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Es gibt sie ja doch noch: Literatur als Kunstwerk. Dieser Erzählband ist ein Gesamtkunstwerk, keine zusammengeschusterte Sammlung von Erzählungen.

Seiobo ist eine japanische Göttin der Pfirsichblüten, die alle 3000 Jahre auf die Erde niedersteigt, und ihre Pfirsichblüten verleihen Unsterblichkeit. Dabei kommt sie im Erzählband gar nicht vor, auch wenn sie die Klammer ist: die transzendentale Göttlichkeit in Kunst und Natur.

Die meisten Erzählungen handeln von Kunst, vom Künstler, vom Kunstliebhaber. Das Spektrum reicht von Japan (No-Maskenschnitzer, Tempelbauer, verbannte Schriftsteller und immer wieder Kyoto) über das Europa der Renaissancekünstler, Barockmusiker, Ikonenmaler und der Akropolis bis hin zur nicht begreifbaren Alhambra.

Und es ist immer das monotone, fast stupende Handwerk, das die göttliche Transzedenz in Kunst ermöglicht, nicht das Genie.

So ist es der japanische No-Maskenschnitzer, der von früh bis spät in seiner Arbeitskiste sitzt, eine Maske schnitzt und damit Dämonen die Welt öffnet.

So ist es der russische Ikonen-Kopist, dessen Ikone bei einer Ausstellung in einem Gaudi-Bauwerk nicht nur einen Engel darstellt, sondern der Engel ist.

Nur in der ersten Erzählung ist nicht Kunst das Medium göttlicher Perfektion, sondern ein stehender weißer Reiher.

Aber nicht nur inhaltlich, sondern sprachlich ist dieser Erzählband eine Einheit. Sämtliche Erzählungen bestehen aus Ein-Satz-Absätzen, und diese Absätze sind lange, sehr lange: fünf Seiten, zehn Seiten, fünfzehn Seiten. Mit einer Wirkung, die einen beim Lesen in die Texte versinken lassen.

Dass diese überwältigende Literatur auch auf Deutsch funktioniert, ist nicht zuletzt der unglaublichen Übersetzerin Heike Flemming zu verdanken, die im Alter von 25 Jahren diese Großleistung erbrachte.

Hier Krasznahorkai mit seiner kongenialen Übersetzerin:

geothe krasznahorkai 02

Quelle: http://www.litera.hu/hirek/krasznahorkai-laszlo-harom-banalis-kerdese

Weitere Infolinks zu diesem großartigen Erzählband im Spoiler

Der Autor:
Wikipedia: László Krasznahorkai

Verlagsinfo:
http://www.fischerverlage.de/buch/seiobo_auf_erden/9783596183975

Leseprobe auf Google-Books:
https://books.google.at/books?id=VpJvAgAAQBAJ&pg=PP1&lpg=PP1

Rezensionen:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/laszlo-krasnahorkai-seiobo-weilte-auf-erden-gegen-die-zudringlichkeit-der-kostuembildner-1985443.html
http://www.deutschlandradiokultur.de/der-weg-zum-goettlichen.950.de.html?dram:article_id=138704
https://www.nzz.ch/du-musst-dein-leben-aendern-1.5742385
http://www.tagesspiegel.de/kultur/literatur/erzaehlungen-die-unendlichkeit-des-augenblicks/1786402.html
http://www.deutschlandfunk.de/der-vollkommenheit-auf-der-spur.700.de.html?dram:article_id=84690