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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

65 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wissenschaftstheorie, Naturwissenschaftliche Philosophie, Philosophie der Physik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 07:12
@Diagnostiker
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Wenn wir vom naiven Realismus ausgehen, benötigen wir dieses Postulat nicht
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Wir müssen die Realität der Außenwelt auch gar nicht beweisen
Umso besser! Damit kann ich leben. Wie geht's weiter? Mit der Mathematisierung oder/und Gesetzlichkeit? Oder hast du einen anderen Vorschlag?

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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 09:19
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Wir beobachten lediglich eine unübersehbare Mannigfaltigkeit und es fällt auf, dass einige Objekte und Prozesse sich ähneln; das nehmen wir zum Anlass, die Mannigfaltigkeit zu ordnen und in Objekt- und Prozessklassen aufzuteilen.

Das wäre mE der erste Arbeitsschritt: die ordnende Einteilung.
Ich denke, hier sollten wir ansetzen.

Objektklassen und Prozessklassen bedürfen zunächst einer Zuordnung von Kriterien, damit man die verschiedenen Objekte und Prozesse auf die verschiedenen Klassen zuordnen kann. Ganz grob könnte man die Dinge der Natur einteilen in lebendige Dinge (Lebewesen) und in nicht lebendige Dinge (der große Rest). Bei der Einteilung der Lebewesen könnte man sich an der Biologie orientieren (können wir später vielleicht noch vertiefen). Bei der Einteilung der übrigen Dinge könnte man zunächst den antiken Vordenkern folgen (Vier-Elemente-Lehre) und in feste, flüssige, gasförmige und plasmatische Dinge einteilen.

Nach dieser groben Einteilung könnte man auf die Grundbestandteile orientieren: Lebewesen als Dinge, die auf Zellen basieren; Übrige Dinge, die auf Atomen bzw. Elementarteilchen basieren (wobei sich natürlich die Zellen am Ende auch auf Elementarteilchen zurückführen lassen, aber dann die Eigenschaft des Lebendigseins verlorengeht).

Was die Prozesse angeht, müsste man zunächst unterscheiden zwischen Bewegungen (mechanische Prozesse) und Veränderungen (Entwicklungen), bevor man dann dazu übergeht, diese Prozesse auf Regelmäßigkeiten zu untersuchen (Beispiel: Individualentwicklung von Lebewesen läuft innerhalb der Artgrenze mit hoher Regelmäßigkeit ab. Die Stammesentwicklung von Lebewesen wird jedoch immer unbestimmter, je weiter man in die Zukunft prognostiziert).

So weit ein erster Ansatz, den wir noch vertiefen und detaillierter entwickeln können.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 13:36
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Tegmark geht mir auch zu weit. Ich glaube, viele erliegen den Reizen der attraktiven Lady "Mathematik" , können sie nicht mehr adäquat einordnen und heben sie auf einen zu hohen Sockel oder machen sie gleich zu einer Existenzgrundlage.
Ich denke mir auch die Mathematik stößt irgendwann an ihre Grenze. Man kann ja auch den Entwicklungsverlauf der Evolution
nicht in Formeln packen. Da gibt es spontane Mutation und deshalb kann man nicht berechnen wie sie sich in Zukunft weiter
entwickeln wird. Das gilt auch für die Gehirnaktivität, dort entstehen ständig neue unzählige Verknüpfungen von Neuronen und das
lässt sich auch mathematisch nicht vorhersagen.

Man kann sich überhaupt die Frage stellen: Falls emergente Prozesse in der Natur stattfinden (spricht ja vieles dafür)
ob die dann überhaupt berechenbar sind. Wenn durch Wechselwirkung der Dinge untereinander neue Eigenschaften
auftauchen (die vorher nicht da waren) und diese wiederum mit neu entstandenen Eigenschaften von anderen Dingen
wechselwirken dann lässt sich das auch mathematisch nicht vorhersagen.
Formeln schaffen ja nix neues, sie beschreiben nur.

Ich stelle mir das so ähnlich vor: Die Eigenschaften (Informationsgehalt) des Vaters wechselwirkt bei der Zeugung mit
den Eigenschaften der Mutter und daraus ergibt sich dann ein neuer Mensch mit neuen anderen Eigenschaften (z.B.
Talente, Begabungen usw...) die sich nicht mehr auf die vorherigen Eigenschaften der Eltern reduzieren oder zurückführen lassen.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Deine 3-Säulen-Theorie hat was, nur bin ich mir nicht sicher, ob "Information" ein eigenständiger Teil der Natur ist.
Eigenständig evtl nicht (vielleicht in Form von Naturgesetzten) aber verwoben mit Energie / Materie zu einer Einheit.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Zum Panpsychismus: ich glaube, das ist eine kleine Mogelpackung, denn die Eigenschaft, die erklärt werden soll, wird einfach vorher in die Materie rein-installiert und so getan als sei sie immer schon da. Das erklärt mE aber nichts, weil man damit Alles (pseudo-) erklären kann... Eine wirkliche Erklärung wäre die Angabe, unter welchen Bedingungen so etwas, wie die menschliche Psyche entstehen kann - aber wir haben ja noch nicht mal eine Definition davon!
Hmmm…, der Begriff des Panpsychismus kenne ich erst seit kurzer Zeit und hab mich da noch nicht wirklich informiert,
ich weiß nur:

-Der Physikalist reduziert alles auf physikalische Modelle.
-Der Emergentismus meint aus rein materiellem Hirn tauchen plötzlich geistige Eigenschaften auf die vorher nicht existent waren.
-Der Panpsychismus meint geistige Eigenschaften sind im Fundament der Wirklichkeit verwurzelt.

Ich will mich da auch nicht festlegen aber man kann ja eigentlich schon sagen dass Elementarteilchen bereits immaterielle
Informationsgehalte in Form von Eigenschaften (z.B. Spin / Ladung / Masse) in sich tragen nur in einfacher Form und nicht
so komplex wie in höher strukturierter Materie. Selbst auf dieser unteren Ebene findet ja auch Informationsaustausch statt
z.B. mit dem Higgs-Feld. Woher "weiß" das Feld welchen Elementarteilchen es viel oder wenig Masse verleiht?

Wenn schon bei den Grundbausteinen der Materie immaterielle Prozesse stattfinden kann ich mir schon vorstellen dass bei
komplexeren materiellen Systemen zugleich auch die geistige Komponente komplexere Formen annimmt.
Ebene für Ebene bis hin zu dem menschlichen Bewusstsein ( so in der Art als wenn man langsam aus dem Schlaf erwacht).

Falls das wirklich so wäre könnte es tatsächlich möglich sein dass eine künstliche Intelligenz dazu fähig ist Bewusstsein zu entwickeln
wenn sie ausreichend komplex strukturiert und vernetzt ist. Außerdem würden dann die starren Grenzen zwischen "toter"
und "lebender" Materie irgendwie verwischen.
Hmmm…, gefallen würde mir so eine Vorstellung schon wenn es denn so wäre,
haha..., wenn das Wörtchen "wenn" nicht wäre :D

Naja, es gibt ja auch ernstzunehmende Philosophen die solche Ansätze für möglich halten wie z.B. David Chalmers oder
der Hirnforscher Christoph Koch. Carl Friedrich von Waizsäcker hatte ja auch in die Richtung gedacht mit seiner Ur-Theorie.

LG












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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 14:17
@Diagnostiker
Du hast ja schon eine Menge Ideen.
Was hältst du davon, zur groben Orientierung einen kleinen historischen Ritt durch die Naturphilosophie einzulegen?
Ich denke, ein Blick in die Historie bzw. Genealogie kann nie verkehrt sein, da wird uns bestimmt noch der eine oder andere Aspekt ins Auge fallen.

Ich fange mal mit den Vorsokratikern an:

Traditionell beginnt die Naturphilosophische Reflexion mit den drei Milesiern Thales, Anaximander und Anaximenes; diese Periode wird gemeinhin als Übergang vom Mythos (Erzählungen) zum Logos (rationale Überlegungen) betitelt, weil ab hier die Gründe für die Phänomene der Natur nicht mehr im hintergründigen Wirken von Gottheiten gesucht wird, sondern in der Natur selbst.

Hier beginnt die Entwicklung der Reflexion als zweckfreie Betrachtung des Kosmos und der Natur zu einer wissenschaftlichen Terminologie; es wurden so die begrifflichen Grundformen geschaffen, die heute das Grundgerüst der Naturwissenschaft ausmachen: Urgrund, Ursache, Wirkung, Ursubstanz, Ordnung, Gesetz, Mechanismus, ...

