Holocaust - Fatalismus

Hallo zusammen,

unlängst hab ich meiner Tochter über Fatalismus diskutiert. Dann kam von ihr die Frage,
warum sich so viele Menschen damals in den KZ fast " willenlos" in den Tod ergeben haben.

Ich hab drüber lange nachgedacht und wir haben dies auch öfter mal mit Freunden unterhalten.

Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten hätte, aber ist es euch niemals in den Sinn gekommen,
wenn ihr schon sterben müsst, dass man net doch versucht hätte, die im Verhältnis zu den
Insassen der KZs geringen Wachmannschaften angegriffen hätte.

Oder waren die Menschen schon lange vorher " zerbrochen " worden. Ich hab Auschwitz
mal vor Jahren besucht, ich hab mich total in diesen Augenblicken für die " Menschen" die
dies industriell - das ist für mich das Schlimmste überhaupt gewesen - geschämt.

Als wir die Gedenkstätte verliessen, hatte fast jeder von uns Tränen in den Augen.

Klaus

ps - warum haben sich damals Millionen von Menschen so gefügt...

Wenn man sich Artikel darüber durchliest, wird man feststellen, dass wohl nur sehr wenige genug Kraft gehabt hätten überhaupt etwas zu reissen.

Es gab auch Fluchtversuche, Widerstände, auch in KZs.

Diese hielten sich aber in Grenzen. Warum?

Nun Mütter und Kinder, sofern sie dort lange lebten, hatten andere Sorgen und nicht die Möglickeiten sich großartig gegen eine bewaffnete SS zu wehren.

Und die Männer die man nicht sofort in die Gaskammer schickte, waren dann zahlenmässig bei weitem nicht so überlegen, um gegen bewaffnete Wärter etwas auszurichten.

Es gab hier keine Versuche. Es gab nur einen Versuch und den überlebte man nicht.

Das wussten alle.

Von der körperlichen Schwäche die porportional zur Aufenthaltszeit zunahm ganz zu schweigen.

Meines Wissens nach, konnten im Osten erst mit den ankommenden Sowjetischen Panzerspitzen einige kleinere KZ´s durch die Insassen selbst Befreit werden. Die Wachmannschaften, die zu meist aus regionalen Frewilligenverbänden Rekrutiert wurden Desertierten einfach.

shining1 schrieb:Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten hätte, aber ist es euch niemals in den Sinn gekommen,
wenn ihr schon sterben müsst, dass man net doch versucht hätte, die im Verhältnis zu den
Insassen der KZs geringen Wachmannschaften angegriffen hätte.

Warum lassen sich Kriminelle. zum Teil Schwerkriminelle, in eine JVA einsperren ohne die Schliesser anzugreifen und die Flucht zu riskieren?

Ganz einfach, weil sie es -mit wenigen Ausnahmen- nicht schaffen würden.
Ein KZ war darüber hinaus noch viel besser bewacht und die Wachmannschaften hätten bei eventuellen Revolten sofort entsprechend reagiert.

Es gab bestimmt einige Widerständler, aber ich nehme an, die Masse war allein körperlich nicht in der Lage, etwas zu tun.

Und dann? Die Meldung darüber wäre schneller in Umlauf als wie die Häftlinge sich im Umliegenden Gebiet hätten verstecken können. Man hätte sie mit Jagdhunden und SS Trupps gejagt, und sie entweder Tot oder Lebendig eingefangen. Da die Lager zumeist auch fernab jeglicher Ortschaften waren, wäre es unmöglich diese zu erreichen. Außerdem wären die Menschen dazu körperlich nicht mehr in der Lage gewesen.

