Pandemic

Noch im April 2020, am Höhepunkt der Lockdowns, wird dieser etwas lose Band vom slowenischen Philosophen und Kulturwissenschafter Slavoj Žižek mit einem Titel veröffentlicht, der die Begriffe Pandemie und Panik in einem Kofferwort verschmelzen lässt.

Žižek ist bekennender Kommunist und seine Hauptthese ist, dass die große Lehre aus dieser Gesundheitskrise sein muss, dass sowohl im individuellen bzw. lokalen Bereich als auch global mehr Kooperation als neoliberale Konkurrenz gefordert sind. Dass kommunistische Tendenzen auch von Konservativen erkennbar seien, zeigt er anhand von Trumps Überlegung, ein Gesetz zur Produktionssteuerung medizinischen Materials zu unterzeichnen, bzw. anhand von Johnsons Überlegungen, die britischen Eisenbahnen zu verstaatlichen. Auch die Folgen des wirtschaftlichen Schadens, der größer werden könnte als während der Weltwirtschaftskrise ab 1930, können nur durch staatliche und gemeinschaftliche Interventionen gemeistert werden.

Im internationalen Bereich müsste die WHO als Koordinationsorganisation wirken, um Hilfen zu steuern. Egoistisches Verhalten von Staaten führe nur zu Konflikten und im Extremfall zu Krieg.

Dass seine Vorschläge eine Art "Kriegskommunismus" seien, gesteht er ein, hält sie jedoch für alternativlos. Gesellschaftliche und globale Probleme können nur gesellschaftlich und global in Kooperation gelöst werden und dürfen nicht Einzelnen aufgebürdet werden. So hält er zur Verhinderung des Umspringens von Viren von Tier auf Mensch es für unumgänglich, dass der Raubbau an der bisher unberührten Natur ein Ende finden muss.

Zur aktuellen Krise hält er es für wichtig, dass Vertrauen zwischen Wissenschaft und Bevölkerung hergestellt werden muss und die Politik darauf aufzubauen habe, wenn sie selbst nicht das Vertrauen verlieren möchte, da die Radikalität der derzeitigen Maßnahmen in Bezug auf Freiheitseinschränkungen, aber auch Überwachung nicht unterschätzt werden darf. Aufgrund der Notwendigkeit von Maßnahmen müssen Entscheidungen wie Maßnahmen transparent und kontrolliert umgesetzt werden. Eine Ablehnung der Maßnahmen bzw. eine Verharmlosung des Virus, wie in "Alt-Right" und "Fake Left" zu erkennen, hält er für falsch. Die Bedrohung sei real.

Kurz, aber interessant sind Passagen, in denen er sich mit den Arbeitsbedingungen während des Lockdowns auseinandersetzt, die seiner Ansicht nach nur eine deutlichere Ausprägung einer Tendenz in den ehemals industrialisierten Staaten sei: Die Trennung zwischen Aufgaben des Unternehmens und der Unselbständigen werde immer mehr aufgehoben, während die Werkbank in den billigen asiatischen Raum ausgelagert werde. Dies habe auch jenseits einer Pandemie auch Auswirkungen auf die gesellschaftliche Psychologie und den Einzelnen. Žižek sieht darin eine der Quellen, dass es immer mehr Burn-Out gäbe. Eine Tendenz, die sich während der Pandemie auch aufgrund der wirtschaflichen Belastung (drohende Arbeitslosigkeit in vielen Branchen) verschärfen könne. Auch wird erkannt werden, dass Tätigkeiten zur Aufrechterhaltung der sozialen Infrastruktur (Gesundheitswesen, Versorgung, Verkehr u.a.) eben nicht von Zuhause aus erfolgen können.

Der Text ist durchaus ein Schnellschuss, bietet jedoch einige interessante Gedanken, auch wenn man nicht - wie Žižek - gleich den Kommunismus ums Eck brausen sieht.