Horowitz-Stormbreaker

Der britische Schriftsteller Anthony Horowitz hat sich auf Jugend-/Kinderaction-Romane spezialisiert und dies ist der 2000 erschienene erste Roman der erfolgreichen Reihe über den vierzehnjährigen Kinderagenten Alex Rider des MI6. Dass Horowitz dabei die James Bond-Serie verinnerlicht hat, ist sehr offensichtlich.

Alex Riders Eltern sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, als er ein Kleinkind war, und er wächst bei seinem Onkel Ian Rider auf, der offiziell im Auslandsaußendienst einer Bank arbeitet. Dieser Roman beginnt damit, dass Alex über den Verkehrstod seines Onkels informiert wird, die Bank übernehme laut Testament die Vormundschaft. Nur glaubt Alex nicht an einen Verkehrsunfall, sein Onkel wäre nie unangeschnallt gefahren. Auch wird das Arbeitszimmer seines Onkels von Unbekannten total leergeräumt. Und der Bankdirektor erscheint beim Begräbnis mit bewaffneten Sicherheitsleuten.

Alex sucht nach einem Beweis, dass sein Onkel nicht bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist, und findet die Autoverwertung, wo der Wagen seines Onkels steht. Es ist von Kugeln durchsiebt. Während er im Auto sitzt, wird es in die Autopresse gehoben, und Alex kann sich gerade noch befreien. Bei der Flucht aus der Autoverwertung setzt er auch noch einen der beim Begräbnis anwesenden Sicherheitsmänner mit einem Karate-Kick außer Kraft.

Dies beeindruckt den Bankdirektor und beim Treffen in der Bank eröffnet er Alex die Wahrheit. Die Bank ist eine Deckfirma des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6 und sein Onkel war Agent, der bei einem Einsatz ermordet wurde. Er sollte herausfinden, was einer der reichsten Männer Großbritanniens, Herod Sayle, in seiner Computerfabrik in Cornwall wirklich herstelle. In ein paar Wochen, am ersten April, schenke Sayle allen Schulen in Großbritannien einen neuen Super-PC, die bei einer Festveranstaltung am 1. April in London vom Premierminister per Mausklick ans Netz angeschlossen werden. Alex' Onkel sei knapp dran gewesen, das Geheimnis zu lüften, als ihn der russische Auftragsmörder Yassen Gregorovich erschossen hat. Alex solle nun die Arbeit seines Onkels abschließen. Aufgrund seiner blendenden Kondition und seiner Ähnlichkeit zu einem Kind, das einen Preis gewonnen hat und drei Tage in die Fabrik eingeladen worden ist, sei Alex der ideale Agent. Dieser sagt zu, als ihm die Alternative genannt wird: ein Waisenhaus in Birmingham.

Alex, der auf Anlass seines Onkels bereits Karate, Klettern, Tauchen, Motorradfahren, Autofahren erlernt hat, bekommt nun eine 14-tägige knallharte Grundausbildung in einem SAS-Trainingscamp (mit typischen Mobbingstorys) und wird nach Cornwall geschickt. Alex findet heraus, dass Sayle Kapseln mit genveränderten, tödlichen Windpockenviren in die Computer einbaut, die durch die Freigabe der Computer durch den Premierminister freigesetzt werden. Grund: Sayle wurde als Schüler in einem Elitegymnasium von Letzterem gemobbt. In James Bond-Manier kann Alex in letzter Sekunde verhindern, dass der Premierminister den fatalen Mausklick tätigt. Abspann: Alex wird vom schwer verletzten Sayle nochmal entführt, aber bevor ihn dieser von einem Dach stoßen kann, fliegt Gregorovich in einem Helikopter heran und erschießt Sayle. Der Geheimdienst lässt offen, ob er Alex wieder einsetzen werde. Die Basis für weitere Folgen ist gelegt.

Obwohl das Buch nur so vor Übertreibungen und Klischees strotzt, war es ein internationaler Erfolg.

Zu den Übertreibungen. Die Action-Szenen des 14-jährigen machen jeder James Bond-Folge Ehre. Wie oben schon geschrieben, entkommt Alex einer Autopresse und setzt einen Sicherheitsmann außer Kraft. Bei Sayle findet er heraus, dass die Virenkapseln in einem Stollen eines ehemaligen Zinnbergwerks eingebaut werden, indem er auf Basis einer gefundenen Karte seines Onkels durch einen stillgelegten, überfluteten Tunnel taucht. Alex schlägt Sayles Sicherheitsleute in einer tödlichen Motorradjagd an den Klippen von Cornwall, er kann mit einer metalllösenden Creme (Alex bekommt Goodies von einem Geheimdiensttechniker wie auch James Bond) sich aus einem Großaquarium mit einer tödlichen Riesenqualle befreien, er springt von einem selbst gelenkten Jeep mit Hilfe eines Spezial-Jojos und einer Harpune in die halboffene Ladeluke eines Transportflugzeugs, um nach London zu kommen, über London springt Alex per Fallschirm ab und landet genau in dem Museum, wo die Computereinweihungsfeier stattfindet, zuvor bringt er mit einer ferngesteuerten Rauchbombe das Flugzeug, das ihn zu jagen beginnt, zum Absturz. Horowitz geht also in die Vollen.

Zu den Klischees: Alex ist "kräftig, athletisch, blond" (Lebensborn-Affinitäten unterstelle ich Horowitz wegen seines jüdischen Familienhintergrunds nicht, aber es ist ein gängiges Klischees moderner Superkinder-Romane). Die Bösen sind Araber (Sayle stammt aus dem Libanon), Russen (der Auftragskiller und die sadistische Assistentin Sayles) und womöglich China/Chinesen (die Virenkapseln werden mit einem U-Boot mit chinesischem Zeichen am Heck angeliefert). Auch das Mobbing ist ein Klischee vieler moderner Jugendromane, und hier ersetzt es als Motivation für einen Massenmord den Ost-West-Konflikt bei James Bond.

Eigentlich sind hier alle Bausteine für die Verfilmung gelegt und 2006 wurde der Roman als Action-Thriller umgesetzt, aber der Film floppte.