Einerseits wäre es ja zu begrüßen wenn die selbsternannten Vertreter der Progression endlich zur Besinnung kommen:

Es ist Zeit, was zu ändern!

Andererseits sollte man so etwas mit äußerster Vorsicht genießen - schließlich geht es bei näherem Hinsehen lediglich um ideologische Eitelkeiten: das das Volk, in dessen Namen man streitet, aus paranoiden Spinnern, in ihrer nationalen Ehre gekränkten Stümpern, strafwilligen und ordnungsliebenden Beamtennaturen besteht, die alle für sich und zusammen regressiv sind, muss gesagt werden, um sich als guter (Volks-) Kommunist frei von jeglicher Reaktion zu fühlen. Das man den Traum, als avantgardistische Spitze einer breiten Volksbewegung gegen Ackermänner und andere Volksfeinde voranzugehen, nicht begraben hat, zeigt schon die Unwilligkeit Konstrukte wie "Volk" überhaupt zu begraben. Ihnen wird stattdessen ein revolutionärer Touch über Floskeln wie "kritische Masse" verliehen oder man gibt einfach weiterhin den Gemeinschaftsapostel um dann dumm und unreflektiert "Solidarität!" zu schreien. Nicht zu vergessen der Etatismus, der auch noch den letzten Winkel des Denken's des überzeugten Leninisten einnimmt - und sie von einer solidarischen Wehrgemeinschaft im Zeichen eines autoritären und fleißig Almosen verteilenden Sozialstaat's träumen lässt. Stimmt nicht? Kann man jeden Tag in der "junge Welt" nachlesen.

Wer heute versucht, die Massen zu organisieren, der versucht, potentielle Amokläufer aus ihrer Passivität zu reißen und sie zum Amoklauf zu ermuntern. Im Gegenteil dazu müsste man bissige und keinerlei Rücksicht nehmende Ideologiekritik üben. Solche Kritik, die bestenfalls die Propagandisten und Anhänger reaktionärer Projekte in einem Ausmaß über ihre eigene Logik erschrecken lässt, dass sie den Mund halten oder die Seite wechseln, darf keinerlei Konzessionen machen. Sie muss direkt, geschliffen und vor allem der Wahrheit verpflichtet sein. Gerade deshalb darf der Ideologiekritiker sich keine Illusionen über das Objekt seiner Kritik machen. Er darf weder ein vorgefertigtes Schema anwenden, noch sich selbst außerhalb des falschen Ganzen verorten. Er hat kein Ziel, das positiv anzugeben wäre, sondern die Negation des Falschen ist Antrieb genug.

Darin unterscheidet sich der Ideologiekritiker grundlegend vom Leninisten, der eine Diktaktur des proletarischen Apparates durchfechten will, um die eine Herrschaft durch eine andere, in der Vergangenheit stets barbarischere zu ersetzen. Der Leninist ist ein Demagoge der sich mit der Aura der Macht umhüllt und eine Gefolgschaft anzieht, die nach Autorität und Gewalt lechzt. Seine Strafphantasien sind Ausdruck eines Volkszornes, der sich nur deshalb nicht gewalttätig Bahn bricht, weil die Massen viel zu passiv sind, als das sie sich auch nur zu einem Pogrom hinreißen ließen. Anstatt Juden durch die Straßen zu hetzen, glotzen sie den Ruhrpott-Bullen "Harry" und "Toto" bei der Bekämpfung "asozialer" Elemente zu oder simulieren im Hobbykeller eine Welt, in der die Modelleisenbahn erst dann losfährt, wenn man selbst den Befehl gegeben hat. Die Scheinaktivität, welche die entfesselte Gewalt des panischen Subjekt's ersetzt, ist identisch mit einer äußerst prekären Passivität, welche den irrationalen Hass und die Paranoia nicht auflöst, sondern permanent am Kochen hält. Genau diese Passivität will der leninistische Agitator brechen und die durch das Recht und die Gewaltenteilung zivilisierte Staatsgewalt in eine Gewaltherrschaft der Massen verwandeln.