Feierabend, und trotzdem nicht loslassen können?

Guten Tag Allmy-User!

Ich möchte mal wissen wie Ihr so mit dem Feierabend "umgeht".
Ich komme auf das Thema aufgrund derzeitiger Stressbedingter Umstände in meinem Arbeitsumfeld, die mir momentan einen entspannten Feierabend nicht ermöglichen.
Soll konkret heissen ich nehme zuviel von der Arbeit in meinem Kopf mit nach Hause, mache mir vermehrt Gedanken wie wohl der nächsten Tag wird. Wenn es mir mal (was selten vorkommt) nicht so toll geht, hab ich ein schlechtes Gewissen zum Doc zu rennen.
Wie geht Ihr mit Eurem Feierabend um? Könnt Ihr quasi auf Knopfdruck abschalten und den Firmenstress hinter Euch lassen?
Wie machen das Menschen in Branchen in denen emotional auf höchster Ebene gearbeitet wird?
Damit meine ich Berufe wie Bestatter, Ärzte, Rettungssanitäter usw.
Ich habe keinen aufregenden Beruf und trotzdem bin ich viel zu oft nach der offiziellen Arbeitszeit dabei.
Teilt mir Eure Erfahrungen mit, vielleicht hat ja der eine oder andere nen guten Tipp um das Kopfkino auszuschalten.
Ich bin sonst ein zufriedener Mensch mit Frau und Kind die ich sehr liebe, also psychische Probleme oder Analysen sind hier fehl am Platze ;)

@Laucott
Da bist du wohl nicht der Einzige :)

Ich arbeite seit über 4 Jahren in einem Wohnhaus für Menschen mit Behinderung, Schicht und Wochenenddienste inklusive. Am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, nach Feierabend quasi "abzuschließen" mit der Arbeit, da dieser Beruf auch oft eine sehr persönliche Komponente annimmt. Mittlerweile fällt es mir leichter, nach Feierabend nicht mehr darüber nachzudenken oder auch nicht mehr ans Telefon zu gehen, wenn die Arbeit anruft (früher bin ich immer rangegangen aus Angst, es könnte was mit meinem Klienten nicht stimmen).

Jedoch nimmt man doch noch hin und wieder, nach besonderen Vorfällen zum Beispiel, gedanklich etwas mit nach Hause, es sind ja immerhin Menschen und deren Leben, mit dem man dort zu tun hat.

@Laucott
Geh nach der Arbeit Joggen, Radfahren oder Schwimmen.
Für mich ist das ideal.
Meist reicht bei mir allerdings die Fahrt nach Hause num abzuschalten.

@emanon

Ich beschäftige mich schon sehr viel mit dem Töchterlein, Radfahren steht da ganz weit vorne.
Und doch ertappe ich mich immer wieder bei diesen Gedanken um die Arbeit.
Heute ist wieder so ein klassischer Fall. Der Kindergarten hat geschlossen, ich musste deshalb Urlaub nehmen. Es ist herrliches Wetter hier und ich werde natürlich noch was mit der Kleinen unternehmen. Und trotzdem hab ich ein schlechtes Gewissen weil auf Arbeit Chaos herrscht und ich meine Kollegen wieder allein lassen muss, obwohl ich erst vor kurzem drei Wochen Urlaub hatte.

Ich war 10 Jahre selbständig und hatte nie Feierabend.
Teilweise riefen Kunden Samstagabends um 23:00 an oder Sonntagmorgens um 10.

Zuhause konnte man nicht richtig abschalten da z. Bsp. das Fax ratterte.

Hatte mir deswegen ein Ferienhaus im Westerwald gekauft.
Dort konnte ich abschalten.

miku schrieb:Jedoch nimmt man doch noch hin und wieder, nach besonderen Vorfällen zum Beispiel, gedanklich etwas mit nach Hause, es sind ja immerhin Menschen und deren Leben, mit dem man dort zu tun hat.

Eben, das mein ich, wenn ich schon in einem vergleichsweise unspektakulären Job Probleme habe, wie machen das Leute mit Jobs wie Deinem? Ok, nicht ans Telefon gehen ist eine Sache aber bestimmte Bilder aus dem Kopf zu kriegen mit Sicherheit eine andere. Respekt vor Leuten (wie Du) die das können.

Amsivarier schrieb:Ich war 10 Jahre selbständig und hatte nie Feierabend.

Ja, das ist auch so eine Sache. Dann hast Du wohl rechtzeitig die Reissleine gezogen um doch noch etwas vom Leben zu haben.

Laucott schrieb: Dann hast Du wohl rechtzeitig die Reissleine gezogen um doch noch etwas vom Leben zu haben.

Nee, eben nicht.
Musste krankheitsbedingt aufhören.

Ich habe auch im Kopf nie Feierabend. Immer wird darüber gegrübelt, was noch vorzubereiten und zu erledigen ist. Es hört auch niemals auf, ein Leben lang. Aber so hab ichs mir ausgesucht :D

@Amsivarier

Ah, ok das ist natürlich nicht so toll. Aber hättest Du Dir diese Selbständigkeit au diesem Niveau bis zum Rentenalter vorstellen können?

