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Der Wiener Autor Bernhard Strobel war Anfang 30, als er den Erzählband Ein dünner Faden veröffentlichte. Bis auf eine Erzählung handeln die Geschichten von ausgemergelten Beziehungen in Kleinfamilienhäusern mit Garten und Swimmingpool im Speckgürtel von Wien, in denen keinerlei Kommunikation mehr herrscht. Sei es mit den Partnern, sei es mit den Kindern. Hauptsächlich geht es um Eifersüchteleien und mögliche Seitensprünge, in einer Geschichte auch um vermutliche Brandstiftung. In die Tiefen der Psyche dringt Strobel nicht ein, es passiert nichts, das Leben plätschert dahin. Und in diese Falle tappen alle Geschichten: Es soll die Langeweile dieser Leben dargestellt werden, raus kommen langweilige Texte.

Der letzte - und längste - Text bricht aus. Ein einsamer Mann ist im Krankenhaus und beobachtet einen Friedhof wie Frauen mit einem Feldstecher. Ein Spanner anscheinend. Alles beschreibt er in Briefen an einen "Freund", der nie antwortet, von dem er nicht mal weiß, ob er lebt. Am Ende stellt sich heraus, dass er nicht sterbenskrank ist, sondern ein verletztes Bein eingegipst hat, da er von einem Auto angefahren wurde. Am Ende der Geschichte kommt eine junge, attraktive Frau ins Krankenzimmer, die sich als seine Tochter ausgibt. Er hat keine Ahnung, wer ihre Mutter sein könnte. Auch nicht der Bringer, diese Erzählung.

Tief philosophisch will Strobel einmal in einem Brief des Verletzten werden (ist er ein Penner? - auch das ist möglich, da der Kontext des Ausschnittes ist, dass er zehn Jahre zuvor einmal polizeilich angehalten wurde, weil er in einem Müllcontainer eines Hotels rumgestöbert hat):
es ist eine Zumutung mitansehen zu müssen, dass alles, was man sich im Leben an Gütern und Wohlstandsartikeln zusammengerafft hat, als Müll endet, denn das tut es, darauf läuft es hinaus, alles ist Müll, auch die Besitzer des Mülls werden Müll, ...
Naja.

Faszinierend ist da eher schon, wie der Literaturverlag Droschl seinen Autor beschreibt.
Strobel ist ein Erzähler, der dezidiert nüchtern und unromantisch an seine Sache herangeht, sein Stil beschönigt nichts und lässt den Figuren unter Verzicht auf literarische Eleganz und ohne falschen Glanz in ihre emotionalen Sackgassen folgen. Menschen in Krisensituationen werden gezeigt, gereizte Stimmungen in der Familie, unter Freunden oder Nachbarn. Am Rand eines Streitgesprächs laufen die Dialoge ab und oszillieren zwischen Streitlust und Redeunwilligkeit.
Quelle: https://www.droschl.com/autor/bernhard-strobel/

Das Wort Langeweile wurde noch nie poetischer definiert.