffe, die gleichzeitig immer auch auf die ausreichende Versorgung mit Schießpulver, Lunten und Kugeln angewiesen war!
Und das wohlgemerkt alles nur für einen einzigen Schuss! Danach geht die ganze Prozedur nämlich wieder von vorne los!

An der vernichtenden Wirkung von zeitgenössischen Kanonen habe ich dagegen überhaupt keinen Zweifel! Deren Auswirkungen, besonders auf eng gestaffelte Verbände, waren sicherlich verheerend. Laut Englund reichte manchmal sogar ein einziger Schuss aus, um dutzende Gegner oder deren Pferde zu töten oder schwer zu verstümmeln! Deswegen hatten damals Kanonen, Mörser (bei Belagerungen) etc. sehr wohl ihre Berechtigung!

Ich kann aber bisher immer noch nicht nachvollziehen, worin beim Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit der entscheidende Vorteil von Feuerwaffen für die Infanterie gegenüber den altbewährten Bögen oder Armbrüsten gelegen haben soll?

Eine mögliche Erklärung wäre vielleicht die sehr viel größere Schadenswirkung, die ein damaliges Schusswaffenprojektil gegenüber einem Pfeiltreffer hatte. Aber ob das wirklich der einzige Grund war, der den Siegeszug der ersten primitiven Feuerwaffen begünstigte, wage ich zu bezweifeln.

Spoilerhttp://www.youtube.com/watch?v=7YyBtMxZgQs

:D

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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 06:54
wenn sie aber einmal geladen war, konnte man auf recht entspannte distanz durchaus zielsicher treffen, und musste dafür nicht mal besonders geübt sein. für den bogen brauchte man kraft und übung, und die armbrust reichte nicht so weit. schätze, das war der vorteil.. zumal man auch das laden perfektioniert hatte.. usw


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 07:58
Ausserdem ist ja nicht jeder Soldat mit einem Gewehr rumgelaufen wie heutzutage. Da stand in der ersten Reihe eine Schützenlinie, die (je nach Sichtweite) ein oder zwei Schuss auf die anstürmende Armee abgegeben hat, um sie "auszudünnen". Jeder Gegner, den man gleich erschossen hat, muss später nicht mehr bekämpft werden. Die Schützen dürften so ab 50 Meter Entfernung die Büchse weggepackt und das Schwert oder eine sonstige Nahkampfwaffe gezogen haben. Die ersten Schiessapparate waren eher Unterstützungswaffen, bis der Hinterlader und schliesslich die vorgeladene Patrone erfunden wurde.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 08:51
Videos funktionieren bei mir leider nicht, also muss ich blind spekulieren:

Vielleicht war die größere Reichweite entscheidend, und bei Volltreffern natürlich die Effektivität. Da wird man sicher abgewogen haben.
Der Stärkere macht Geschichte.
Auch heute noch ist es so: wer einen Virus in ein Computersystem einschleust erreicht mehr als der, der den Stecker zieht, obwohl ersteres natürlich länger dauert.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 11:50
Also ich habe mal irgendwo gelesen, dass es tatsächlich daran lag, einen Infanteristen schnell daran ausbilden zu können, wie @rockandroll auch schon schrieb, man brauchte keine gut ausgebildeten Elite Kämpfer in der Infanterie und konnte dennoch ihre Schlagkraft erhöhen.

mfg
kuno


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 13:28
Vielleicht, weils so schön laut geknallt hat.

Btw, ich finde Feuerwaffen ziemlich uncool. Viel zu laut, damit zu unsportlich. Hat nichts von "Jäger".


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 13:36
@KillingTime
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb: Viel zu laut, damit zu unsportlich.
Und der Rauch brennt in den Augen. :D

mfg
kuno


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 13:38
Zitat von kuno7kuno7 schrieb:der Rauch brennt in den Augen. :D
Nicht nur das. Es gibt auch Schmauchspuren an den Händen und verräterische Patronenhülsen (sofern man Schusswaffen mit automatischem Auswurf benutzt).


