Die Abendsonne strahlte in das blutverschmierte Elingesicht, als die Klingentänzerin den kleinen Ort Bastion betrat. Ihr Tag hatte viele Kämpfe mit sich gebracht und jetzt wollte sie sich nur noch ausruhen. Da winkte ihr der Bankier zu und unter Seufzen schlurfte sie zu ihm hin. Er hielt ihr einen Brief entgegen – als sie die Handschrift erkannte war sie sofort wieder hellwach.

Ihr Gildenonkel Gregantus hatte ihr geschrieben und darum gebeten, dass sie in nächster Zeit doch mal zu Besuch komme. Etwas an dieser Bitte machte sie skeptisch, es war nicht seine Art sie zu sich zu beordern. Die Beiden hatten weit weniger miteinander zu tun, als ihre Mutter Claminelle und er.
Trotzdem, es musste einen gewichtigen Grund haben für diese Einladung. Also teleportierte sie sich nach Velika, von dort würde sie den nächsten Pegasus nach Crescentia nehmen.

Ein komisches Gefühl ließ sie sich umsehen, als sie gerade auf den Pegasus aufsaß. Ihre Augen spielten ihr vermutlich einen Streich, aber für einen kurzen Augenblick, hatte sie hinter einer der Säulen vor der Pegasusplattform die blauen Haare ihrer Mutter geglaubt zu sehen. Warum aber sollte diese sich vor ihrem Kind verstecken? Hatte es etwas mit Gregantus zu tun?

Was sie nicht wissen konnte – Claminelle versteckte sich vor ihr, um sie nicht durch ihre vergossenen Tränen zu verunsichern. Nun kauerte sie zitternd am Boden der Säule sitzend und wisperte durch zusammengepresste Lippen: "Tu das Richtige, mein Kind."

Wie sanfte Peitschenschläge strich der Wind ihr beim Anflug über den Körper. Selten verbrachte sie an einem Ort wie diesem ihre Zeit, sie war im Krieg geboren – vermutlich fühlte sie sich nur in einem solchen wirklich heimisch. Wie auch immer, sie ging schnellen Schrittes zum Haus, das Gregantus nach seinem Rückzug von der Front gemietet hatte. Ehe ihre Hand auch nur den Türklopfer erreichte, wurde die Tür von innen aufgezogen und eine muskulöse Pranke zerrte sie ins innere Dunkel.
Zahlreiche Kerzen erhellten den Raum, doch kein Fenster gewährte den letzten Sonnenstrahlen Eintritt. Fragend blickte sie zu der Gestalt, die sie hineingezogen hatte. Es war unverkennbar Gregantus gewesen, doch er anders. Seine sonst so stolze Statur wurde von einem braunen, muffigen Umhang verhüllt, nur sein Kopf war gut zu erkennen. Mit einer Geste geleitete er sie tiefer ins Haus. Wortlos bot er ihr einen Stuhl und goss beiden einen stark riechenden Tee ein. Während Nightmarechild die Tasse zu einem Schluck ansetzte, schob er noch immer schweigend ein höchst offiziell wirkendes Papier auf dem Tisch vor ihre Nase.
Zögerlich entfaltete sie den Zettel und sog unter großen Augen scharf die Luft ein – dieses Schreiben war vom Kommandanten der Valkyon-Föderation unterzeichnet und mit dem Stempel der Union der Erleuchtung versehen worden. Erschrocken sah sie zu Gregantus hinauf, doch dieser tippte bloß auf das Schriftstück als stille Anweisung, weiter zu lesen.

Die ersten förmlichen Zeilen überflog sie und suchte nach den relevanten Aussagen. Das Atmen fiel ihr schwer, als sie es las:

"Im Namen des Rates der Valkyon-Föderation und den Oberen der für sie verantwortlichen Allianz der Union der Erleuchtung, entziehen wir Ihnen die Genehmigung zum Ausführen des aktiven Dienstes. Wir bitten Sie, diese Entscheidung im Zusammenhang mit ihrer Verweigerung die geforderten Mindestaufgaben zur Stabilisierung der föderalistischen Gemeinschaft zu leisten. Weitergehend müssen wir darum bitten, die Ihnen ausgehändigte Ausrüstung für Föderationssoldaten entweder abzugeben oder zu zerstören."