Die Schriften der ersten Naturphilosophen erschienen fast alle unter dem Titel perì phýseōs (περὶ φύσεως, "Über die Natur"). Das Wort »physis« weist etymologisch auf die Vorstellung des Keimens, Gebärens und Wachsens hin. Das, was wir heute Wirklichkeit nennen, hat hier seinen Ursprung: Physis ist naturphilosophisch der Inbegriff von Realität, die wie folgt charakterisiert wird:

1. Realität ist ein außer mir Seiendes, das über einen eigenen Bestand an Objekten verfügt.
2. Realität ist nicht statisch, sondern dynamisch, etwas Gewordenes.
3. Realität ist vom Menschen erkennbar und erklärbar, wie EURIPIDES formuliert:
Selig ist, wer (…) der unsterblichen, alterslosen Natur Ordnung erblickt, welcher Art sie ist und wie und auf welche Weise sie zustande kam.”

Was sich der Anschauung und nun auch der philosophischen Reflexion aufdrängte, war die Frage:

=> Wenn für die verwirrenden wahrnehmbaren Erscheinungen am Himmel und in der Natur nicht mehr die Götter zuständig waren, wer oder was dann?

=> Was ist der allen zeitlichen Wechsel überdauernde Urgrund von allem und wie verwandelt sich dieser in die Dinge oder die Dinge wieder in den Urgrund zurück? Welcher Mechanismus steckt dahinter?

=> Was ist das Wesen der Natur, das Invariante, Bleibende in den vergänglichen Erscheinungen ?

Für THALES war das Wasser die Ursubstanz, für ANAXIMENES die Luft, für HERAKLIT das Feuer und für EMPEDOKLES alle vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde.

Das Verhältnis Subjekt-Objekt war aber dennoch geprägt von einer Unmittelbarkeit und vieles wurde "erklärt" durch Analogieschluss aus dem Alltag, z.B.: "Wenn Gesetzte Regeln Ordnung in das soziale Leben bringen, warum sollte es in der Natur anders sein? Die Natur scheint bei näherer Betrachtung geordnet, also muss sie gesetzmäßig sein. Dieses "Gesetz" zu finden, ist die Aufgabe.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 14:40
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Was hältst du davon, zur groben Orientierung einen kleinen historischen Ritt durch die Naturphilosophie einzulegen?
Ich denke, den hattest Du in einem anderen Forum schon mal eingelegt, so dass wir das hier nicht wiederholen müssen:

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html#56343 (Archiv-Version vom 24.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html#56382 (Archiv-Version vom 24.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html#56493 (Archiv-Version vom 24.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html#56615 (Archiv-Version vom 24.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html#56773 (Archiv-Version vom 24.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=30#56774 (Archiv-Version vom 01.10.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=30#57147 (Archiv-Version vom 01.10.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=30#57442 (Archiv-Version vom 01.10.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=30#57820 (Archiv-Version vom 01.10.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=60#58952 (Archiv-Version vom 25.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=60#59511 (Archiv-Version vom 25.09.2020)

https://urknall-weltall-leben.de/forum/aktuell/technik-und-philosophie/3134-art-interpretation-der-raumzeit-gravitation.html?start=60#59888 (Archiv-Version vom 25.09.2020)

Danach war dort im Forum leider Ende. Der User "Cosma" ist derzeit in einem anderen Forum aktiv und hat dort einen Thread eröffnet, in dem es ebenfalls um das Thema Mathematik und Realität geht:

https://abenteuer-universum.de/bb/viewtopic.php?f=15&t=4289&sid=162bd7b45fce734966f7e714f448906e

Hier im Forum gibt es dazu ebenfalls einen Thread:

Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

Die Frage ist jetzt, ob wir dort weitermachen, weil es Dir ja primär um die Rolle der Mathematik geht, statt um die Natur, oder ob wir hier weitermachen wollen und diesen ganzen historischen Kram bei Bedarf aufgreifen, aber sonst einstweilen erst mal weitgehend unberücksichtigt lassen, um uns nicht in Interpretationen von Interpreten verlieren.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 17:06
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Ich denke, den [Ritt] hattest Du in einem anderen Forum schon mal eingelegt, so dass wir das hier nicht wiederholen müssen:
Nein, müssen wir nicht! War 'ne Sponti-Idee.
Ja, mit Cosma hatte ich eine klasse stringente Diskussion - gute & belesene Threadlerin. In dem Forum hat es dann Ärger gegeben.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Die Frage ist jetzt, ob wir dort weitermachen, weil es Dir ja primär um die Rolle der Mathematik geht, statt um die Natur, oder ob wir hier weitermachen wollen und diesen ganzen historischen Kram bei Bedarf aufgreifen, aber sonst einstweilen erst mal weitgehend unberücksichtigt lassen, um uns nicht in Interpretationen von Interpreten verlieren.
Lass' uns weitermachen, wie geplant mit Fokus auf "Natur". Den Mathe-Kram kann ich dann ja bei Cosma im neuen Forum, oder in diesem machen.
Tangens: Das wäre mE der erste Arbeitsschritt: die ordnende Einteilung.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Ich denke, hier sollten wir ansetzen.

Objektklassen und Prozessklassen bedürfen zunächst einer Zuordnung von Kriterien, damit man die verschiedenen Objekte und Prozesse auf die verschiedenen Klassen zuordnen kann. Ganz grob könnte man die Dinge der Natur einteilen in lebendige Dinge (Lebewesen) und in nicht lebendige Dinge (der große Rest). Bei der Einteilung der Lebewesen könnte man sich an der Biologie orientieren (können wir später vielleicht noch vertiefen). Bei der Einteilung der übrigen Dinge könnte man zunächst den antiken Vordenkern folgen (Vier-Elemente-Lehre) und in feste, flüssige, gasförmige und plasmatische Dinge einteilen.
Die Kriterien für die Objekt- & Prozessklassen sind ja offensichtlich:
1. Objekte, die durch eine Masse m oder Wellenlänge λ charakterisiert sind (E=mc2)
2. Prozesse, die den zeitlichen Verlauf einer Wechselwirkung bzw. Änderung von Objekten beschreiben (d/dt, bzw. d2/dt2).

B. Anorganische & organische Natur
Unbelebte, chemisch nicht auf Kohlenstoff basierende Einheiten und belebte Kohlenstoff - Einheiten: Leben, so wie wir es kennen, ist an das chemische Element Kohlenstoff gebunden, weil nur er von allen 92 chemischen Elementen in der Lage ist (aus quantenmechanischen Gründen) lange C-C-Molekülketten und damit Makromoleküle zu bilden, die für eine DNS die Voraussetzung sind. Das bedeutet, dass sich andere Kosmos-Bewohner höchstens morphologisch aber nicht chemisch von uns unterscheiden.

C. Makro- Meso- & Mikrokosmos.
1. Makrokosmos: Objekte & Prozesse mit hoher Gravitation (m > 5 mSonne) und Geschwindigkeit (v ~ c). => SRT & ART
2. Mesokosmos: Objekte & Prozesse mit nicht hoher Gravitation (m < 5 mSonne) und Geschwindigkeit (v << c). => Newton'sche klassische Mechanik.
3. Mikrokosmos: Quantenobjekte & -prozesse (Welle-Teilchen) => Quantenmechanik

D. Räume & Zeit
Realer 3D-Ortsraum; mathematischer Phasen-, Riemann-, Hilbertraum, etc.
Zeit: problematisch, weil keine Observable, nicht direkt messbar => kein Element der Natur sondern mathem. Hilfsgröße?

E. ---?


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 17:47
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:In dem Forum hat es dann Ärger gegeben.
Ich war dort auch mal eine Weile aktiv, habe mich dann aber zurückgezogen, ohne dass es Ärger geben musste ... ;)
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Lass' uns weitermachen, wie geplant mit Fokus auf "Natur".
Einverstanden, dann also zunächst mal die Klassifizierung der Naturobjekte.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Die Kriterien für die Objekt- & Prozessklassen sind ja offensichtlich:
1. Objekte, die durch eine Masse m oder Wellenlänge λ charakterisiert sind (E=mc2)
2. Prozesse, die den zeitlichen Verlauf einer Wechselwirkung bzw. Änderung von Objekten beschreiben (d/dt, bzw. d2/dt2).
Wir haben also 1. Dinge (Objekte, abgrenzbare Strukturen usw.)

und wir haben 2. Relationen zwischen Dingen, die sich verändern (können), so dass sie als Prozesse wahrnehmbar sind.

