Mr.Crime
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Bin ich dumm, oder warum verstehe ich diesen Text nicht?
02.10.2025 um 17:02Jahrhunderterfahrungen verstecken sich manchmal in Fußnoten. Zum Beispiel diese. Im Jahr 1855 machte ein damals 17-jähriger angehender Physikstudenten Ernst Maag einen Spaziergang in der Umgebung von Wien, bei dem er ein eindringliches Erlebnis hat. An einem heiteren Sommertag im Freien erschien mir einmal die Welt samt meinem Ich als eine zusammenhängende Masse von Empfindungen, nur im Ich stärker zusammenhängend, obgleich die eigentliche Reflexion sich erst später hinzugestellt. So ist doch dieser Moment für meine ganze Anschauung bestimmend geworden. Es war, was der Student nicht wissen konnte. So etwas wie die Erfahrung des Jahres 100, 50 Jahre später, produziert er in einer kleinen Anmerkung seines Buches die Analyse der Empfindungen.Quelle: aus dem Buch Wer ist ich? und wenn ja wie viele?
[...]Max' philosophische Gedanken waren radikal. Für ihn zählte nur, was sich durch Erfahrung belegen ließ oder was man berechnen konnte. Damit fiel der größte Teil aller bisherigen Philosophie durch. Denn indem er alles daraufhin überprüfte, ob es physikalisch richtig war, verabschiedete Mach fast die gesamte Philosophie-Geschichte mit einer 4- in die Ferien. Besonders heftig ging er gegen Diskratis, Dualismus vor. Denn für Mach war klar, das Empfindungsleben des Körpers und das Forschungsleben des Geistes bestehen aus einem und demselben Stoff. So wie ihm bei einem Sommertagserlebnis als junger Mann alles miteinander zusammenhängend erschienen war, löste er den Dualismus von Ich und die Welt in einem Monismus auf. Alles, was es in der Welt gibt, besteht aus demselben Element. Treten sie ihm gern auf, nennt man sie Empfindungen. Aber das macht sie nicht zu etwas allzu besonderem.
Die besondere Beute an dieser Empfindungstheorie war der Tod des Ichs. Mehr als zwei Jahre hundertlang hatten die Philosophen vom Ich gesprochen. Und auch jeder normale Mensch sprach vom Ich, wenn er sich selbst meinte, aber noch produzierte. Er spürte eine große Schwierigkeit, für sich Ich zu sein. Was soll dieses Ich denn sein? Das Ich, meinte er zu erkennen, ist keine unveränderliche, bestimmte, scharf begrenzte Einheit. Es gab kein Ich im menschlichen Gehirn. Es gab nur einen Wurst von Empfindungen im regen Austausch mit den Elementen der Außenwelt. Oder wie Marx sich scherzhaft ausdruckte, die Empfindungen gehen allein in die Welt zu passieren. Und dann schrieb er der Philosophie seinen berühmtesten Satz ins Stammbuch. Das Ich ist untrennbar, teils diese Einsicht, teils die Furcht. Vor derselben fuhren zu den abenteuerlichen pessimistischen und optimistischen religiösen und philosophischen Verkehrtheiten.