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Julya Rabinowich ist 1977 als Siebenjährige mit ihren jüdischen Eltern aus der Sowjetunion nach Österreich emigriert und engagiert sich in Flüchtlingshilfswerken für Frauen mit Kriegs- und Gewalttraumata. Dies ist auch das Kernthema ihres preisgekrönten Jugendromans Dazwischen: Ich aus dem Jahr 2016, in der die fünfzehnjährige Madina aus einem nicht genannten kriegsführenden muslimisch geprägten Land, die mit ihrer Familie nach Österreich geflohen ist, in einer Flüchtlingspension auf den Asylbescheid wartet.

Obwohl durchaus ok zu lesen, auch wenn sich die Frage stellt, in welcher Sprache das Mädchen ihr sprachgewaltiges Tagebuch geschrieben haben soll, so sind die Charaktere überzeichnet und zu idealtypisch gestaltet. Der Vater ist, obwohl er illegal im Keller des Heimathauses als Krankenpfleger Verwundete versorgt hat und deswegen hat fliehen müssen, beinahe ein typischer toxischer, gewalttätiger orientalisch-muslimischer Patriarch mit Jähzornanfällen, der seine Tochter prügelt, seine Frau als Haustier hält und den siebenjährigen Sohn als zweites Familienoberhaupt betrachtet. Am Ende des Romans muss er zurück in das Heimatland verschwinden, um seinen Bruder aus der Kriegsgefangenschaft zu befreien, was mit seiner Gefangenschaft und sogar seiner Hinrichtung enden kann. Dies eröffnet die Möglichkeit für Madina, ihre Mutter und ihre Tante sich zu emanzipieren (ein Siebenjähriger als Familienpascha geht dann doch nicht) und ihre Asylanträge selbst in die Hand zu nehmen (ihre Tante ist politisch verfolgt wie Madinas Vater).

Eingestreut ist noch die Freundschaft mit der Schulkollegin Laura, die mit ihrer Mutter lebt und deren Vater wegen Gewalttätigkeit Zutrittsverbot zur Familie hat.

Manche Aspekte hängen etwas in der Luft, so gibt es anscheinend einen Anschlag auf die Wiener U-Bahn und Madina erkennt im Fernsehen einen verschwundenen jungen Mann aus der Asylpension, der mit gewalttätigen Islamisten sympathisiert. Was wirklich passiert ist, wird nicht ausgestaltet.

2016 wurde mit diesem Buch sicherlich der Nerv der Zeit getroffen, aber so richtig prickelnd ist für mich das Buch nicht gealtert.