Den Formelkram ignoriere ich mal geflissentlich, da er jetzt noch nicht nötig ist, um zu verstehen, worum es bei Dingen und Prozessen geht. Falls es nötig sein wird, greife ich das gern wieder auf.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:B. Anorganische & organische Natur
Unbelebte, chemisch nicht auf Kohlenstoff basierende Einheiten und belebte Kohlenstoff - Einheiten: Leben, so wie wir es kennen, ist an das chemische Element Kohlenstoff gebunden, weil nur er von allen 92 chemischen Elementen in der Lage ist (aus quantenmechanischen Gründen) lange C-C-Molekülketten und damit Makromoleküle zu bilden, die für eine DNS die Voraussetzung sind. Das bedeutet, dass sich andere Kosmos-Bewohner höchstens morphologisch aber nicht chemisch von uns unterscheiden.
Wir unterscheiden also zwischen lebenden Naturdingen (Lebewesen) und nichtlebenden Naturdingen, wobei sich Lebewesen in ihren Grundbestandteilen auf nichtlebenden Naturdingen (nehmen wir mal die chemischen Elemente) aufbauen, indem sie eine für Lebewesen spezifische Ordnung von Elementen (Moleküle, Makromoleküle usw.) und Wechselwirkungen zwischen ihnen (biochemische Prozesse, molekulare Mechaniken usw.) einnehmen und aufrechterhalten.

Die Spezifik des Lebens in Abgrenzung zu nichtlebenden Naturdingen können wir später noch genauer herausarbeiten. Für jetzt genügt einstweilen der Verweis auf eine spezifische Ordnung und auf die Aufrechterhaltung dieser Ordnung (Autopoiesis), die für Lebewesen typisch ist.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:C. Makro- Meso- & Mikrokosmos.
1. Makrokosmos: Objekte & Prozesse mit hoher Gravitation (m > 5 mSonne) und Geschwindigkeit (v ~ c). => SRT & ART
2. Mesokosmos: Objekte & Prozesse mit nicht hoher Gravitation (m < 5 mSonne) und Geschwindigkeit (v << c). => Newton'sche klassische Mechanik.
3. Mikrokosmos: Quantenobjekte & -prozesse (Welle-Teilchen) => Quantenmechanik
Wir unterscheiden also zwischen Objekten, die die irdischen Begrenzungen überschreiten und in deren Strukturen und Wechselwirkungen die Erde bzw. das Sonnensystem eingebettet ist (z.B. in die Struktur der Galaxis, die Galaxis in die Struktur größerer Galaxienhaufen, diese Galaxienhaufen in die Struktur von Superhaufen, Clustern, Filamente usw., die dann die schaumartige Struktur des beobachtbaren Universums bilden).

Weiterhin unterscheiden wir zwischen Objekten, die sich der direkten Beobachtbarkeit infolge ihrer Kleinheit entziehen, so dass sie nur indirekt unter Zuhilfenahme von theoretischen Modellen erschließbar sind (Atome als hypothetische Strukturen, die die Vielfalt der chemischen Elemente erklären; Elementarteilchen und Atommodelle als hypothetische Strukturen, die z.B. die Eigenschaften des Periodensystems der Elemente erklären - und damit u.a. die chemischen Eigenschaften der Elemente; das Standardmodell der Teilchenphysik als Erklärungsansatz für die Vielfalt teilchenphysikalischer Phänomene usw. usw.).

Irgendwo dazwischen - also zwischen den sehr großen Strukturen und den sehr kleinen Strukturen - befindet sich der Bereich, wo sich Objekte befinden, die direkt als Objekte mit bestimmten Eigenschaften wahrnehmbar sind (neben Sonne, Mond und Planeten des Sonnensystems insbesondere alles, was sich auf der Erde und im erdnahen Raum befindet - einschließlich der Lebewesen, die wir vorhin schon kategorisiert hatten).
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:D. Räume & Zeit
Realer 3D-Ortsraum; mathematischer Phasen-, Riemann-, Hilbertraum, etc.
Zeit: problematisch, weil keine Observable, nicht direkt messbar => kein Element der Natur sondern mathem. Hilfsgröße?
Hier haben wir dann schon Hilfskonstrukte, aber keine Dinge mehr. Wir erkennen, dass sich Dinge irgendwo befinden und ihren Aufenthaltsort verändern, wenn sie sich bewegen. Wir erkennen weiterhin, dass die Ortsveränderung allmählich - also mit einer bestimmten Dauer - vonstatten geht. Aus beiden Phänomenen (Ort und Dauer) schließen wir auf das Vorhandensein eines Raumes und einer Zeit, in die das beobachtbare Geschehen der beobachtbaren Objekte eingebettet ist.

Über den ontologischen Status von Raum und Zeit müssten wir noch genauer nachdenken. Vorerst lassen wir die Existenz von Raum und Zeit einfach mal unhinterfragt im Raum stehen ... ;)
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:E. ---?
Darüber muss ich noch nachdenken.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 20:49
Hallo Sonni,
Zitat von Sonni1967Sonni1967 schrieb:Ich denke mir auch die Mathematik stößt irgendwann an ihre Grenze. Man kann ja auch den Entwicklungsverlauf der Evolution nicht in Formeln packen. Da gibt es spontane Mutation und deshalb kann man nicht berechnen wie sie sich in Zukunft weiter entwickeln wird. Das gilt auch für die Gehirnaktivität, dort entstehen ständig neue unzählige Verknüpfungen von Neuronen und das lässt sich auch mathematisch nicht vorhersagen.
Ist schwierig - gerade bei spontanen Prozessen. Denk ich auch. Aber so wie ich in letzter Zeit das Potential der Mathematik kennengelernt habe, könnte ich mir auf der anderen Seite doch vorstellen, dass die Mädels & Jungs von der Mathefraktion durchaus noch die eine oder andere Überraschung in petto haben.
Zitat von Sonni1967Sonni1967 schrieb:Man kann sich überhaupt die Frage stellen: Falls emergente Prozesse in der Natur stattfinden (spricht ja vieles dafür) ob die dann überhaupt berechenbar sind. Wenn durch Wechselwirkung der Dinge untereinander neue Eigenschaften auftauchen (die vorher nicht da waren) und diese wiederum mit neu entstandenen Eigenschaften von anderen Dingen wechselwirken dann lässt sich das auch mathematisch nicht vorhersagen.
Formeln schaffen ja nix neues, sie beschreiben nur.
Da bin ich mir nicht so sicher. Emergente Eigenschaften sind zwar neu, aber nicht ursachlos und wenn man die veranlassende Größe kennt, wird man Emergenz auch berechnen können - nehme ich mal an.
Es gibt allerdings auch innovative Momente in der mathematischen Physik, wo auf rein mathematischem Wege eine neue Größe vorausgesagt wird wie zB Dirac, der das Positron voraussagte, das dann später gefunden wurde.
Zitat von Sonni1967Sonni1967 schrieb:Ich denke mir auch die Mathematik stößt irgendwann an ihre Grenze. Man kann ja auch den Entwicklungsverlauf der Evolution nicht in Formeln packen. Da gibt es spontane Mutation und deshalb kann man nicht berechnen wie sie sich in Zukunft weiter entwickeln wird. Das gilt auch für die Gehirnaktivität, dort entstehen ständig neue unzählige Verknüpfungen von Neuronen und das lässt sich auch mathematisch nicht vorhersagen.

Man kann sich überhaupt die Frage stellen: Falls emergente Prozesse in der Natur stattfinden (spricht ja vieles dafür)
ob die dann überhaupt berechenbar sind. Wenn durch Wechselwirkung der Dinge untereinander neue Eigenschaften
auftauchen (die vorher nicht da waren) und diese wiederum mit neu entstandenen Eigenschaften von anderen Dingen
wechselwirken dann lässt sich das auch mathematisch nicht vorhersagen.
Formeln schaffen ja nix neues, sie beschreiben nur.

