Auszug aus dem ägyptischen Totenbuch:


Spruch, der den Urschöpfer in die Innenwelten (Duat) hineinzubringen vermag und ihn wider hinaus zu führen vermochte.


Ich bin die Kraft Tum,

einsamer Wandler inmitten der Himmelswüste.

Ich bin die Kraft Ra,

welche in Urzeiten am Morgen der Schöpfung

der Kraft Nut gleich langsam emporsteigt.

Ich bin die Urkraft, die sich aus sich selber zeugt.



Die verborgene Macht meiner Namen

erschafft die Ordnung der Universen und deren Kräfte.



Keine Kraft vermag mein Schreiten zu hindern.

Ich bin das Gestern

Und ich kenne den Morgen.



Der harte Kampf, den sich die Kräfte der Ausdehnungen einander liefern,

geschieht meinem Willen gemäß.



Ich kenne den geheimen Namen

der großen Kraft aller Universen,

ich bin der Phönix von Heliopolis.



Des Schicksalsbuches Hüter bin ich,

in dem geschrieben ist,

alles, was gewesen, alles was geschehen wird.



Ich bin Amsu, die Kraft im Augenblick seines Aufstieges;

die zwei Federn der Maat

zieren mein Haupt.



Siehe nun, ich komme zur Ausdehnung meines Ursprunges

und gelange an den Ort,

wo ich von nun an

für alle Zeit weilen werde.



Ausgerottet das Dunkle in meinem Herzen!

Weggefegt meine Gebrechen, mein Durcheinander!

Unbetrübt kann ich jetzt

die Wege und Bahnen der Welten betreten;

gut bekannt fürwahr sind sie mir nun alle.



Die Richtung meines Weiterschreitens

ist durch die Kräfte der Weltenordnung bestimmt.

Nun komme ich

zu den am Horizont liegenden Ländern

und überschreite die heilige Grenze.



Wesen, die ihr heraneilt,

streckt mir eure Arme entgegen!

Denn ich bin Euch gleich geworden, an Erfahrung ebenbürtig!



Seht, Horus und Seth kämpften!

Und das göttliche Auge war beinah erloschen;

Dann gab ich ihm seine frühere Kraft zurück

Und nach dem großen Welteneinsturz

Ordnete ich wieder

der Universen kreisförmige Bahnen.



Gestern erblickte ich die Geburt des Ra,

der aus den Tiefen der Universen erschien.

Erfahret, seine Kraft ist fürwahr meine Kraft!



Denn ein mächtiges Wesen bin ich,

eine Kraft inmitten der Kräfte, die Horus umringen.

Heil Euch Wächter der Weltenordnung,

und Ihr, Wesen des Ursprungs - Hirachien,

welche Wasir umgebend, die bösen Geister vertilgen.



Heil Euch, Diener des Hotep Sekhus!

Lasst mich vordringen zu euch!

Vertilgt das Dunkel, das meiner Seele anhaftete!

So wie ihr früher geläutert die sieben Geister,

die ihrem Herrscher, dem Demiurgen (Sepa), gehorchten.



Seht, hier steht Anubis,

der für euch Plätze bereitet,

während jenes denkwürdigen Tages,

dessen Name da lautet: "hierher! Eile Dich!"



Wisset, ich bin einer der Kräfte,

deren Ka' das doppelte Wesen Dschafi bewohnt.

Ich bin zugleich jene große göttliche Katze,

welche den Baum von Heliopolis spaltet

in der Nacht der Dämonenvernichtung,

jener Feinde des Weltenherrschers.



Kraft Ra, welche Du im kosmischen Weltenei weilest,

welches aufleuchtest, wie reines Gold,

in deiner Sonnenbarke, die über den Horizont aufsteigt

und auf dem Erzgewölbe des Universums fortsegelt,

du unvergleichliche, einzige unter den Kräften.



Aufgerichtet auf Shu's Pfeiler

durchstreifst du den Himmel in all seiner Breite;

ein feuriger Atementsprüht deinem Munde,

wenn deine glorreichen Geister

die beiden Länder beleuchten.



Kraft Ra! Vom Demiurgen erlöse mich,

Dessen Antlitz verwirrt und vernebelt:

Seine Augenbrauen sind wie der Balken der Waage,

da in jener vom Schicksal bestimmten Nacht,

bevor sie getilgt, meine Sünden mir vorgerechnet.



Erlöse mich auch von jenen wachsamen Geistern,

mit langen Messern bewaffnet,

deren Finger geübt sind zu quälen und martern;

Freude macht ihnen fürwahr,

der Wasir Diener Gemetzel.



O könnten sie nie über mich

Gewalt gewinnen,

noch mich nach ihren siedenden Kesseln

fortreißen!



Denn, wahrlich kenn ich all eure Namen, oh Kräfte der Universen!

Und auch das göttliche Wesen kenn ich,

das im Reich des Wasir verborgen,

während das Wesen selbst verschleiert und unsichtbar ist.

Ein loderndes Feuer entströmt seinem Munde;

von einer flammenden Hülle umgeben

durchläuft es die Sphären, Befehle erteilend

dem himmlischen Nil Gott,

doch unsichtbar bleibt es.



