Aus einem traurigen Anlass muß ich an eine Nacht in Tanger denken die ich nie vergessen werde.
Es war etwa 1990/91 als ich auf einer Tour nach Nordafrika mitbekam das ein Freund auch in die Richtung unterwegs ist. Zu den Zeiten war es noch nicht normal das jeder ein Handy hatte .
Bei Granada in Spanien fuhr ich einen Rasthof an der damals unser bevorzugter Treffpunkt war .
Dort sah ich seinen LKW und weckte ihn. Da ich Pause machen musste und er bald weiter um die
Gebuchte Fähre in Algeciras zu bekommen haben wir uns " unter der Mauer" verabredet.
Im alten Fährhafen von Tanger war ein Teil des Zollhofes direkt unter der alten Stadtmauer mit den alten Kanonen. Ein wirklich schöner Platz um dort zu stehen.
Als meine Fähre ankam und ich in den Zollhof führ hat er seinen LKW richtig geparkt , so das ich Platz hatte und neben ihm stand . Das erste was ich machte , Dose Bier auf , Schluck getrunken , gegurgelt und ausgespuckt. Keine Minute später kam der "Platzmeister" der von vielen nur Fitzcarraldo genannt wurde weil er einen weißen ( oder eher grauen ) Anzug und ein weißen Hut trug. Er fragte immer nach deutschem Bier und wenn man sagte man hat keins , musste man ihn anhauchen.
Er sagte nur " you alcohol , drive Monday. ". Also Anruf beim Chef , Fitzcarraldo spinnt wieder , werden erst Montag abgefertigt. Bakschisch hilft nix
Und schon hatten wir 2 Tage frei in Tanger. Gewusst wie es geht ;-)

Uwe und ich zogen also am späten Nachmittag los in die Stadt. Hemden Maßschneidern lassen kostete damals dort 10 Dollar für 3 Hemden und waren innerhalb von 2 Tagen fertig. Dann zum Barbier und rasieren und Stadtfein machen lassen. Wir beschlossen zum Abendessen ins Marco Polo zu gehen, ein Lokal das von einem Deutschen Aussteiger betrieben wurde. Nach einigen Bierchen und einem sehr guten Essen ging es vom Erdgeschoß auf die Dachterrasse . Bei einer gepflegten Shisha den Sonnenuntergang über Tanger betrachten und Erzählen was man so auf den letzten Fahrten erlebt hat.
Gegen 23 Uhr beschlossen wir die "Disco" im Keller zu besuchen. Die war allerdings mehr eine Mischung aus Musikclub , und inoffizieller Nachtclub. Prostitution ist dort Verboten , allerdings ist es erlaubt eine Freundin zu haben (was ja nicht selbstverständlich ist in muslimischen Ländern) und ihr auch ein Geschenk dazulassen. Alles Auslegungssache. Wir hatten Ruckzuck je eine marokkanische Freundin und fingen an von Bier auf Cola mit Schuß umzusteigen. Alkohol war dort erlaubt , nur betrunken auf die Straße war nix , das gab Ärger. Als die Kellerbar um 2 Uhr Nachts schloss wurde ein Taxi geentert um in eine "richtige" Disco zu fahren . zu 6 , ich Uwe und ein anderer Fahrer samt Freundinnen, in ein uralten /8er Mercedes gequetscht und ab ging es. Morgens um 5 war auch da zu und wir fuhren zu den Mädels heim die ja alle "zufällig " zusammen wohnten. Ab in die Kiste und dann schlafen. Nachmittags wurden wir dann geweckt wie die Mädels ja wieder nach einem Freund suchen wollten. Tee , Kaffee und was zu essen war alles fertig als wir fit waren . Gegen 17 Uhr bekamen unsere Freundinnen ein kleines Geschenk und wir zogen wieder nüchtern weiter.
Natürlich wieder ins Marco Polo. Wieder essen und Shisha. Wir trafen dort noch eine Gruppe Fahrer die wir vom sehen kannten. Jeder hatte was zum erzählen wo er so war und was es neues gab . Die Gruppe ging gegen Mitternacht in die Kellerbar und wir beide blieben dieses mal auf der Dachterrasse bis es anfing hell zu werden. Dann beschlossen wir das wir mal wieder zurück zu unseren LKW müssten.
Kurz vor den Hafen kamen uns zwei junge Marokkaner entgegen . Als sie vor uns standen machten sie sich breit und fingen an und ihre Faust zu zeigen. Einer sagte " Money , Money" und drohte. Uwe und ich , so dicht wie wir waren fingen an zu singen " Money Money Money...….
Irgendwie kamen die sich verarscht vor und einer holte ein Messer raus und wir bekamen einen Lachflash. Der Typ sagte allen ernstes Moment und holte ein Taschenmesser raus und öffnete es.
Wir schauten uns an und es gab 2 Schläge und die beiden waren im Reich der Träume. Nun hatten wir ein Problem. Hätten wir als Europäer die Gendamerie geholt , hätten die Schmiergeld gewollt oder uns eingesackt weil wir die umgehauen haben. Denen hätten sie ein Teil der Beute abgenommen und gehen lasse. Also wie bringt man den Jungs bei das sie lieber die LKW Fahrer in Ruhe lassen?
Ich bin da geblieben das sie schlafen und nicht abhauen , Uwe ist zum LKW gelaufen und hat paar Dosen Bier ( Aldi´s Rache , Hansa Pils) geholt. Nasen zugehalten , jedem eine Dose in Hals gekippt, Eine weitere auf gemacht , etwas über die Klamotten gekippt das sie gut duften und die halb leere in die Hand gedrückt. Dann haben wir die Polizei geholt und gemeldet das zwei total besoffene Typen Leute belästigen.
Alkohol mochten die gar nicht auf der Straße , so waren die für mindestens 3 Tage im Knast.
Noch ein gepflegtes Frühstück vor dem LKW als wir zurück waren und dann ausschlafen bevor es weiter ging. Es war eine herrliche Zeit als der Fernverkehr noch echter Fernverkehr war und man unterwegs die Zeit hatte mal was zu machen.
Am nächsten Morgen haben wir beide verzollt und sind noch zusammen uber Casablanca bis Marrakesch gefahren wo er sein Ziel hatte. Für mich ging es noch über den hohen Atlas bis in die Gegend von Akka.

Heute erfuhr ich das er 3 Monate bevor er in Rente ging gestorben ist.
Manchmal sind solche Nächte die in Erinnerung bleiben und dadurch auch die Menschen.
R.I.P. Uwe