Bedburg-Hau: Psychiatrie-Insasse nach Angriff auf Pfleger geflohen

Gestern Abend hat sich ein offenbar sehr unangenehmer Zeitgenosse selbst aus der forensischen Psychiatrie bei Kleve entlassen:

Krischan F., 35 Jahre alt, 1,68m groß, 75kg, sportlich-muskulöse Figur, kurze, dunkelblonde Haare. Bei seiner Flucht trug er ein lilafarbenes T-Shirt und eine blaue Hose. Er ist möglicherweise bewaffnet.

Er hat Pflegepersonal mit einem "messerähnlichen Gegenstand" attackiert, mindestens einer wurde schwer verletzt. Offenbar haben mehrere Insassen das Personal angegriffen, sind in den Hof zu kommen und haben versucht, eine 3-4m hohe Mauer inklusive Stacheldraht zu überwinden. Der sportliche Krischan F. hat es geschafft und ist weg. Mindestens ein anderer ist an der Mauer gescheitert.

Hoffentlich wird der Typ bald geschnappt und macht nicht anderweitig von sich reden...


http://www.spiegel.de/panorama/justiz/kleve-polizei-warnt-vor-geflohenem-psychiatrie-patienten-a-1149328.html

Procrastonon schrieb:Hoffentlich wird der Typ bald geschnappt und macht nicht anderweitig von sich reden...

Ich hoffe sehr, dass der "Entkommende" gefasst wird. Offensichtlich sind mehrere Insassen involviert.

Es handelt sich um Bedburg-Hau (nicht Haus) in NRW.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13734281.html

Auszug:

>>>Mit gemütlichen Sanatorien haben die Einrichtungen dennoch nichts gemein.
1933 trat der Maßregelparagraph in Kraft, der sich auf Gewohnheitsverbrecher, aber auch auf Geistesgestörte und Homosexuelle erstreckte.

Schon bald danach verlor Bedburg-Hau über 2000 Patienten durch das Euthanasieprogramm der Nazis. Die Menschen wurden umgebracht.

Noch immer umgibt viele Anstalten der Forensik eine beklemmende Atmosphäre. Unentwegt rasseln die Schlüssel der Wärter.

Wer es wagt, gegen die Pfleger zu wüten, wird mit Neuroleptika ruhiggestellt.

Auf den geschlossenen Stationen sind die Tische und Stühle am Boden festgeschraubt.
Besuchern ist der Zutritt nicht erlaubt.
Und noch immer tummelt sich in den Psychofestungen buntgewürfeltes Patientengut.

360 Menschen sind in der Mammutklinik von Eickelborn eingepfercht. "Die Spanne reicht vom geistig Behinderten über den möglicherweise hochintelligenten persönlichkeitsgestörten Sadisten bis hin zum chronisch halluzinierenden Schizophrenen, der autistisch in seiner Wahnwelt lebt", sagt der Psychiater Rüdiger Müller-Isberner.

Kein gutes Klima für eine Behandlung.<<<

http://www.berliner-kurier.de/news/panorama/ist-er-in-bonn--strafgefangener-aus-klinik-geflohen---er-koennte-bewaffnet-sein--26969036 (Archiv-Version vom 26.05.2017)

Auszug:

Nachdem er zuvor mit weiteren Insassen das Pflegepersonal bedroht und körperlich attackiert hatte, gelangten zwei Tätern die Flucht in den von einem hohen Zaun bzw. einer hohen Mauer umgebenen Hof des Gebäudes.

Dem 35-Jährigen gelang es dann, eine zusätzlich mit Stacheldraht bestückte Mauer zu überklettern und zu flüchten.

Der zweite Insasse, 28 Jahre alt, schaffte dieses nicht und konnte von Polizeikräften zur Aufgabe überredet und festgenommen werden.

