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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

160 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Raketenantrieb, Rückstoßprinzip ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 19:26
@uatu
Zitat von uatuuatu schrieb:Deine erste Frage ist etwas aufwändiger zu beantworten, aber kurz zur zweiten:
Deine Antwort auf die zweite Frage habe ich verstanden :)
Danke vorerst!
Werde mich nochmals selbst etwas mit der ersten Frage beschäftigen.

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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 19:34
Ergänzung:
Zitat von uatuuatu schrieb:Die beiden Impulse (nicht aber unbedingt die Rakete) werden in jedem Fall symmetrisch die Stirnwände des äusseren Zylinders erreichen.
Damit ist nicht gemeint, dass die Impulse gleichzeitig an den Stirnwänden ankommen müssen. Bei einem zeitlichen Unterschied (z.B. wenn die Rakete dicht an einer der Stirnwände gestartet wird) kann es -- wie auch schon in einigen anderen Szenarien in diesem Thread -- zu einer Oszillation des äusseren Zylinders kommen. Der Schwerpunkt des Gesamtsystems bewegt sich bei einer solchen Oszillation allerdings nicht.


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 20:41
@uatu
Schade, ich war unterwegs und konnte nicht vorher schreiben.
Aber ich hätte intuitiv geraten dass sich alles aufhebt, und keiner der beiden Zylinder sich bewegt.

Nach deiner Erklärung leuchtet es aber ein, dass sich nur der innere etwas bewegt, wenn ich deine Erklärung schnell überflogen richtig verstanden habe.


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 20:46
@skagerak
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Aber ich hätte intuitiv geraten dass sich alles aufhebt, und keiner der beiden Zylinder sich bewegt.
Ein bisschen Bewegung muß schon sein: Wird ja auch potentielle Energie "freigesetzt".

Der Gesamtschwerpunkt aber bewegt sich nicht ;)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 20:49
Zitat von delta.mdelta.m schrieb:Ein bisschen Bewegung muß schon sein: Wird ja auch potentielle Energie "freigesetzt".
Ja, leuchtet mir auch ein im Nachhinein ;-)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 21:01
@delta.m
Nachtrag:

Wobei ich mir zumindest sicher war dass sich der äussere Zylinder sich nicht bewegen dürfte.

Ich versuche grad, es mit einem Aquarium mit Wasser drin zu vergleichen... 🤔


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 21:13
@skagerak
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Wobei ich mir zumindest sicher war dass sich der äussere Zylinder sich nicht bewegen dürfte.
Bevor uatu mich aufklärte ;)
hätte ich schon vermutet,
dass sich der große Zylinder auch bewegt.

Meine Idee war:

Beim Öffnen des kleinen Vakuum-Zylinders auf seiner rechten Seite
ist im rechten Bereich des großen Z. weniger Druck (kurzzeitig) als auf der linken Seite.
Dieser Überdruck auf die linke Stirnseite des großen Z. bewegt ihn nach links.

Kompliziert mit Worten, deswegen zeichne ich lieber ... :)
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Ich versuche grad, es mit einem Aquarium mit Wasser drin zu vergleichen... 🤔
Lass' es uns wissen ... :)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 21:24
Zitat von delta.mdelta.m schrieb:Beim Öffnen des kleinen Vakuum-Zylinders auf seiner rechten Seite
ist im rechten Bereich des großen Z. weniger Druck (kurzzeitig) als auf der linken Seite.
Dieser Überdruck links bewegt den großen Z. nach links.
Ja, und eben da hätte ich gedacht, dass sich nur der innere Z. nach rechts bewegen würde. Was der ä.Z. machen würde, soweit kam ich beim schnellen Lesen und auf´m Sprung nach Hause nicht wirklich. Deswegen intuitiv gedacht dass der sich zumindest so bewegen würde, dass es die Bewegung des anderen aufheben würde.