Ich stelle mir das so ähnlich vor: Die Eigenschaften (Informationsgehalt) des Vaters wechselwirkt bei der Zeugung mit
den Eigenschaften der Mutter und daraus ergibt sich dann ein neuer Mensch mit neuen anderen Eigenschaften (z.B.
Talente, Begabungen usw...) die sich nicht mehr auf die vorherigen Eigenschaften der Eltern reduzieren oder zurückführen lassen.
Gerade bei solchen hochkomplexen Systemen ist die Wahrscheinlichkeit für neue Eigenschaften auch extrem hoch.
Zitat von Sonni1967Sonni1967 schrieb:Hmmm…, der Begriff des Panpsychismus kenne ich erst seit kurzer Zeit und hab mich da noch nicht wirklich informiert, ich weiß nur:
-Der Physikalist reduziert alles auf physikalische Modelle.
-Der Emergentismus meint aus rein materiellem Hirn tauchen plötzlich geistige Eigenschaften auf die vorher nicht existent waren.
-Der Panpsychismus meint geistige Eigenschaften sind im Fundament der Wirklichkeit verwurzelt.

Ich will mich da auch nicht festlegen aber man kann ja eigentlich schon sagen dass Elementarteilchen bereits immaterielle
Informationsgehalte in Form von Eigenschaften (z.B. Spin / Ladung / Masse) in sich tragen nur in einfacher Form und nicht so komplex wie in höher strukturierter Materie. Selbst auf dieser unteren Ebene findet ja auch Informationsaustausch statt z.B. mit dem Higgs-Feld. Woher "weiß" das Feld welchen Elementarteilchen es viel oder wenig Masse verleiht?
Hier muss ich ein Veto einlegen: ich denke nicht, dass Spin, Ladung und Masse immaterielle Größen sind; der Spin ist ein Drehimpuls, die Ladung ein Feld und die Masse ein handfester Skalar; da sie in materiellen Systemen vorkommen, müssen sie auch materiell sein; ein immaterielles System kann nicht wechselwirken.
Zitat von Sonni1967Sonni1967 schrieb:Falls das wirklich so wäre könnte es tatsächlich möglich sein dass eine künstliche Intelligenz dazu fähig ist Bewusstsein zu entwickeln wenn sie ausreichend komplex strukturiert und vernetzt is
Da werden noch fette Probleme auf die Verantwortlichen zukommen; was ist, wenn so eine bewusste Intelligenz mit hinreichender "Menschlichkeit" Menschenrechte für sich einfordert - und vllt. auch bekommt? Darf dann noch so eine KI zusammengeschraubt werden, wenn das zusammengeschraubte Produkt rechtlich potentiell ein Mensch ist?
Aber das wird kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Man muss sich nur die Sci-Fi-Filme von gestern ansehen, um zu erahnen, was morgen Wirklichkeit werden kann...


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

13.02.2020 um 22:05
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Da werden noch fette Probleme auf die Verantwortlichen zukommen; was ist, wenn so eine bewusste Intelligenz mit hinreichender "Menschlichkeit" Menschenrechte für sich einfordert - und vllt. auch bekommt? Darf dann noch so eine KI zusammengeschraubt werden, wenn das zusammengeschraubte Produkt rechtlich potentiell ein Mensch ist?Aber das wird kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.Man muss sich nur die Sci-Fi-Filme von gestern ansehen, um zu erahnen, was morgen Wirklichkeit werden kann...
Hi Tangens,
ja, wird nur schwer werden zu erkennen ob so ein künstliches Gehirn wirklich Erlebensinhalte und Gefühle wie Liebe,
Hass, Trauer, Sehnsüchte, Schönheit innerlich empfinden kann. Man kann sich ja nicht in das künstliche Gehirn
hinein versetzen um sicher zu sein dass ihre subjektive Erfahrung wirklich real ist. Sie könnte ja auch so programmiert sein
dass ihr Verhalten genau dem eines Menschen gleicht. Man könnte sie dann objektiv von "außen" nicht mehr von
menschlichen Wesen unterscheiden. Man würde ihr dann evtl. ein Bewusstsein zusprechen obwohl sie eigentlich
gar keins hat oder umgekehrt, man würde ihr eins absprechen obwohl sie eins besitzt. Das finde ich schwierig,
vor allem ab wann definiert man Bewusstsein? Ich bin mir ziemlich sicher dass mein Hund auch eins hat (nur nicht
so ausgeprägt wie beim Menschen).
LG


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

14.02.2020 um 12:36
Hi Sonni,
Zitat von Sonni1967Sonni1967 schrieb:ja, wird nur schwer werden zu erkennen ob so ein künstliches Gehirn wirklich Erlebensinhalte und Gefühle wie Liebe, Hass, Trauer, Sehnsüchte, Schönheit innerlich empfinden kann.
Man kann sich ja nicht in das künstliche Gehirn hinein versetzen um sicher zu sein dass ihre subjektive Erfahrung wirklich real ist. Sie könnte ja auch so programmiert sein dass ihr Verhalten genau dem eines Menschen gleicht. Man könnte sie dann objektiv von "außen" nicht mehr von menschlichen Wesen unterscheiden. Man würde ihr dann evtl. ein Bewusstsein zusprechen obwohl sie eigentlich gar keins hat oder umgekehrt, man würde ihr eins absprechen obwohl sie eins besitzt. Das finde ich schwierig, vor allem ab wann definiert man Bewusstsein? Ich bin mir ziemlich sicher dass mein Hund auch eins hat (nur nicht so ausgeprägt wie beim Menschen).
Ich bin mir auch nicht sicher, ob so etwas komplex & vernetzt Gewachsenes wie die menschliche Psyche mechanisch zusammengeschraubt werden kann; denn gerade diese Regelkreise von Hormonen, Neurotransmitter & Sinnesapparat sind von unglaublicher Komplexität; eine KI mit kognitiven Strukturen gibt es ja zuhauf.

Es gibt eine schöne Szene in einer Raumschiff Enterprise Folge:
Data, der künstliche Android - immer im Bestreben nach menschlichen Eigenschaften - hat einen Gefühle-Chip entwickelt, mit dem er eben auch Gefühle erleben kann.
Dann kommen sie eine gefährliche Situation, Data verspürt Angst und fragt Picard, wie er damit umgehen soll. Der sagt, Ängste zu kontrollieren sei nicht so einfach und ein längerer Prozess. Data stutzt - und stellt dann seinen Gefühl-Chip ab.
Darauf Picard: "Data, manchmal beneide ich Sie!"

Tja, wäre vllt. nicht schlecht, wenn wir so eine Kontrollmöglichkeit hätten, oder?

Aber auf dem besten Weg sind wir ja schon: bald laufen nur noch durch Human Enhancement optimierte Cyber-Gestalten herum...


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14.02.2020 um 22:01
@Diagnostiker
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Einverstanden, dann also zunächst mal die Klassifizierung der Naturobjekte.
TangensAlpha schrieb: ...
Ja, sauber! Schöne Übersicht.
Ich muss mich noch etwas präparieren...


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

15.02.2020 um 15:37
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Wir haben also 1. Dinge (Objekte, abgrenzbare Strukturen usw.)
und wir haben 2. Relationen zwischen Dingen, die sich verändern (können), so dass sie als Prozesse wahrnehmbar sind.
Wobei jetzt interessant wäre, welche Eigenschaften relational sind, sich also nur in der Wechselwirkung zeigen, und welche den Objekten an sich zukommen; nach traditioneller Art: primäre und sekundäre Eigenschaften.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Die Spezifik des Lebens in Abgrenzung zu nichtlebenden Naturdingen können wir später noch genauer herausarbeiten. Für jetzt genügt einstweilen der Verweis auf eine spezifische Ordnung und auf die Aufrechterhaltung dieser Ordnung (Autopoiesis), die für Lebewesen typisch ist.
Einverstanden. Das ist ein sehr komplexes Thema.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Wir unterscheiden also zwischen Objekten, die die irdischen Begrenzungen überschreiten und in deren Strukturen und Wechselwirkungen die Erde bzw. das Sonnensystem eingebettet ist (z.B. in die Struktur der Galaxis, die Galaxis in die Struktur größerer Galaxienhaufen, diese Galaxienhaufen in die Struktur von Superhaufen, Clustern, Filamente usw., die dann die schaumartige Struktur des beobachtbaren Universums bilden).
Zuständig: ART (bzw. Newton)
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Weiterhin unterscheiden wir zwischen Objekten, die sich der direkten Beobachtbarkeit infolge ihrer Kleinheit entziehen, so dass sie nur indirekt unter Zuhilfenahme von theoretischen Modellen erschließbar sind (Atome als hypothetische Strukturen, die die Vielfalt der chemischen Elemente erklären; Elementarteilchen und Atommodelle als hypothetische Strukturen, die z.B. die Eigenschaften des Periodensystems der Elemente erklären - und damit u.a. die chemischen Eigenschaften der Elemente; das Standardmodell der Teilchenphysik als Erklärungsansatz für die Vielfalt teilchenphysikalischer Phänomene usw. usw.).
Zuständig: QM

Hier wäre mE die Situation zu diskutieren, warum wir für die Beschreibung der Welt noch zwei völlig unterschiedliche Theorien benötigen:

ART: Hintergrundunabhängigkeit, nicht-Linearität und darum keine Superposition, Riemannraum (Mannigfaltigkeit), Tensoralgebra, Relativitäts-, Äquivalenz- und Machsches Prinzip.

