Narrenschiffer
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Monika Helfer - Schau mich an, wenn ich mit dir rede
17.10.2025 um 18:09
Die Vorarlberger Schriftstellerin Monika Helfer erzählt in diesem 2017 erschienenen Roman eine Fiktion in einer Fiktion. Die Ich-Erzählerin sieht in der U-Bahn eine etwas derangiert aussehende Mutter mit ihrer Tochter, beide einen Roller habend, und die Mutter schnauzt das Kind permanent an: "Schau mich an, wenn ich mit dir rede!" Daraufhin spintisiert sie die Verhältnisse, in denen die beiden leben.
Das Mädchen tauft sie Genoveva, genannt Vev, die Mutter, Sonja, ist geschieden und auf Tabletten und Alk. Sie sieht ihre Tochter einmal im Monat, diese lebt bei ihrem Vater (Milan) mit dessen neuen Freundin Natalie und deren beiden Töchtern. Sonja selbst hat einen neuen Freund mit Geld und einer großen Mietwohnung, für die er praktisch nichts bezahlt, und der sich The Dude nennt. Vevs leiblicher Vater ist schwul und lebt nun mit seinem Freund zusammen. Er spielt aber in diesem Roman keine Rolle.
Der Roman schweift hin und her zwischen den vier Erwachsenen und Vev, die mit einem von The Dude geschenkten Hund einmal ausreißen will. Von den Erwachsenen ist eigentlich nur eine eigenständig überlebensfähig, Natalie als Krankenschwester. Milan lebt von Zuwendungen seiner reichen Eltern und The Dude erpresst einen Baumeister. Aufgewachsen ist er nach dem Unfalltod seiner Eltern bei einer reichen Tante. Sonja ist sowieso von der Rolle und auf Psychopharmaka.
Außer dem Fluchtversuch von Vev und einer Affäre Natalies mit einem jungen Kardiologen am Behandlungstisch, da sie wie ihre Freundin Eva noch ein Kind will, aber Milan nicht mehr, passiert nichts. Die bei Erscheinen des Buchs 70-jährige Autorin zeichnet ein Bild von der um 1975 herum geborenen First World-Generation, das desolater nicht sein kann. Empathie für diese Figuren kann kaum intendiert sein, die sind einfach sowas von uninteressant, langweilig und weltfremd. Die Widmung zu Beginn: "für meine Familie". Ist das bösartig gemeint? Wer weiß das schon.