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Friedrich Schiller - Wilhelm Tell

4 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Rezension, Klassik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Seite 1 von 1

Friedrich Schiller - Wilhelm Tell

23.10.2019 um 23:59
wilhelm tell titel

Eigentlich ist ja nur die Apfelgeschichte so richtig bekannt, dazu kommen noch die plattgewälzten Ein- und Zweizeiler, die in den Redewendungswortschatz übernommen sind, ohne dass man so richtig noch weiß, woher diese Sprüche kommen, aber dennoch oder vielleicht trotzdem steckt in diesem Stück viel mehr.

Es geht im ersten Aufzug schon los, dass Tell einen Mann vor den Schergen rettet, der einen Habsburgvogt mit er Axt erschlagen hat, da er in seiner Abwesenheit sich in sein Haus eingedrungen ist, sich nackt in die Wanne setzt und seine Frau vergewaltigen hat wollen. Mord? Notwehr?

Auch die Rache Tells an Geßler, der ihn wegen des nicht gegrüßten Huts den Apfel vom Kopf seines Sohns schießen lässt, als er aus dem Hinterhalt in der "hohlen Gasse" bei Küßnacht diesen mit einer Armbrust erschießt, lässt wieder fragen: Notwehr oder Rache? Schiller schwächt ab, da eine Frau, die vor Geßler kniet, um für die Freilassung ihres Mannes zu bitten, bedroht ist, von seinem Pferd zertrampelt zu werden.

Bereits früher erfahren wir, dass ein Vater geblendet worden ist, weil er nicht den Aufenthaltsort seines von der Obrigkeit verfolgten Sohns hat preisgeben wollen. Wir haben es also mit einem außer Rand und Band geratenen Terrorstaat zu tun, deren Schergen Subordinierte des Habsburger Königs Albrecht I. sind und freie Hand haben, die freien Bürger der Schweizer Kantone bis aufs Blut zu tratzen und den Freiheitsbrief König Rudolfs zu missachten, da Albrecht selbst diesen nicht mehr anerkannt hat. Völkerrechtsbruch würde heute gesagt werden.

Albrecht selbst wird 1308 von einem Neffen ermordet, der im letzten Aufzug bei Tell um Unterschlupf bittet, jedoch von diesem brüsk zurückgewiesen wird. Tell ist angeekelt von einem Familienmord aus "Ehrsucht" (Johannes Parricida fühlt sich um sein Königserbe betrogen), während er seine Tat als gerechte "Notwehr eines Vaters" betrachtet, der "Schrecklichste" vor seiner Familie abwendet.

In der letzten Szene spannt Schiller den Bogen der sagenhaften Schweizer Ereignisse zur Französischen Revolution. Der ehemalige Habsburg-Karrierist Freiherr von Rudenz wendet sich schwer enttäuscht von den Habsburgern ab, stellt sich gänzlich hinter die Ziele des Rütli-Schwurs und verlobt sich mit seiner schwerreichen adeligen Geliebten, die verkündet Bürgerin sein zu wollen. Rudenz selbst lässt seine Knechte frei. Adel und Unfreie werden gleiche Bürger. Damit beendet Schiller das Stück.

Dennoch ist es kein Hohelied auf kollektives politisches Handeln, Tell ist kein Mitglied des Rütlischwurs, sondern überzeugter Individualist. Und daran haben sich die totalitären Regime des 20. Jahrhunderts die Zähne ausgebissen, als sie versucht haben, das Stück zu instrumentalisieren. Die Nazis haben es zunächst als nationales Befreiungsdrama mit Pomp und Trara in ihre Ideologie zu integrieren versucht, bis Hitler persönlich das Stück über den "Schweizer Heckenschützen" verboten hat. Die leninistisch-stalinistische Totalitarismusabteilung war auch nicht grade begeistert, aber einen Schiller zu verbieten, so lächerlich wollten die Genossen sich dann auch nicht machen.

Sprachlich ist der Blankvers (alle sprechen in fünfhebigen Jamben) eine Wucht. Es leiert nicht und wirkt nicht gestelzt. Außer vielleicht bei sattsam bekannten Redewendungen: "Die Axt im Haus ..." Darüber sei hinweggesehen.

Absolut lesenswert.

Online hier:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Schiller,+Friedrich/Dramen/Wilhelm+Tell?hl=schiller+tell

Ich habe die Version der Erstausgabe (Umschlagbild) gelesen.


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dwt ehemaliges Mitglied

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Friedrich Schiller - Wilhelm Tell

21.05.2022 um 17:51
@Narrenschiffer
Vielen Dank für den buchtipp

Ein Deutscher hat Wilhelm Tell uns die Geschichte am besten erfasst und zu Papier gebracht (das sagen ich als Schweizer)

Goethe wollte auch ein Stück schreiben über Wilhelm Tell hat aber Schiller dann den vortritt gelassen


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Friedrich Schiller - Wilhelm Tell

25.05.2022 um 17:50
Es gab in der Zeit der Naziherrschaft, anno 1939, eine legendäre Premiere des Wilhelm Tell im Schauspielhaus Zürich, mit dem grossartigen Heinrich Gretler in der Rolle des Tell.

Da sind entweder während oder nach der Vorführung (die Berichte sind unterschiedlich) vorerst nur vereinzelte Leute im Publikum aufgestanden und haben die "Landeshymne"* angestimmt. Nach und nach standen immer mehr auf... und bald einmal stand das gesamte Premierenpublikum und sang geschlossen und entschlossen mit.

Von diesem eindrücklichen Ereignis habe ich aus diversen Büchern erfahren, vorwiegend autobiografischen… von solchen die nur davon gehört haben und von solchen, die mit dabei waren.
Ich meinte, das letzte Mal aus der Autobiografie von Robert Freitag „Es wollt mir behagen, mit Lachen die Wahrheit zu sagen.“ Das ist noch gar nicht soo lange her, doch leider finde ich das Buch nicht mehr, möglich, dass ich es bereits weggegeben habe.

Den ausführlichsten Bericht hat der Curt Riess verfasst. Soweit ich weiss, war er selber nicht mit dabei. Es ist nun aber halt so: Curt Riess hat enorm viele Bücher geschrieben, etliche davon habe ich gelesen und habe darin öfters „Ungenauigkeiten“ wenn nicht gar „Falschinformationen“ gefunden.
Besagtes Buch von Riess „Sein oder Nichtsein“ besitze ich noch. Das Abtippseln kann ich mir ersparen, ich habe den ganzen Ausschnitt im Netz gefunden.

*Eine offizielle Nationalhymne gab es damals noch nicht. Es wird sich, so vermute ich, um das Lied „Rufst du mein Vaterland“ (gleiche Melodie wie "God Save the Queen") gehandelt haben.

WILHELM TELL IM THEATER

TEXT VON CURT RIESS

DAS KREUZ MIT DER HYMNE

Habe fertig :D


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Friedrich Schiller - Wilhelm Tell

25.05.2022 um 18:10
Zitat von Marianne48Marianne48 schrieb:Habe fertig :D
Nein, noch nicht ganz ^^

Die Geschichte vom Schauspielhaus in Zürich ist auch interessant

SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH

Vor allem, wie viele grosse berühmte Schauspieler und Schauspielerinnen, Regisseure und sonstige Theaterschaffende, die vor den Nazis flüchten mussten, dort Aufnahme fanden.

CHRONIK


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