Kurz und bündig - Teil 13.
Lessy

Im Wohnzimmer angekommen bot ich Leyla etwas zu trinken an, was sie dankend annahm. Ich ging in die Küche und ließ sie mit Liam allein im Wohnzimmer. Eigentlich hatte ich erwartet dass sie sich anschweigen würden, aber schon als ich in der Küche war hörte ich die beiden heftig miteinander diskutieren.
„Wenn du wirklich Leyla bist, woher wusstest du dann dass Lucy im Krankenhaus war? Wieso bist du damals einfach mit euren Eltern abgehauen!? Nachdem du da bist bezweifle ich auch stark dass sie gestorben sind! Wieso zur Hölle habt ihr Lucy das angetan!? Sie war am Boden zerstört!“
„Aber Liam! Wir mussten es tun! Glaubst du etwa wir haben das gern gemacht? Geschweige denn dass wir das wollten!? Du solltest eigentlich wissen wie sehr wir Lucy lieben!“
„Lieben nennst du das!? Ihr habt sie allein zurückgelassen!“
„Jetzt hör doch mal zu Liam! Ich hab das nicht freiwillig gemacht! Weißt du wie das ist wenn man von seinen Eltern geweckt wird, seine Sachen packen soll und die eigenen Eltern dann beim Verlassen des Hauses dieses anzünden!? Und man als Erklärung nur zu hören bekommt dass es so hätte kommen müssen und es nicht anderes gegangen wäre!? Aber am schlimmsten ist es dann wenn man nach der eigenen Schwester fragt, was mit ihr denn sei und dann nur zu hören kriegt, dass man es doch nur für sie tue… Weißt du wie das ist Liam!? Ich denke nicht…“
„Leyla, jetzt hör du mir mal zu! Ihr habt sie allein gelassen! Sie hat tagelang unter Tränen die Trümmer des Hauses durchsucht! Sie hat sich Nacht für Nacht in den Schlaf geweint!“ Liams Stimme zitterte. Ich stand mittlerweile in der Türschwelle und schaute die beiden bloß sprachlos an. Die beiden schienen mich nicht bemerkt zu haben und ich wusste nicht ob ich mich hätte bemerkbar machen sollen. Da schaute Liam an Leyla vorbei und sein Blick traf mich.
„Lucy! …“ meinte er und stand auf. Ich blickte ihn nur wortlos an. Mein Blick wanderte weiter zu Leyla, die beschämt zu Boden schaute.
„Was willst du jetzt auf einmal wieder hier von mir Leyla? Wieso kommst du jetzt nach einem Jahr wieder zurück? Ich freu mich dich zu sehen, aber … Wieso?“ fragte ich betrübt „Und woher wusstest du dass ich im Krankenhaus war? Woher hast du unsere Adresse?“
Leyla hob den Blick nicht. Es schien für einen Moment so als wolle sie etwas sagen, was sie dann aber doch nicht tat.
„Leyla?“ hackte ich nach ein paar Minuten noch einmal nach. Sie schwieg weiterhin.
„Jetzt antworte mal, Leyla!“ mischte sich nun Liam wieder ein. Leyla druckste etwas herum, eine richtige Antwort gab sie aber wieder nicht. Das Ganze ging mir dann doch etwas auf die Nerven, obwohl ich sonst eigentlich ein sehr geduldiger Mensch war. Ich wollte weder Liam noch Leyla wissen lassen wie ich mich in dem Moment fühlte, also stand ich wortlos auf. Ging ins Schlafzimmer und legte mich aufs Bett.
> Sollen die beiden doch reden… Wenn sie es nicht können wenn ich dabei bin… Wenn sie mich nicht dabeihaben wollen…<
Mir kamen die Tränen. Alles in mir kam wieder hoch. Der Anblick des verbrannten, in Trümmern liegenden Hauses. Die Nachricht dass meine Familie in dem Feuer umgekommen sein musste. Der Stress mit dem Amt dass ich mit Liam zusammenziehen durfte… Leise begann ich in mein Kissen zu weinen. Ich verstand es einfach nicht wieso Leyla und meine Eltern mich damals allein gelassen hatten. Da hörte ich Leyla und Liam wieder laut diskutieren. Ich hörte nicht hin. War in meinen eigenen Gedanken gefangen. Mir liefen Tränen über die Wangen. Das Vibrieren des Handys – meines Handys – am Bett riss mich aus meinen Gedanken.
‚Nathen’ war auf dem Display zu lesen.
>Nein!? Das ist doch ein schlechter Traum?! Sicher weckt mich Liam gleich auf …<
Mein Handy hörte auf zu vibrieren.
„Das ist doch alles nicht real!?“ weinte ich ins Kissen. Da hörte ich plötzlich etwas gegen das Fenster knallen. Das Fenster. Wie in Trance stand ich auf. Ging auf das Fenster zu. Öffnete es. Stieg auf den Fenstersims. Blickte in die Tiefe.
„Das hier ist alles nur ein Traum. Nichts von all dem hier ist real!“ murmelte ich „Wenn ich jetzt springe wache ich sicher im Schlafzimmer in Liams Armen auf….“
Mir kullerte noch eine Träne übers Gesicht. Ich wischte sie weg.
„LUCY!“ vernahm ich dumpf hinter mir. Ich wandte mich nicht um. Es war mir egal. Ich ließ mich fallen. Wortwörtlich.