Youtube: Das Dienstmädchen
Das Dienstmädchen
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Der Wind strich den Bäumen ihre Blätter ab, während eine Kutsche das neue Dienstmädchen Elia zum Haus ihrer neuen Herrin brachte. Sie war aus einem kleinen Vorstadtort und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Durch Beziehungen ihres Vaters hatte man ihr aber eine Stelle bei Madame Thessua zugesagt. Nun durchfuhr die Kutsche das eiserne Tor, welches die Villa umgab. Die Gegend wirkte bieder und trostlos. Neben ihrer Nervosität machte sich auch Unbehagen in ihrem Gemüt bemerkbar. Sie bedankte sich beim Kutschierer für die Fahrt und tapste mit ihrem Koffer verschüchtert vor die mannsgroße Eichentür. Ehe sie jedoch den Türklopfer betätigen konnte, wurde die Tür bereits mit einem Ruck aufgerissen und eine Hand riss sie zügig ins Innere.

Elias Herzchen machte einen Sprung, fasste sich aber wieder, als sie die Hand einer Frau in Bedienstetenkleidung zuordnen konnte. Hinten links war eine Treppe, die scharf nach rechts oben abbog, in der rechten Ecke war eine Tür, die laut dem darin eingelassenen Fenster nach draußen führte, links und rechts von der Eingangstür waren nochmal Türen. „Das fängt ja toll mit dir an – weißt du, wie spät wir haben? Du bist unerhört spät dran!“, keifte sie hastig drauf los. Elia stammelte sich eine Antwort zusammen, dass die Verabschiedung ihrer Familie länger ausfiel und das Pferd kurz vor Ziel komisch aufmuckte – aber das interessierte ihr Gegenüber nicht einen Moment lang. „Völlig egal, dann fällt deine Rundführung für das Haus eben aus. Ich bin übrigens Lydia, merke dir diesen Namen, du wirst mich öfter als Vorbild erwähnt bekommen“, sagte sie und streifte Elia hastig mit geschickten Fingern eine weiße Haube über den Kopf. „I-Ich bin Elia“, bekam sie endlich heraus. Ein durchbohrender Blick Lydias ließ sie sofort wieder verstummen. Lydia zog die Enden Elias Kleidung zu Recht, sie hatte in weiser Voraussicht bereits ihre Arbeitskleidung an. Während sie von allen Seiten geprüft wurde, gab ihr Lydia weitere Instruktionen: „Es gibt hier mit dir jetzt vier Dienstmädchen. Jedes ist darauf bedacht den besten Eindruck zu machen, denn im Gegensatz zu einem Gossengör wie dir sind wir auf Höheres aus. Erwarte also nicht, dass wir dir bei irgendetwas helfen, außer unsere Herrin beobachtet dies oder es ist anderweitig für uns vorteilhaft. Da du so spät kommst wartet sie bereits im Essenszimmer auf das Abendessen, beeile dich und serviere es ihr.“ Elia schaute verwirrt drein: „Wenn hier jeder auf seinen Vorteil ist, warum erklärst du mir das dann alles?“ Lydia antwortete mit Eiseskälte in der Stimme: „Ich bin für dich als Neue verantwortlich. Fehlende Betreuung fiele auf mich zurück.“ Kaum war das gesagt, schob sie Elia auch schon in Richtung der hinteren, rechten Tür: „Deinen Koffer lass hier stehen, ich bringe ihn gleich an seinen Platz. Du kommst über diesen Außenweg zur Hintertür der Küche, duck dich aber – du bist sonst im Essenszimmer zu sehen und was macht das für einen Eindruck, wenn eine neue Bedienstete als erstes im herbstlichen Garten rumstromert? Also auf, auf!“

Elia wurde losgelassen, sie stellte ihren Koffer ab, umfasste mit schwerem Herzklopfen die Klinke und blickte verunsichert nach Lydia – die sie aber gestresst mit einer Geste zur Eile trieb. Sie öffnete die Tür und bekam direkt einen kalten Windschlag ins Gesicht. Sie schloss die Tür hinter sich – Lydia war augenscheinlich sofort gegangen – und schaute flüchtig über den Garten. Ein großes Gemüsebeet erstreckte sich links von ihr über das Feld. Zwei Beete, die um diese Jahreszeit nur noch wenige Salatköpfe erbrachten wurden von einem schmalen Pfad in der Mitte getrennt. Das umliegende Land wurde von hohen Tannenbäumen abgegrenzt. Elia verschränkte schützend die Arme vor ihrer Brust, der kalte Wind biss sich durch ihren Stoff in die empfindliche Haut. Bibbernd ging sie an der Fassade der Villa entlang. Sie spähte durch die Fenster, an denen sie entlang kam; Das erste Zimmer hatte in der Mitte einen Heizofen. Die Wände waren mit einer pinken Tapete beklebt an der unzählige Fotorahmen der Familie der Hausherrin zu sehen waren. Das musste das Zimmer sein, zu dem man über die rechte Tür von der Eingangstür aus kam. Elia ging weiter und erst, als sie an dem länglichen, mit Silbergesteck und Kerzenständern gedeckten Tisch eine alte Frau mit grauen Haaren, die zu einem Dutt zusammengesteckt waren, sitzen sah – entsandte sie sich dem Gebot geduckt vorbei zu laufen.

