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Richard Arnold Bermann

Kriegsberichterstatter, heute würde man wohl "eingebetteter Reporter" dazu sagen, bei der österreichisch-ungarischen Armee hatten keinen guten Ruf. Sie waren nicht direkt an der Front, abhängig von den zensierten Informationen der Armeeführung und hatten im Kriegspressequartier ein im Vergleich zu den kämpfenden Soldaten ein Luxusleben. Bereits im Herbst 1914 waren bei der österreichisch-ungarischen Armee 880 Menschen im Kriegspressequartier angestellt.

Kriegsgegner Karl Kraus schrieb in seiner Fackel so über diese Kollegen:
Sie machen sich, wenn sie auch nicht direkt im Schützengraben sind, sondern nur gelegentlich ihn inspizieren, auf ihre Weise, die zufällig die einträglichste ist, der Allgemeinheit nützlich, und es ist ein Glück, daß noch keiner dieser stillen Helden des Worts, die bis zur letzten Romanfortsetzung auf ihrem Posten ausharren, in den Papierkorb gefallen ist. So leben wir. Aber am gemütlichsten ist es aber freilich halt doch im Pressequartier.

Auszug aus: Ernst Piper. „Nacht über Europa.“ Apple Books.
Richard Bermann, Kriegsberichterstatter für die Hamburger ZEIT in Galizien und dem österreichisch-ungarischen Kriegspressequartier zugeteilt, untermauert dieses (Vor-)Urteil mit diesem Bericht:
Mittags, wenn wir den schwarzen Kaffee ausgetrunken hatten, wurde uns mitgeteilt, welche Nachrichten aus dem Hauptquartier von Teschen heute zu uns herübertelephoniert worden waren. Fast immer war es nur eine Umschreibung des offiziellen Heeresberichts, der um diese Stunden den Wiener Redaktionen schon bekannt war. Danach mußte der Kriegsberichterstatter jetzt rasch eine eigene Depesche aufsetzen, um seinem Blatt und dessen Lesern zu beweisen, wie wohlinformiert »unser ins k. u. k. Kriegspressequartier entsandter Sonderberichterstatter« war. Wo, um Gottes willen, die Nachrichten hernehmen und wie sie zubereiten, daß sie einerseits den Eindruck erweckten, der Kriegsberichterstatter wisse etwas und sei bei den Ereignissen anwesend? In unserem Messelokal in Bicse etablierte sich jeden Mittag eine Nachrichtenbörse.

Auszug aus: Ernst Piper. „Nacht über Europa.“ Apple Books.