Ich frage mich grad, wie es sich eigentlich verhält mit der Verteilung der Luft nach dem Öffnen bzw Einlass derselbigen in den i. Z.?

Das was jetzt im i.Z. drin ist, muss doch weniger im ä.Z. sein, oder nicht? Oder verwirrt mich der Gedanke an ein Aquarium dafür zu sehr? 🤔


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 21:32
@skagerak
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Ich frage mich grad, wie es sich eigentlich verhält mit der Verteilung der Luft nach dem Öffnen bzw Einlass derselbigen in den i. Z.?
Nach dem Öffnen des kleinen Vakuum-Z.
wird es im großen Z. einige periodische Druckluftschwankungen geben,
die aber mehr- oder weniger schnell abklingen.

Danach ist der Gesamtdruck im großen Z. natürlich etwas geringer geworden.

So meine "Theorie" :)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 21:36
Zitat von delta.mdelta.m schrieb:Danach ist der Gesamtdruck im großen Z. natürlich etwas geringer geworden.
Ah! Jetzt wo Du Druck erwähnst. Die Luft wird dann einfach nur etwas "dünner" im Gesamten System, oder?


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 21:38
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Die Luft wird dann einfach nur etwas "dünner" im Gesamten System, oder?
Ja, muß ja so sein.
Das Volumen hat sich ja vergrößert
(um das Volumen des kleinen -ehemals mit Vakuum gefüllten - Zylinders)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 22:38
Zitat von delta.mdelta.m schrieb:Ja, muß ja so sein.
Das Volumen hat sich ja vergrößert
(um das Volumen des kleinen -ehemals mit Vakuum gefüllten - Zylinders)
Ich denke mich schrittweise voran, is mir also jetzt auch klar ;)

Ich kam nur drauf, weil ich eben an ein Aquarium denken musste. (Wahrscheinlich wie immer um es mir besser zu veranschaulichen)
Denn da würde doch lediglich der Wasserspiegel sinken, oder?


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 22:51
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Ich kam nur drauf, weil ich eben an ein Aquarium denken musste
Der Vergleich mit Wasser ist eher suboptimal .

Wasser läßt sich nicht so gerne komprimieren bzw. ist nicht so "elastisch" ;)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

11.11.2019 um 23:11
Zitat von delta.mdelta.m schrieb:Der Vergleich mit Wasser ist eher suboptimal .

Wasser läßt sich nicht so gerne komprimieren bzw. ist nicht so "elastisch"
Ja, ich ahne es schon. Sind alles ganz andere Bedingungen und so.


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

12.11.2019 um 03:39
Zitat von delta.mdelta.m schrieb:Bevor uatu mich aufklärte ;)
hätte ich schon vermutet,
dass sich der große Zylinder auch bewegt.
Das konnte ich mir garnicht vorstellen, sonst könnte ich mich im Weltall in meinem Raumanzug durch Kräftiges Furzen oder langsames einatmen und schnellem ausatmen bewegen ;-)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

16.05.2021 um 15:15
Ich könnte mir vorstellen, dass sich (je nach Symmetrie und Abmessungen der Anordnung) auch beide Zylinder befristet entgegengesetzt bewegen. Allerdings müssen nach Abschluß des Vorganges auch wieder beide zur Ruhe kommen, da der Gesamtimpuls immer 0 sein muß. Das wäre auch der Fall, weil sowohl Gasteilchen als auch der Innenzylinder irgendwann an die Wandungen des äußeren Zylinders stoßen müssen.

In Anlehnung an dieses:
Zitat von uatuuatu schrieb am 11.11.2019:Damit ist nicht gemeint, dass die Impulse gleichzeitig an den Stirnwänden ankommen müssen. Bei einem zeitlichen Unterschied (z.B. wenn die Rakete dicht an einer der Stirnwände gestartet wird) kann es -- wie auch schon in einigen anderen Szenarien in diesem Thread -- zu einer Oszillation des äusseren Zylinders kommen. Der Schwerpunkt des Gesamtsystems bewegt sich bei einer solchen Oszillation allerdings nicht.



