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Lost Places im Auge der Schwarzen Romantik - Unser Empfinden zu Ruinen

4 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Romantik, Melancholie, Spätromantik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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DirkA. Diskussionsleiter
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Lost Places im Auge der Schwarzen Romantik - Unser Empfinden zu Ruinen

06.02.2023 um 20:05
Zuerst: Es geht bei Schwarze Romantik nicht um Schwarze Magie. Synonyme für Schwarze Romantik sind:

  • Melancholie
  • Schwarzgalligkeit
  • Romantik
  • Schauerromantik
  • Negative Romantik
  • Dunkle Romantik
  • Nachtseite der Romantik
  • sowie auch das Umfeld der Schauerliteratur

Trotz dem Bezug zu Lostplaces habe ich bewusst die Rubrik "Religion & Spiritualität" gewählt und nicht "Lost Places". Denn es geht mir nicht darum, einen neuen Lost Place zu benennen, sondern um die Motive hinter dem Wunsch, solche Orte zu besuchen. Was ist der Vater des Wunsches, Ruinen zu besuchen und Fotos von meist graffitiglastigen Gebäuden zu machen?

Grob gesagt stellen sich mir diese Fragen:

  1. Was empfindet ihr, wenn ihr den Wunsch habt, dorthin zu gehen?
  2. Was empfindet ihr, wenn ihr dann dort seid?
  3. Habt ihr das Gefühl, dass euer Wunsch (1) nach dem Besuch des Ortes (1) befriedigt worden ist?

Ich weiß (oder vermute), dass einige jetzt über meine Assoziation Schwarze Romantik zu Lost Places irritiert sind, und sogar den kopf schütteln. Was mich betrifft, konnte ich mein Empfinden nie richtig einordnen. Der Wunsch, solche Orte aufzusuchen, war da (ist er immer noch). Doch wenn ich dann da bin, holt mich die Realität schnell auf den kalten Boden zurück: Graffiti wohin man schaut, Gerümpel, eingeworfene Scheiben, Brennnesseln und im übrigen der mehr oder weniger immer vorhandene Zustand der Baufälligkeit. Mein Eindruck vor Ort hat eigentlich nie meine Wünsche erfüllt. Bis ich mir dann mal Gedanken gemacht habe, welche Wünsche das eigentlich sind. Dabei fiel mir auf, dass ich das gar nicht richtig in Worte fassen kann.

Vor ein paar Wochen wurde ich dann mit einem (für mich neuen) Begriff konfrontiert, da hat es Klick gemacht.
Ich stelle das Stichwort jetzt ein. Es lautet:

Schwarze Romantik

1. Romantik
Die Romantik behandelt Aspekte und Themen wie Gefühle und Leidenschaft. Im Mittelpunkt stehen die Sehnsüchte der Menschen, wie die in verschiedenen Werken behandelte Reiselust und das Fernweh im Allgemeinem. Auch die Schönheit der Natur hat eine besondere Stellung. Ebenso übt sie Kritik an der Epoche der Aufklärung, welche eher vernunftgeprägt war.

2. Schwarzen Romantik
Typische Motive der Schwarzen Romantik sind unter anderem das Unheimliche, Dämonische, Abgründiges in der menschlichen Psyche bis hin zum Wahnsinn, Erotik und Gewalt sowie der Tod. Die Schwarze Romantik entzieht sich einer klaren Definition: Sie wird in manchen Zusammenhängen auch als eine Strömung in Literatur und Kunst gesehen, die über die Epoche der Romantik hinausgeht und auch Einfluss auf die Kunst des Symbolismus oder den Horrorfilm ausgeübt hat. Im Sachwörterbuch der Literatur wird die Schwarze Romantik definiert als „irrationale Tendenz der Romantik zum Unheimlich-Gespenstischen, Phantastisch-Abseitigen und Dämonisch-Grotesken“ und vor allem die Schwarze Romantik in der Form von Schauerliteratur und Gespenstergeschichten erwähnt. Ferner ist zu bemerken, dass sich die Schwarze Romantik häufig nicht klar von der Hauptströmung der Romantik abgrenzen lässt. Die Schwarze Romantik zeichnet sich dadurch aus, dass sie irrationale, melancholische Züge besonders betont und sich auch von der Gestaltung menschlichen Wahnsinns und vom „Bösen“ fasziniert zeigt – in Abkehr der von der Vernunft geleiteten Aufklärung und als Reaktion auf die Schrecknisse der Französischen Revolution.

