Golding-Fliegen

Diesen weltberühmten Roman wollte ich schon lange lesen und habe mir die Übersetzung von Hermann Stiehl (Fischer Verlag 1956) herangezogen.

Die Geschichte dürfte bekannt sein. Während eines Evakuierungsflugs wegen eines Atomkriegs stürzen sechs- bis zwölfjährige Kinder über einer unbewohnten Pazifikinsel ab, ohne dass eine erwachsene Person überlebt. Bereits am Anfang geht beim Feuermachen ein kleines Kind mit einem Muttermal verloren, das nie wieder auftaucht. Möglicherweise ist es im Feuer verbrannt.

Von Anfang an gibt es eine Rivalität zwischen dem eher vernünftigen Ralph, der zum Anführer gewählt wird und dessen wichtigstes Ziel ist, durch Rauch Schiffe auf sie aufmerksam zu machen, und Jack, einem Chorführer, der sich der Jagd widmet. Als die Jäger das Feuer ausgehen lassen, weil sie Wildschweine jagen, und am Horizont ein Schiff zu sehen ist, bricht der Konflikt aus und Jack gründet mit seinen Jägern einen neuen Stamm, der die kleine Gruppe um Ralph zweimal überfällt, um deren Feuer wie auch die Brille des kurzsichtigen Piggy zu stehlen, mit der Feuer gemacht werden kann.

Die Gruppe um Jack wird immer verrohter, sie gleichen "Wilden", bemalen ihre Gesichter wie auf einem Kriegspfad. Mehrfach wird vom Erzähler darauf hingewiesen, dass sie die Grundlagen der Zivilisation zurücklassen und auch die Tötungshemmung ablegen. So werden der Epileptiker Simon und der dicke Piggy ohne Reue getötet und am Ende Ralph, der schließlich alleine ist, gejagt. Um Ralph zu fangen und wohl zu töten, wird das Unterholz des Inselwalds in Brand gesteckt, und bevor der Kampf weiter eskaliert, landet am Strand ein britischer Marinesoldat. Von dessen Schiff aus ist die brennende Insel erspäht worden. Die Kinder, die sich in einem schockartigen Zustand befinden, werden auf das Schiff geleitet und wohl einer Kriegswelt der Erwachsenen ausgesetzt.

Golding zeigt anhand von Kindern, wie dünn die Schicht der zivilisatorischen Regeln ist, und mich erinnert das Verhalten der Kinder an die reale Geschichte der Meuterer der Bounty, die sich gegenseitig auf der Insel Pitcairn beinahe vollständig ausgelöscht hätten.

Zur Übersetzung: Wie Hermann Stiehl einmal "savage Indians" mit "wilde Nigger" übersetzt, ist schon heftig, auch wenn der Vergleich der wilden, die Zivilisationsregeln hinter sich lassenden Kindergruppe mit "Indians" auch schon die sprachlich noch gedankenlosere Literaturwelt des letzten Jahrhunderts spiegelt.