Den Rest des Weges lief sie schnell und geduckt, bis sie am Ende der Fassade eine Tür sah. Sie packte an den kalten Türknauf und wechselte vom kalten Wind draußen, zu einem warmen Dunst drinnen. Der Koch, der offenbar eine Suppe am Kochen war, würdigte sie keines Blickes. Vorsichtig räusperte sie sich. Er schielte kurz zu ihr herüber und wandte sich unbeirrt seiner Suppe zu. Verloren sah sich Elia um. Da öffnete sich eine Tür im hinteren Bereich der Küche. Ein weiteres Dienstmädchen mit lockigen, blonden Haaren, welche unter ihrer Haube etwas hervor stoben, ging eiligen Schrittes auf den mittigen Tisch zu in dessen Nähe Elia stand. Sie blickte zielgewandt auf den dort bereitgestellten Salatteller. Verschüchtert sprach Elia sie an: „Ähm, hallo.“ Das Mädchen schaute sie an, fragend beschaute sie sie für einen Moment, bis sie dann verstehend sehr laut antwortete: „Ach, schon wieder eine Neue? Die alte Hexe vertreibt aber auch alle Mädchen.“ Ohne ein weiteres Wort wurde Elia von ihr eine Schale mit Brot in die Hand gedrückt. Mit einem Kopfnicken forderte sie Elia auf, ihr zu folgen. So ging sie zusammen mit dem Mädchen ins Esszimmer, wo ihre Herrin schon ungeduldig wartete. Ein Schnauben kam von der alten Dame, als das Mädchen ihr den Salatteller hinstellte. „Wo ist das Brot?“, fragte sie fordernd. Elia stolperte nach vorne: „Hier, hier ist es!“ Die Frau griff die Augen auf den Korb gerichtet nach einer Scheibe des Brotlaibes und widmete sich ihrem Essen. Das andere Dienstmädchen ging sofort zurück in die Küche. Unsicher sagte Elia an ihre Herrin gerichtet: „Ich bin das neue Dienstmädchen, Elia. Er-erfreut Sie kennen zu lernen.“ Nichts, die Frau strich sich seelenruhig das Brot mit Kräuterbutter vom Salatteller, als habe sie nichts gehört. Erneut versuchte es Elia – jetzt etwas lauter, vielleicht war die Dame ja schwerhörig: „ICH BIN ELIA, DAS NEUE DIENSTMAEDCHEN.“ Da zuckte die Frau zusammen und ihr Brotstück fiel ihr zusammen mit dem Messer klirrend auf den Teller. Sie schaute erbost zu Elia und tadelte sie: „Ich habe schon verstanden, ich bin nicht schwerhörig. Ein weiteres, ungezogenes Balg wohnt unter meinem Dach. Jetzt stell den Brotkorb auf den Tisch und belästige mich nicht weiter!“

Sie tat wie geheißen und floh peinlich berührt in die Küche zurück. Mit hochrotem Kopf wurde sie von der scheinbar schon auf sie wartenden Lydia empfangen: „Was war das für ein Lärm im Essenszimmer – du hast sie doch nicht etwa angesprochen?“ Bedröppelt senkte Elia ihren Kopf zu Boden. Verärgert stemmte Lydia sich eine Faust in die Hüfte und massierte mit der anderen ihre Stirn. Plötzlich klatschte sie in die Hände: „Na gut, scheinbar brachte man dir in der Gosse gar keine Höflichkeitsformen bei. Also, merke es dir – sprich mit der Herrin ausschließlich, wenn sie explizit dich etwas fragt, ansonsten bleibt dein sündhaftes Mündchen wie mit massivem Draht zugenäht – klar?“ Elia nickte stirnrunzelnd. Den restlichen Abend stand sie unter Lydias Beobachtung und servierte der alten Dame streng nach Vorschrift und darauf bedacht weder etwas zu sagen oder Blickkontakt aufzunehmen, die jeweiligen Gänge. Nachdem die Dame fertig war und sich in ihre Gemächer zurück zog, war auch Lydia mit Eila zufrieden: „Das haben wir ja nochmal gerettet. Gut, Elia du kannst schon einmal in die Bedienstetenkammer gehen und unsere Betten machen. Wir Anderen haben noch zu tun.“ Elia war über diesen geschenkten Augenblick des Alleinseins sehr dankbar. Lydia erklärte ihr noch, wie sie zur Kammer kam und dann machte sie sich auch schon auf den Weg.

