Sterne-FM4

Der österreichische Radiosender FM4 schreibt jährlich einen Kurzgeschichtenwettbewerb aus, 2018 unter dem Motto "Sterne". Die Shortlist von zehn Storys sind in diesem Band veröffentlicht. Zumeist sind es Nabelschaugeschichten, deren Sinn sich auch nicht immer erschließt, der Versuch einer jungen Frau nach einer Abtreibung 1944 aus Krakau nach Wien zu gelangen, ist so verrätselt geschrieben, dass ich eigentlich nicht mehr weiß, worum es geht - es vermischt sich das antike Griechenland mit dem Zweiten Weltkrieg und der Jetztzeit zu einem hermetischen Wortschwall.

Drei Geschichten stechen jedoch hervor.

Der in Berlin lebende Stefan Adrian schreibt in gybmyr von einem Mitt-Dreißiger, der als Dienstleistung anbietet, sich nach einer Straßenrempelei schlagen zu lassen, um das Selbstbewusstsein verweichlichter Männer zu heben. Das Angebot wird reichlich, meist in Begleitung, angenommen. Nur einmal verwechselt er Wildfremde mit einem Kunden und wird daraufhin ernsthaft attackiert.

Nikolaus Neu ist Intensivmediziner in einer Kinderabteilung und Universitätsprofessor in Innsbruck. Schreiben ist sein Hobby. In der Geschichte Supernova begleiten wir die Leiterin einer Kinderintensivstation bei einem Noteinsatz. Ein Einjähriger ist in der Badewanne fast ertrunken, weil seine Mutter aus dem Badezimmer gegangen ist, um mit einer Freundin zu telefonieren. Dem Jungen droht ein Überleben im Wachkoma. In sehr sachlichen Worten beschreibt er den Ablauf der Tätigkeit, dass die Intensivärztin aber sich auch gleichzeitig um die verzweifelte Mutter kümmern muss, die immer wieder beteuert, dass sie nichts falsch gemacht hat, da ihr Bub ja eh schon alles selbst meistern kann und sie nicht weiß, warum er in einer Badewanne ertrinken kann. Gerahmt wird die Geschichte von Albträumen, welche die Ärztin nächtens verfolgen.

Claire Walka ist eine deutsche Regisseurin und Schriftstellerin und schon länger kreativ in beiden Bereichen tätig. In ihrer Geschichte Livability konfrontiert sie uns mit dem Freitod eines Designers für Smart Citys, der in seiner selbst entworfenen Musterstadt, die ein Touristenmagnet ist, aber mehr oder weniger leersteht, aufgrund der immer stärker werdenen Einsamkeit in eine Sinnkrise gerät, nicht mehr weiß, ob er einen Angler, in dem er aufgrund seiner sich selbst erhaltenden Tätigkeit das jahrtausendalte Gegenbild seines Entwurfs des umsorgten Menschen sieht, umgebracht hat, und der sich schließlich die Hände schlitzt und sich mit Schlaftabletten und Gin das Leben nimmt.