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Klarstellungen

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Klarstellungen

14.08.2015 um 17:07
Es ist so leicht mit ein paar Sätzen ohne Quelle Unwahrheiten und Halbwahrheiten zu verbreiten, – und so mühsam sie mit Quellen und Wahrheit zu widerlegen *seufz*

So werden etwa in dem Thread „Seltsames Ereignis, bitte erklären...“ von User DCWS folgende Behauptungen aufgestellt:
Home war ein überführter, verurteilter Hochstapler (Geisterstimmen selbst produziert), der als Medium und Zauberkünstler(!) arbeitete und von einem ehemaligen Mitarbeiter als Betrüger geoutet wurde. Er hat den Herrn Crookes von seiner übersinnlichen Begabung überzeugen können, ja. Herr Crookes war zu diesem Zeitpunkt bereits engagierter Theosoph, der musste also von der tatsächlichen Existenz solcher Phänomene nicht erst überzeugt werden. Seine Einschätzung wurde schon damals gemeinhin als Unsinn betrachtet, weil sich zwei der drei Medien in Crookes Experimenten mit Home als Hochstapler herausstellten. Crookes und Home haben das beide öffentlich eingestanden.
Man muss sich auch mal Herrn Crookes Situatuion vorstellen: er als Theosoph testet da jemanden, der mit der Gründerin der Theosophie persönlich verkehrt (Frau Blavatsky war zeitweise Homes Assistentin).
(Seltsames Ereignis bitte erklären... Telekinese (Seite 5), Beiträge vom 13.8.2015, 23.22 Uhr und 14.8., 00.29 Uhr)

Man merkt leider schnell, dass diese Behauptungen über D.D. Home und William Crookes auf einer einzigen „Quelle“ beruhen: Wikipedia. Dazu wird dann noch ein bisschen was von einer theosophischen Verschwörung dazu fantasiert. So sind hier also einige Klarstellungen vonnöten.

Puh, also fangen wir mal an: Schon die Behauptung, dass H. „als Zauberkünstler arbeitete“ ist falsch: Home selbst hat sich nie als Zauberkünstler oder ähnliches bezeichnet und ist auch nie als solcher aufgetreten; er ist stets nur als spritistisches Medium in privaten Séancen, für die er kein Geld nahm, in Erscheinung getreten. Er hat allerdings gerne Geschenke angenommen und seinen Ruhm als Medium (nicht als „Zauberkünstler“) dazu ausgenutzt, sich von reichen Gönnern und Gönnerinnen aushalten zu lassen und reich zu heiraten, so dass er niemals einem Beruf nachgehen musste.

Zum angeblich „überführten und verurteilten Hochstapler“: Dahinter steckt eine peinliche oder (je nach Blickwinkel) komische Geschichte: Home hatte im Oktober 1866 eine reiche Witwe kennen gelernt; oder vielmehr: Die reiche Witwe Jane Lyon, „klein, dick und kinderlos“ (P. Lamont) und in ihren 60ern, hatte Homes Bekanntschaft gesucht, um an seinem Ruhm teilzuhaben: Sie bot ihm eine größere Summe an („Sie sind eine Berühmtheit, und es ist eine Schande, dass Sie in so armen Umständen leben“) Home ließ sich auf die Annäherungsversuche der Dame ein, die hoffte, über Home mit all den „great folks“, mit denen dieser verkehrte, in Kontakt zu kommen.Er ließ sich sogar von ihr adoptieren, und mehrere 10000 Pfund überschreiben. Allerdings wurde die alte Dame immer aufdringlicher und versuchte Home nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. Als dieser sich ihr jedoch zunehmend entzog, verklagte Mrs. Lyon Home auf Rückgabe der überschriebenen Gelder. Jetzt erklärte Mrs. Lyon, dass die Adoption und die Geldgeschenke nicht ihre eigene Idee gewesen seien, sondern ihr in einer per Klopfzeichen (nicht „Stimmen“) übermittelten Botschaft ihres verstorbenen Gatten nahegelegt worden seien, und dass Home diese vermeintliche „Geisterkommunikation“ betrügerischer Weise inszeniert habe, um an ihr Geld zu kommen.

