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Ingrid Brodnig war Journalistin beim österreichischen Politikmagazin Profil und ist derzeit österreichische Botschafterin für digitale Angelegenheiten bei der EU. 2019 hat sie dieses Buch herausgegeben, das sich hauptsächlich mit den Machenschaften von Internetmonopolisten (Google, Facebook und Amazon) auseinandersetzt, aber auch staatliche Tendenzen zur digitalen Überwachung mit einem kleinen Ausflug nach China anspricht.

Ausgangspunkt ihrer Thesen ist eine Informationassymmetrie: Die Nutzer geben Unmengen an Daten preis, während die Verwendung dieser Daten durch Konzerne, aber auch Staaten verschleiert wird. Relativ ausführlich schreibt sie dann über die bekannte Personalisierung von Werbung, aber auch über die Querverwendung von Daten innerhalb von Konzernen (WhatsApp -> Facebook; Daten von privaten Adressbüchern -> Facebook).

Interessant wird es bei verschleierten Staatsaufträgen. 2015 hat eine Region des britischen staatlichen Gesundheitsdienstes NHS Daten von Patientinnen und Patienten nicht anonmysiert an eine Google-Firma gesendet, um eine Gesundheits-App für Nierenkranke zu entwickeln, ohne dass diese oder eine Patientenorganisation darüber informiert wurden. Oder zweites Beispiel: Die österreichische Polizei hat eine Gesichtserkennungssoftware für 450.000 Euro bei der deutschen Softwareschmiede Cognitec Systems (Link zur Dresdener Firma) eingekauft. Der hessische Staatsschutz verwendet die Software Gotham der Firma Palantir (Eigentümer Peter Thiel, ehemals Gründer von PayPal und bekennender Libertärer, eine der Investorinnen ist die CIA, Link zur Produktinfo bei Palantir) zur Verknüpfung von Personendaten.

Wie solche Verknüpfungen aussehen können, wird anhand eines Beispiels aus China berichtet. Dem in Shenzen arbeitenden US-Bürger Frederick Bravey wurde binnen einer Minute via Handy eine Strafe abgebucht, als er bei Rot über eine mit Kameras überwachte Straße ging. Er wurde durch die Gesichtserkennungssoftware sofort erkannt, über WeChat, das als Zahlungsportal genutzt werden kann, hatten die Behörden Abbuchungszugriff.

Womit wir bei einem weiteren Schwerpunkt des Buches sind: Algorithmen (Rechenanweisungen), die für Entscheidungen eingesetzt werden, die auch Personen betreffen (z. B. Versicherungen, Arbeitsämter). In den USA werden bereits Systeme zur Prognose, ob Personen straffällig werden könnten, getestet. Hauptkritikpunkte sind, dass die Algorithmen nicht offengelegt sind, nicht von Unabhängigen geprüft werden, Entscheidungen meist nicht von Menschen evaluiert werden, Algorithmen fehlerhaft sein können.

Am Ende des Buches präsentiert Brodnig ihre Vorstellungen, wie ein reguliertes Internet sowohl die Allmacht der Monopole wie auch eine Überwachungsmacht des Staates einschränken könne. Wichtig sind ihr die demokratischen Instrumente der Kontrolle und ein gemeinsames Vorgehen in der EU. Wichtig sind ihr der Schutz von Grundrechten, Datenschutz, Wettbewerbsrecht (Verhinderung bzw. Einschränkung von Monopol-Kartellen). Dazu gehöre auch eine Regelung, welche die Ausnutzung von Steuerschlupflöchern schwieriger gestalte. Der erfolgsversprechendste Ansatz ist für Brodnig eine globale Einführung einer Mindestkörperschaftssteuer. Auch diskutiert sie, ob es nicht sinnvoll sei, als alternatives Angebot öffentlich-rechtliche Plattformen zu gründen (wie immer diese aussehen), die nicht unter der Kontrolle von monopolistischen Firmen sind.

Für den einzelnen Nutzer hat sie die bereits bekannten Empfehlungen parat: Kontrolle der Standardeinstellungen von Programmen und Apps (diese seien im Sinne der Firmen optimiert und nicht im Sinne des Privatsphärenschutzes) sowie Nutzung von nicht monopolistischen Handelsplattformen.