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 13:51
Feuerwaffen waren lange Zeit nur eine randerscheinung auf dem Schlachtfeld, wurden aber stetig weiterentwickelt, ja, die anfänglichen Feuerwaffen waren umständlich, schwer, hatten eine Reichweite die nicht an Langbögen herankam, aber selbst der dümmste Bauer konnte, nachdem man ihn gezeigt hat aus welcher richtung es "bumm" macht, diese benutzen.
Wirklich durchgesetzt haben sie sich erst als aus dem Luntenschloss das Steinschlossgewehr wurde, welches schneller zu Laden, deutlich zuverlässiger und besser zu handhaben war.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 14:21
@KillingTime
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Vielleicht, weils so schön laut geknallt hat.
Kein Mist! Den Eindruck, den so ein Teil auch auf Verbündete macht, und nebenbei auch die Phallussymbolik darf man dabei sicherlich nicht ganz vergessen. Ein langer Stab, aus dem sich Feindestod und Feuer ergiessen! Hrr Hrr.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 14:29
Zitat von DahergelaufenDahergelaufen schrieb:nebenbei auch die Phallussymbolik
Die Phallus-Symbolik ist ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt. Gut, dass du das ansprichst. Man denke hier nur mal an Pumpguns, wie sie nachgeladen werden, und wo dann vorn etwas herauskommt.


Youtube: Hatsan 8 shot pumpgun
Hatsan 8 shot pumpgun
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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

11.01.2014 um 21:05
Zitat von allmotlEYallmotlEY schrieb:Vielleicht war die größere Reichweite entscheidend, und bei Volltreffern natürlich die Effektivität.
Ein Bauer mit einem Gewehr wiegt einen Schwer Gepanzerten Reiter auf.
Zitat von DahergelaufenDahergelaufen schrieb:Ausserdem ist ja nicht jeder Soldat mit einem Gewehr rumgelaufen wie heutzutage.
Ein jeder Musketier hatte auch immer einen Degen dabei. :)


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

12.01.2014 um 00:44
@JohnDifool
Die Frage ist einem Threadbeitrag aus Platzgründen nicht einfach zu erklären. Ich lasse ganz einfach mal vieles weg und beschränke mich auf das Wesentliche:
Kriegführung im 17. Jahrhundert war nicht so, wie sie jeden Sonntag um 19.30 Uhr beim ZDF im Vorspann von Terra X dargestellt wird. Da rennen zwei lockere Haufen aufeinander los und schlagen mit Blankwaffen aufeinander ein. Das ist Mittelalter, aber kein dreißigjähriger Krieg.
Die Generäle haben nämlich in der frühen Neuzeit (ab 14. Jahrhundert) gemerkt, dass sie effektiver kämpften und mehr Schlachten gewannen, wenn sie die Soldaten nicht offen kämpfen ließen, sondern in dichtgestaffelten Gruppen, den sogenannten Haufen. Die Hauptwaffe war ein bis zu 5 Meter langer Speer, die diese Truppen in Angriff und Abwehr in eine Art Igel verwandelten. Schußwaffen (Bogen oder Armbrüste) spielten in der offenen Feldschlacht eher eine untergeordnete Rolle, weil wegen der geringen Schußfolge die Salven duch schnelles Vorrücken und besonders durch Kavallerie leicht unterlaufen werden konnten. Die klassische Schußwaffe war eher etwas für den Festungs- und Stellungskrieg, um den Feind auf Abstand zu halten. Das war in der Anfangszeit (14, 15. Jahrhundert) auch der bevorzugte Einsatzort für die ersten "Hand"feuerwaffen, unförmige, schwere Geräte, die auf Brüstungen gelegt wurden. Der einzige Grund, der damals für eine Feuerwaffe sprach, war neben dem phychologischem Effekt von Knall und Rauch tatsächlich nur die Tatsache, dass die Ausbildungszeit an dieser Waffe sehr kurz war (und ist).
Es war eine ganze Reihe von Erfindungen, die der Faustfeuerwaffe dann den Durchbruch verschaffte: Statt der primitiven Lunte, immer ausgeklügeltere Abschußvorrichtungen, die sog. Schlösser (google Radschloss, Steinschloss), die fertig abgepackte Pulverladung (Patrone) und die Erfindung des Bajonetts, die das abgechossene Gewehr in eine Minni-Lanze verwandelte und den Soldaten auch während der Ladephase gegen Nahangriffe wehrhaft machte. Das sind freilich Erfindungen, die erst Jahrzehnte nach dem Ausrüstungsstand des Mannes in dem Video gemacht wurden und erst dann setzte sich das Gewehr durch. Übrigens nur bei der Fußtruppe, die Kavallerie machte noch bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrunderts erfolgreiche Lanzenangriffe, weil Neuladen auf einem galloppierenden Pferd unmöglich ist.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

