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DER ALTE MANN UND DER VOGEL

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DER ALTE MANN UND DER VOGEL

06.10.2020 um 18:06
Es war einmal vor sehr, sehr langer Zeit ein alter Mann. Er lebte in einer kleinen, einsamen Hütte tief im Wald. Niemand mochte ihn je besuchen, denn zum einen war der Weg zu der kleinen Hütte sehr beschwerlich und zum anderen war der alte Mann sehr jähzornig und meistens schlecht gelaunt. Im Dorf erzählte man sich, dass der Alte einst ein Reicher Graf gewesen war, doch er hatte sein gesamtes Vermögen beim Würfelspiel verloren. Heute lebte er davon, Kräuter im Wald zu sammeln und diese dann für ein paar Kupferlinge an die Heiler in der Stadt zu verkaufen. Das Geld reichte gerade aus, um sich ein wenig Mehl zu kaufen, um damit Brot backen zu können. Im Winter, wenn der Schnee das Land bedeckt und der eisige Wind aus dem Norden das Leben von der Erde treibt, gibt es natürlich keine Kräuter, die er alte Mann verkaufen hätte können. Also sammelte er Holz und tauschte es in der Stadt gegen Lebensmittel.
Eines Tages, es war Ende Juni, war der Alte wieder im Wald unterwegs. Es hatte schon seit Tagen nicht mehr geregnet und die Sonne brannte vom stahlblauen Himmel. Der Boden unter seinen Füssen war trocken, die Erde verdorrt. Das hohe Gras, welches vor kaum zwei Wochen noch saftig und grün gewesen war, war nun braun und dürr. Der Alte war mürrisch, denn er wusste, er würde auch heute nicht genügend Kräuter finden, um sich mit dem Erlös daraus etwas zu Essen zu kaufen. Da kam er an einer uralten Buche vorbei und plötzlich landete ein kleiner, hässlicher Vogel vor seinen Füssen, der wohl zuvor in den Ästen der Buche gehockt hatte. Seine Flügel hingen erschöpft an seinem Körper herab und sein kleiner Schnabel war weit aufgerissen.
„Alter Mann, gib mir doch drei Tropfen Wasser aus deiner Flasche, ich leide so schrecklichen Durst.“, sagte der Vogel.
Der alte Mann blieb stehen, sah den Vogel finster an und sagte: „Scher dich zum Teufel, Federvieh! Das Wasser wird mir knapp und ich muss selbst sehen, dass ich zu Recht komme!“
„Nur drei Tropfen“, bat der Vogel erneut. „das ist so wenig, dass du es nicht einmal vermissen würdest.“
„Zum Teufel sollst du dich scheren!“, rief der Alte und ging weiter, ohne noch auf den kleinen Vogel zu achten.
Am nächsten Tag kam er wieder an der Buche vorbei und wie am Tag zuvor landete der kleine Vogel vor seinen Füssen.
„Nur drei Tropfen Wasser, um mehr bitte ich dich nicht.“, sagte der kleine Vogel mit leiser Stimme.
Der alte Mann zog die Stirn in Falten und rief mit zorniger Stimme: „Nein und noch einmal nein! Ich hab’ dir gestern schon gesagt, dass ich selbst kaum Wasser habe! Da werde ich das Wenige, das ich habe, nicht mit einem hässlichen Vogel, wie dir teilen!“
Mit diesen Worten ging er weiter und würdigte den kleinen Vogel keines Blickes mehr.
Am nächsten Tag brannte die Sonne wieder vom wolkenlosen Himmel und es war so heiß, wie schon seit über hundert Jahren nicht. Und wie schon zwei Tage zuvor, flatterte der kleine Vogel wieder aus den Ästen der alten Buche und landete vor den Füssen des Alten. Er konnte kaum noch fliegen, seine kleinen, dünnen Beine trugen ihn kaum noch. Doch ehe der Vogel etwas sagen konnte, schrie der alte Mann: „Auch heute habe ich nichts für dich! Also mach, dass du weg kommst!“
„Nur drei Tropfen“, flüsterte der Vogel. „Sie würden dir nicht fehlen, doch ich muss sterben, wenn ich nicht bald etwas zu trinken bekomme.“
„Das kümmert mich nicht.“, antwortete der Alte. „Von mir wirst du nichts bekommen, also scher dich weg!“
Traurig schlug der Vogel seine Augen nieder und lauschte den Schritten des alten Mannes, die sich langsam im Unterholz verloren.