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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

17.04.2022 um 18:05
Ich hatte hier vor Längerem einen ausführlichen Beitrag über zwei scheinbare Verletzungen der Energieerhaltung im Zusammenhang mit dem Relativitätsprinzip der klassischen Mechanik gepostet. Einen dritten Fall hatte ich kurz erwähnt, aber nicht näher erläutert. Ich möchte nun auch diesen dritten Fall erläutern, weil ausgerechnet jemand, von dessen naturwissenschaftlich/technischer Kompetenz ich eigentlich sehr viel halte, meint, bei diesem dritten Fall eine Verletzung der Energieerhaltung zu erkennen. Das lässt mich vermuten, dass diese Vorstellung verbreiteter ist, als ich bisher angenommen hatte.

Simon Derricutt, seit langer Zeit einer der bekanntesten Freie-Energie-Kritiker im englischsprachigen Raum, schreibt:
If you apply a force to an object in the lab frame, it accelerates and the accumulated kinetic energy is force times distance and is absolutely equal to the energy used. Energy is conserved.
On the other hand, if you use a rocket (and we'll specify an ideal rocket where the mass loss is negligible and the thrust remains constant for a sufficient time) then the measured thrust is relative to the rocket. The energy use is constant each second. However, the work done (in the lab frame) now depends on the instantaneous velocity, and the accumulated energy depends on 0.5mv² in the lab frame. Oddly, in the rocket's (accelerating) frame of reference the thrust from the rocket does no work at all.
With the rocket, we thus have a situation where the energy used is constant per unit of time, but where the accumulated kinetic energy rises as v². If the rocket goes fast enough, it's producing more kinetic energy in our lab frame that it uses to produce the thrust. That kinetic energy is real.

Where does this extra energy come from?

(Simon Derricutt am 29.03.2022)
Ich beschreibe die grundsätzliche Idee auch nochmal auf Deutsch:

Eine idealisierte Rakete bewege sich über einen gewissen Zeitraum mit einer konstanten Schubkraft fort, die mit einem konstanten Verbrauch an Antriebsenergie verbunden sei. Das sind z.B. für eine Flüssigkeitsrakete unproblematische Annahmen. Der Massenverlust durch die ausgestossene Rückstossmasse sei dabei vernachlässigbar. Diese Annahme ist problematisch, wie sich noch zeigen wird.

Eine konstante Schubkraft bei konstanter Masse führt zu einer laufend linear steigenden Geschwindigkeit, und daraus ergibt sich nach der klassischen Formel E_{kin}=\frac{1}{2}*m*v^2 eine quadratisch steigende kinetische Energie der Rakete. Es steht also scheinbar einem linearen Verbrauch an Antriebsenergie eine quadratische Zunahme der kinetischen Energie der Rakete gegenüber, was einem Energiegewinn aus dem Nichts entspräche. Wo ist der Fehler?

Die grundlegende Formel für die Schubkraft eines Rückstossantriebs lautet (das Subskript e steht für den englischen Begriff exhaust):

\begin{aligned}
F &= \frac{dm_{\mathrm e}}{dt}*v_{\mathrm e} = \dot{m}_{\mathrm e}*v_{\mathrm e} \\

[8pt]\text{wobei:}&\hphantom{\hspace{80ex}}\\[8pt]

F &= \text{Schubkaft}\\
dm_{\mathrm e} &= \text{Rückstossmasse, die in der Zeit $dt$ ausgestossen wird} \\
dt &= \text{Zeit, in der die Rückstossmasse $dm_{\mathrm e}$ ausgestossen wird} \\
v_{\mathrm e} &= \text{Geschwindigkeit, mit der die Rückstossmasse ausgestossen wird} \\
\dot{m}_{\mathrm e} &= \text{Massenstrom (Masse pro Zeit) der Rückstossmasse} \\
\end{aligned}