Beim Durchqueren der Räumlichkeiten fielen ihr einzeln Bilder an den Flurwänden auf, die ihre Herrin mit verschiedenen Leuten zeigte. Tatsächlich schien ihre Belegschaft schon oft gewechselt zu haben. Zwar war Lydia fast ständig dabei, aber ansonsten waren es immer wieder neue Gesichter.

Auch verwunderlich – Lydia hatte ihr doch von vier Dienstmädchen erzählt, aber auf den Bildern waren immer nur bis zu drei zu sehen. Es brachte nichts darüber nachzudenken, vielleicht waren mit ihr zum ersten Mal vier Mädchen zugleich zu Diensten. Sie erkannte die rötlich-braune Tür von der Lydia ihr erzählte. Das war die Kammer in der sie mit den anderen Bediensteten untergebracht war. In Vorfreude, endlich ein paar Minuten für sich und dem Sammeln ihrer Gedanken um die neue Lebenssituation zu haben, betrat sie die Kammer – und bekam den Schock ihres Lebens: Genau in der Mitte des Raumes, hing ein junges Mädchen erhängt an einem Seil von der Decke!

Elia schrie aus voller Kehle, sodass sie im ganzen Haus zu hören war. Ihre Beine gaben nach und sie brach regungslos die Leiche anstarrend zusammen. Schon stürmte Jemand die Treppen zu ihr hoch und im nächsten Moment stand Lydia neben ihr: „Was ist los? Was schreist du so?“ Elia sah sie flehentlich an und richtete ihren Finger in Richtung der Erhangenen. Lydia wandte sich dorthin und ein Fragezeichen war von ihrem Gesicht abzulesen. Stirnrunzelnd, fast verärgert fragte sie nach: „Was ist der jungen Dame denn zuwider? Irgendwo eine Spinne gesehen? Glaub mir, mit den Dingern wirst du dich hier noch anfreunden müssen.“ Elia begriff das nicht, was war an einer vor ihnen baumelnden Leiche nicht beängstigend? Sie schaute langsam selber noch einmal hin – und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Da war nichts. Keine Leiche, kein Seil. Bloß drei Betten und ein kleiner Schrank. „Aber, aber da war ein Mädchen. Sie hing hier an einem Seil erhängt – ich habe es genau gesehen!“, stotterte Elia. Lydia schüttelte amüsiert den Kopf: „Hier ist Niemand. Bis auf dich, mich und Nancy gibt es hier außerdem keine Mädchen. Okay, unsere Herrin – aber die geht wohl nicht mehr als Mädchen durch.“ Jetzt stutzte Elia: „Du sagtest aber doch, es gäbe hier vier Dienstmädchen?“ Jetzt musste Lydia lachen: „Du bist mir eine. So etwas habe ich nie gesagt. Die werte Dame hatte noch nie mehr als drei Bedienstete. Du hast wohl echt noch nie wirklich unter Stress richtig arbeiten müssen, pfft.“ Sie traute ihren Ohren nicht, was ging hier vor? Sie überblickte die Kammer und konnte tatsächlich auch nur drei Betten erkennen. Lydia meinte: „Besser, du machst dich jetzt bettfertig – du hast es offensichtlich nötig. Ich werde mal nach Nancy und der werten Dame sehen und sie gegebenenfalls beruhigen, im Gegensatz zu der schwerhörigen Ollen wird unsere Herrin deine Schreie wohl gehört haben.“

So machte sich Elia zum Schlafen bereit und legte sich hin. Diese Nacht wurde sie von unruhigem Schlaf verfolgt, aber zumindest passierte nichts weiter Seltsames.

