martenot schrieb:Und mich hat immer das damit (entfernt) verwandte Finnisch fasziniert, das zur selben Sprachfamilie gehört, aber vom Wortschatz her nur wenige Gemeinsamkeiten hat.
martenot schrieb:Die Finnin und die Estin haben sich halbwegs verstanden, sie konnten zumindest meistens erraten, worum es ging. Die Ungarin hingegen war außen vor. Da gab es fast keine Anknüpfungspunkte, und die drei haben sich gewundert, wie unterschiedlich die Sprachen sind.
Naja, also Finnisch und Ungarisch sind schon eng verwandt. Selbe Sprachfamilie. Nur innerhalb der Sprachfamilie liegen Finnisch wie Estnisch gegenüber dem Ungarischen sehr weit weg. So what? Versuch mal einer ohne Sprachkenntnisse aus gesprochenem Griechisch was Verständliches rauszuhören. Oder ausm Gälischen. Ausm Litauischen. Ukrainischen. Kurdisch, Iranisch, Sanskrit. Alles indoeuropäische Sprachfamilie. Innerhalb dieser ist Deutsch eng verwandt mit z.B. dem Dänischen oder Norwegischen. Aber schon, wenn wir nen Isländer hören, geht uns jegliche Sprachähnlichkeit flöten (lautlich Eijafjatlajökutl, schön auch Bitch für Auto); dabei sind die Isländer am Altnordischen noch am nächsten dran.
Dennoch sind die nordischen Sprachen so eng mit dem Deutschen verwandt, daß man das Niederländische nicht mal wirklich als Fremdsprache bezeichnen dürfte, so nah sind sich Deutsch und Niederländisch. Manch böse Zunge sagt auch, das Niederländische ist wie Schwizerdüütsch gehöhnliches Deutsch mit ner Halserkrankung. Vor allem aber können Deutsche (Westniederdeutsche mal ausgenommen) ein Gespräch unter Holländern nicht wirklich verstehen. Deutsche verstehen ja Deutsche schon kaum, wenn die Dialekte arg auseinanderliegen.
Das ist doch stinknormal und kein Zeichen für "nicht so eng verwandt".
martenot schrieb:Die Finnin und die Estin haben sich halbwegs verstanden, sie konnten zumindest meistens erraten, worum es ging.
In den späten Achtzigern erzählte mir ne Finnin, daß viele Esten zu Sowjetzeiten das finnische Fernsehen sahen wie die Ostdeutschen das Westfernsehen. Auch Finnen konnten das estnische TV empfangen. Während die Finnen aber kaum was verstanden, klappte es andersrum für die Esten ziemlich gut. Das könnte damit zusammenhängen, daß das Estnische sich weniger stark weg von der gemeinsamen Ausgangssprache entwickelt hat als das Finnische.
wolfi7777 schrieb:Interessant ist auch ungarisch das aus Hinterasien stammt
Naja, kurz hinterm Ural ist noch kein Hinterasien; gemeinhin gilt der Ural als Grenze von Europa und Asien.
wolfi7777 schrieb:Ein Buchstabe bezw eine Kombination wird immer gleich ausgesprochen!
Die Aussprache ähnelt stark der deutschen
Als mir ne Ungarin das so erklärt hatte, fragte ich sie, wieso der
Imre dann nicht Nots(ch) geschrieben wird. Ja gut, sagte sie, aber sonst... (Was haben uns die Römer schon gebracht!)
Ansonsten isses eigentlich recht naheliegend, daß das Lautspektrum der Buchstaben im Ungarischen dem des Deutschen recht nahesteht und nur wenige lautliche Varianten pro Buchstaben kennt. Zum einen hatte die ungarische Schriftsprache zunächst ein anderes Zeichensystem, eine Art Runenalphabet. Erst in der Neuzeit verschwand dies mehr und mehr, und die lateinische Schrift setzte sich durch. So konnten keine Jahrhunderte Eigenentwicklung in die Lautierung der lateinischen Buchstaben ungarischer Couleur eindringen, konnten keine Sonderlautungsregeln hinzukommen. Zum anderen hatten die Ungarn eben nicht von den Rumänen, Kroaten oder Tschechen den lateinischen Zeichensatz übernommen, sondern von den Österreichern (Ich sag nur "Österreich-Ungarn", "K und K"). Somit fingen sie eben mit der deutschen Aussprache an, nicht mit einer slawischen oder romanischen.
Auch die Lautierung der Buchstaben eines finnischen Textes ähnelt der deutschen Lautierung sehr stark. Stärker sogar als es das Deutsche tut - dem Deutschen ähneln. In der frühen Reformationszeit studierte ein Finne in Wittenberg Theologie und brachte nicht nur viel reformatorische Gedanken mit in die Heimat zurück, sondern auch eine Schrift, um die Bibel ins Finnische übersetzen zu können. Dabei hätte er sich auch an das schwedische Schrift-Lautungs-System anlehnen können, Finnland gehörte zu Schweden. Aber Deutsch hatte er grad gelernt, Deutsch war Lutherisch, und Deutsch war nicht die Sprache der fernen Herren. Und so kann man das Finnische als Deutscher ziemlich gut laut lesen - wenn man's denn könnte. Wer es mal versucht hat, einen finnischen Text laut vorzulesen, wird wissen, wie schwer es ist, Knoten aus der Zunge zu entfernen! Aber klanglich wäre es recht nahe.
Sogar näher, ich sagte es ja. Denn die verlängerte Aussprache verdoppelter Buchstaben war zu Luthers Zeiten nicht nur eine Sache der Vokale (Saal), sondern auch der Konsonanten (Kommen müßte mehr wie Ummelden klingen). Und vor allem das H. Wenn wir Lahti lesen - und dabei wissen, daß es nicht Laati ausgesprochen wird - dann sagen wir oft Lachchti. Is aber falsch. H ist für uns heute oft nur ein Vokalverlängerer. Am Silben-/Wortanfang dagegen kommt der eigentliche Laut zutage. H wie Hauch. - Und was ist dann Naht? Das, was man mit Nadel und Faden und zwei Stoffrändern macht? Nun, zu Luthers Zeiten wußte man es noch: die Naht ist das Gegenstück zum Tag. Und während wie das heute Nachcht aussprechen, lautierte man es damals mehr wie ein Hauch-H, nur ein wenig "schärfer", ganz leicht ins Ch spielend. Und so sprechen es die Finnen heute noch aus. Sind also dem Deutschen Luthers treuer geblieben.