@FrauLehrerin

Wo beginnt dann für Dich das "Abschalten"?

@Laucott

Es ist doch nichts ungewöhnliches das du dir auch privat gedanken über deine arbeitsstelle machst.
Es zeugt auch von deinem pflichtbewußtsein.
Man kann auch verstehen das es dir nicht so recht ist das du erst vor kurzem urlaub hattest und jetzt (weil es aber auch nicht anders geht) nochmal einen tag wegen geschloßenem kindergarten nehmen mußt.

Aber wenn das dann so ist das du in einer situation, wo es wichtig wäre zum arzt zu gehen, nicht an deine gesundheit denkst, ist das bedenkenswert.

(Nur als frage jetzt, kannst du nicht schon mal dein kind mit zur arbeit nehmen. Was ist mit deinem lebenspartner ?
Oder, will nicht persönlich werden, bist du alleinstehend/erziehend ?)

@Laucott

Laucott schrieb:Aber hättest Du Dir diese Selbständigkeit au diesem Niveau bis zum Rentenalter vorstellen können?

Ja, absolut.
Es machte richtig Spaß.
Nur irgendwann wurde alles zu groß und ich hatte Stress³.

Die Erkrankung erzeugte einen Teufelskreis.

@Laucott
Na gar nicht :D Man kann nicht abschalten in bestimmten Berufen. Aber ich komm damit gut klar.
Allerdings stelle ich mir Pflegeberufe schwierig vor, wenn einen die Krankheitsgeschichten oder Todesfälle sehr mitnehmen und den Schlaf rauben.

aero schrieb:Aber wenn das dann so ist das du in einer situation, wo es wichtig wäre zum arzt zu gehen, nicht an deine gesundheit denkst, ist das bedenkenswert.

So hab ich das früher auch gemacht, nicht zum Arzt gehen weil wir ja eh schon unterbesetzt sind und die Hütte brennt. Aber auch das mache ich nicht mehr, da der Beruf an sich anstrengend genug (körperlich und psychisch) ist, also muss ich sehen, dass ich mich nicht kaputt mache und meinem Körper im Krankheitsfall die Erholung ermögliche die er braucht (bin aber zum Glück nicht so anfällig, höchstens 1-2 Mal im Jahr richtig krank).

Laucott schrieb:bestimmte Bilder aus dem Kopf zu kriegen mit Sicherheit eine andere.

Ja, das stimmt schon. Besonders wenn Klienten schwer krank werden, im Sterben liegen oder aber auch handgreiflich gegenüber Kollegen werden, das sind alles Sachen, über die man auch nach Feierabend nachdenkt. Ich spreche da dann auch teilweise mit anderen Leuten drüber, kotze/heule mich quasi aus und das hilft dann auch schon. Man muss seinen Beruf aber schon mögen, damit es nicht zur Qual oder zur Last wird :)

@aero

Kein Problem, ich antworte gerne:)

Die Kleine mit auf Arbeit nehmen geht nicht, ich bin im Logistikbereich tätig sprich im Lager.
Meine Frau macht nochmal eine Ausbildung (2.Jahr) und sollte am möglichst am Stoff dranbleiben. Ausserdem käme es gerade in der Ausbildung nicht so gut ständig Urlaub nehmen zu müssen.

aero schrieb:Aber wenn das dann so ist das du in einer situation, wo es wichtig wäre zum arzt zu gehen, nicht an deine gesundheit denkst, ist das bedenkenswert.

Das ist ein sehr grosses Problem bei mir, das muss ich zugeben und auch ändern. Aber ist wieder ein anderes Thema.

@miku

Es ist ja leider nicht nur das pflichtbewußtsein das viele menschen so denken läßt das sie ihre arbeit einem arztbesuch vorziehen, sondern auch der druck dem sich viele ausgesetzt fühlen ihren arbeitsplatz zu verlieren.

@aero
Das stimmt, und das ist noch viel schlimmer :(

aero schrieb: sondern auch der druck dem sich viele ausgesetzt fühlen ihren arbeitsplatz zu verlieren.

Da hast Du recht, aber komischerweise ist das bei mir gar nicht Fall. Ich bin seit 15 Jahren in der Firma (25 Jahre in der Branche) und muss eigentlich gar nichts in der Hinsicht befürchten, und trotzdem mach ich mir diese blöden Gedanken und hab ein schlechtes Gewissen.

@Laucott

Wenn jetzt so eine situation ist wie das die kita mal einen tag zu hat ist das höhere gewalt, da kannst du/ihr auch nichts gegen machen.

Aber für so einen einzelnen tag, gibts da nicht auch großeltern in eurem leben die das auch schon mal für einen tag übernehmen können ?

Das du so lange in dem betrieb bist das ist ja wenigstens schon mal ein pluspunkt. Und da scheint dein chef auch zu wissen was er an dir hat. :)