Spukschlösser, Klöster, Verliese, Kellergewölbe, Gruften, Spukhäuser, Ruinen und Friedhöfe bieten die Kulisse für die Schauerliteratur, etwa in Schauerromanen wie "Das Schloss von Otranto" von Horace Walpole. Ruinen, auch künstliche Ruinen, sind in der romantischen Ruinenarchitektur en vogue. Romantische Gemälde stellen unheimliche Naturerscheinungen wie Gewitter dar sowie nächtliche, in Mondschein oder in Nebel getauchte Landschaften, auch einsame Lichtungen und dunkle Wälder. Ein Maler, in dessen Werk sich diese Motive besonders umfassen finden, ist Caspar David Friedrich. Bekannte Beispiele, in denen Friedrich solche düster-verstörenden Motive umgesetzt hat, sind die Gemälde "Abtei im Eichwald" und "Der Mönch am Meer".

Dem Licht der Aufklärung stellt die Schwarze Romantik die Nacht und das Dunkel gegenüber und wertet sie positiv um. Beispielhaft für eine solche Umwertung der Nacht als Ort der besseren Erkenntnis und der höheren Wahrheit sind Novalis’ "Hymnen an die Nacht". Insbesondere die französische und spanische Romantik setzt sich als Folge der französischen Revolution und den darauf folgenden napoleonischen Kriegen mit Leid und Gewalt auseinander. Francisco de Goya, eigentlich ursprünglich spanischer Hofmaler, wird mit seinem Werk auch teilweise der Romantik zugerechnet, setzte sich mit der Gewalt und dem Schrecken des Krieges durch Napoleonische Truppen 1808 und im anschließenden spanischen Unabhängigkeitskrieg auseinander. Goyas verstörender Bilderzyklus "Pinturas Negras", ein wesentliches Werk der Schwarzen Romantik, stellt unter anderem eine geheimnisvolle Prozession, Hexen und Saturn dar, wie dieser seine Kinder frisst, und gewährt einen Einblick in die Dunkelheit der Seele.

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Ich hoffe, dass es euch jetzt nicht so ganz kalt erwischt. Diese Thematik (bzw. die Verbindung zwischen zwei scheinbar völlig gegensätzlichen Themenbereichen) kann man mit dem Kopf schlecht erfassen, hier ist vermutlich das Bauchgefühl der bessere Berater. Deutlicher schreiben kann ich es leider nicht.

@Verwaltung
Wenn ihr es festpinnen könnt, hätte ich nichts gegen ein Verschieben nach "Lost Places". Festpinnen deswegen, weil es alle (auch künftige) Lostplaces betrifft. Ich hoffe, dass ich nicht der einzige bin, der diesen Bezug zur Schwarzen Romantik knüpft (bzw. hinterfragt). Derartige Assoziationen sind naturgemäß sehr subjektiv und ich kann nicht vorhersehen, wie andere Menschen "dies und das" empfinden. Andererseits deckt die Schwarzen Romantik entgegen meiner ersten Annahme ein riesiges Spektrum an Richtungen ab (z.B. die Gothic-Bewegung) und ist zudem, unabhängig vom Zeitgeist, in allen Epochen der bekannten Geschichte präsent. Diese Strömung muss also "irgendwas" im Menschen hervorrufen bzw. vorhanden sein, was vielleicht den "Religiösen Gefühlen" nicht unähnlich ist.


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Schwarze Romantik ist mir ein Begriff, einen Bezug zu Lost Places sehe ich aber nicht
0 Stimmen (0%)
Schwarze Romantik ist mir ein Begriff, an dem Bezug zu Lost Places könnte was dran sein
10 Stimmen (71%)
Schwarze Romantik kannte ich bisher nicht, einen Bezug zu Lost Places sehe ich nicht
4 Stimmen (29%)
Schwarze Romantik kannte ich bisher nicht, an dem Bezug zu Lost Places könnte was dran sein
0 Stimmen (0%)
Doors ehemaliges Mitglied

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Lost Places im Auge der Schwarzen Romantik - Unser Empfinden zu Ruinen

07.02.2023 um 13:37
Keine Ahnung, was Menschen an Ruinen so faszinierend finden. Möglicherweise habe ich als Nachkriegskind und als Journalist in Kriegsgebieten schon genug davon gesehen. Als praktisch denkender Hausbesitzer denke ich obendrein immer ganz unromantisch: Was das wohl kostet, das wieder bewohnbar/nutzbar zu machen?


