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Nach langer Zeit wieder gelesen und wieder als Top-Erzählung befunden. Da ist alles drinnen: Traumatisierung aufgrund von Kindheitserlebnissen, Vermischung von Realität und Paranoia, menschenverachtende Wissenschaft, Wahnsinn ... und ein sprachlich zum Niederknien gestalteter Text.

Hoffmann schafft es in dieser Erzählung, Realität und Wahn unentschieden in der Waage zu halten. Wie sonst als wahnsinnig soll einer (Nathanael) werden, wenn ihm der Partner seines Vaters als Kind für Experimente seine Augen rausreißen will, wenn dieser Partner in der Studienstadt auftaucht, um ihm Ferngläser und Brillen anzudrehen (er kauft ein Fernglas), wenn ein Universitätslehrender einen "Automaten" in Form einer wunderschönen Frau (Olivia) gestaltet, in die er sich verliebt, aber die schließlich als Räderwerk in die Einzelteile zerlegt wird.

Gutes Ende? Nö. Als Nathanael romantisch mit seiner Verlobten (Clara) einen Turm ersteigt und durch das Fernglas diese genauer betrachtet, wird er endgültig wahnsinnig und will sie vom Turm werfen. Ihr Bruder (Lothar) rettet sie, Nathanael sieht Coppelius in der Menge und springt.

Sowas muss einem mal einfallen, und 200 Jahre später liest und sieht man von Robotern, welche Menschen täuschend ähnlich sind ... und schwupps, der Text von Hoffmann ist sowas von aktuell.

Für eine Inhaltsangabe und Interpretationsaspekte kann gerne die Wikipedia aufgesucht werden, aber dieser Text von Hoffmann ist schwerstens zur Lektüre empfohlen.

Das Original online:
https://de.wikisource.org/wiki/Der_Sandmann

Bitte erst nach der Lektüre:
Wikipedia: Der Sandmann (Hoffmann)