Coronakids

Nicole Strüber ist promovierte Neurowissenschafterin und Erziehungspsychologin. Nach einer Zeit als Assistentin an der Universität Bremen ist sie seit Längerem bereits Wissenschaftsautorin und Referentin.

In diesem Buch konzentriert sie sich auf Gehirnentwicklung von der frühen Kindheit bis zum Erwachsenensein und wie sie durch soziale Bindungen und dem durch sie produzierten Hormon Oxytocin durch Stressabbau und Herstellung von neuronalen "Autobahnen" positiv beeinflusst werden kann. Diese Entwicklung sei nun durch Maskentragen und Lockdowns gestört, da Mimik als Kommunikationsmittel bzw. Sozialkontakte außerhalb der Familie mit Gleichaltrigen nicht mehr gegeben seien.

So weit, so nachvollziehbar. Auch dass es Familien mit beengten Wohnverhältnissen schwerer haben (sowohl die Eltern als auch die Kinder) ist schlüssig. Ebenso dass der Rückzug in soziale Medien problematisch sein kann, vor allem wenn es sich um Einwegkommunikation handelt (Folgen von Influencern in einer idealen, nicht erreichbaren Scheinwelt).

Warum es nun aber nötig ist, das Fünfjährige brüllend sich am Boden wälzen müssen, um ihre Wünsche durchzusetzen und fehlende neuronale Verbindungen nachträglich herstellen zu können, erschließt sich mir nicht mehr.

Dennoch sind einige Ratschläge, wie mit der Kontaktreduktion umgegangen werden kann, um psychische Störungen, die in Lockdownzeiten weltweit angestiegen sind, durchaus brauchbar. Auch der Ratschlag an Schulen, dass auch im distanzierten Unterricht mehr Möglichkeit zur Interaktion geboten werden soll und nicht nur eine Lehrershow. Dass Kindergärten und Schulen am besten überhaupt nicht mehr schließen sollen, geht jedoch am Recht auf Unversehrtheit der Beteiligten vorbei. Auch an der Fürsorgepflicht (gegenüber Kindern und Beschäftigten).

Insgesamt ein wenig einseitig, da als einziges Problem der Pandemie für Kinder und Jugendliche die Kontaktarmut konstatiert wird, deren drastisch ausgestalteten Auswirkungen am Ende wieder realtiviert werden, indem Strüber denkt, dass Kinder und Jugendlich letztlich relativ folgenlos aus der Kontaktkrise herauskommen werden.

Irgendwie wirkt das Buch, als ob es ein Schnellschuss sei, und der Verlag verstärkt mit seinem reißerischen Titel diesen Eindruck.