Der von den Tätern schwer verletzte Pfleger wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.
– Quelle: http://www.berliner-kurier.de/26969036 ©2017

So mag ich das doch. Man nimmt sich einen Artikel aus dem Jahr 1999, um ein möglichst düsteres Bild von der Forensik zu zeichnen. Dass sich gerade in diesem Bereich viel getan und geändert hat, das lässt man dann unter den Tisch fallen.

http://www.klinik-bedburg-hau.lvr.de/de/nav_main/fachgebiete___behandlungsangebote/forensische_psychiatrie/forensische_psychiatrie_1.html

https://www.klinikbewertungen.de/klinik-forum/erfahrung-mit-rheinische-landesklinik-bedburg-hau?fac_id=psycho

Das ist, was ehemalige Patienten sagen.
Klinikbewertungen sind immer hilfreich, finde ich. Und wie man sieht, sieht's der Eine so, der Andere anders.

Da muss man wohl auch grundlegend unterscheiden. In der Forensik sind ja ausschließlich kranke Straftäter, die kommen im Klinikalltag nicht mit "normalen" Kranken zusammen und haben wohl hoffentlich eine sehr viel längere Verweildauer. Auch wird wenig praktisches von den Behandlungsmethoden bekannt werden.

Es ist wohl für die Kliniken immer ein Spagat, aufgrund der Krankheit nicht schuldfähig muss ja ein wenig mehr getan werden als im Gefängnis, aber das große aber, es sind wohl sehr wenig Kleinkriminelle, da muss schon viel dahinter stecken um dort zu landen-

Brownie1970 schrieb:Das ist, was ehemalige Patienten sagen.
Klinikbewertungen sind immer hilfreich, finde ich. Und wie man sieht, sieht's der Eine so, der Andere anders.

Da man sich seinen Platz in der Forensik nicht aussuchen kann wie ein Hotel auf Malle, dessen Bewertung man sich vorher im Netz ansieht, stelle ich mal die Frage, hilfreich wobei?

Du hast Recht:

emz schrieb:Da man sich seinen Platz in der Forensik nicht aussuchen kann wie ein Hotel auf Malle, dessen Bewertung man sich vorher im Netz ansieht, stelle ich mal die Frage, hilfreich wobei?

emz schrieb:Man nimmt sich einen Artikel aus dem Jahr 1999, um ein möglichst düsteres Bild von der Forensik zu zeichnen. Dass sich gerade in diesem Bereich viel getan und geändert hat, das lässt man dann unter den Tisch fallen.

Und mir ist bewusst, dass in der Forensik "Psychisch kranke und gestörte Rechtsbrecher" und "die aufgrund einer Abhängigkeitserkrankung straffällig Gewordenen" untergebracht sind.

Was sich zwischen 1999 und 2017 in Psychiatrien geändert hat kann man durch Medien oder Berichte von Betroffenen erahnen.
Hier kann man jedenfalls lesen, was Kammeier, Sprecher des Fachausschusses  "Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e. V."  sagte und zwar 2016:  http://www.forensik.de/fileadmin/forensik/pdfs/PDF_2016/Kammeier_Dauerbaustelle_MR-Reform_PSU_2016-01.pdf (Archiv-Version vom 05.02.2017)

Im Wesentlichen führte er aus, dass 2015 gute 40 Jahre vergangen waren, bis ein neuer "Bericht der Bundesregierung über die Lage in der Psychiatrie in Deutschland" veröffentlicht wurde.
Der damaligen Forensik wurde eine "absolute Schlusslichtposition" im Versorgungsbereich bescheinigt.
Vor allem war hiermit gemeint, die in der Forensik untergebrachten Personen in die Versorgungsstrukturen der allgemeinen Psychiatrie einzubeziehen.
Während man in den 60/70er Jahren noch davon ausging, diesen Personen helfen zu können, sie "zu bessern", dient diese Art der Unterbringung weiterhin lediglich der Gefahrenabwehr.
Patienten der allgemeinen Psychiatrie wurden verlegt (betreutes Wohnen z.B.), die LKR's verkleinert.
In den 80ern wurden forensische Kliniken groß und neu ausgebaut, die Langzeitunterbringung blieb weiterhin oftmals unverhältnismäßig.

