Erwachen

Zurückverfolgen lässt sich der Autor nicht, aber der laut Selbstangabe in Fulda lebende Autor Roman Richter veröffentlichte 2020 noch vor der Abwahl Trumps ein Buch über Q bzw. QAnon im Selbstverlag ohne Lektorierung, was er als Manko anmerkt, aber ein wenig hätte er selbst auch drüberlesen können.

Was unterscheidet dieses Buch von üblichen Verschwörungsmythenerzählern? Auch wenn Richter die Leser für blöd hält und duzt (bekannt als Schreibduktus von Udo Holey), so gibt er doch viel von sich selbst preis. Wie er schreibt, hat er sich wöchentlich an die 35 Stunden damit auseinandergesetzt, was die Botschaften von Q bedeuten und sie ins Deutsche übersetzt. Das Ergebnis: dieses Buch.

Es ist nicht das typische VT-Buch, wie es Verlage wie KOPP verkaufen, es ist komplex, hat aber einen großen Haken: Richter will das Bedeutende rausholen. So sitzt er dem von Q vermittelten Schmarrn auf, dass Q selbst in engstem Kreis von Trump sich bewege, wenn er es nicht sogar selbst ist. Dass Q die Leser völlig an der Nase herumführt, auf diese Idee kommt Richter nicht eine Sekunde. Er ist ein Glaubender, der sich als Analyst sieht.

Auch ist seine Auswahl von Qs Forenbeiträgen eingeschränkt und oft wiederholend. Die Kinderschändungserzählung kommt eher am Rande vor, dafür konzentriert sich Richter auf das Politische:

- Militärgeheimdienst und NSA sind auf Seiten von Trump und den Patrioten
- Die CIA wehrt sich dagegen, was verhindert wurde
- Snowden ist ein CIA-Agent, der den NSA zerschlagen wollte
- Snowden ist ein Büttel der Russen
- Der Demokraten-Clan will einen Weltkrieg anzetteln
- Für den Weltkrieg gibt sich der Demokraten-Clan 16 Jahre Zeit
- Dies habe Trump verhindert
- Finanziert werde der Demokraten-Clan von Saudis
- In der zweiten Finanzierungsreihe stehen die Rothschilds und Soros
- Trump und die Patrioten zerschlagen den Korruptionssumpf der Demokraten
- Von Trumps USA ausgehend werden auch in Europa die Patrioten die Macht übernehmen

Richter setzt sich auch mit der Schreibweise von Q auseinander. Dass dieser pseudogeheimdienstliche Sprache verwendet, auf diese Idee kommt er nicht. Dennoch: Als sprachliches Internetphänomen werden die Postings von Q wohl auch in Zukunft noch eine Rolle spielen. Manipulationen allein durch wirre Assoziationen im Kurzsatzfragestil. Das war definitiv neu und sehr wirksam. Eine Horde an Verrückten hat sich ihre eigene Interpretation rausgezuzelt und schließlich gewaltsam das US-Parlament gestürmt. Unter Anfeuerungen eines sichtlich daneben stehenden Trump vor dem Mikro und einem in einem verwahrlosten Hof einer Gärtnerei auftretenden juristischen Sprachrohr Rudy Giuliani. Aber das kommt im Buch von Richter nicht mehr vor.