Birdman (oder die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

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Hat wortwörtlich einen Vogel: Michael Keaton als Birdman-Star Riggin Thomson

Der in die Tage gekommene Riggin Thomson ( stark besetzt: Michael Keaton), der einst als „Birdman“ die Rolle seines Lebens spielte versucht am Broadway eine neue Karriere als ernstzunehmender Regisseur und Schauspieler zu starten. Dabei will er an alte Erfolge anzuknüpfen und die Gunst seiner Tochter und seiner Exfrau wieder erlangen, die er durch eigensüchtiges Verhalten verloren hat. Hierbei steht ihm die Vergangenheit in Form seines Alter Egos „Birdman“ im Weg, dass permanent auf ihn einredet wenn er alleine ist. Das Hauptaugenmerk legt der Film dabei auf die letzten Tage vor der Premiere des von Thomson inszenierten Stückes " What we talk about when we talk about love" von Raymond Carter.

Selbstspiegelung ala Hollywood

Entstanden ist hier gleichzeitig ein Abgesang auf die Branche und eine scharfsinnige Seelenschau, in welcher der Ist- Zustand eines gealterten Hollywood Schauspielers dargestellt wird. In den letzten Jahren gab es immer wieder auch große Regisseure die sich dieser Thematik angenommen haben wie 2014 David Cronenberg mit „Maps to the Stars“ .Terrence Malick bringt pünktlich zu den Oskars 2015 „Knight of Cups“ mit Christian Bale an den Start. Ein bisschen amüsant dass Malicks Hollywood-Verriss mit Bale in der Hauptrolle den Kopf von Nolans Batman-Triloge ziert, während Ex-Batman ( und nun filmisch aufbereitet „Birdman“ ) Michael Keaton ebenfalls die Irrungen und Wirrungen der Filmbranche offenbart.

Da die Handlung vor und hinter der Broadwaybühne stattfindet, fließen diese Welten oft auf surreale Weise ineinander, so dass der Zuschauer Mühe hat nachzuvollziehen, was nun zum Schauspiel des Bühnenstückes gehört, und was ins Leben des Riggin Thomson.

Overacting?? Bandbreite zeigen!

Birdman ist immer dann am besten wenn die Szenen in den Surrealismus umkippen. Die Streitigkeiten hinter der Bühne, die Eskalationen auf der Broadwaybühne, die Szenen draußen in den Straßen des Big Apple, alles vermischt sich, und brodelt auf ungesunde Weise im Unterbewusstsein von Riggan Thomson. Realität und Fantasie sind kaum mehr zu unterscheiden. Diese Szenen "kontrollierter" Eskalation – effektvoll – haarsträubend – manchmal schämt man sich fast fremd.. Der Humor trocken und oft selbstreferentiell. ( Was unterhaltsam ist, aber aus einer anderen Perspektive auch belanglos - Hollywoodschauspieler und ihre Problemchen ). Edward Norton brilliert als Schauspielkollege Mike durch intensives Spiel, witzige Situationen und Dialoge, und eine der stärksten Szenen Keatons ist die, als er der anerkannten Broadway- Kritikerin gehörig die Leviten liest und sich Luft macht - stärker aber noch das was daraus resultiert. Keaton kann verrückt, das weiß man - hier beweist er es erneut.

Was Mike schon von Beginn an weiß ( Nur auf der Bühne bin ich Echt ), das muss Riggin erst schmerzhaft erfahren. Er kann das Echt-Sein nicht erspielen, er muss es sein. Und sein "Echt-Sein" bedeutet vielleicht die Auslöschung. Er will auf die Bühne, aber der Preis dafür ist sein Leben.

9/10