Am nächsten Morgen, nachdem sie sich frisch gemacht hatte, kam Nancy auf sie zu: „Hey, ich habe von deinem Erlebnis gestern gehört.“ Elia wusste nicht recht, was Nancy sich davon erwartete, sie darauf anzusprechen. Dies merkte sie wohl: „Ich mach mich nicht lustig über dich. Es gibt genug Gerüchte um Dinge, die hier passieren – aber bisher dachte ich, das wären bloß Ausreden der früheren Bediensteten um nicht bei einer so strengen Frau arbeiten zu müssen. Na ja, wirklich froh bin ich darüber auch nicht, aber immerhin akzeptiert sie mich so wie ich… nun einmal bin.“ Sie deutete auf ihr Ohren. Elia sah sie mitfühlend an. Plötzlich schien das Mädchen eine Idee zu haben. Sie kramte in einer Schublade herum und brachte eine Schere zum Vorschein. Nancy sah sie an: „Mir hängen ein paar Locken aus der Haube und das schickt sich nicht, sagte die Herrin – also, würdest du sie mir schneiden?“ Elia strahlte lächelnd über dieses Vertrauensangebot und stimmte eifrig zu. Nancy und sie begaben sich ins Badezimmer, wo sich Nancy auf einen Stuhl vor einen großen Spiegel setzte und ihre Haube abnahm. Bedacht, wirklich nur die Locken so kurz wie nötig zu schneiden, fing Elia an.

„Und? Wie kommt es, dass du hier bist?“, fragte sie Nancy. Elia antwortete: „Mein Vater hat das für mich veranlasst. Wir sind aus einem entfernten Fleck im Land hergezogen, weil meine Eltern durch meinen Schwager von dem Wirtschaftswachstum hier gehört haben. Als wir hier waren, stellte sich aber heraus, dieses Wachstum kam von Niedriglöhnern wie meinem Vater, die sich um schwere Arbeit reißen müssen zum Überleben und darum der Wettbewerb mörderisch ausartet. Er wollte nicht, dass ich darunter zu leiden habe und organisierte mir diese Stelle.“ Betroffen blickte Nancy in die Leere. Nach einer Weile sagte sie: „Dein Vater wird schon noch gute Arbeit finden, du wirst hier nicht so versauern, wie ich.“ Sofort setzte Elia ein: „Erzähl doch nicht sowas. Vielleicht hast du es etwas schwer, aber das hindert dich an nichts. Mein Vater hat einen alten Freund, der kam aus dem Krieg mit nur einem Arm zurück und führt noch heute eine laufende Schneiderei.“ Da musste Nancy auflachen. „Du bist witzig, Elia. Ich mag dich“, lobte Nancy sie.

Die Schere fuhr Mal und Mal herab, schnitt Locke um Locke zu Boden. Nancy meinte: „Das sollte reichen Elia, danke dafür.“ Doch Elias Hand stoppte nicht, sondern arbeitete sich weiter die Haarbüschel entlang. Verwirrung brach in Nancy aus: „E-Elia? Was tust du?“ Diese antwortete aber erschrocken: „Ich weiß nicht, ich kann nicht aufhören!“ Die Schere kappte Strähne um Strähne, Haar um Haar. Nancys Haarpracht nahm immer mehr ab. Sie versuchte aufzustehen, der Schere zu entfliehen – aber Elia packte sie und drückte sie zurück in den Stuhl. Ein Wimmern kam von der Geschändeten: „Warum?“ Doch weder eine Antwort, noch Erbarmen zeigte sich in Elias Arbeit und die Schere hörte erst auf, als Nancys letzte Locke abgetrennt abfiel. Jetzt aber riss sie sich vom Stuhl los und stürmte heulend von Elia weg. „Ich dachte du wärst meine Freundin?! Ich habe dir nichts getan!“, schrie sie tränenerfüllt zu Elia und rannte weg.

Völlig perplex, entsetzt starrte Elia die Schere in ihrer Hand an und schmiss sie in hohem Bogen auf den Tisch. Sie war nur fähig zu flüstern: „Was war das?“

Später am Tag war Teezeit. Sie traf Lydia in der Küche, die wie den Tag zuvor überaus geschäftig wirkte. Elia fragte: „Wo ist Nancy?“ Lydia schaute sie verurteilend an: „Hat sich nach deiner Aktion in die Bedienstetenkammer eingeschlossen und heult sich die Augen aus dem Kopf. Aber wehe du lässt dir gegenüber unserer Herrin etwas anmerken!“ Schwer schluckend gab Elia zu verstehen, das zu berücksichtigen.

Sie bedienten die Dame, als sei nichts. Zunächst bekam sie Kaffee mit Kuchen. Alles verlief gut und Lydia grinste sie sogar aufmunternd an. Elia wurde allmählich leicht ums Herz, sie würde sich später zu Nancy begeben und sich entschuldigen – was immer da passiert war. Vielleicht konnte sie ihr von ihrem Lohn ja eine Perücke kaufen, bis ihre Haare wieder da waren?

