Es gibt Situationen im Leben, in denen man auf sie angewiesen ist. Leider. Wenn der Job deutlich unterbezahlt, die Miete zu hoch, das Fernstudium, das man nebenberuflich betreibt, zu teuer ist. Aus der Not ist also schnell eine Tugend gemacht. Zur Tugend gehört auch Ehrlichkeit, also stellt man vor dem potenziellen Mitbewohner im Bewerber-Casting sofort klar, dass es sich beim Untermietverhältnis um eine reine Zweck-WG handelt.
Damit ist man schon mal 90% der altruistischen Bewerber mit Kommunen-und Nudistencamp-Erfahrung los. Weitere 5% der Bewerber disqualifizieren sich durch die Nachfrage, was denn eine Zweck-WG sei. Bleiben also noch weitere 5 %, die man dann auf Herz und Nieren testet. Schließlich will man die Hälfte der Miete und ansonsten seine Ruhe. Dafür gibts die Hälfte der Wohnung, inkl. Möbel. Klingt nach einer Win-Win-Situation.

Bis...ja, bis man feststellen muss, dass der liebe Mitbewohner davon ausgeht, dass es einen unsichtbaren Klopapierbaum gibt, an dem das Klopapier stets und ständig, wenn man's braucht, von alleine nachwächst.
Doch von Zeit zu Zeit scheinen auch ihm leise Zweifel an der Existenz des Klopapierbaums zu kommen. Dann, und nur dann, hinterlässt er freundlicherweise ein Anstandsblatt an der Rolle - EIN Blatt. Nicht mehr und auch nicht weniger (obwohl weniger ja schon nicht mehr geht).

Und Schuhregale? Werden völlig überbewertet. Man bricht sich die Haxen, wenn man von Arbeit in die Wohnung kommt. Man bricht sich die Haxen, wenn man nachts zum Klo will. Und jeder, der jetzt sagt: "Schuhregale werden völlig überbewertet", der möge bitte nachts raus in einen Flur gehen, um zum Klo zu kommen, stolpert, während die Blase drückt über Highheels, die mitten im Gang liegen, schafft es dann noch fluchend und mit angebrochenen Knöcheln zum Klo und muss feststellen, dass der Traum vom Klopapierbaum doch nur ein Traum war. Shame on you!

Mitbewohner haben Freunde. Traurig, aber wahr. Und diese Freunde haben auch Freundes-Freunde. Darüber hinaus gibt es Freunde, diese Speziellen^^, die täglich wechseln. Besser gesagt: nächtlich. Dann stehen im Flur nicht nur Schuhe Größe 36, sondern ab 46 aufwärts. Aber Schuhe beiseite! Freunde, Freundes-Freunde und insbesondere nächtlich-wechselnde Spezial-Freunde haben eine Gemeinsamkeit: sie sind laut. Nein, es ist NICHT nötig, wochentags, nachts halb 3 leise zu sprechen. NEIN, es ist auch NICHT nötig, die bescheuerte Goa-Mucke auszuschalten und NEIN, es ist überhaupt GAR KEIN PROBLEM, an einem Samstag-Morgen 6.30 Uhr vom Sturm-Klingeln eines dieser Freundes-Freundes geweckt zu werden, der besoffen aus dem letzten Szene-Lokal gestolpert kommt, auf der Suche nach einer Bleibe, in der er rülpsend seinen Rausch ausschlafen und das allerletzte Blatt Klopapier verbrauchen kann.
Und jeder, der jetzt meint: Mann, "DU warst doch auch mal jung!" - dem sei gesagt: Ja, das war ich. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich Arbeitnehmer wurde.