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Die beiden Historiker Klaus Mallmann und Martin Cüppers der Universität Stuttgart haben 2006 einen Band über das Verhältnis zwischen den Nationalsozialisten und dem arabischen Islam veröffentlicht.

Die Annäherung war schwierig und wurde vor allem von radikaler muslimischer Seite vorangetrieben, die sich von Deutschland eine Vertreibung der Kolonialmächte, Unabhängigkeit und eine Vertreibung oder gar Vernichtung der jüdischen Siedler in Palästina erhofften. Die ersten Pogrome begannen 1920, einer der Slogans war: "Palästina ist unser Land, die Juden sind unsere Hunde!" Von der britischen Völkerbundverwaltung wurde Amin el-Husseini zum Großmufti und somit obersten religiösen Haupt in Palästina eingesetzt, der schließlich eine sehr enge Verbindung mit Nazi-Deutschland einging und während des Zweiten Weltkriegs nach Deutschland floh, von wo aus er einen arabischen Aufstand anzetteln sollte. Ins Beiruter Exil ging el-Husseini 1937 nach Ermordung eines britischen Beamten durch ein Terrorkommando, von dort über den Irak weiter nach Deutschland. Diese Tätigkeit war den Deutschen 75.000 Reichsmark monatlich, heute etwa 400.000 Euro, wert, die sie el-Husseini auszahlten.

Ideologisch machten die Nationalsozialisten eine Kehrtwende. In Mein Kampf waren die Araber für Hitler noch Untermenschen, doch während des Versuchs Nordafrika mit Italien unter die Kontrolle der Achse zu bekommen, war ihnen die Unterstützung durch arabischen Widerstand sehr willkommen. Während Deutschland genau wusste, dass Italien Kolonialmacht sein will und nach einem Sieg auch sein wird, fütterte die deutsche Propaganda den Unabhängigkeitsnarrativ der Araber und el-Husseini war einer der wesentlichen Propagandisten. Das Ziel, die Briten mit einem Zangenangriff von Osten (über den Kaukasus eindringend) und von Westen (durch Rommel über Ägypten) zu besiegen, scheiterte. Damit wurde auch die Hoffnung el-Husseinis zunichte, dass Deutschland die jüdischen Siedler in Palästina vernichten wird wie in Europa. Dass el-Husseini über den Holocaust bescheid wusste, ist in zahlreichen Dokumenten belegt. Die Einsatzgruppen standen im Raum Athen bereit.

Die Abkehr vom Haavara-Abkommen aus 1933, das etwa 20.000 vermögenden Jüd:innen eine Emigration nach Palästina ermöglichte, erfolgte vermutlich im Jahr 1939. Seitdem wurde der arabische Widerstand gegen die Briten finanziell und wohl auch mit Waffen unterstützt.

Auch in Ägypten gab es Untergrundorganisationen unter Militärführung, darunter die späteren Präsidenten Gamal Abdel Nasser und Anwar el-Sadat. Letzterer machte nach dem Weltkrieg keinen Hehl daraus, "harmonisch" mit den Deutschen zusammengearbeitet zu haben.

Wie sehr das nationalsozialistische Deutschland in Palästina angesehen war, davon zeugen auch Berichte, dass sich Europäer in arabischen Siedlungen nur mit einem Hakenkreuzabzeichen sehen lassen konnten, da sie ansonsten ihres Lebens nicht sicher waren. Radikale islamistische Organisationen jagten auch Araber:innen, die nicht den radikalen Weg mitgehen wollten oder schienen. Deren Opferzahl war hoch. Die Jewish Agency schätzte, dass etwa 60 Prozent der Nichtjuden Palästinas den Nationalsozialismus unterstützten.

1944 hat Deutschland noch versucht, bosnische und albanische Muslime in SS-Divisionen zusammenzufassen (Handschar und Skanderbeg), Himmler erklärte sie sogar zu "rassisch wertvollen Völkern Europas". Im Einsatz jedoch waren die meisten nur für den Kampf um ihre eigene Heimat motivierbar, und als die Niederlage Deutschlands immer offenkundiger wurde, desertierten sehr viele von ihnen.

el-Husseini wurde nach dem Weltkrieg Präsident des Arabischen Hohen Komitees und wurde bereits 1952 Förderer eines Verwandten: Jassir Arafats. Schließlich starb er 1964 im Exil in Beirut. Selbst von Sadat ist eine skurrile Episode überliefert. Als Gerüchte aufkamen, Hitler hätte sich lebend nach Südamerika abgesetzt, schrieb er einen fiktiven Brief an diesen: "Ich gratuliere Ihnen von ganzem Herzen, denn obwohl Sie allem Anschein nach besiegt worden sind, waren Sie doch der wahre Sieger."

Während des Libanonkriegs 1982 wurde der Narrativ umgedreht und von arabischer Seite die israelische Armee mit der SS gleichgesetzt.

Lesenswert ist dieses Buch nicht zuletzt, da nicht nur wenig in der Allgemeinheit Bekanntes präsentiert wird, sondern faktische Details auf Basis von Archivmaterial und somit zum ersten Mal vorgestellt werden. Gleichzeitig ist der Schreibstil so gehalten, dass kein trockenes historisches Werk, sondern ein spannendes Buch entstanden ist.