Grillparzer - Argonauten

Im zweiten Drama der Trilogie Das goldene Vlies fährt Jason mit seinen Gefährten auf der Argo nach Kolchis, um das goldene Vlies zurück nach Griechenland zu holen.

Wie Phryxus ist der Thessalier Jason seines Thronerbe beraubt, und zwar von seinem Onkel Pelias. Dieser stellt Jason die Bedingung, das Vlies zurück nach Griechenland zu holen.

In Kolchis hat sich Medea in einen Turm zurückgezogen und bewahrt das verfluchte Vlies in einer Höhle, bewehrt von Bannflüchen und einer Schlange auf, um kein Unheil über ihre Familie und die Kolcher zu bringen.

Jason tritt fordernd auf und Medea rettet ihm zweimal das Leben, einmal im Turm vor ihrem Bruder Absyrtus, einmal vor einem von ihr selbst gebrauten Todestrank, den ihr Vater Aietes ihm reicht. Aietes verflucht und verstößt daraufhin seine Tochter Medea.

Auch wenn Jason und Medea sich ineinander verlieben, so bleibt bei Grillparzer der Fluch auf dem Vlies, und Grillparzer nationalisiert den Konflikt, wie Grillparzer überhaupt die Nationalisierung des Denkens im 19. Jahrhundert sehr früh bereits kritisch betrachtet und 30 Jahre nach diesem Stück im nationalen Denken die Keimzelle für Bestialität sieht. So lässt er die Kolcher die Griechen und die Griechen die Kolcher sich gegenseitig als Barbaren bezeichnen.

Jason umwirbt Medea in einer Art und Weise, die wir heutzutage als Integrationsangebot bezeichnen würden. Als Freiheitszeichen ist, dass Jason ihr die Kopfverschleierung abnimmt:
JASON.
Vergiß, was du gehört, was du gesehn,
Was du gewesen bis auf diese Stunde.
Aietes Kind ist Jasons Weib geworden,
An dieser Brust hängt deine Pflicht, dein Recht.
Und wie ich diesen Schleier von dir reiße,
Durchwoben mit der Unterirdschen Zeichen,
So reiß ich dich von all den Banden los,
Die dich geknüpft an dieses Landes Frevel.
Hier, Griechen, eine Griechin! Grüßet sie!


Er reißt ihr den Schleier ab.

MEDEA darnach fassend.
Der Götter Schmuck!

JASON.
Der Unterirdschen! Fort!
Frei wallt das Haar nun um die offne Stirn;
So frei und offen bist du Jasons Braut.
Fluch und Verbannung von Medea durch ihren Vater ist mit einer Warnung verbunden, dass sie in Griechenland immer eine Fremde sein werde.
AIETES.
Du hast mich betrogen, verraten.
Bleib! Nicht mehr betreten sollst du mein Haus.
Ausgestoßen sollst du sein, wie das Tier der Wildnis,
Sollst in der Fremde sterben, verlassen, allein.
Folg ihm, dem Buhlen, nach in seine Heimat,
Teile sein Bett, sein Irrsal, seine Schmach;
Leb im fremden Land, eine Fremde,
Verspottet, verachtet, verhöhnt, verlacht;
Er selbst, für den du hingibst Vater und Vaterland,
Wird dich verachten, wird dich verspotten,
Wenn erloschen die Lust, wenn gestillt die Begie
r;
Dann wirst du stehn und die Hände ringen,
Sie hinüberbreiten nach dem Vaterland,
Getrennt durch weite, brandende Meere,
Deren Wellen dir murmelnd bringen des Vaters Fluch!
Jason holt das Goldene Vlies aus der Höhle, kann mit Hilfe eines von Medea gegebenen Tranks die Schlange überlisten, und bei der Abfahrt der Argonauten mit Medea, soll ihr Bruder Absyrtus als Geisel mitkommen, bis die aus der Bucht von Kolchis sind, damit die Kolcher das Schiff nicht angreifen. Doch Absyrtus stirbt lieber in Freiheit und stürzt sich über eine Klippe.

Der Fluch vom Vlies ist nicht gebannt, ganz im Gegenteil, mit dem Tod von Absyrtus verbindet sich ein weiterer Unglücksfall mit diesem Vlies. Jason beschuldigt Aietes, am Tod seines Sohnes Schuld zu tragen.

Formal nähert sich Grillparzer der griechischen Tragödie, aber immer noch nicht ganz: das Stück besteht aus vier Akten und die drei Aristotelischen Einheiten sind nicht umgesetzt. Es bedarf noch eines dritten Teils dieser Trilogie.

Text online:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Grillparzer,+Franz/Dramen/Das+goldene+Vlies/Die+Argonauten