QM: Newtonscher Raum & Zeit als Hintergrund, Linearität & Superposition, Hilbertraum, Vektor- & Operatoralgebra, Postulate.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Irgendwo dazwischen - also zwischen den sehr großen Strukturen und den sehr kleinen Strukturen - befindet sich der Bereich, wo sich Objekte befinden, die direkt als Objekte mit bestimmten Eigenschaften wahrnehmbar sind (neben Sonne, Mond und Planeten des Sonnensystems insbesondere alles, was sich auf der Erde und im erdnahen Raum befindet - einschließlich der Lebewesen, die wir vorhin schon kategorisiert hatten).
Gibt es hierbei prinzipielle Unterschiede ontologischer Art oder ist die mangelnde Anschauung, nur ein epistemisches, vllt. nur auch historisches Problem? Ein Atom war vor 100 Jahren noch nicht sichtbar, heute schon.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Hier haben wir dann schon Hilfskonstrukte, aber keine Dinge mehr. Wir erkennen, dass sich Dinge irgendwo befinden und ihren Aufenthaltsort verändern, wenn sie sich bewegen. Wir erkennen weiterhin, dass die Ortsveränderung allmählich - also mit einer bestimmten Dauer - vonstatten geht. Aus beiden Phänomenen (Ort und Dauer) schließen wir auf das Vorhandensein eines Raumes und einer Zeit, in die das beobachtbare Geschehen der beobachtbaren Objekte eingebettet ist.
Bei der QM. In der ART ist die Raumzeit nicht die Bühne des Geschehens (keine Einbettung), sondern greift aktiv ein: die Materie/Objekte bestimmen die Geometrie des Raumes und die Geometrie bestimmt die Bewegung der Materie/Objekte.
Über den ontologischen Status von Raum und Zeit müssten wir noch genauer nachdenken.
Auf jeden Fall. Das ist ein ganz spannendes Thema...

Wir könnten uns jetzt diese einzelnen Punkt vornehmen und näher betrachten, oder hättest du eine andere Idee?


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

15.02.2020 um 19:46
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Wobei jetzt interessant wäre, welche Eigenschaften relational sind, sich also nur in der Wechselwirkung zeigen, und welche den Objekten an sich zukommen; nach traditioneller Art: primäre und sekundäre Eigenschaften.
Nehmen wir mal das rostende Eisen - hier ändert sich die Oberfläche hinsichtlich Farbe (von silbrig-grau nach braun) und Beschaffenheit (von glatt nach rau und bröckelig) - der Prozess ist hier also keine Lageänderung in Relation zu einem anderen Ding, sondern eine Änderung der Beschaffenheit des Dings selber in Relation zu seinen vorhergehenden Zuständen. Die Wechselwirkung ergibt sich hier aus der Reaktion des Eisens mit dem Sauerstoff und des Wassers in der Luft und auf dem Eisen.

Grundsätzlich sind Eigenschaften eines Dinges nur im Kontrast zum Hintergrund auszumachen - also dem, was nicht dieses Ding ist. Die Farbe und Gestalt des Eisenbrockens erschließt sich dem Beobachter über die Berücksichtigung des Hintergrunds. Auch wenn er den Brocken in die Hand nimmt, um ihn genauer zu untersuchen, ist er auf die Umgebung des Brockens angewiesen, um über den Kontrast Farbe und Beschaffenheit zu ermitteln (natürlich muss der Beobachter auch über ein Farbgedächtnis verfügen, um die Farbe mit seinen Gedächtnisinhalten abzugleichen, damit er sie treffend benennen kann - aber das lasse ich jetzt mal außen vor).

Genau genommen kommt man ohne Relationen nicht aus, um Eigenschaften eines Dinges zu ermitteln - seien es Relationen zu anderen Dingen oder die Relation zum Beobachter. Die Frage, welche Eigenschaften einem Ding zukommen, ist ohne Einbezug des Beobachters, der diese Eigenschaften wahrnehmen und benennen kann, nicht beantwortbar (ganz in Anlehnung an Immanuel Kant, der sagte, dass das "Ding an sich" unerkennbar sei - also das Ding in seinem So-Sein nicht benannt werden kann).

Aus intersubjektiven Erfahrungen, die kommuniziert worden sind und kommuniziert werden, haben wir eine Fülle an Eigenschaften zusammengetragen, die wir den Dingen, die wir wahrnehmen, zuschreiben. In den Naturwissenschaften wurden diese Eigenschaften auf jene reduziert bzw. zusammengekürzt, mit denen man "rechnen" kann - die also irgendwie einer quantitativen Untersuchung und Modellierung zugänglich sind - während andere, qualitative Eigenschaften außen vor bleiben.

Für eine Naturphilosophie sind jedoch auch die von den Naturwissenschaften "unterschlagenen" oder "übergangenen" Eigenschaften relevant, da diese auf das Verhältnis zwischen Mensch (als Beobachter, aber auch als Teilhaber sowie Akteur) und Natur verweisen, indem sie den für die Naturwissenschaften grundsätzlich irrelevanten Bereich der Bedeutung der Natur eröffnen und einer Hinterfragung sowie Deutung zugänglich machen.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Zuständig: ART (bzw. Newton)
Ja, was die naturwissenschaftlichen Theorien betrifft. Naturphilosophisch halte ich den Aspekt des "Eingebettetseins" relevant. Die Naturdinge - einschließlich des Menschen - existieren nicht isoliert voneinander, sondern "wachsen" aus dem Kontext heraus, in dem sie sich eingebettet befinden und wirken ihrerseits auf diesen Kontext beeinflussend zurück - je nach Größe des Objekts mehr oder minder weitreichend und nachhaltig (Wir erleben dies ja gerade in Bezug auf die Auswirkungen menschlicher Aktivität auf die Biosphäre).
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Zuständig: QM
Auch hier: Ja, das ist Gegenstand der Quantenmechanik, aber auch hier wieder aus naturphilosophischer Sicht der Zusammenhang zwischen "Körnigkeit" der subatomaren Welt sowie der hier ablaufenden Interaktionen, die nur noch mittels komplizierter mathematischer Modelle abgebildet und beschrieben werden kann (inklusive verschiedener Interpretationen der Rechenergebnisse!), und dem rein hypothetischen Konstrukt der nicht möglichen beliebig vornehmbaren Teilbarkeit der Naturdinge, was auf den Atomismus führt.

Umgekehrt auf dem Weg nach "Oben" in die mesokosmische Welt ergeben sich aus dieser subatomaren "Körnigkeit" immer mehr neue Eigenschaften, je zusammengesetzter die Dinge werden: Aus Quarks und Leptonen werden Elementarteilchen (insbesondere Neutronen, Protonen und Elektronen). Aus Elementarteilchen werden Atome - und damit kleinste Bausteine von chemischen Elementen, die - als Anhäufung - bestimmte chemische Eigenschaften aufweisen, die einzelne Atome noch nicht aufweisen. Erst die Anhäufung zu chemischen Stoffen lässt die chemischen Eigenschaften spontan auftreten, ohne dass sie aus der Atomstruktur bereits ableitbar gewesen wären.

Chemische Elemente reagieren zu chemischen Verbindungen - Atome verbinden sich zu Molekülen - und es erscheinen neue Eigenschaften, die aus den Eigenschaften der einzelnen chemischen Elemente nicht ableitbar gewesen sind. Moleküle verbinden sich wiederum untereinander zu noch komplexeren Molekülen, bis hin zu Makromolekülen, die ihrerseits wieder mit anderen Molekülen und Makromolekülen noch größere Systeme bilden, die wir als Zellen bezeichnen und die ihrerseits wieder neue Eigenschaften aufweisen, die man aus den chemischen Eigenschaften der beteiligten Moleküle nicht ableiten kann.