Das Ziel der Unterbringung, der Erfolg der Behandlung, setzt den Willen des Patienten und die Möglichkeit der therapeutischen Wirkung voraus - was seltener bei den durch psychiatrischen Maßregel belegten Personen der Fall ist.

Psychiatrische Maßregelung verdoppelte sich von 1990 bis 2011, die Entlassungen der Patienten geht zurück/ dauert länger (dabei war NRW bisher Spitzenreiter mit durchschnittlich über 10 Jahren Aufenthalt gegenüber anderen Bundesländern von 4-8 Jahren).

Das ganze System muss sich mit diesen Zahlen durch "Reformen" ständig selbst verwalten, das Ziel der Unterbringung wird oftmals gar nicht erreicht, die verabreichten Medikamente heilen ganz sicher nicht jeden Straffälligen.

Der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen beklagt unser System bzw. die Entscheidungen über die bei einer Straftat für schuldunfähig erklärten Personen.

Und nun komme ich auf das Thema zurück:
Der Kerl war wegen eines gerichtlich angeordneten Drogenentzugs dort, wie sein Komplize auch, dem die Flucht aber nicht gelang und der nun wegen Geiselnahme "dran kommt".
Fischer wird laut Klinik als unberechenbar und gefährlich eingestuft.

Therapie scheint bei ihm nicht hilfreich zu sein, um die Gesellschaft vor ihm zu schützen.
Vielleicht sind diese LKR's auch überlastet? Vielleicht könnten sie den Willigen, die Hilfe suchen und auch wollen, besser helfen, wenn nicht gar so viele Kriminelle "verwaltet" würden, obwohl es 2 Bereiche in den LKR's gibt.
In meinem oben aufgeführten link gibt es nun einen Kommentar eines ehemaligen Mitarbeiters.

Lange Rede, kurzer Sinn: Die sind überlastet und können ihrem Auftrag nicht immer gerecht werden.
Es wird viel eingewiesen, ob wegen Straffälligkeit oder durch behandelnde Ärzte aufgrund anderer Diagnosen, wie z.B. Suizidgefahr.

Ich denke, dass sehr oft abzulesen ist, dass systematische Probleme einfach verschoben werden... hier in diesem Thema genauso wie in Schulen...aber ich möchte nicht noch weiter ins OT "des großen Ganzen" geraten.

War nur ein kurzer Ausflug, der Mann wurde gefasst

https://www.google.de/amp/s/www.noz.de/deutschland-welt/vermischtes/artikel/901331/polizei-fasst-fluechtigen-psychiatrie-gefangenen%3Famp

Hier noch der Artikel aus der Lokal zuständigen Zeitung, da der geflohene in Bonn gefasst wurde. Anschließend kann man den thread dann wohl zu machen:

http://www.general-anzeiger-bonn.de/bonn/stadt-bonn/Geflohener-Häftling-aus-Bedburg-Hau-in-Bonn-festgenommen-article3566016.html

Ein Mensch wird ja immer nach Freiheit rufen, wenn er irgendwo nicht sein will.
Wenn die Stationen geschlossen sind und die Pfleger eine weitere Hürde, dann muss man schon machen und darf nicht zimperlich sein.
Keine Ahnung, wie es in der Forensik ist, aber ein SPA wird es mit Sicherheit nicht sein.

sunshinelight schrieb:Keine Ahnung, wie es in der Forensik ist, aber ein SPA wird es mit Sicherheit nicht sein.

Richtig, das ist kein Ponyhof sondern schlicht und einfach Knast :D



Psychiater sind Ärzte (nicht mit Psychologen verwechseln)
Psychiatrien sind Kliniken, also Krankenhäuser
Forensik ist eine psychiatrische Klinik für Straftäter

So wie zu lesen, war er dort zum körperlichen Entzug, ...

Beide Männer waren nach Angaben von Oberstaatsanwalt Neifer wegen eines per Gericht angeordneten Drogenentzugs in der Klinik.

... um anschließend seine Strafe in der JVA absitzen zu können.   

Der 35-Jährige war demnach zuvor wegen Einbruchs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.