Und auch der nächst Tag schien keinen Regen zu bringen. Der alte Mann war mürrischer denn je, denn es gab keine frischen Kräuter mehr. Alles, was einst grün war, verdorrte in der trockenen Erde. Wenn mich der hässliche Vogel heute wieder um Wasser bittet, schlage ich mit einem Stein nach ihm, damit er mich künftig nicht mehr belästigt dachte der Alte. So steckte er einen Stein in die Hosentasche und näherte sich dann langsam der alten Buche. Doch statt dem hässlichen Vogel, erschien plötzlich eine wunderschöne Fee. Sie hatte silbernes, leuchtendes Haar und ihre Augen strahlten wie die Sterne am Nachthimmel. Der Alte war so überrascht, dass er kein Wort zu sagen wusste und die Fee nur anstarrte.
„Heute soll ein besonderer Tag für dich sein.“, sagte die Fee.
Dann ging sie zu der alten Buche und streichelte sanft über den knorrigen, dicken Stamm. Plötzlich schob sich die Rinde zur Seite und zum Vorschein kam eine kleine Höhle. Irgendetwas glänzte in der Höhle und so trat der alte Mann einen Schritt näher, um zu sehen, was dieses Glänzen verursachte. Da wollten ihm fast die Augen aus dem Kopf fallen. Dort in der kleinen Höhle stand eine Truhe voller Gold. Gierig streckte der Alte die Hände danach aus, doch die Fee hielt ihn zurück.
„Nicht so schnell.“, begann sie. „Du sollst das Gold bekommen, doch ich fordere etwas dafür.“
„So sag mir, was es ist!“, rief der alte Mann ungeduldig.
Er wusste, mit diesem Gold hätte sein trauriges Dasein ein Ende. Er würde sich ein Haus in der Stadt kaufen und nie wieder hungern müssen.
Die Fee hob ihren Kopf, blickte den Alten mit ihren klugen Augen einige Momente schweigend dann, dann sagte sie: „Ich fordere nicht viel von dir. Nur die Feder eines Vogels. Bringe sie mir jetzt und hier und das Gold soll dir gehören.“
Das kann doch nicht schwer sein dachte der alte Mann. Er wusste, der kleine, hässliche Vogel war hier irgendwo. Also begann er nach ihm zu Rufen.
„Vogel! Kleiner Vogel, wo bist du? Komm zu mir, dann sollst du dein Wasser bekommen!“, rief er, doch der Vogel antwortete nicht.
Immer wieder rief er ihn, doch er Vogel kam nicht. Da sagte die Fee: „Nun alter Mann, wie es scheint, kannst du meine Forderung nicht erfüllen. So wirst du das Gold auch nicht bekommen.“
„So warte doch!“, bettelte der alte Mann. „Gib mir noch drei Minuten! Ich weiß, der kleine Vogel ist hier irgendwo. Ich werde ihn finden, ganz bestimmt! Nur drei Minuten. Das ist wenig Zeit im Vergleich zur Ewigkeit und es wird genügen, um den Vogel zu finden!“
Da lächelte die Fee und plötzlich löste sich das silberne Haar in Nichts auf und sie verwandelte sich in den kleinen, hässlichen Vogel. Er blickte zu dem erschrockenen Gesicht des Alten hoch und sagte: „Siehst du alter Mann, ich habe dich an drei Tagen um drei Tropfen Wasser gebeten, doch du wolltest sie mir nicht geben. Du wolltest mich verdursten lassen. Heute hättest du nur eine kleine Feder aus meinem Gewande benötigt. Nur eine kleine Feder und du wärst reich gewesen.“
Er schwang seinen Flügel und die Höhle im Stamm der alten Buche begann sich zu verschließen.
„Nein!“, schrie der Alte und stürzte sich auf den Stamm.
Doch er kam zu spät. Die Höhle war verschlossen und das Gold für immer verloren. Da erkannte der alte Mann, wie dumm er gewesen war. Hätte er nur drei kleine Tropfen Wasser hergegeben, wäre er jetzt ein reicher Mann. So würde er bis ans Ende seiner Tage arm bleiben.

©Enya Van Bran


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DER ALTE MANN UND DER VOGEL

06.10.2020 um 18:52
Das ist eine tolle Geschichte.
Sie ist sehr spannend geschrieben.
Und auch lehrreich.
Wäre er nicht so geizig, gewesen, wäre er nun reich belohnt.

Mir sagt diese Geschichte: Man erntet, was man sät.
Wer Gutes tut, wird Gutes ernten.

Sehr schön.
Ich mag diese Geschichte.


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DER ALTE MANN UND DER VOGEL

06.10.2020 um 18:53
Danke @Soulfire, du hast den Sinn dahinter erkannt :)


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DER ALTE MANN UND DER VOGEL

06.10.2020 um 19:13
Jede Geschichte hat einen tieferen Sinn.
Wenn man nachdenkt, so kommt man auch dahinter, was damit gemeint ist. 🙂


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DER ALTE MANN UND DER VOGEL

06.10.2020 um 19:14
Auch da gebe ich dir recht :)


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