Die Beschleunigung der Rakete ergibt sich entsprechend der Formel:

\begin{aligned}
a &= \frac{F}{m} \\

[8pt]\text{wobei:}&\hphantom{\hspace{80ex}} \\[8pt]

a &= \text{Beschleunigung der Rakete} \\
F &= \text{Schubkaft} \\
m &= \text{Masse der Rakete} \\
\end{aligned}


Die Beschleunigung der Rakete ist dabei trotz der konstanten Schubkraft nicht konstant, weil die Masse der Rakete durch den Ausstoss an Rückstossmasse laufend abnimmt:

\begin{aligned}
m &= m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t \\

[8pt]\text{wobei:}&\hphantom{\hspace{80ex}} \\[8pt]

m &= \text{Masse der Rakete} \\
m_0 &= \text{Anfangsmasse der Rakete} \\
\dot{m}_{\mathrm e} &= \text{Massenstrom (Masse pro Zeit) der Rückstossmasse} \\
t &= \text{Zeit} \\
\end{aligned}


Bei einer konstanten Beschleunigung ergibt sich die Geschwindigkeit nach einer bestimmten Zeit entsprechend der Formel:

v = a*t


Da die Beschleunigung der Rakete wegen der abnehmenden Masse aber nicht konstant ist, muss die Geschwindigkeit in diesem Fall mit einem Integral berechnet werden. Ein Integral ist, wie ich in anderem Zusammenhang schon mal geschrieben hatte, in gewissem Sinne eine Multiplikation, bei der sich mindestens einer der Faktoren während der Multiplikation ändert.

v = \int_0^t a\,dt = \int_0^t \frac{F}{m}\,dt = \int_0^t \frac{F}{m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t}\,dt


Das ist nach Herausziehen des konstanten Faktors F ein einfach zu lösendes Standard-Integral, dessen Lösung man in gängigen Integral-Tabellen nachschlagen kann:

\begin{aligned}
v &= F * \int_0^t \frac{1}{m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t}\,dt \\
&= F * \left[ -\frac{1}{\dot{m}_{\mathrm e}} * \ln{(m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t)} \right]_0^t \\
&= -\frac{F}{\dot{m}_{\mathrm e}} * \bigg[ \ln{(m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t)} \bigg]_0^t \\
&= -v_{\mathrm e} * \bigg[ \ln{(m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t)} \bigg]_0^t \\
\end{aligned}


Die letztere Umformung ergibt sich aus dem Zusammenhang \frac{F}{\dot{m}_{\mathrm e}}=v_{\mathrm e}, der aus der oben angegebenen Formel für die Schubkraft folgt.

Einsetzen der Integrationsgrenzen 0 und t ergibt:

\begin{aligned}
v &= -v_{\mathrm e} * \left( \left[ \ln{(m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t)} \right] - \left[ \ln{(m_0)} \right] \right) \\
&= -v_{\mathrm e} * \ln \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right) \\
\end{aligned}


Diesen Ausdruck kann man nun in die Formel für die kinetische Energie der Rakete einsetzen:

E_{kin}=\frac{1}{2} * m * v^2 = \frac{1}{2} * (m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t) * v_{\mathrm e}^2 * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)


Leider kann man dieser Formel nicht unmittelbar ansehen, ob sie stärker oder weniger stark als linear ansteigt, sicher ist jedoch, dass sie nicht linear ansteigt. Das scheint nicht mit einem linearen Verbrauch an Antriebsenergie zusammenzupassen. Dafür gibt es jedoch eine einfache Erklärung. Die Antriebsenergie wird nicht nur in kinetische Energie der Rakete umgewandelt, sondern auch in kinetische Energie der ausgestossenen Rückstossmasse. Erst die Summe aus diesen beiden kinetischen Energien entspricht der Antriebsenergie. Es muss also auch die kinetische Energie der ausgestossenen Rückstossmasse berechnet werden.