12.01.2014 um 01:14
Zitat von JohnDifoolJohnDifool schrieb:Ich kann aber bisher immer noch nicht nachvollziehen, worin beim Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit der entscheidende Vorteil von Feuerwaffen für die Infanterie gegenüber den altbewährten Bögen oder Armbrüsten gelegen haben soll?

Eine mögliche Erklärung wäre vielleicht die sehr viel größere Schadenswirkung, die ein damaliges Schusswaffenprojektil gegenüber einem Pfeiltreffer hatte. Aber ob das wirklich der einzige Grund war, der den Siegeszug der ersten primitiven Feuerwaffen begünstigte, wage ich zu bezweifeln.
Das ging eh alles sehr langsam (über Generationen hinweg).

1525 waren 1500 baskische Arkebusiere entscheidend in der Schlacht von Pavia zwischen den Habsburgern und Franzosen. Aber sie hatten eine sehr eng definierte Aufgabe: Angriff auf das Zentrum der Franzosen - Wikipedia: Schlacht bei Pavia (1525)

1571 waren bei der Seeschlacht von Lepanto auf der Seite der Christlichen Liga 20.000 Arkebusiere schlachtentscheidend gegen die Osmanen im Einsatz - Wikipedia: Seeschlacht von Lepanto

Ergo:

1. Die Entwicklung ging langsam vor sich.
2. Der Einsatz wurde strategisch/taktisch geplant.
3. Der Vorteil: Panzerrüstungen konnten durchschossen werden

Punkt 3 wog definitiv bei massivem Einsatz Armbrust wie Bogen auf, die gegen gepanzerte Soldaten nichts anfangen konnten. Schusswaffen machten gepanzerte Kriegerheere des Mittelalters hinfällig.

Überblick:
Wikipedia: Arkebuse
Wikipedia: Muskete


PS: Den Englund habe ich mir auch angeschafft, muss ihn aber erst lesen.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

13.01.2014 um 23:28
Vielen Dank für eure bisherigen Antworten. :)

Zwischenzeitlich hab' ich selber noch ein wenig auf Wikipedia herumgestöbert, welches übrigens gerade bei historischen Themen in der Regel ziemlich gut ist. Da gibt es bezüglich der Ausführlichkeit und Faktentreue meist recht wenig zu meckern.

Ergänzend zu dem Video aus meinem Eröffnungsbeitrag, bin ich dabei noch auf eine kleine Auflistung von Nachteilen von Luntenschlossgewehren gestoßen:
Nachteile waren:
-Notwendigkeit des Mitführens einer brennenden Lunte,
-keine sofortige Feuerbereitschaft auf dem Marsch,
-häufiges Korrigieren der laufend abbrennenden Lunte am Schloss,
-Nässeempfindlichkeit von Lunte und Pulver in der Pfanne,
-das Pulver in der Pfanne konnte herausfallen oder vom Wind weggeblasen werden.
Wikipedia: Luntenschloss

Man stelle sich nur mal vor, man will angesichts des Feindes seine Muskete laden und starker Wind bläst einem andauernd das Pulver aus der Pfanne. Sowas musste einen damaligen Musketier doch völlig kirre machen ! :D

@KillingTime
Zitat von KillingTimeKillingTime schrieb:Vielleicht, weils so schön laut geknallt hat.
Das Knall-Bumm-Spektakel hatte ganz zu Anfang und für kurze Zeit wohl tatsächlich eine nicht zu unterschätzende, demoralisierende Wirkung auf Gegner, die darauf nicht vorbereitet waren!

