Auf einem kleinen Bauernhof am Rande des Dorfes stand eine verfallene Hütte, worin ein alter Mann lebte. Zu seinem Anwesen zählte noch ein Kartoffelacker, ein Rübenacker ein Getreidefeld und eine grüne Wiese mit saftigem Gras und vielen Kräutern. In der Scheune, etwas abseits, wohnten seine Tiere. Ein Schwein, ein Schaf, ein Huhn, eine Gans, eine Ziege und ein stolzer Gockel. Nebenan gab es noch einen kleinen Verschlag, worin ganz allein eine große Kuh lebte.

Der alte Mann war schon etwas gebrechlich und schaffte es kaum noch seinen Acker zu bestellen und die Tiere zu versorgen. Deshalb beauftragte er die Kuh, sich um die anderen Tiere in der Scheune zu kümmern.

Die Kuh, welche sehr eingebildet war, platzte fast vor Stolz über ihre Beförderung und sie versprach dem alten Mann sich fortan um das liebe Vieh zu kümmern.

Schnell schminkte sie sich ihre Lippen, zog ihre roten Hackenschuhe an und ging hinüber in die Scheune.

Alle Tiere saßen gemütlich im Stroh und spielten Karten. Sie lachten und erzählten sich gegenseitig schmutzige Witze. Beim Anblick der aufgeputzten Kuh verstummten sie jedoch.

Und die eingebildete Kuh fing an zu sprechen: "Hört zu Tiere, ich bin ab sofort euer Oberaufseher und ihr müßt tun was ich sage. Ab jetzt müssen wir uns selbst unser Essen besorgen, weil der Alte es nicht mehr schafft. Schwein und Schaf, ihr werdet das Gras mähen und zu Heu machen. Ziege und Gans, ihr holt uns immer frisches Wasser und haltet die Scheune sauber. Das Huhn wird dafür sorgen, daß immer genügend Körner für alle da sind. Der Gockel bekommt von mir die schwerste Aufgabe. Er wird täglich Rüben holen und fein zerteilen. Nun macht euch hurtig an die Arbeit."

So also sprach die Kuh, drehte sich auf ihren Absätzen herum und stöckelte zurück in ihren Verschlag, welchen sie ab sofort "Büro" nannte.

Da die Tiere keinen Hunger leiden wollten, machten sie sich alsbald an die Arbeit.

Das Schaf nahm die Sense über die Schulter und das Schwein holte sich einen Sack.

So stapften sie zur Wiese und die Arbeit ging flink von der Hand. Auch Huhn, Gans, Ziege und Gockel waren bald fertig und alle setzten sich zum Abendbrot an den großen Scheunentisch und fingen an zu essen. Sogleich kam auch die Kuh dazu und bald waren alle satt.

Von nun an sorgten die Tiere für ihr Essen selbst und waren oft ganz kaputt von der vielen Arbeit, denn der Kuh fiel immer mehr ein, was sie machen sollten.

Eines Tages ging es der Gans nicht gut. Sie hatte sich beim Wasser tragen den Flügel verrenkt. Mühsam schleppte sie sich ins Büro der Kuh und bat um Arbeitsbefreiung. Die Kuh tobte und schrie die arme Gans an. Schließlich sagte sie, die Gans solle sich einen Tag ins Stroh legen, dann würde schon alles besser werden.

Das Schwein, welches alles mit angehört hatte, kroch ins Büro und bot sich an, die Arbeit der Gans mit zu übernehmen.

Es dauerte nicht lange, die Gans war inzwischen gesund, da trat sich das Schaf einen Nagel in den Fuß. Mit schmerzverzerrtem Gesicht humpelte es zur Kuh ins Büro und bat sie inständig, sich doch ins Stroh legen zu dürfen. Natürlich bekam die eingebildete Kuh wieder einen Wutanfall, aber sofort war das Schwein zur Stelle, welches seine Dienste anbot.

Auch die anderen Tiere wurden im Laufe der Zeit ab und zu einmal krank.

Nach einiger Zeit wurden die Tiere ins Büro gerufen. Die Kuh erteilte ihnen Futterverbot. Das hinterlistige Schwein hatte sich nämlich bei der blöden Kuh eingeschleimt und ihr Lügen über die anderen Tiere aufgetischt. ZB. daß das Schaf, trotz eingetretenem Nagel, herumgesprungen sei wie ein junges Fohlen, oder das die anderen Tiere garnicht krank seien und sie würden nur so tun, weil sie zu faul zum Arbeiten wären.

Natürlich sprach sich das schnell unter den Tieren herum, und jeder wußte etwas böses über das Schwein zu berichten.

Fortan wurde es nur noch das " Lügenschwein " genannt...

Und wer`s nicht glaubt, hat keine Ahnung vom wahren Leben!