0d8545837b70612a Ernst Toller

Der aus Posen stammende Expressionist Ernst Toller zog als 21-jähriger Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg, zeichnete sich unter anderem in Verdun aus, brach jedoch 1916 nervlich zusammen.

Ein einschneidendes Erlebnis war der "Priesterwald" (Bois-le-Prêtre) in den Vogesen (Lothringen), wo die Schützengraben so eng sich gegenüber lagen, dass nach einer Schlacht deutsche und französische Soldaten im Tode umschlungen waren. 1916 sah Toller noch die Leichenberge aus den Jahren 1914 und 1915 und verfasste dieses Gedicht.
Leichen in Priesterwald

Ein Düngerhaufen faulender Menschenleiber:
Verglaste Augen, blutgeronnen,
Zerspellte Hirne, ausgespiene Eingeweide,
Die Luft verpestet vom Kadaverstank,
Ein einzig grauenvoller Wahnsinnschrei!

O Frauen Frankreichs,
Frauen Deutschlands,
Säht Ihr Eure Männer!
Sie tasten mit zerfetzten Händen
Nach den verquollnen Leibern ihrer Feinde,
Gebärde, leichenstarr, ward brüderlicher Hauch,
Ja, sie umarmen sich.
O schauerlich Umarmen!

Ich sehe, sehe, bleibe stumm.
Bin ich ein Tier, ein Metzgerhund?
Geschändete ...
Gemordete ...
Textquelle: https://gutenberg.spiegel.de/buch/vormorgen-10730/10
Ausführliche Dokumentation des Ersten Weltkriegs in Originalquellen: http://www.stahlgewitter.com