@rockandroll
@kuno7
@Adrianus
@Lupo1954
Zitat von rockandrollrockandroll schrieb:wenn sie aber einmal geladen war, konnte man auf recht entspannte distanz durchaus zielsicher treffen, und musste dafür nicht mal besonders geübt sein.
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Zitat von kuno7kuno7 schrieb:Also ich habe mal irgendwo gelesen, dass es tatsächlich daran lag, einen Infanteristen schnell daran ausbilden zu können, wie @rockandroll auch schon schrieb, man brauchte keine gut ausgebildeten Elite Kämpfer in der Infanterie und konnte dennoch ihre Schlagkraft erhöhen.
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Zitat von AdrianusAdrianus schrieb:aber selbst der dümmste Bauer konnte, nachdem man ihn gezeigt hat aus welcher richtung es "bumm" macht, diese benutzen.
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Zitat von Lupo1954Lupo1954 schrieb:Der einzige Grund, der damals für eine Feuerwaffe sprach, war neben dem phychologischem Effekt von Knall und Rauch tatsächlich nur die Tatsache, dass die Ausbildungszeit an dieser Waffe sehr kurz war (und ist).
Ja. Die relativ einfache Ausbildung dürfte wohl tatsächlich einer der Hauptgründe bei der Einführung von frühen Handfeuerwaffen gewesen sein! Das sehe ich jetzt auch so.

Im Buch von Englund steht zu den späteren, sehr viel ausgereifteren Musketen, dass für die Ausbildungszeit, um neu ausgehobene Mannschaften in den 143 (!) verschiedenen Griffen des Musketendrills zu unterweisen, nur eine Woche veranschlagt wurde. Allerdings muss man dabei bedenken, dass Söldner zur Zeit des 30-jährigen Krieges oftmals jahrelang keinen regulären Feind in einer tatsächlichen Schlacht zu Gesicht bekamen. Da blieb also meist mehr als genug Zeit, sich mit der Waffe vertraut zu machen.

Andererseits dürfte die Handhabung einer Armbrust für ungeübte Bauern ähnlich einfach gewesen sein. Hier stellt sich mir aber gleichzeitig die Frage, warum die Ausbildung am Langbogen eigentlich soviel zeitaufwendiger gewesen sein soll? Abgesehen vom größeren Kraftaufwand, wurden doch auch mit dem Langbogen nur ungezielte Salven, dafür aber in einer höheren Frequenz als bei einer Armbrust abgeschossen? In ihrer Durchschlagskraft gegenüber gepanzerten Rittern unterschieden sich beide Waffen aber wohl kaum.

Zu den noch ganz primitiven, sogenannten "Handrohren" hab' ich dazu auf Wikipedia folgendes gefunden:
Obwohl die Handrohre den Langbögen und Armbrüsten in Handhabung, Zielgenauigkeit und Schussfrequenz (Handrohr: 1 Schuss/Minute; Armbrust: 2 Schüsse/Minute; Langbogen: 12 Schüsse/Minute) taktisch unterlegen blieben, eroberten sie dennoch ihren Platz in den Waffenarsenalen der mittelalterlichen Kriegsherren. Strategische Gründe dafür waren die niedrigen Produktionskosten (20× billiger als eine Armbrust), die einfache (innerhalb eines halben Tages mögliche) Herstellung und die damit erleichterte Massenproduktion. Zudem verlangte die Verwendung nur wenige Tage Schützenausbildung: Bei Bedarf waren große Schützenkontingente in kürzester Zeit rekrutierbar, die zudem einen geringeren Sold bezogen als die in langen Jahren ausgebildeten Langbogen-Spezialisten.
Wikipedia: Handrohr#Taktische Nachteile.2C strategische Vorteile

Die schnelle und billige Herstellung, spielte also zumindest in der Anfangsphase auch eine große Rolle!

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das hier:
In Europa wurde die Verwendung von Bögen und Armbrusten in Kämpfen zwischen Christen durch das Zweite Lateranische Konzil 1139 verboten, da sie wegen ihrer Reichweite und ihrer Durchschlagskraft gegen Rüstungen als unritterlich galten.
Wikipedia: Armbrust#Geschichte

Tatsächlich galt es aber wohl nur deswegen als unritterlich, weil mit derlei Waffen jeder dahergelaufene Dorfdepp von niederem Stand, einen adeligen Ritter und Berufskrieger relativ einfach vom Sattel holen konnte. ;)

Später hat sich dann niemand mehr darum gekümmert, weil die adelige Ritterschaft zunehmend ihre militärische Bedeutung verlor. Zu Zeiten des 30-jährigen Krieges wurden dann Heeresmassen ausgehoben, die in den Jahrhunderten vorher noch völlig undenkbar gewesen wären. Da boten sich dann natürlich Waffen an, die auch in den Händen eines schmächtigen, sechzehnjährigen, schwedischen Bauernjungen eine große Wirkung entfalten konnten.