Nightmarechild wurde schummrig vom Lesen dieser Zeilen und legte den Zettel beiseite. "Was – Was hat das jetzt zu bedeuten?", fragte sie kleinlaut. Gregantus schnaubte: "Es heißt, dass ich degradiert – nein, sogar entlassen wurde. Ich gehöre nicht länger zur Föderation und bin nun... tja, nutzlos geworden."
Sie schüttelte den Kopf: "Aber, das können die doch gar nicht. JEDER Bürger von Arborea gehört mehr oder weniger der Föderation an!" Er nickte: "Und dies bedeutet, dass ich gar nicht mehr da sein dürfte. Ich bin ein Fehler im System."
Sie sah ihn an: "Und warum hast du mich herbestellt? Meine Mutter wäre doch viel geeigneter mit dir zu reden..." Er lächelte wehleidig: "Sie war hier. Dieser Brief kam nicht erst heute an, aber ich musste nachdenken... und durch deine Mutter, weiß ich jetzt, was zu tun ist – Klingentänzerin."

Es durchzuckte sie, als er das letzte Wort scharf betonte. "Was hat dir Mutter denn gesagt?", fragte sie vorsichtig, eine böse Ahnung kam in ihr auf.
Er beugte sich verschwörerisch zu ihr herunter und suchte den Augenkontakt: "Du weißt schon, was ich von dir erwarte, oder? Kind von Pora Elinu?"
Ihr Herz pochte wild, als ihr Verstand begann, zu verstehen. "Nein! Nein, das kannst du nicht ernst meinen!? Du hast ja keine Ahnung, was du dir damit antust! Diese Sache habe ich Mutter in absolutem Vetrauen offenbart. Sie hätte es dir nie, nie, niemals sagen dürfen!!", nun standen der Elin Tränen in den Augen. Besänftigend strich er ihr übers Haar: "Keine Sorge, kleines Ding. Mit mir wird das Geheimnis erneut im Schatten verschwinden. Es ist die einzige Chance, die mir zur Wahrung meiner Ehre bleibt." Sauer funkelte sie ihn an: "Ehre, was ist schon Ehre? Wie lange hattest du jetzt um über diesen Schritt nachzudenken? Eine Nacht? Ich sag dir was – ich kaufe dir neue Ausrüstung, wir quatschen den Kommandanten so lange zu, bis er dir eine Chance gibt und dann - " "Nein! Nightmarechild, meine Entscheidung ist gefallen. Akzeptiere sie und hilf mir, ich bitte dich", unterbrach er sie.
Sie beruhigte sich etwas und auch wenn sich ihr Körper wie ihr Geist dagegen wehrte, setzte sie ein Lächeln auf und sprach: "Nun, wenn das so ist, dann komme am morgigen Abend zum Friedhof von Crescentia." Er nickte.

Am nächsten Abend standen zwei Schatten inmitten des von Untoten heimgesuchten Friedhofes von Crescentia. Vier blaue Lagerfeuer umgaben den großen Schatten – Gregantus.
Die Klingentänzerin fragte ein letztes Mal: "Bist du dir wirklich sicher? Dieser Schritt ist nicht mehr umkehrbar. Du wirst zu einem Kind des Traumas werden. Gehasst, vertrieben und ausschließlich im Augenblick des Todesstoßes eines Feindes glücklich."
Er sagte nur: "Tu es, Nightmarechild."

Eine Handbewegung von ihr später, brach der rissige Boden unter seinen Füßen an zahlreichen stellen um ihn herum auf und Kettenklingen gruben sich tief in sein amanisches Fleisch. Die Schreie aus seiner Kehle ließen die Untoten verstört aufblicken. Riss eine Klinge ihr Stück Fleisch aus dem Leibe heraus, nahm eine Weitere ihren Platz ein. Die blauen Feuer züngelten an den Ketten entlang und so fing sein geschundener Körper innerlich wie äußerlich an zu brennen. Was einst ein Berserker-Amane, war nun eine Opfergabe. Eine Opfergabe, zur Erschaffung, eines neuen Lebens.
Nightmarechild trat näher, Die Flammen und die Kettenklingen hielten den großen, gebratenen Kadaver fest in ihrem Griff. Sie streckte ihren Arm aus, schnitt sich leicht in den Arm und tröpfelte etwas Blut auf den Leichnam.

Es geschah nichts.

Sie wartete.

Nichts.

Die Lagerfeuer verloren an Stärke, die Kettenklingen zogen sich zurück. Sie wartete.

Schließlich lag der verbrannte Körper alleine vor ihr.

Da! - eine Regung!

Sofort blitzten ihre eigenen Kettenklingen auf und sie begann, das zuckende Fleisch in Fetzen zu reißen, zu schlitzen, zu schneiden, zu metzeln.
Übrig blieb, ein kleiner Körper, herausgepellt wie aus einem Ei.
Noch etwas unkoordiniert stemmte sich das neue Leben aus den Überresten des toten Amanen heraus.

Eine neue Klingentänzerin war geboren:

Happychild

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