Die Dame bevorzugte nach dem Kaffee eine Tasse Tee zur Magenberuhigung zu bekommen. Während Elia die Kekse bereitstellte, kochte Lydia den Tee. Alles lief gut. Doch als Lydia den Tee eingoss, meinte Elia etwas Komisches beim Einschütten gesehen zu haben. Sie schaute so gut es ging genauer hin, ohne aufdringlich zu sein. Als die werte Dame schließlich die Tasse zum Trinken anhob, sah sie es; da schwamm eine kleine Schlange in der Tasse! Instinktiv schlug sie der Dame die Tasse aus der Hand. Die Tasse flog auf den Tisch, bespritzte alle Kekse und zersprang in mehrere Teile – ohne die Anzeichen für eine Schlange, einen Wurm oder Ähnliches. Die Dame sah sie entgeistert an, Lydia dagegen packte sie nach einer Schrecksekunde und zog sie energisch in die Küche.

Hysterisch brüllte sie los: „Was für ein Dämon ist bloß in dich gefahren? Bist du geschickt worden, meiner Herrin zu schaden? Sag schon!“ Zitternd wagte es Elia nicht zu antworten. Sie hatte die Schlange oder was es war deutlich gesehen!

Auf einmal wurde Lydia ruhig. Sie war völlig gefasst. Ihre Schritte führten zu einer Schublade, aus der sie ein längliches, gefährlich scharfes Messer zückte. Entschlossen sah Lydia die ängstliche Eila an: „Wie ich das sehe, bist du eine Gefahr für meine Herrin und für meine Zukunft hier. Es bleibt mir nichts weiter übrig, ich werde jetzt den Dämon aus deinem Leibe heraus schneiden.“ Eila bekam kein Wort über die Lippen. Sie begriff nicht, wie sie sich verhalten sollte. Jeden Schritt, den Lydia auf sie zukam, rückte sie zurück. Bis sie von einem Küchenschrank hinter ihr gestoppt wurde. Ausweglos, sie war nicht fähig sich weiter zu bewegen. Lydias Augen funkelten auf, sie leckte sie über die Lippen – und holte aus. Elia duckte sich und sprang zur Seite. Da ging die Seitentür auf. Nancy trat verheult ein und stutzte, als sie Eila am Boden und Lydia mit dem Messer in der Hand sah. Ehe aber Nancy hätte reagieren können, kam Lydia auf sie zu – und stach auf sie ein. Als Nancy blutig neben ihr aufschlug, hörte Eila Lydia sagen: „Danke für das Alibi. Eila ist auf mich losgegangen, ich nahm das Messer. Dann kam Nancy dazu und sprang dazwischen. Es war ein Unfall, nicht mehr. Eila ist dennoch weiter auf mich los und darum habe ich auch sie – “ Sie gestikulierte, wie sie Elia die Kehle durschnitt.

Unerwartet aber, griff Elia Lydias Bein und zog mit einer überraschenden Kraft, dass sie umfiel und das Messer ihr aus der Hand fiel. Es schlitterte über den Boden. Beide Mädchen krabbelten los. Es gab ein Gerangel und mehrfach stieg Todesangst in Eila auf, als ihr der Griff zu entgleiten drohte. Das Schicksal aber entschied sich anders. Lydia rutschte ab, das Messer lag nun fest in Eilas Hand, diese rappelte sich schwankend auf. „Krankes Miststück!“, zischte sie ihr entgegen.

Da ging eine Tür auf und der Koch stand mit einer Tüte frisch gekaufter Zutaten für das Abendessen mitten im Geschehen. Verdutzt schaute er sich die Szene an, ehe er die Tüte fallen ließ und Eila, die mit dem Messer vor der am Boden liegenden Lydia stand zu Boden riss und mit einem kräftigen Hieb, sie ausknockte.

Unter Kopfschmerzen wachte sie wenig später in einem kargen Raum auf. Sie sah eine Tür mit Gittern davor und hörte eine ihr bekannte Stimme: „Ja, genau. Sie ist völlig durchgedreht. Bei ihren Halluzinationen und ihrem abnormalen Verhalten war das wohl nur eine Frage der Zeit.“ Das war Lydia, die da sprach. Eine männliche Stimme antwortete ihr: „Gut, dann ist das alles erst einmal. Danke, dass Sie sich dafür die Zeit genommen haben, trotz dem Grauen, dem Sie ausgesetzt waren. Sie dürfen jetzt gehen.“ Schritte kamen näher und dann trafen sich Eilas und Lydias Blick. Jetzt sah es Eila. Es war ihr bislang entgangen. In Lydias Augen, spiegelte sich der Teufel.