Teller-Nichts

Dieser 2000 im dänischen Original und 2010 in deutscher Übersetzung erschienene Roman der dänischen Schriftstellerin Janne Teller firmiert als Kinder- oder Jugendbuch und erhielt auch zahlreiche Preise. Die Thematik jedoch ist skurril bis brutal, erinnert an Herr der Fliegen und das Buch ist zum Beispiel in Teilen Norwegens immer noch als Schullektüre verboten, während es in Dänemark beliebter Abiturstoff ist.

Der Roman spielt in der fiktiven Provinzvorstadt Taering und die Hauptprotagonist:innen sind etwa dreizehnjährige Kinder einer Schulklasse, die beginnen, ihnen Bedeutungsvolles in einer alten Sägemühle zu sammeln, als ein Klassenkamerad die Schule verlässt, um den ganzen Tag auf einem Pflaumenbaum zu sitzen, da es im Leben wegen seiner Vergänglichkeit nichts Bedeutendes gibt. Sie wollen ihm beweisen, dass es doch etwas von Bedeutung gibt.

Die Methode: Ein Kind nennt dem anderen, was es an Bedeutungsvolles für den "Berg der Bedeutung" hergeben soll. Es beginnt mit einfachen Dingen wie Pantoffeln oder einem Fahrrad, aber die Forderungen beginnen zu eskalieren, als von einem muslimischen Jungen der Gebetsteppich verlangt wird und dieser von seinem Vater krankenhausreif geprügelt wird. Ab dann wird es skurril und die Bedeutungsopfer sind unter anderem: das Kruzifix einer Kirche, der Sarg eines verstorbenen Bruders, der Kopf eines streunenden Hundes, die Jungfräulichkeit eines Mädchens, der rechte Zeigefinger eines Gitarrespielers. Das letzte "Opfer" führt selbstverständlich zu einer Anzeige bei der Polizei.

Doch irgendwie können die Kinder sich rausreden, einzige Konsequenz ist ein Hausarrest, die Medien werden aufmerksam, ein New Yorker Kunstmuseum kauft den "Berg von Bedeutung" für einige Millionen Dollar, doch als bei einem heimlichen Besuch bei der Sägemühle die Kinder brutalst auf sich losgehen und der Junge, für den das Leben ein Nichts ist, zu Hilfe gerufen wird, brennt die Sägemühle samt Berg und Jungen nieder.

Auch der Cop-Out ist eigenartig. Der Roman wird von einem der Mädchen in Ich-Form erzählt, das ganz zu Beginn nur Pantoffeln hat hergeben müssen, als Reflexion nach zwanzig Jahren. Einzige Folge: Die Kinder haben sich nie mehr getroffen und werden auch zu keinen Schulfeiern eingeladen.

Ganz klar ist nicht, was eigentlich vermittelt werden soll: Kinderbrutalität? Langeweile in einer Vorstadt? Medien- und Kunstsatire? Dass das Leben ein "Nichts" ist? Oder vielleicht auch alles von dem.
Nichts bedeutet irgendetwas,
das weiß ich seit Langem.
Deshalb lohnt es sich nicht, irgendetwas zu tun.
Das habe ich gerade herausgefunden.
Der Junge Pierre Anthon im ersten Kapitel.