Zellen wiederum organisieren sich zu Zellkolonien, zu echten Mehrzellern, zu Vielzellern mit echten Organen usw. bis hin zum Menschen, der als besonderes Organ über ein Gehirn verfügt, welches sich (über soziale Interaktionen) eine eigene Symbolsprache konstruiert, um Wahrnehmungen als Abstrakta zu formulieren und zu kommunizieren, so dass dann das entsteht, was wir als Kultur kennen (einschließlich Naturphilosophie und Naturwissenschaften als Denksysteme zur Beschreibung der Natur).

Über Mutationen wirkt die subatomare Welt auch in die mesokosmische Welt hinein, indem sich Mutationen über die Generationenfolge als Evolution auswirken, so dass der Mensch nicht nur strukturell zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos eingebettet ist (als Naturding), sondern auch prozessual (als Glied im Evolutionsprozess, der sich zwischen kosmischen Einflüssen - Sonne als primärer Energielieferant für biologische Prozesse - und subatomaren Einflüssen - Mutationen - vollzieht).
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Hier wäre mE die Situation zu diskutieren, warum wir für die Beschreibung der Welt noch zwei völlig unterschiedliche Theorien benötigen
Ja, das können wir tun. Mein Ansatz ist der, dass wir es in der Makrowelt mit den "Kondensaten" dessen zu tun haben, was in der Mikrowelt permanent fluktuiert. Und wie oben schon beschrieben, entwickeln die "Kondensate" mit zunehmender Strukturiertheit eigene Gesetzlichkeiten, die sich von den Gesetzlichkeiten der "Basis" unterscheiden bzw. daraus nicht ableitbar sind. Ob sich daraus ableiten lässt, dass eine Vereinigung von QM mit ART prinzipiell unmöglich ist, weiß ich jedoch nicht. Ich würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn man dies irgendwann mal nachweisen würde.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Gibt es hierbei prinzipielle Unterschiede ontologischer Art oder ist die mangelnde Anschauung, nur ein epistemisches, vllt. nur auch historisches Problem?
Na ja, Atome sind ja eigentlich die kleinsten Teilchen der chemischen Elemente. Die Teilchenphysik in Gestalt von Atomphysik entfaltete sich erst Ende des 19.Jahrhunderts nach der Entdeckung der Radioaktivität. Die daraufhin entworfenen Modelle (insbesondere Rutherford-Bohr-Modell) erklären sehr gut die Beschaffenheit des Periodensystems der Elemente (und damit die Chemie), aber es bleiben dennoch Modelle, die die Eigenschaften Atome beschreiben, ohne dass wir die Atome als solche direkt wahrnehmen und auf ihre Eigenschaften hin untersuchen könnten (ich weiß, man kann einzelne Atome abbilden und sogar mechanisch mit ihnen operieren, aber mehr als Bausteincharakter geht eben nicht).
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Bei der QM. In der ART ist die Raumzeit nicht die Bühne des Geschehens (keine Einbettung), sondern greift aktiv ein: die Materie/Objekte bestimmen die Geometrie des Raumes und die Geometrie bestimmt die Bewegung der Materie/Objekte.
Ja, in den fortgeschrittenen Theorien wird das so beschrieben und die experimentellen Tests bestätigen diese Beschreibungen bis jetzt sehr zuverlässig, aber Raum und Zeit - als vierdimensionale Raumzeit geometrisch beschrieben - stellen hier ein mathematisches Konstrukt dar und keine physisch wahrnehmbare Entität. Physisch wahrnehmbar sind die gemessenen Effekte - vornehmlich an Lichtstrahlen, die unter Gravitationseinfluss gekrümmt verlaufen, statt geradlinig - und beschrieben werden kann das über das mathematische Konstrukt der Raumzeit, die in Korrelation mit Gravitation mehr oder minder stark gekrümmt ist, so dass sich über die Krümmung der Raumzeit die beobachteten Bahnänderungen der Lichtstrahlen ergeben.

Naturphilosophisch ergibt sich daraus die Frage, ob die naturwissenschaftlichen Modelle, die sich auf mathematischen Konstrukten aufbauen - bei der ART eben die vierdimensionale Raumzeit - mit dem Zugrundelegen des Konstruktes zugleich auf etwas Existierendes verweisen oder ob das Konstrukt lediglich eine "Leiter" darstellt, die man nach Erreichen des Ziels zurücklassen muss, um in der Naturerkenntnis weiterzukommen.

Ich neige dazu, in Raum und Zeit leidglich Hilfskonstruktionen des Verstandes zu sehen, die uns zwar behilflich sind, um uns in der Wirklichkeit zu orientieren und die Wirklichkeit zu strukturieren, damit wir in ihr agieren und vorausschauend interagieren können, aber für sich genommen keine Entitäten sind, denen auf dieselbe Weise eine Existenz zukommt wie sie einem Ding zukommt, welches wir wahrnehmen. Auch hier lehne ich mich an Immanuel Kant an, der Raum und Zeit als Anschauungsformen der "transzendentalen Ästhetik" auffasste.

So weit einige Anmerkungen von meiner Seite dazu.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 14:34
@Diagnostiker
Nehmen wir mal das rostende Eisen
Sieht so aus, als hätten wir es mit 2 Arten von Veränderung zu tun:

1. die Zustandsänderung eines Objektes, die von der Physik mittels geeigneter Zustandsparameter (Masse, Druck, Temperatur, etc.) beschrieben wird.

2. die Stoffumwandlung von Objekten, die von der Chemie mittels geeigneter Reaktionsparameter (Reaktions-Glg., Stöchiometrie, Stoffkonzentration) beschrieben werden.
Grundsätzlich sind Eigenschaften eines Dinges nur im Kontrast zum Hintergrund auszumachen - also dem, was nicht dieses Ding ist.
Erstaunlich! Das ist das, was man Marxsche (oder Hegelsche) Dialektik nennt (wenn ich dich richtig deute) und diese materialistisch-dialektische Methode halte ich auch für die adäquateste Bewegungs- & Beschreibungsform.
Genau genommen kommt man ohne Relationen nicht aus, um Eigenschaften eines Dinges zu ermitteln - seien es Relationen zu anderen Dingen oder die Relation zum Beobachter.
Wobei man beim Beobachter noch unterscheiden kann zw. einer reinen protokollarischen Beobachtung (Lichtablenkung im G-Feld) und einem Experiment als kontrollierter Wechselwirkung (präpariertes QM-System).

Hilfreich ist Cassirers Unterscheidung der Artikulationsformen:

1. Die naive Form des „Ausdrucks“.
- gekennzeichnet durch Unmittelbarkeit, zB bestimmt Thales das unmittelbar erfahrbare Wasser als Ursubstanz

2. Die fortgeschrittenere Form der „Darstellung“.
- gekennzeichnet durch Mittelbarkeit und beginnender Mathematisierung, zB werden die Objekte in Newtons klassische Mechanik nicht mehr ausdrücklich benannt, sondern durch physikalisch-mathematische Größen repräsentiert: m für Objekte, F für Kräfte und a für beschl. Bewegung.
Es werden qualitative Verhältnisse zwischen Sinneseindrücken ersetzt durch quantitative Verhältnisse zwischen primären Qualitäten oder zumindest zwischen solchen Eigenschaften, die einem externen Messverfahren zugänglich sind.

