Midsommar - Faschismus, Kult, Wickermann, Meisterwerk von Ari Aster

Guten Abend,

durch Bekannte wurde ich auf den Film " Midsommar" aufmerksam gemacht. Habe mich jetzt mit Trailern, Kritiken und Reviews eingehend befasst. Fazit : Ich freu mich sehr auf diesen Film, so dann er per Amazon Prime verfügbar ist.

Für mich gesehen, sind die langen Kamerafahrten, Bilder wie gemalt, die ständige Helligkeit, aber vermengt mit einem immer mehr kommenden Unwohlsein genial. Die Musik ist total stimmig .

Was ist das für eine Gemeinschaft, wo bei Erreichen eines bestimmten Lebensalter gestorben werden muss ? wo Mann/Frau alles teilt,
wo man unter ständiger Beobachtung lebt ? faschistische Züge ?

Mit Wickermann kann ich den Film wohl nicht vergleichen , da hier der Protagonist aktiv am Ende sich wehrt. Die amerikanischen Studenten scheinen immer mehr in dieser sonnendurchflutenden Welt gefangen zu werden.


Was - gerade durch das Setting, nicht nach der Jagd im Bösen durch das Dunkel, äußerst schockierend wirkt, sind die blutigen Effekte, das gnadenlose Auslöschen, mitten in einer heilen Welt. Sei es die Bärenszene , die Selbstmorde, usw.


Ich beziehe meine Meinung nur nach den Trailern, freue mich aber schon sehr auf diesen Film.

LG

Klaus

ps : wie hat er euch gefallen , bzw. guckt ihr diesen Streifen von Ari Aster auch an ?

@shining1
Möchtest du nicht lieber über einen Film sprechen, von dem du mehr als den Trailer gesehen hast?


Oder (wie im Titel angedeutet) das Diskussionsthema mehr auf Kultdarstellungen in Filmen verlagern?

Oder den Regisseur in den Mittelpunkt des Threads stellen?

shining1 schrieb:Mit Wickermann kann ich den Film wohl nicht vergleichen , da hier der Protagonist aktiv am Ende sich wehrt.

Öhhh. Bei The Wicker Man wird der Protagonist am Ende bei lebendigem Leibe verbrannt 🤔

shining1 schrieb:Was ist das für eine Gemeinschaft, wo bei Erreichen eines bestimmten Lebensalter gestorben werden muss ?

Eine sehr Fortgeschrittene?

:lolcry:

Ich fand den Film auch richtig gut und richtig bestürzend.

Vor allem dieser "Sprung". Da musste ich weg schauen.

Das waren alles super Ideen, finde ich: Also so eine "Hilbilly"-Gechichte mal nicht in den Mittleren Westen der USA oder in ein post-sozialistisches Waste Land zu legen, sondern nach Schweden und dann in so einer ganz anderen "Ästhetik", die dieses Völkische aufgreift, was heute (wieder?) verbreitet ist und Sorgen bereitet.


Allerdings hatte der nicht ganz die Tiefe, die ich mir erhofft hatte. Am Ende des Tages ist es halt ein US-Horrorfilm. Spätestens nach dem ersten "Ritual" ist klar worauf es hinaus läuft, es ist wenig subtil.

SpoilerBesonders doof fand ich, als am Ende einer der Hauptdarsteller in den Hühnerstall flüchtet und entsetzt einen seiner Freunde aus der Backpacker.Truppe als "Blood Eagle" aufgeknüpft an der Decke vorfindet.

Das war irgendwie drüber: Diese Dorfgemeinschaft ist ja eben keine Horde von Sadisten, sondern Kultisten, die aus irgendwelchen schrägen Esotehrik-Gründen dieses spezielle Midsommar feiert. Der Horror sollte ja genau dadurch entstehen, dass diese Freundlichkeit und die Gute Laune nicht aufgesetzt, oder zynisch ist.

Brennt Unbedarften nur ein weiteres falsches Bild von ureuropäischer Spritualität in die Schädel. Ein Schmutzstreifen der viele falsche Signale sendet und im schlimmsten Fall alte Vorurteile schürt.
Bin kein Fan, nope.

@Nandanael
Nimmst du das dann nicht ein bisschen zu ernst? Wenn es keine Dokumentation ist, soll ein Film der Unterhaltung dienen. Manche machen das besser als andere.
Manche geben sich sogar Mühe im Vorfeld die dargestellten Themen zu recherchieren - aber kann man das erwarten?

Das Problem ist doch dann eher die Zuschauerschaft, die jede Scheiße glaubt.

KFB schrieb:Das Problem ist doch dann eher die Zuschauerschaft, die jede Scheiße glaubt.

Da hast du Recht. Vielleicht bin ich auch etwas hart zu den Leuten dahinter, aber hilfreich finde ich diesen Film trotzdem so garnicht. Während er mit diesem fiktiven Kult irgendwie vor weißen Rechtsesoterikern warnen will, schadet er aber gerade allen, dem Durchschnitts-Amerikaner besonders fremden Neu- und Altheiden, die sich sowohl in die Gesellschaft einfügen, als auch nichts auf Extremismus geben. Viele junge Menschen die mit dem Thema nie in Berührungen gekommen sind, werden auf diese Symbole jetzt eher unaufgeschlossen bis feindlich reagieren, was auf umgekehrte Weise neue Spaltung und Intoleranz schafft.
Es ist wie den Islam in einem typischen, westlichen Mitteloststreifen auf den Islamismus zu reduzieren.

