Ladivine


Drei französische Frauengenerationen umfasst dieser von der Kritik gefeierte Roman, der versucht Extreme auszuloten und Irreales mit der Handlung zu verflechten. Der Begeisterung des Feuilletons kann ich aber nicht bedingungslos folgen.


Die drei Generationen:

Ladivine Sylla, die als Afro-Französin von Paris wegzieht und in Bordeaux als Putzhilfe arbeitet.

Malinka, ihre Tochter, die wegen ihres unbekannten Vaters weiß ist und sich als Schülerin von ihrer Mutter abgrenzt, sich ihrer schämt und schließlich nach Langon (nicht weit von Bordeaux) zieht, um dort nach einem Job als Kellnerin sich zur Geschäftsführerin hocharbeitet. Sie heiratet einen Weißen (Autohändler namens Richard Rivière), mit dem sie 25 Jahre zusammenlebt, bevor er sie nach 25 Jahren Ehe verlässt und nach Annecy an die Schweizer Grenze zieht. Malinka nimmt bereits vor der Ehe den Vornamen Clarissa an und trennt akribisch Herkunft wie aktuelles Leben. Ihrer Mutter sagt sie nichts von ihrem angenommenen Vornamen, in ihrer Welt verschweigt sie ihre schwarze Mutter.

Ladivine, die Tochter Malinkas/Clarisses, ist auch weiß und nach einem verbummelten Studium geht sie nach Berlin, wo sie einen Uhrenverkäufer heiratet (Deutscher, weiß, Name: Mark Berger). Mit ihm hat sie zwei Kinder, Annika und Daniel.


Die Handlung:

Die ist schon schwieriger zu fassen, im Zentrum steht letztlich Tochter/Enkelin Ladivine, die mit ihrem sehr attraktiven Mann ein langweiliges Leben führt, bis sie mit ihren beiden Kindern einen Urlaub in einem nicht genannten afrikanischen Staat antreten, wo alles schief läuft. Am Flughafen wird ihr Koffer gestohlen, die Kleidung taucht in ihrem Umfeld am Schwarzmarkt wieder auf. Mark schmeißt einen Einbrecher über den Hotelbalkon im sechsten Stock, sie fliehen zu Bekannten ihres Vaters, die am Land einen Autohandel betreiben, wo schließlich Ladivine in einem Wald verloren geht. Ihr Mann und die Kinder reisen ohne sie ab.

Ihre Mutter Malinka/Clarissa beginnt nach der Trennung von Richard eine Beziehung mit einem hässlichen Alkoholiker, der sie schließlich ermordet.

Am Schluss des Romans wird erzählt, wie Richard in Annecy von einem Betrüger bei einem Autoverkauf um fast 50.000 Euro betrogen wird.


Der magische Realismus:

Eingeflochten in den Text sind sehr irreale Elemente.

- Als gestohlene Kleidungsstücke tauchen welche auf, die nie auf die Reise mitgenommen worden sind.
- Der getötete Einbrecher taucht als Diener bei der Autohändlerfamilie wieder auf.
- Ladivine wird nach ihrem Verschwinden in Afrika ein Hund, der in Berlin und Bordeaux als Bewacher auftaucht.


Für mich war das alles sehr zäh zu lesen. Eigentlich alle Figuren sind sehr flach gezeichnet, haben kein eigenes Denken und führen ein sehr inhaltsleeres Leben. Handlungsverlauf und Dialoge plätschern vor sich hin.

Dass der Roman durch die Tötung eines jungen Afrikaners (völlig unlogische Handlungsentwicklung) und den nie argumentierten Mord an Malinka/Clarissa aufgepeppt wird, rettet auch nicht viel. Bei der Hundeverwandlungsmetapher bleiben mehr Fragezeichen, als Erklärungsangebote geliefert werden.


Die positiven Kritiken retten sich mit der Bewunderung der Sprache und der Schwarz-Weiß-Thematik. Wobei ich da mehr sehe, dass sich eigentlich niemand um den anderen kümmert, jede Person ihr eigenes Leben in einer Ego-Blase führt und schaut, sich selbst weiterzubringen. Aber daran scheitern sie und verkümmern in Isolation. Mit den Kümmerhunden scheint NDiaye die totale Hoffnungslosigkeit in was Positives wenden zu wollen, aber daran scheitert der Roman.

Infolinks im Spoiler

Verlagsinfo:
https://www.suhrkamp.de/buecher/ladivine-marie_ndiaye_42426.html

Inhaltsangabe:
https://www.dieterwunderlich.de/NDiaye-Ladivine.htm

Rezensionen:
https://www.sueddeutsche.de/kultur/roman-ladivine-wer-bist-du-1.1979267
https://www.deutschlandfunk.de/marie-ndiaye-ladivine.700.de.html?dram:article_id=293737
https://www.zeit.de/2014/25/marie-ndiaye-ladivine-buch
https://shop.falter.at/detail/9783518424261
https://www.tagesspiegel.de/kultur/marie-ndiayes-roman-ladivine-in-der-haut-des-hundes/9910244.html
https://literaturkritik.de/id/19787
https://www.focus.de/kultur/buecher/literatur-marie-ndiayes-verstoerender-roman-ladivine_id_3974619.html
https://www.deutschlandfunkkultur.de/roman-frau-ohne-eigenschaften.950.de.html?dram:article_id=286960
https://www.nytimes.com/2016/05/08/books/review/ladivine-by-marie-ndiaye.html
http://www.musicandliterature.org/reviews/2016/5/10/marie-ndiayes-ladivine