Feinstein-Shadow World

Andrew Feinstein war für den ANC Abgeordneter des südafrikanischen Parlaments und leitete in den 1990er Jahren einen Untersuchungsausschuss wegen Korruption beim Kauf von Waffensystemen aus Großbritannien (BAE) und Deutschland (U-Boote). Als der Ausschuss ans Tageslicht brachte, dass auch hochrangige Mitglieder des ANC Bestechungsgelder erhalten haben, wurde er abgedreht. Aus Protest trat Feinstein aus dem ANC aus und widmete sein Leben den Machenschaften des weltweiten Waffenhandels. Dieses Buch (2011 erschienen) ist das Ergebnis von akribischen Nachforschungen und wirft ein Licht auf die Verflechtung von Industrie, Politik und kriminellen Zwischenhändlern.

Das Schema ist weltweit gleich. Zwischen legitimen Handelspartnern werden Händler geschaltet, welche von ihren hohen Provisionen die Bestechungsgelder bezahlen. Die Waffenproduzenten, aber auch Regierungen sind damit fein raus, weil sie im Falle eines Bekanntwerdens, sich abputzen und auf die Zwischenhändler berufen können. Selten werden Fehler gemacht wie beim britischen BAE, der Scheinfirmen mit Beteiligung gründete, über die Geldflüsse liefen.

Feinstein konzentriert sich dabei auf britische und US-amerikanische Waffendeals, da diese wegen juristischen Nachforschungen am besten dokumentiert sind, weist aber darauf hin, dass Russland, Weißrussland oder China mit ähnlichen Mechanismen arbeiten, die jedoch nicht tiefergehend analysiert werden können. Bei diesen Staaten lässt sich nur die Praxis der Gegengeschäfte nachvollziehen, wer jedoch wie besticht, liegt im Dunkeln, also immer noch eine Schattenwelt.

Als Drehscheibe der westlichen Schattenwelt wird immer wieder eine deutsche Firma genannt: Merex, die aus dem Dunstkreis des ersten BND-Chefs Reinhard Gehlen entstammt und von dem ehemaligen Waffen-SS-Mitglied Gerhard Mertins gegründet wurde, der über ein weltumspannendes Netzwerk verfügte. Selbst internationale Waffenhändler, die in den 1990er Jahren Boykottgebiete wie das ehemalige Jugoslawien oder Islamisten mit Waffen versorgten, entstammten dem Umfeld von Merex.

Feinstein legt fast besessen Details, die ihm aus seinen umfassenden Archivstudien bekannt sind, offen, was das Buch einerseits wie einen Thriller lesen lässt, andererseits wegen der vielen Namen oft eine langsame Lektüre benötigt. Erschütternd sind seine Darstellungen aus Liberia, Sierra Leone oder der Demokratischen Republik Kongo/Zaire, wo Mörderbanden (staatliche und nicht-staatliche) mit Waffen versorgt wurden.

Hoffnung gibt das Schlussresümé, dass viele der Hauptakteure, die in den 1990er Jahren Krisengebiete illegalerweise mit Waffen versorgten, vor Gericht gestellt oder bereits verurteilt sind. Interessanterweise hauptsächlich in den USA, deren Justiz doch noch ziemlich unabhängig arbeiten kann.

Ein einstündiger Vortrag Feinsteins mit Diskussion aus dem Jahr 2017 ist vom Peter Wall Institute for Advanced Studies auf YouTube abrufbar. Beeindruckend ist, dass Feinstein praktisch frei durchspricht. Er hat sein Thema wirklich intus.

2016 wurde auf Basis des Buchs eine gleichnamige Dokumentation veröffentlicht. Der Trailer auf YouTube.