Betrachtet man einen extrem kleinen Teil der Rückstossmasse, so ergibt sich für dessen kinetische Energie relativ zum Ruhesystem (in dem die Rakete zum Zeitpunkt t = 0 ruht) :

dE_{ekin}=\frac{1}{2} * dm * (v-v_e)^2


Die Geschwindigkeit der Rückstossmasse relativ zum Ruhesystem entspricht dabei der Geschwindigkeit der Rakete relativ zum Ruhesystem minus der Ausstossgeschwindigkeit der Rückstossmasse relativ zur Rakete.

Um die Summe der kinetischen Energie der gesamten ausgestossenen Rückstossmasse zu ermitteln, muss diese Gleichung über die Zeit integriert werden. Die Rückstossmasse dm wird dabei entsprechend dem Zusammenhang dm=\dot{m}_{\mathrm e}*dt durch die in einem extrem kleinen Zeitraum dt ausgestossene Rückstossmasse ersetzt, und die Geschwindigkeit v der Rakete durch den weiter oben ermittelten Ausdruck.

\begin{aligned}
E_{ekin} &= \int_0^t \frac{1}{2}*\dot{m}_{\mathrm e}*(v-v_e)^2\,dt \\
&= \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * \int_0^t (v-v_e)^2\,dt \\
&= \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * \int_0^t \left( -v_{\mathrm e} * \ln \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)-v_e \right)^2\,dt \\
&= \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * \int_0^t \left( -v_{\mathrm e} * \left( \ln \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)+1 \right) \right)^2\,dt \\
&= \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * \int_0^t \left( \ln \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)+1 \right)^2\,dt \\
\end{aligned}


Das Integral ist nicht allzu schwierig manuell zu lösen, mir fehlt jedoch die Zeit, um auf die Zwischenschritte einzugehen. Deshalb sei die Lösung hier Wolfram Alpha überlassen. Aufgrund der Einschränkungen von Wolfram Alpha bei Variablennamen verwende ich dabei q für \dot{m}_{\mathrm e}.

∫ (ln(1-q*t/m_0)+1)^2 dt

Reaction Mass Integral

Dieser Ausdruck kann nun (leicht zusammengefasst) in die obige Gleichung für die kinetische Energie der ausgestossenen Rückstossmasse eingesetzt werden. Das Einsetzen der Integrationsgrenzen verändert den Ausdruck nicht, da sich für t = 0 Null ergibt.

\begin{aligned}
E_{ekin} &= \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * \left[ \left( t-\frac{m_0}{\dot{m}_{\mathrm e}} \right) * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)+t \right]_0^t \\
&= \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * \left( \left( t-\frac{m_0}{\dot{m}_{\mathrm e}} \right) * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)+t \right) \\
\end{aligned}


Sofern alles stimmt, sollte nun die Summe der kinetischen Energie der Rakete und der kinetischen Energie der Rückstossmasse einen linearen Ausdruck für die Antriebsenergie ergeben:

\begin{aligned}
E_{prop} &= E_{kin}+E_{ekin} \\
&= \frac{1}{2} * (m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t) * v_{\mathrm e}^2 * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right) \\
&\hphantom{\,=\,} + \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * \left( \left( t-\frac{m_0}{\dot{m}_{\mathrm e}} \right) * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right)+t \right) \\
&= \frac{1}{2} * (m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t) * v_{\mathrm e}^2 * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right) \\
&\hphantom{\,=\,} + \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * \left( t-\frac{m_0}{\dot{m}_{\mathrm e}} \right) * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right) + \frac{1}{2}*\dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * t \\
&= \cancel{ \frac{1}{2} * (m_0-\dot{m}_{\mathrm e}*t) * v_{\mathrm e}^2 * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right) } \\
&\hphantom{\,=\,} + \cancel{ \frac{1}{2} * (\dot{m}_{\mathrm e}*t-m_0) * v_{\mathrm e}^2 * \ln^2 \left( 1-\frac{\dot{m}_{\mathrm e}*t}{m_0} \right) } + \frac{1}{2} * \dot{m}_{\mathrm e} * v_{\mathrm e}^2 * t \\
&= \frac{1}{2}*\dot{m}_{\mathrm e} * t * v_{\mathrm e}^2 \\
\end{aligned}