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DirkA. Diskussionsleiter
ehemaliges Mitglied

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Lost Places im Auge der Schwarzen Romantik - Unser Empfinden zu Ruinen

07.02.2023 um 19:22
@Doors ich freue mich, dass du auch normale Antworten verfassen und nicht nur meckern kannst. Also fühle dich gelobt, und dass ist von mir wirklcih ernst gemeint.

Vielleicht bist du zu sehr der mentalen Seite des Lebens verhaftet. Nien, das ist ja kein Defizit, sondern heutzutage ein Muss, wenn man vom Strom der Zeit nicht im Nu an Land gespült werden will. Die vor 30 Jahren noch vorhandene "esoterische Akzeptanz" der Gesellschaft ist mittlerweile völlig verebbt (was man aber naturgemäß nicht merken kann, wenn man betroffen ist). Und betroffen ist fast jeder. Denn jede Wende (auch die sg. "Zeitwende") fordert Prioritäten. Audiovisuell gesagt könnte man das auch so ausdrücken: Angst fressen Seele auf (Rainer Werner Fassbinder, 1974). Grob gesagt, kann man auch sagen, jeder kämpft mehr oder weniger um sein soziales-wirtschaftliches Überleben ... und merkt dabei gar nicht, dass er/sie möglicherweise bereits verloren hat - und zwar in seelisch-empathischer Disziplin. Letzteres ist allerdings eine der Properties, die Mensch und Tier unterscheidet. Wer sich das zerstören lässt, wird in einer Welt aufwachen, wo die Menschen Roboter geworden sind, also befreit von jeder Empathie und Seele (Seele => Ich-Sein). Wer das will, soll es wollen, aber ich will es nicht.


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Lost Places im Auge der Schwarzen Romantik - Unser Empfinden zu Ruinen

02.03.2023 um 14:25
Ich kenn Schwarze Romantik aus der Soziologie. Der französische Historiker und Soziologe Philippe Ariès hat sich sehr intensiv mit dem Totenkult seit der Antike auseinandergesetzt und mehrere Bücher und Aufsätze mit jeweils anderen Schwerpunkten dazu geschrieben. (Bildende Kunst, Literatur, Geschichte).

Zunächst fällt Caspar David Friedrich in die klassische Romantik. Natürlich lösen Ruinenlandschaften melancholische Gefühle und die Frage nach den letzten Dingen und Gott aus.
Unter Schwarze Romantik fällt aber eher Edgar Allen Poe, der sich gern mit dem Thema "lebendig begraben" bzw. "von den Toten auferstehen" auseinandersetzte. Dann gab es in dieser und der Folgezeit noch eine stattliche Anzahl von minderwertigen Gruselromanen und Zeichnungen, in denen die Grenze zwischen Tod und Leben aufgehoben wird. Als klassisches Beispiel gilt eine Zeichnung, worin ein verzweifelter Bräutigam seine gerade verstorbene Braut auf dem Friedhof ausbuddelt.

Ariès sieht in der Schwarzen Romantik eine zur Blüte gekommene Säkularisierung, ein Wegbrechen von Religiosität, da der Mensch den Tod nicht mehr akzeptiert. Der Leichnam wird nicht wie früher (bes. Mittelalter) in Gottvertrauen dem Allmächtigen anvertraut, sondern man versucht, den geliebten Menschen dem Tod zu entreißen.

Caspar David Friedrich dagegen, der klassische Romantiker, war sehr religiös. Er hat und hätte die Grenze zwischen Tod und Leben nie aufgehoben. Ich sehe deshalb in Stephen King einen modernen Vertreter der Schwarzen Romantik bes. im "Friedhof der Kuscheltiere". Sehr typisch auch, dass Werke der Schwarzen Romantik leicht der Horrorliteratur mit dem Label "nicht so wertvoll" zugeordnet werden. Nicht immer zu Recht. Siehe Friedhof der Kuscheltiere, das Buch ist zwar viel zu lang und stilistisch anspruchslos, aber der Plot ist genial. (Ein Mann holt sein totes Kind ins Leben zurück und scheitert natürlich.)


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