Ich weiß, es geht um einen Horrorfilm, aber etwas weniger einseitig und ein gutes Stück mehr aufklärend hätte er schon bitte sein können.

@Nandanael
Von einem idealistischen Standpunkt bin ich völlig bei dir.

Aber angenommen, ich drehe einen Film und mache mir wirklich Gedanken, verbringe die Zeit entsprechend mit Recherche etc.
Dann kommt dabei ein fehlerfreies Werk heraus - Recherche sei Dank.

Darüber hinaus habe ich auch die Symbolik berücksichtigt und gehe davon aus, das hier etwas auf Film gebannt wurde mit einer tollen, positiven Botschaft - ganz subtil eingebettet, ohne erhobenen Zeigefinger.

Dann sieht irgendeine Hirnkrücke den Film, interpretiert sein eigenes Zeug rein und läuft an einer Schule Amok.

Keine Pointe.

Will sagen; egal was du als Kunstschaffender tust, du kannst (und solltest) nicht für Handlungen deines Publikums verantwortlich gemacht werden*. Man steckt ja nicht in den Köpfen der Betrachter. So gesehen, muss jeder Kreative sofort all sein Schaffen für sich behalten, mir persönlich würde dabei was fehlen.


* Außer natürlich, es wird ausdrücklich zu Gewalttaten etc. aufgerufen ohne jeden künstlerischen Kontext.

Hat irgendjemand diesen Film gesehen? Kann es sein, dass Aster von diesem Film inspiriert wurde?



Wikipedia: The Wicker Man (1973)

@bredulino
Aber Hallo. Der Wicker Man ist ein Meisterwerk. Edward Woodward ist großartig als quasi jungfräulich, christlicher Polizist, der als Fremder auf eine ihm völlig fremd wirkende, heidnische Gesellschaft trifft, Christopher Lee ist überragend und es stimmt, wenn Lee sagt, dass der Soundtrack zum Film mit zu den schönsten der Filmgeschichte gehört. Gerade auch, wenn man alten, britischen Folk mit heidnischem Touch mag.
Der Wicker Man steht qualitativ auf einer Stufe mit Meisterwerken wie "Wolfen" oder "The Witch".
Ach, Iron Maiden haben mal ein Lied über den "Wicker Man" gemacht.

@abberline
@bredulino
Ich empfehle euch die Version von 2006 :trollkiss:

@KFB
Die find ich eher flach und lahm. Kommt längst nicht ans Original ran. Viel zu hollywoodmässig. Klar, als Hommage nett, aber es fehlt doch einiges bis zu einem Meisterwerk.

@abberline
Für Ironie hast du nicht viel übrig

@KFB
Inwiefern? So schlimm find ich die 2006er Version auch nicht, sie kackt halt gegenüber dem Original nur mächtig ab. Wie fast alle Remakes. Wie fandest du das Suspiria Remake?

@abberline
Hab ich nicht gesehen

@KFB
Original ist einer meiner Lieblingsfilme, war erst skeptisch, was die Neuverfilmung angeht, aber Kritiken waren ja ganz gut. Nur auch hier... der legendäre Soundtrack fehlt und das Original ist halt ein Bilderrausch und ob man das nachmachen kann?

abberline schrieb:und ob man das nachmachen kann?

Selbst wenn - muss man das denn?

Mal 'ne Frage in die Runde bzgl. Ari Aster

Kann man mir mal den Hype um ihn erklären? Ich sah gerade Hereditary und verstehe es einfach nicht.
Solider Film, ja aber doch nicht das herausragende Meisterwerk als das er verkauft wird. Technisch fielen mir da auch keine Dinge auf, die man nicht schon sonst etliche Male gesehen hat.

Vielleicht kann mir einer ja mal sagen, was ich verpasst habe :Y:

So habe den Film nun auch angesehen. Ein paar Mal sogar. Der Streifen ist für mich absolut kein "Mainstream".

Technik : 1 a - Kamerafahrten toll. Set klasse und die Musik passt sehr gut dazu.

Gore : ja vorhanden, für mich aber nicht Mittel zum Selbstzweck.

Handlung : jetzt mit einigen Abstand, bin ich da doch nicht mehr so begeistert. Am Ende des Films scheint mir alles ein wenig
"zusammen gedrängt ". Weiter - würde man sich, wirklich so naiv verhalten als Besucher, und auch wenns die Amis sind, wie
die Clique ? wobei ich denke, war von Aster bewusst so in Szene gesetzt.

Die Figur der Danni find ich durch die Hauptdarstellerin sehr gut in Sachen, innere Konflikte umgesetzt. Christian
lässt sich zwar voll auf die Sitten und Gebräuche der Horgas ein, aber erscheint mir aber wie ein sehr willenloses Opfer am Ende.

Den pflanzlichen " Hilfen" sei Dank.

mh wenns hier einen eigenen Bösewicht gibt, da wars für mich am Ende "Pele". Ein perfekter Lockvogel für die Zufuhr von
frischem Blut und nahezu willenlosen Hauptdarsteller für das Opferritual.

Fazit : ein sehr eigenartiger, faszinierender Film. Manchmal aber auch ohne Erklärungen .. warum alle 90 Jahre ? die ganze Gemeinschaft der Horgas kommt wie ein einziger lebender Organismus vor, ohne jegliche Individualität. Jeder dieser Bewohner wäre für mich
total austauschbar gewesen.

Gruß

Klaus