Es kam zu einem in der Öffentlichkeit viel beachteten Prozess, bei dem die gegenseitigen Vorwürfe, Behauptungen und Gegenbehauptungen zum Amüsement des Publikums nur so hin und herflogen. Home wurde im Verlauf des Prozesses keineswegs der Hochstapelei „überführt“. (Im Gegenteil: während des Prozesses wurden die Briefe zweier Untersucher vorgelesen, die unabhängig voneinander Home getestet hatten und daraufhin zu der Überzeugung gelangt waren, dass seine Phämomene „authentisch“ („genuine“) seien und nicht auf Tricks beruhten.) Der vorsitzende Richter Sir George Giffard war schlicht aufgrund seiner persönlichen Glaubensüberzeugung davon überzeugt, dass Spiritismus „bösartiger Unsinn“ sei und erklärte: „Wenn der Angeklagte kein Medium gewesen wäre, dann hätte er auch nicht diesen Einfluss über die Klägerin bekommen können.“ Home wurde daher dazu verurteilt, die ihm überschriebenen 60000 Pfund an Lyon zurück zu zahlen. Lyon dagegen wurde verurteilt, die Prozesskosten zu tragen, weil sie mit ihren vielen widersprüchlichen und zum Teil offensichtlich falschen Aussagen vor Gericht den Prozess ungebührlich in die Länge gezogen habe. (Giffard über Lyon: „Falschbehauptungen unter Eid, die so pervers unwahr waren, dass sie selbst das Hohe Gericht verlegen gemacht haben, und die Zeugenaussagen der Klägerin völlig unglaubwürdig machen“)
(Die ganze Affäre in allen ihren pikanten und komischen Details kann man nachlesen bei Peter Lamont, „The First Psychic“, S. 172-182.)

Home ist auch niemals von einem „Mitarbeiter“ als „Betrüger geoutet worden“. „Quelle“ dieser Falschbehauptung ist offensichtlich wieder ein Satz aus Wikipedia: „1891 veröffentlichte ein ehemaliger Mitarbeiter Homes, der als angebliches „Medium“ in seinen Shows auftrat, reumütig seine Revelations (Enthüllungen). Unter den preisgegebenen Geheimnissen befand sich unter anderem eine Beschreibung der Methode, mit der es Home schaffte, glühende Kohlen in der Hand zu tragen und sein Gesicht in Feuer zu baden.“ Der anonyme Autor des Buches „Revelations of a Spirit Medium“ behauptete niemals „Mitarbeiter“ von Home gewesen zu sein (wer's nicht glaubt, lese selber nach: https://archive.org/details/revelationsofspi00farriala) – der auch niemals öffentlichen „Shows“ veranstaltet hat, wie es hier so nonchalant genannt wird, sondern private spiritistische Sitzungen. Der anonyme Autor stellt in seinem Buch lediglich verschiedenste Methoden und Techniken dar, wie man bei Séancen auftauchende Phänomene mit Tricks nachahmen kann, und er zeigt, dass viele vermeintliche Medien mit solchen Tricks arbeiten.

Unter den Tricks, die er darstellt, ist auch einer, bei dem man seine Hände mit verschiedenen Chemikalien so präpariert, dass man glühende Kohlen in der Hand tragen kann, ohne sich zu verletzen. Weil auch Home dies offensichtlich konnte, könnte die Vermutung naheliegen, dass er einen ähnlichen Trick verwendet hat. Der Autor behauptet aber an keiner Stelle, dass Home diesen Trick tatsächlich angewendet hat, und auch niemand anderes konnte nachweisen, dass er diesen oder einen ähnlichen Trick angewendet hat. Es liegt hier also überhaupt kein "Outing" von Home vor, sondern lediglich die Darlegung eines Zaubertricks. Vor allem aber passt seine Erklärung nicht zu den von Home berichteten Phänomenen, weil dieser die „Feuer-Immunität“ auch auf Anwesende übertragen konnte.

Die Behauptung in Wikipedia, Helena Petrowna Blavatsky, die spätere Begründerin der Theosophie, sei in Paris Homes „Assistentin“ gewesen, beruht einzig und allein auf einer kurzen Bemerkung in James Webbs „The Occult Underground“, wo er, in einer Kurzzusammenfassung von Blatatskys Biographie schreibt „... In Paris she appeared, so the story goes, as assistant to Daniel Dunglas Home ...“ Schon der Zusatz „so the story goes“ müsste eigentlich misstrauisch machen und weist darauf hin, dass es sich bloß um ein Gerücht handelt.

Worauf beruht dieses? Einzige mögliche Quelle ist eine Bemerkung von Blavatsky selber, die 1874 mit einem Interview mit der amerikanischen Zeitung "Daily Graphic" so zitiert wird: „1858 kehrte ich nach Paris zurück, wo ich die Bekanntschaft von Daniel Home, dem Spiritisten, machte. (…) Home bekehrte mich zum Spiritismus.“ Hier ist lediglich von „Bekanntschaft“ die Rede, nichts von Assistenz. Blöderweise schrieb dieselbe Madame Blavatsky einige Jahre später: „Ich habe in meinem ganzen Leben weder D.D. Home noch seine Frau jemals gesehen; ich war niemals in meinem Leben auch nur eine halbe Stunde in der gleichen Stadt wie er.“ Die im "Daily Graphic" zitierten Worte seien, so Blavatsky 1877, „Lügen, die von amerikanischen Reportern verbreitet wurden“, und dass sie „nichts mit der Veröffentlichung dieses Artikels zu tun“ habe. (alles zitiert in Jeffrey D. Lavoie, „The Theosophical Society: The History of a Spiritualist Movement“, Boca Raton, 2012, S. 35-37)