@Narrenschiffer
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:PS: Den Englund habe ich mir auch angeschafft, muss ihn aber erst lesen.
Ich bin fast durch und recht begeistert von dem Buch. :)
Dabei fand ich vor allem die immer wieder eingestreuten, ausführlichen Beschreibungen des Alltagslebens im 17. Jahrhundert äußerst interessant. Eine bloße, chronologische Aneinanderreihung von Feldzügen und Schlachten hätte mich nämlich vermutlich irgendwann eher gelangweilt.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

14.01.2014 um 19:56
Zitat von JohnDifoolJohnDifool schrieb: Hier stellt sich mir aber gleichzeitig die Frage, warum die Ausbildung am Langbogen eigentlich soviel zeitaufwendiger gewesen sein soll?
Weil es hier nicht allein um Ausbildung (handhabung des Bogens, schießen in Formation), sondern vor allem um körperliches Training ging. Der klassische englische Bodenschütze schoss weiter als seine europäischen Kollegen, aber auch schneller und er hielt länger durch. Ähnlich wie Schwertkampf musste das jahrelang trainiert werden. Die Soldaten mußten derweil wie Spitzenatlethen behandelt, d.h. gut untergebracht und gut verpflegt werden.

NB. Für alle, die auf der Suche nach guten Geschichtsbüchern sind: Arno Borst, Lebensformen im Mittelalter. Gibt es preiswert antiquarisch und ist so gut, weil es neben dem Wissen durch zahllose Orginalquellen mit den Kommentar von Herrn Borst tiefe Einsichten in menschliche Verhaltensweisen vermittelt. Er macht deutlich, was die Menschen damals angetrieben hat und wie sich das im Laufe der Jahrhunderte (das Buch reicht bis in die frühe Neuzeit) geändert hat


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

15.01.2014 um 11:22
Ich denke mal auch, dass Schusswaffen neben ihrer hohen Durchschlagskraft auch durch ihren Knall einen psychologischen Effekt hatten.

Was die Ausbildung am Bogen angeht: Es ist nicht so einfach, einen Bogen zu handhaben. Ein guter Bogen dauerte viele Monate in seiner Fertigung und muss auch entsprechend gepflegt werden, sonst kann er kaputt gehen.
Auch das Schießen mit einem Bogen ist anspruchsvoller und nicht so einfach wie mit einer Armbrust, da man mit einem Bogen auch ballistisch schießen kann.
Der Bogenschütze muss beim Spannen der Sehne eine Menge Kraft aufwenden, trotzdem aber die Arme und Hände ruhig halten. Das erfordert Übung.


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

15.01.2014 um 11:48
Wie hier öfters erwähnt, war es am Anfagn die Kosten und Ausbildungsfrage.

Feuerwaffen ließen sich bald wesentlich besser herstellen als Bögen oder Armbrüste

wenn sie trafen war ihr Durschlag ernorm. Weiterhin konnte man ziemlich große Mengen von menschen relativ schnell daran ausbilden. Der Siegeszug kam ja auch erst im 17 Jahrhundert. Im 30 Jährigen Krieg war wohl der richtig große Übergang.

ich glaube wir hatten erst neulich dasselbe Thema


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Warum haben sich Feuerwaffen zum Beginn der Neuzeit durchgesetzt?

15.01.2014 um 13:04
Zitat von JohnDifoolJohnDifool schrieb:Hier stellt sich mir aber gleichzeitig die Frage, warum die Ausbildung am Langbogen eigentlich soviel zeitaufwendiger gewesen sein soll?
Insbesondere in England war Bogenschießen ein Volkssport und wurde von der Obrigkeit gefördert.


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