3. Die weiterentwickelte Form der reinen „Bedeutung“.
- heißt: weitere Mathematisierung von Begriffen – und zwar derart, dass letztlich allein der mathematisch-funktionale Zusammenhang, in dem ein physikalischer Begriff auftaucht, dessen Bedeutung bestimmt, zB wird in der Vereinheitlichten Feldtheorie Materie gar nicht mehr als etwas Gegenständliches aufgefasst, sondern allein als Feld einer mathematischen zu interpretierenden Funktion .
Die Frage, welche Eigenschaften einem Ding zukommen, ist ohne Einbezug des Beobachters, der diese Eigenschaften wahrnehmen und benennen kann, nicht beantwortbar (ganz in Anlehnung an Immanuel Kant, der sagte, dass das "Ding an sich" unerkennbar sei - also das Ding in seinem So-Sein nicht benannt werden kann).
Das ist klar. Ohne Beobachter keine Daten.
Aber dem Kant’schen Ding an sich, der prinzipiellen Unerkennbarkeit kann ich nicht folgen, da ich denke, dass Kant in seinen Voraussetzungen ein paar dicke Kinken sitzen hat! Ich würde „prinzipiell“ durch „approximativ“ ersetzen. (Wir können gerne mal über Kant diskutieren).
Für eine Naturphilosophie sind jedoch auch die von den Naturwissenschaften "unterschlagenen" oder "übergangenen" Eigenschaften relevant, da diese auf das Verhältnis zwischen Mensch (als Beobachter, aber auch als Teilhaber sowie Akteur) und Natur verweisen, indem sie den für die Naturwissenschaften grundsätzlich irrelevanten Bereich der Bedeutung der Natur eröffnen und einer Hinterfragung sowie Deutung zugänglich machen.
An was denkst du dabei?
TangensAlpha schrieb:
[Makrokosmos] Zuständig: ART (bzw. Newton)
Ja, was die naturwissenschaftlichen Theorien betrifft. Naturphilosophisch halte ich den Aspekt des "Eingebettetseins" relevant. Die Naturdinge - einschließlich des Menschen - existieren nicht isoliert voneinander, sondern "wachsen" aus dem Kontext heraus, in dem sie sich eingebettet befinden und wirken ihrerseits auf diesen Kontext beeinflussend zurück - je nach Größe des Objekts mehr oder minder weitreichend und nachhaltig (Wir erleben dies ja gerade in Bezug auf die Auswirkungen menschlicher Aktivität auf die Biosphäre).
Ja, wenn du eingebettet so verstehst, stimme ich dem zu.

Das bedeutet:

1. Einheitlichkeit; die Natur, der Kosmos ist einem „Kern“, einer Ursubstanz entwachsen.
2. universeller Zusammenhang; ergibt sich aus der Einheitlichkeit: was aus dem Einen gewachsen ist, bleibt im Ganzen verbunden.
3. universelle Wechselwirkung; ergibt sich aus dem universellen Zusammenhang: da die „Bewegung“ das allgemeinste Attribut der Materie, ihre Existenzweise ist, speist sich die Wechselwirkung aus dem Zusammenhang und der Bewegung.
TangensAlpha schrieb:
[Mikrokosmos] Zuständig: QM
Diagnostiker schrieb: Auch hier: Ja, das ist Gegenstand der Quantenmechanik, aber auch hier wieder aus naturphilosophischer Sicht der Zusammenhang zwischen "Körnigkeit" der subatomaren Welt sowie der hier ablaufenden Interaktionen, die nur noch mittels komplizierter mathematischer Modelle abgebildet und beschrieben werden kann (inklusive verschiedener Interpretationen der Rechenergebnisse!), und dem rein hypothetischen Konstrukt der nicht möglichen beliebig vornehmbaren Teilbarkeit der Naturdinge, was auf den Atomismus führt.
Hier trifft Cassirers Form der Bedeutung: es geht nicht mehr um anschauliche oder repräsentierte Objekte, sondern um strukturelle mathematische Konzepte, die mit Elementen der Realität höchstens noch korrelieren.
Konnte in den klassischen Theorien noch jedem Raumpunkt ein definitiver Wert zugeordnet werden, gibt es in der Quantenmechanik nur die Zuordnung einer Superposition verschiedener Eigenzustände (Spektrum) der zu messenden Observablen. Das ist ein völlig anderes Konzept.
Die Superposition stellt nunmehr die unter gegebenen Bedingungen erhaltenen Möglichkeiten von Zuständen dar, aus denen in der Wechselwirkung / Messung einer zur Wirklichkeit gebracht wird – das aber nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit.
Chemische Elemente reagieren zu chemischen Verbindungen - Atome verbinden sich zu Molekülen - und es erscheinen neue Eigenschaften, die aus den Eigenschaften der einzelnen chemischen Elemente nicht ableitbar gewesen sind.
Ja, die Systemeigenschaften; habe ich kurz oben angesprochen – müssen wir auch nochmal hinschauen.
Ich neige dazu, in Raum und Zeit leidglich Hilfskonstruktionen des Verstandes zu sehen, …
Das ist gut! Das erspart uns viel Diskussion ums Grundsätzliche…
Auch hier lehne ich mich an Immanuel Kant an
Ja, der gute Immanuel! Er war Newton-Fan, das sieht man seiner KrV an: sein Erkenntnisapparat ist wie nach mechanischen Prinzipien konstruiert.

Und er hatte sowas wie eine „Infektionsphobie“: sein Hausdiener durfte auf keinen Fall das Schlafzimmer lüften; auch das merkt man seinem Werk an: er duldet auch nicht die geringste "empiristische Infektion" an seinem Rationalismus …

Ok. Soweit erstmal.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 15:10
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb am 13.02.2020:Ich denke, hier sollten wir ansetzen.
Ich denke, wir sollten zunächst bei den Voraussetzungen unseres philosophischen Diskurses ansetzen, u.a. etwa Sprache, Semiotik und logisch-semantische Propädeutik. Leider fehlt uns (mir) hierfür die Zeit. Und es soll ja eigentlich auch nicht Thema sein. Und ich hatte wohl auch schon was dazu geschrieben.

Auf der anderen Seite kommt man kaum drumherum, auf gewisse Dinge immer wieder hinzuweisen bzw. hinweisen zu müssen. Die naive Erfahrung und Erkenntnis lehrt ja, dass es - grob - mindestens diese drei "Dinge" oder "Welten" gibt:

- die Welt der Dinge
- die Welt unserer Sprache
- die Welt unserer Gedanken

Also im Prinzip die klassische Dreiteilung in Logos, Psyche und Physis, wie sie sich insbesondere auch im sog. Semiotischen Dreieck widerspiegelt: Ding, Symbol, Begriff (allerdings bevorzuge ich persönlich eher 'Faktum' statt 'Ding' und 'Konzept' statt 'Begriff'). Man muss nicht unbedingt den Wittgenstein lesen, aber sollte sich zumindest bewusst sein, dass unser Bezug zur Realität immer nur mittelbar via Sprache/Gedanken besteht, was ich mal noch einmal an ein paar Beispielen näher zu beleuchten versuchen will:
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb am 13.02.2020:Ganz grob könnte man die Dinge der Natur einteilen in lebendige Dinge (Lebewesen) und in nicht lebendige Dinge (der große Rest).
Hier gehe ich durchaus mit. Nur muss man hier bereits verstehen, dass es diese Einteilung natürlich nicht per se gibt, sondern nur in unserem Kopf. Eine andere Einteilung wäre etwa: katzenartige Dinge und nicht katzenartige Dinge. Oder auch: Geist und Materie. Oder, innerhalb unser Gesellschaft: männlich/weiblich (und neuerdings das "dritte Geschlecht"...). Nicht nur, dass jedwede Einteilung, Klassifikation usw. der Realität lediglich ein Produkt des menschlichen Verstandes sind, sondern natürlich gilt es vor allem auch für die dabei verwendeten Konzepte selbst: Ding, Natur, Geist, Materie, Geschlecht usf. Die Natur selbst kennt all diese Konzepte nicht. Und wir Menschen sind zwar verdammt gut darin, Konzepte wie am laufenden Fließband zu erfinden, um uns die Realität irgendwie begreifbar zu machen, allerdings sind der Realität unsere ganzen Schublädchen herzlich egal.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Einverstanden, dann also zunächst mal die Klassifizierung der Naturobjekte.
Einspruch. Was genau ist bzw. meint "Naturobjekt"...? Und vor allem: Wer oder was entscheidet, was genau alles zu "Naturobjekt" zählt und was nicht...? Was ist bspw. mit Sternhaufen, Ozeanen, Wäldern, Atomen, Teilchen (ggf. virtueller oder verschränkter Natur), Feldern, Observablen, Spin, Ladung oder einem banalen Loch...? :)

Um hier Missverständnissen vorzubeugen: Mir geht es weniger um eine nähere Bestimmung der Bedeutung von "Naturobjekt". Ich hinterfrage vielmehr, inwieweit "Naturobjekt" überhaupt ein viables Konzept ist im Sinne von geeignet, Realität zu begreifen. Zumal hier implizit eine Ding-Ontologie mitschwingt, die ich ebenfalls nicht für hinreichend viabel halte.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Wir haben also 1. Dinge (Objekte, abgrenzbare Strukturen usw.)
Genau das haben wir ja eben nicht. Deshalb finden wir in einer langen Liste von Atommodellen u.a. auch so etwas wie das sog. Orbitalmodell, weil hier nämlich unser (immer noch erfundenes und subjektives) Konzept von "Ding", "Objekt" oder einer abgrenzbare "Struktur" schlichtweg versagt (siehe Link). Es gibt weder Dinge, noch Objekte oder Strukturen, auch keine Eigenschaften, Prozesse or whatever. Etwas ist Sache ("Fakten") und wir nutzen Konzepte, um das, was Sache ist, zu begreifen.