Bemerkenswerterweise heben sich grosse Teile des Ausdrucks gegeneinander auf, und übrig bleibt eine einfache lineare Formel, die tatsächlich der Antriebsenergie entspricht. Die Antriebsenergie ist unabhängig von der Geschwindigkeit der Rakete, und entspricht (idealisiert -- d.h. ohne Berücksichtigung von Verlusten) der Energie, die notwendig ist, um die Rückstossmasse auf die Ausstossgeschwindigkeit ve relativ zur Rakete zu beschleunigen.

Zur Veranschaulichung nun noch ein konkretes Beispiel: Eine Rakete mit einer Anfangsmasse von 1000 kg (inkl. Treibstoff) stosse 10 kg Rückstossmasse pro Sekunde mit einer Geschwindigkeit von 2000 m/s aus. Während des Flugs wirken keine relevanten externen Kräfte (z.B. Gravitation) auf die Rakete. Das entspricht den folgenden Werten:

\text{Bezeichner}\text{Wert}
m_01000\,\mathrm{kg}
\dot{m}_{\mathrm e}10\,\mathrm{kg/s}
v_{\mathrm e}2000\,\mathrm{m/s}
F20.000\,\mathrm{N}


Die folgende Grafik zeigt den Verlauf der verbrauchten Antriebsenergie, der kinetischen Energie der Rakete und der kinetischen Energie der ausgestossenen Rückstossmasse:

Raketen Energieerhaltung



Die Grafik zeigt, dass die kinetische Energie der Rakete (blaue Kurve) stets deutlich unter der verbrauchten Antriebsenergie (rote Kurve) bleibt. Bei einer realen Rakete würden die Kurven natürlich deutlich früher enden (bzw. in einen konstanten Verlauf übergehen), da eine reale Rakete nicht zu 100% aus Rückstossmasse besteht.

Die Grafik habe ich mit der Linux-Tabellenkalkulation Gnumeric erstellt. Falls sich jemand näher damit beschäftigen möchte (die Grafik passt sich automatisch an die eingegebenen Werte für m_0, \dot{m}_{\mathrm e} und v_{\mathrm e} an), hier die Gnumeric-Datei zum Download:

Dateianhang: Raketen_Energieerhaltung.gnumeric (5 KB)

Der Zeitpunkt des Maximums der kinetischen Energie der Rakete lässt sich mit der folgenden Formel berechnen (aus Zeitgründen ohne Herleitung):

t = \left( 1-\frac{1}{e^2} \right) * \frac{m_0}{\dot{m}_{\mathrm e}} ≈ 0{,}865 * \frac{m_0}{\dot{m}_{\mathrm e}}


Moral von der Geschicht: Man darf in der Physik alles in Frage stellen, aber die Erfahrung zeigt, dass die Erhaltungssätze stets das Letzte sind, das man in Frage stellen sollte. ;)


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

17.04.2022 um 18:46
Zitat von uatuuatu schrieb:Moral von der Geschicht: Man darf in der Physik alles in Frage stellen, aber die Erfahrung zeigt, dass die Erhaltungssätze stets das Letzte sind, das man in Frage stellen sollte. ;)
Mir etwas, nee viel zu viel Mathe :) , die Rakete könnte aber doch eine kontinuierliche Steigerung erreichen, meine Ich zumindest. Bei den Lightsail-"Triebwerken" soll ja angeblich eine Annäherung an fast Lichtgeschwindigkeit möglich sein (mit allen Problemen die da dran hängen), das Triebwerk dürfte ja dann auch aus deiner Formel fallen, zumindest wenn ich keinen Knoten im Hirn habe. Wobei aber vermutlich der limitierende Faktor der DRuck des Sonnenlichts ist, je tiefer in den Raum um so geringer wird der eh schon schwache Schub.


