Lesefoerderung

2006 wurde dieser Band herausgegeben, als in Deutschland und anderen europäischen Staaten der PISA-Schock die Bildungssysteme erschütterte. 25 Prozent der deutschen 15-Jährigen sind als funktionale Analphabeten ausgewiesen worden. Die Reaktion: Leseförderungsaktionen wurden ins Leben gerufen. Dieser Band dokumentiert ein solches Projekt einer Berufsbildungsschule in Jülich, Nordrhein-Westfalen.

Nach einer Einführung in die Texttheorie und den wissenschaftlichen Stand bezüglich Lesekompetenz und Leseförderung wird ein Konzept vorgestellt, das drei Ebenen umfasst: Leseförderungsunterricht, Fortbildungsstrategien für Lehrende sowie Schulentwicklungskonzepte. Die Beiträge sind definitiv auf dem Stand der damaligen Forschungen und Jülich war wohl ein Musterprojekt.

Bei den vorgestellten Unterrichtseinheiten der Leseförderung frage ich mich, ob dies wirklich begeistert von den Jugendlichen aufgenommen wurde. Texte werden zerlegt und befragt, als ob man es mit Idioten zu tun hätte (Grundschulpädagogik). Und bei einem der präsentierten Lehrbuchtexte stellt sich mir die Frage, ob das Nichtversehen wirklich an den Jugendlichen und einer mangelnden Grundschulbildung liegt. Hier ein Beispiel über eine Fräsmaschine.

Fraesmaschine

Da kann ich nur Stefano Guazzo aus La conversación civil (Höfliche Unterhaltung) (1574), was mir soeben im Zitat von Aleida Assmann entgegengetreten ist, wiedergeben:
Und wer im Lesen auf einmal auf eine schwierige und unverständliche Stelle stößt, der kann das Buch nicht bitten, sich zu erklären, sondern muss unbefriedigt davongehen und sich sagen: Wenn du dich nicht verstehen lassen willst, dann werde ich dich eben nicht verstehen!
Aber Guazzo hatte auch nicht die Lesestrategien der Schulen des 21. Jahrhunderts. Die sind auf jeden Fall eine gute Einkommensquelle für Verlage und Spezialist:innen. Defizite werden immer gefunden.