Am 11. April 1945 wurde das Lager Buchenwald durch eine präzise geplante und gezielte Aktion des internationalen Lagerkomitees befreit. Diese Aktion ist von den ehemaligen Häftlingen als Selbstbefreiung empfunden worden und so in die DDR-Historiografie eingegangen. Es gab stets Versuche, die Selbstbefreiung als kommunistischen Mythos umzudeuten und zu behaupten, nicht die Organisation der Gefangenen, sondern die amerikanische Armee hätte Buchenwald befreit; von einer Selbstbefreiung könnte nicht die Rede sein. Dass das nicht stimmt, belegt eine kommunistischer Propaganda unverdächtigte Quelle: der Tagesbericht der amerikanischen Armee, hier auszugsweise zitiert: "Concentration camp BUCHENWALD (4775) occupied by 21400 political prisoners: about 7000 French. Others are German anti-Nazis, Russians, Poles, Spaniards. About 20,000 have been evacuated during past 3 days. Medical Sit: 3,000 sick, many in critical state; 3,000 invalids incl blind. Hospital and doctors present but no medicine or med materials or desinfectants on hand. No operations can be made. Situation desperate. Help urgently required. Food Sit: sufficient for 2 days but no bread at all on hand - special assault groups had been organised to over-power the guards. Before our arrival the guard posts were taken and 125 SS were captd and are still in the custody of the camp. The leadership of the camp is in the hands of a well organised committee comprising all nationalities represented."
Aus den Tagesberichten der US-Army (Quelle: Modern Military Archives Washington, 4. armored division, 604-2.2 daily reports, June 1944 - May 1945) Quelle: VVN BdA Frankfurt (Oder)

@shining1


aufstände in einigen ghettos sind dir wohl entgangen

@shining1

harter tobac, mit seiner tochter über fatalismus zu sprechen
und dann auf den holocaust zu kommen.
für ein solches gespräch mit meinem kind hätte ich mir eine andere ebene gesucht
um den fatalismus zu besprechen.
wenn es gestattet ist: wie alt ist denn deine tochter?

buddel

@shining1
Na ihr habt ja tolle Themen...

so viele Menschen damals in den KZ fast " willenlos" in den Tod ergeben haben.

wie bitte? Hast du schon einmal ne Knarre am Kopf gehabt?

Aus diesem Grund.. ich habe sehr viel darüber nachgedacht.. ICH.. wäre sofort erschossen worden.

@hornisse
trotzdem haben tausende ihre eigenen gräber geschaufelt.
da ist nix mehr mit hoffnung,
das ist fatalismus par excellance

buddel

Ja... Menschen resignieren, das gehört dazu.

Die (bewaffnete) Wachmannschaft zu überwältigen, wäre ja vermutlich noch das kleinste Problem gewesen. Dann hätte man sich nur noch durch halb Deutschland durchschlagen müssen, wo einem fast jeder feindlich gesonnen war.

Ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen selbst für jemanden in Topform und völlig aussichtslos für jemanden, der am verhungern war und sich kaum auf den Beinen halten konnte.

Dass man sich selber anders verhalten hätte, glaubt man nur deshalb, weil man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann, wie das überhaupt war.

Emodul

@emodul
"aussichtslos".
ist das das adäquate synonym von fatalismus

buddel

@hornisse
und "resignieren" wohl auch^^

buddel

Wenn ich mich in einer ausweglosen Situation befinde, in der ich weiss, dass ich da nicht lebend heraus kommen würde, würde ich trotzdem - oder gerade deshalb - versuchen, noch ein paar von der anderen Feldpostnummer mitzunehmen. Mein Vorbild wären die KämpferInnen des Warschauer Ghettos gewesen: Wikipedia: Aufstand im Warschauer Ghetto

Auszug aus dem Text:

Die meisten Mitglieder der am Aufstand beteiligten Widerstandsorganisationen hatten ihre Familie und viele Freunde verloren. Als meist noch Jugendliche verloren sie im Laufe von ein bis zwei Jahren alles, was ihnen persönlich wichtig war. Das Erleben des Elends und des tödlichen Dahinvegetierens der Menschen im Ghetto bewirkte zugleich eine Resignation bezüglich der eigenen Überlebenschancen als auch die Steigerung der Wut auf die Deutschen, die sie in diese Lage gezwungen hatten. Der Weg in den Kampf mag einem Mut der Verzweiflung entsprungen sein, der Welt zu zeigen, dass die Juden kämpfen konnten und sich nicht widerstandslos wie „Lämmer zur Schlachtbank“ führen lassen wollten..

Da gibt es auch einen Film, Hasenjagd

http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=7&ved=0CEwQFjAG&url=http%3A%2F%2Fwww.altenfelden.at%2Fsystem%2Fweb%2Fsonderseite.aspx%3Fmenuonr%3D220401272%26detailonr%3D220401272&ei=idZTT_LnJMWWOsa85I8K&usg=AFQjCNE0OXMTO9Ip1J57NnVXSuudFtDvIg

buddel schrieb:"aussichtslos".
ist das das adäquate synonym von fatalismus

Naja, also Fatalismus hat in diesem Kontext doch eher noch eine negative Note, während aussichtslos primär eine realistische Einschätzung darstellt.

Emodul