luther-thesen

Historisch höchst relevant, sprachlich ein Meisterwerk, inhaltlich wirr. So sehe ich diese als Disputation, als Streitschrift angelegten 95 Thesen Luthers aus dem Jahr 1517. Eigentlich ist es ein fortlaufender Text, der aber jeden Satz mit einer Nummer versieht, so wurden eben die 95 Sätze zu 95 Thesen.

Die Kritik am Ablasshandel der römischen Kirche ist wohl allgemein bekannt, aber die Argumentation ist ein Frühwerk. Luther geht von der Frage aus, was diese überhaupt nützt und ob nicht dadurch die innere Buße und das äußere Zeichen der Buße verhindert wird und die Seele trotz alledem im Fegefeuer landet. Andererseits wird diese Frage verworfen, indem er im Tod bereits ausreichend Läuterung der Seele erkennt. 1530 wird er sich seines Widerspruchs bewusst und verwirft die Idee des Fegefeuers komplett.

Das soziale Element greift Luther auch auf. Während die Bibel die Reichen die Letzten seien, die ins Himmelreich kämen (er ergänzt, dass es diejenigen seien, die keine Almosen geben), würden die Ablassbriefe vorgaukeln, dass Reiche sich mit der Geldspende wieder nach vorne schummeln könnten, was aber ohne gute Taten nicht sein könne (ergänzend - typisch Reformation - aber auch, dass der Reichtum auch nicht geizig vergammeln dürfe, sondern auch für sein eigenes Wohlergehen genutzt werden müsse).

Es steckt viel drinnen in diesen 95 Sätzen, und sie sind immer wieder - auch für Nicht-Protestanten wie mich - eine interessante Lektüre.