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Boris Groys. Bild: Unbekannt / wikimedia / GNU Free Documentation Licence

Boris Groys ist ein interessanter Kunstphilosoph und dessen heutigen Ausführungen in der SZ zu Verschwörungsmythen sind durchaus einen zweiten Gedanken wert.
Mittelalter bedeutet Feudalismus, ein System großer ökonomischer Ungleichheit. Im vordigitalen Kapitalismus ging es der Mittelschicht gut, deshalb brauchte sie keine Verschwörungsmythen. Das System, auf das wir zusteuern, ist ein digitaler Feudalismus mit einem enormen wirtschaftlichen Gefälle. Milliarden Menschen erzeugen Daten, wenn sie viele Stunden am Tag auf Social Media aktiv sind. Sie bekommen für diese Arbeit kein Geld und haben keine Kontrolle darüber, wie die Algorithmen die Daten über ihr Verhalten verarbeiten. Die Macht der Digitalkonzerne, der Herrscher über die Algorithmen, hat Parallelen zum Geheimwissen der Priesterkaste im Mittelalter. Da muss man sich nicht über Verschwörungsmythen wundern, die überall geheime Mächte vermuten. Gleichzeitig hat auch das Verhalten auf Social Media etwas von einer pervertierten religiösen Praxis.
Quelle des Zitats: https://www.perlentaucher.de/9punkt/2020-12-07.html