Die Lebensreformbewegung des ausgehenden 19. und angehenden 20. Jahrhunderts ist in ihrer Bedeutung umstritten. Einerseits ist sie dem Industriellen abgewandt und strebt eine Hinwendung des Menschen zur Natur an, die ihre Vertreter zum Teil auf Landgütern auslebten, andererseits ist die Haltung zum industrialisierten Volkskrieg bei einigen Vertretern dieser Bewegung mehr als positiv.

So auch der aus Lübeck stammende und in Woltersdorf (Brandenburg) lebende, dem Jugendstil zugewandte Künstler Fidus (Hugo Höppener): Vegetarier, Förderer der Freikörperkultur, Esoteriker. Berühmt ist er durch sein immer wieder variiertes Bild Lichtgebet:

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Fidus: Lichtgebet (Farblithographie 1913). Quelle: Karl&Faber

Fidus konnte aber auch anders. Auch der martialische Erzengel Michael wird als Sinnbild des Militärführers eines angegriffenen Deutschen Reichs mehrfach variiert.

Hier 1915 unter dem Titel Zürnender Michael:

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Auch als Personifikation eines arischen Militärführers mit Hakenkreuz an der Gürtelschnalle wird Michael 1915 bereits porträtiert und dokumentiert die Nähe von Fidus zur esoterischen völkischen Gedanken- und Bildwelt. Erschienen ist es in einem Kriegspropagandawerk mit dem langatmigen Titel Das Buch Michael, mit Kriegsaufsätzen, Tagebuchblättern, Gedichten, Zeichnungen aus Deutschlands Schulen, herausgegeben aus den Archiven und mit Unterstützung des Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht von Prof. Hermann Reich.

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1933 knüpft Fidus nahtlos an dieses Bild an, Michael mit der nun dem Hakenkreuz der NSDAP nachgebildeten Gürtelschnalle befreit sich vom Un-Arischen sowie Un-Völkischen und zersprengt seine Fesseln. Fidus ist im Nationalsozialismus angekommen.

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Die Michael-Bilder sind alle auf der Seite Quis ut Deus veröffentlicht.