O könnt ich auf Erden gewaltig werden

in der Nähe von Ra!

Könnt ich unbehelligt, vom Frieden umstrahlt

in meinen Zufluchtshafen einlaufen

zu Wasirs Füßen!

Könnt ich auf Euren Altären o Urwesen,

die Opfergaben finden, die mir bestimmt!

Denn seht, ich bin eines von den Wesen,

die fortschreiten im Gefolge des Wasir.



Also klingen im Buch der Wandlungen Worte:

Wie ein Falke flieg ich im Himmel;

wie eine wilde Gans schrei ich voll Lust;

wie Neheb Kau werde ich niemals vergehen!



O Ra Tum, Du Kraft der Götterfürsten!

Die du weilest im Raum ohne Ende,

Erlöse mich von dem Demiurgen, o Herrschende,

dessen Fratze dem Hunde,

dessen Augenbrauen dem Menschen gleich.

Er bewacht die Kanäle des feurigen Sees,

Verzehrt die Leichen der Toten,

schlitzt ihre Herzen, bewirft sie mit Unrat,

und bleibt doch verborgen dem Blicke.





Du mächtiger Herrscher der beiden Länder,

Gebieter der roten Dämonen!

Ich weiß es, Du herrscht über Hinrichtungsstätten,

du labst dich am Eingeweide der Toten,

von mir aber halte dich fern!



Seht, wie die Königskrone das Haupt

Des Hneni Nesu Herrschers, der Kraft mit Widderkopf, schmückt,

Des ersten unter den Göttern,

am Tag, wo die zwei Länder von Wasir vereint!

O Kraft, vernichte das Chaos, das meiner Seele anhaftet!

Führe mich deine Pfade entlang,

die nach dem ewigen Leben hinziehen!

Erlöse mich von jenem demiurgischen Wesen,

das in der Finsternis lauert!



Sieh, es stürzt auf die Seelen, bemächtigt sich ihrer;

es verzehrt ihre Herzen,

ernährt sich von Kot und Verwesung.

Wahrlich, die lauwarmen Seelen,

erzittern in Angst vor ihm!

O Kraft Kephra, die Du segelst in deiner himmlischen Barke!

Die Götterordnungen, die Deine Ausdehnung bewohnen,

erscheinen vor meinem geblendetem Auge.

O Kraft Kephra, erlöse mich von den Wesen,

die über den Verdammten

Wache halten.



Es überließ Wasir ihnen die, welche durcheinander waren

und befahl, über seine Feinde zu wachen,

sie in Fesseln zu schlagen, sie zu vernichten.



Nicht leicht ist es fürwahr,

diesen Lauernden zu entschlüpfen!

Mag ich nicht ihren Messern,

mag ich nicht ihren Totenwerkstätten

ausgeliefert sein!

Denn wahrlich, nichts tat ich,

was die Wesen verabscheuen;

und als Geläuterter, von allem Durcheinander befreit,

trete ich in die Mesket ein;

Am Abend, in Tehent im Frieden genieß ich die Speisen,

Tum hat mein Haus aufgebaut

Und das Urwesen mit dem doppeltem Löwenkopf

hat dessen Pläne gezeichnet.



Sieh, nun umschweben mich heilige Wohlgerüche.

Seth ist geläutert, Horus beräuchert,

Horus geläutert, Seth ist beräuchert.

Zugelassen bin ich in diesem Bereiche,

mit meinen Füßen ergreife ich davon Besitz.



Die Kraft Tum bin ich fürwahr!

Sieh, nun gelang ich in das Land meines Ursprungs.

Weiche von dannen! Weiche, o Rehu Löwe!

Die Flammen sprühen aus Deinem Rachen;

Feuer umzüngelt Dein Haupt

und doch wird der magischen Sprüche Gewalt

zum Weichen dich bringen!



Wisse, ich bin auf der Hut!

Unsichtbar bin ich!

Isis naht mir und über mein Antlitz

streut sie ihr duftendes Haar.

Ich fühle mich, wie von Isis empfangen

und von Nephthys geboren.



Seht, sie verjagen die beiden Göttinnen Schwestern,

meine Feinde!

Mir folgt meine Macht, von Schrecken begleitet

und meines Armes Gewalt zwingt die verwirrten

Geister zur Flucht.



Voll Hoffnung und Liebe umringen mich

millionen von Wesen.

Nun zerstreu ich Legionen verwirrter feindlicher Geister,

und der Demiurgen Waffen fallen in meine Gewalt.

Dank Isis und Nephthys froh und süß ist mein Leben.



Zu Kher aha und zu Junu

regelt mein Wille der Dinge Lauf.

Alle Götter fürchten sich meiner,

denn gewaltig bin ich und groß.

Von Schrecken umstrahlt meine Macht.

Ich schieße meine Pfeile gegen die die Kräfte und Wahrheit lästernden Geister.

Wahrlich bin ich die weibliche Kraft Uadschid, Herrin der Flamme!

Weh dem, der gegen meine Gewalt sich erhebt!


-Ptah-Sokar