Sei dem, wie ihm wolle (entweder wollte Blavatsky 1871 vom Ruhm D.D. Homes profitieren, der damals einer der berühmtesten Menschen der westlichen Welt war, indem sie eine Bekanntschaft mit ihm herbei phantasierte; oder sie wollte später ihre Theosophie vom Spiritismus distanzieren und hat ihre frühere Behauptung verleugnet); jedenfalls gibt es nur einen sehr fragwürdigen und widersprüchlichen „Beleg“ für eine mögliche „Bekanntschaft“ von B. mit H. im Jahre 1858 und es gibt überhaupt keinen Hinweis darauf, dass B. jemals H.s „Assistentin“ war.

Und was sagt D.D. Home selbst, der Blavatsky öffentlich des des Betrugs bezichtigte?: „Der Name der Madame B. war mir wohl bekannt (aber nicht als der eines Mediums) im Frühjahr 1858 in Paris, aber ich habe sie weder persönlich getroffen noch jemals gesehen.“ Ansonsten gibt es keine Quellen, die irgend eine persönliche Beziehung von H. und B. nahelegen würden. (In der Biographie von Home, die der Skeptiker, Zauberkünstler und Historiker Peter Lamont geschrieben hat („The First Psychic“) wird Blavatsky daher zurecht nicht einmal erwähnt.)

Was Crookes und die Theosophie angeht, so kann er 1870/1871, zum Zeitpunkt seiner Experimente mit Home, noch gar nicht Theosoph gewesen sein, geschweige denn ein „engagierter Theosoph“, weil die Theosophische Gesellschaft erst 1875 gegründet wurde und Helena Blavatskys erstes Werk, „Isis Unveiled“ erst 1877 erschien. Die ganze Verschwörungstheorie, dass sich hier „engagierte Theosophen“ gegenseitig die Bälle zugespielt hätten, ist also ein reines Fantasieprodukt.

Erst 1883 wurde Crookes Mitglied der Theosophischen Gesellschaft (während Home selbst, wie gesagt, Blavatsky für eine Betrügerin hielt), nachdem ihn seine Experimente mit Home und anderen Medien von der Existenz paranormaler Phänomene überzeugt hatten. Der zeitliche und eventuell kausale Zusammenhang ist also genau umgekehrt: Nicht weil C. Theosoph gewesen wäre, hat er die Medien untersucht; sondern aufgrund seiner Experimente und Erfahrungen mit den Medien hat er sich dem „Okkulten“ geöffnet und ist dann auch Mitglied und zeitweise Präsident der Society for Psychical Research sowie des Hermetic Order of the Golden Dawn (HOGD) geworden. Wie Crookes-Biograph William H. Brock schreibt: „Seine Mitwirkung in einer französischen okkulten Organisation und seine Mitgliedschaften in der Theosophischen Gesellschaft, dem HOGD, der Psychical Research Society und dem eher geselligen „Ghost Club“ waren alles zusätzliche Mittel [gemeint ist zusätzlich zu seinen Forschungen als Chemiker und Physiker], mit denen er versuchte, die Geheimnisse der Natur zu ergründen und seinen eigenen Platz im großen Ganzen des Universums zu verstehen.“


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14.08.2015 um 19:03
Hi.
Danke das du dir die Zeit für die Richtigstellungen genommen hast, war da wirklich auf dem Holzweg. Insbesondere, und das erscheint mir besonders peinlich, bzgl. der zeitlichen Abfolge. Ich hab mich da zu sehr auf Wikipedia verlassen, danke für die fundierte Gegenrede - er ist tatsächlich niemals wirklich aufgeflogen.

So, jetzt vorglühen fürs Elbriot-Festival. Falls es also noch irgendwas zu besprechen gibt - nicht wundern, ich kann erst Sonntag antworten.


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16.08.2015 um 12:04
Hallo DCWS
danke für deine freundliche und sachliche Antwort. Ich hoffe ich war nicht zu harsch und zu sarkastisch (wegen "Unwahrheiten verbreiten" und "hinterher aufräumen" und so). War nicht böse gmeint.
Wikipedia ist in der Tat so 'ne Sache: Bei unkontroversen Themen und Fakten - was weiß ich: wie hoch der Eifelturm ist oder wie eine Polymerase-Reaktion funktioniert - kann man man sie in der Tat gut als Nachschlagewerk nutzen und schnell und einfach meist richtige Antworten finden. Aber bei komplexeren oder umstrittenen Themen und Personen muss man echt vorsichtig sein. Gerade auf dem Gebiet der Paraopsychologie gibt's da manche Artikel, die sehr einseitig oder schlicht gruselig schlecht ist.
Wie heißt es so schön: "Wikipedia ist wie die Bibel: Keiner weiß, wer sie geschrieben hat, aber alle glauben ihr blind."


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