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

17.04.2022 um 21:02
@uatu

Gehaltvoller Beitrag, gut nachvollziehbar! Haette nicht gedacht, das es sich so ausgleicht.
@Thorsteen
Ein Lichtsegel erhaelt seinen Schub von Ausserhalb (und veraendert nur den Sender)


:mlp:


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Raketenantrieb ohne Rückstoßprinzip

17.07.2023 um 22:17
Ein relativ aktuelles Beispiel, wo ein hoffnungsvoller Erfinder glaubt, den Impulserhaltungssatz überlistet zu haben:

Youtube: Der Raumantrieb von übermorgen Teil 1
Der Raumantrieb von übermorgen Teil 1
Externer Inhalt
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Die folgende Bilder-Sequenz zeigt das Prinzip (die jeweilige Position im Video entspricht den Zeitstempeln oben links):

JK Raumantrieb 1Original anzeigen (0,2 MB)

1. Flüssigkeit wird von den Behältern in der Mitte in die Behälter aussen gepumpt (blaue Pfeile). Dadurch entsteht in den beiden Teilen der Apparatur jeweils ein entgegengesetzter Bewegungsimpuls auf die Trägerkonstruktion (rote Pfeile). Da diese beiden Bewegungsimpulse genau entgegengesetzt sind, heben sie sich gegeneinander auf.

JK Raumantrieb 2Original anzeigen (0,2 MB)

2. Nun werden (während der Pumpvorgang weiterläuft) die beiden Teile der Apparatur um 90° gedreht.

JK Raumantrieb 3Original anzeigen (0,2 MB)

3. Der Pumpvorgang wird gestoppt. Dadurch entsteht ein entgegengesetzter Bewegungsimpuls auf die Trägerkonstruktion, die sich daraufhin in Bewegung setzt (rote Pfeile), was eine scheinbare Verletzung des Impulserhaltungssatzes darstellt.

Es gibt zu diesem Video eine (inzwischen geschlossene) Diskussion bei physikerboard.de, an der auch der Erfinder selbst teilgenommen hat (möglicherweise handelt es sich ausserdem beim Ersteller des Threads um ein Alter Ego von ihm, da bin ich noch etwas unschlüssig).

Wo liegt der Fehler? Mir fehlt die Zeit, um ins Detail zu gehen, aber grob gesagt: in der Lagerung. Bei einer tatsächlich (nahezu) reibungsfreien Lagerung (z.B. magnetisch) oder in Schwerelosigkeit würde das Ganze nicht mehr funktionieren. Bei der 90°-Drehung der beiden Arme der Apparatur ensteht ein der Flüssigkeitsbewegung entgegengerichteter Bewegungsimpuls, der die Apparatur entsprechend in Bewegung setzen müsste (und bei einer reibungsfreien Lagerung auch würde). Beim Stoppen des Pumpvorgangs würde diese Bewegung enden, und die Apparatur käme zur Ruhe. Dieser Bewegungsimpuls wird jedoch bei der gezeigten Konstruktion reibungsbedingt durch die Lagerung zur Erde abgeleitet, und "fehlt" daher beim Stoppen des Pumpvorgangs.

Sowohl diverse nebulöse Andeutungen im Video als auch verschiedene Aussagen des Erfinders in der Diskussion bei physikerboard.de ("Tellerrand", etc.) zeigen die typische krasse Unterschätzung der etablierten Physik, wie man sie sehr häufig auch bei Perpetuum-Mobile-Erfindern antrifft. Die Physik endet in den allermeisten Fällen nicht da, wo das eigene Verständnis endet.


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