Schon längst reden Elementarteilchenphysiker gar nicht mehr über Teilchen, sondern Felder, Observablen. Und für Vertreter des Ontologischen Strukturenrealismus sind alles, was es gibt, Strukturen:

"Die Diskussion um den Strukturenrealismus erhielt durch einen Aufsatz von James Ladyman (1998) einen neuen Impuls. Ladyman unterscheidet darin zwischen einer epistemischen Variante (ESR) und einer ontischen Variante (OSR) des Strukturenrealismus. Während ESR-Vertreter wie Worrall annehmen, dass sowohl die Relationen zwischen den Objekten und die darauf aufgeprägte Struktur einerseits als auch die die den Objekten zugrundeliegenden intrinsischen Eigenschaften andererseits existieren, wir aber zu diesen epistemisch keinen Zugang haben, behaupten dagegen OSR-Vertreter, dass es solche Objekte als Träger einer Struktur gar nicht gibt. In einem eliminativen Sinne existieren demnach ausschließlich Strukturen, und zwar Strukturen als physikalische Relationen, jedoch keine Objekte, die als Relata in den Relationen fungieren und durch ihre intrinsischen Eigenschaften die Relationen und damit die zwischen ihnen bestehenden strukturellen Beziehungen begründen (Ladyman 1998)."
Wikipedia: Strukturenrealismus

Mein eigener Standpunkt ist hier kurz und knapp: Auch hinter "Struktur" steckt letztendlich wieder nur ein (erdachtes und erfundenes) Konzept, wo sich weniger die Frage nach dem ontologischen Status stellt, sondern vielmehr die Frage nach der Viabilität. An und für sich ist ja auch schon das klassische "Ding" ein recht viables Konzept, um sich im Alltag bzw. Mesokosmos zurechtzufinden. Aber es versagt bereits in Kombination mit simplen anderen Konzepten wie etwa Ozean, Gebirge oder Wald, die sich offenbar schlecht als "Dinge" konzeptionalisieren lassen, nichtsdestotrotz aber genauso real sind wie Elektronen oder Quarks.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:D. Räume & Zeit
Realer 3D-Ortsraum; mathematischer Phasen-, Riemann-, Hilbertraum, etc.
Zeit: problematisch, weil keine Observable, nicht direkt messbar => kein Element der Natur sondern mathem. Hilfsgröße?
Hier haben wir dann schon Hilfskonstrukte, aber keine Dinge mehr.
Naja, genau genommen hat sich nix geändert, wir reden - auch hier - immer noch über Konzepte, insbesondere mathematische Konzepte. Ontologisch unterscheiden sie sich aber nicht von physikalischen Konzepten - Stichwort "Atommodell" (s.o.). Und natürlich sind mathematische Konzepte nicht real, physikalische Konzepte aber auch nicht. Nicht das Orbitalmodell selbst ist real, sondern nur das, was Sache ist ("Ding") und mit Hilfe von Konzepten bis hin zu ganzen Modellen wie jenem Orbitalmodell begreifbar gemacht, beschrieben oder gedacht werden soll.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Wir erkennen, dass sich Dinge irgendwo befinden und ihren Aufenthaltsort verändern, wenn sie sich bewegen. Wir erkennen weiterhin, dass die Ortsveränderung allmählich - also mit einer bestimmten Dauer - vonstatten geht. Aus beiden Phänomenen (Ort und Dauer) schließen wir auf das Vorhandensein eines Raumes und einer Zeit, in die das beobachtbare Geschehen der beobachtbaren Objekte eingebettet ist.
Das Verständnis für die meisten (einfachen, alltäglichen) Konzepte entwickelt man ja schon im Kindes- und Jugendalter, insofern kann ich dir hier bei deinen nachfolgenden Ausführungen natürlich folgen und stimme dem - auch vor dem Hintergrund meiner bisherigen Ausführungen - soweit auch zu. Und letztendlich haben wir Menschen ja auch keine andere Wahl, als uns eben irgendwelcher Konzepte, die uns gerade zur Verfügung stehen (wie "Ding", "Raum", "Zeit", "Ort", "Lage", "Bewegung"...), zu bedienen, um Realität zu konzeptionalisieren und zu begreifen.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Über den ontologischen Status von Raum und Zeit müssten wir noch genauer nachdenken. Vorerst lassen wir die Existenz von Raum und Zeit einfach mal unhinterfragt im Raum stehen ... ;)
Nun... Raum besteht offensichtlich aus vier Buchstaben, genauso wie Zeit, so dass wir die Problematik ganz offensichtlich vereinfachen und auf die Frage nach dem ontologischen Status von Buchstaben reduzieren können. ;)

Wir haben uns natürlich längst angewöhnt, Worte bzw. Bezeichnungen in Anführungszeichen zu setzen, wenn wir Missverständnisse vermeiden und deutlich machen wollen, dass die Bezeichnung (im Semiotischen Dreieck: "Symbol") selbst gemeint ist, also weder das Faktum ("Ding"), noch das Konzept ("Begriff"). Ich hab sie hier absichtlich weggelassen. In der Regel geht das auch aus dem Kontext hervor, wenn die Bezeichnung selbst gemeint ist (wie in obiger Aussage). Schwieriger ist es bei der Unterscheidung von Konzepten und Fakten, wo wir syntaktisch nicht, selten oder nur dürftig unterscheiden tun (und wenn mich nicht alles täuscht, entzündet sich auch der komplette Universalienstreit daran...). Allerdings sind wir gewohnt, bei mathematischen Bezeichnungen (bspw. 'Hilbert-Raum' oder 'Kreis') stets an (gedachte) Konzepte zu denken, bei physikalischen Bezeichnungen (bspw. 'Atom' oder 'Ladung') hingegen an (reale) Dinge bzw. Fakten (etwas, das Sache ist). Entsprechend ziehen wir so unsere (Fehl-)Schlüsse und sagen, dass Atome existieren, Kreise hingegen nicht. Und Zahlen schon mal gar nicht (was allerdings und übrigens problematisch vor dem Hintergrund des Begriffs der Messung und der physikalischen Größe ist...). Mindestens im Falle des Atoms sollte aber einleuchtend sein, dass wir es hier sowohl mit realen Sachverhalten zu tun haben (Fakten), wie auch mit gedachten Vorstellungen und Modellen (Konzepten) - siehe noch einmal die Liste der Atommodelle. Und Gleiches gilt natürlich auch für den Meso- und Makrokosmos (wie schon anhand vom Ex-Planeten "Pluto" dargelegt...).

Aber ich schweife etwas ab. Lange Rede, kurzer Sinn: Mit Blick auf's Semiotische Dreieck reden wir auch hier über Bezeichnungen, Konzepte und Fakten. Dass die Bezeichnungen 'Raum' und 'Zeit' aus vier Buchstaben bestehen, hatten wir ja schon festgestellt. Dann haben wir noch die Konzepte von Raum und Zeit, welche zunächst vor allem von Newton ausgearbeitet wurden, später durch Einstein & Co. aber verworfen bzw. grundlegend überarbeitet und durch das vereinheitlichte Konzept einer Raumzeit ersetzt. Die Frage nach dem ontologischen Status von Konzepten ist relativ leicht und schnell zu beantworten: ontologisch gleichwertig mit allem, was sich sonst so in unserem Kopf abspielt. Also irgendwie schon real (in meinem Kopf, in deinem Kopf... in Newtons Kopf, in Einsteins Kopf...), aber eben nur als "Konzept", "Gedankending", "Vorstellung"... whatever. Aber was anderes haben wir nicht, um uns das, was Sache ist (Realität, Fakten...), so gut es geht begreifbar zu machen. Und der ontologische Status von dem, was Sache ist (Realität, Fakten...), dürfte klar sein. ;)

Oder anderes gesprochen: Es gibt nicht Raum und Zeit, sondern nur etwas, das wir uns mit Hilfe von Konzepten wie "Raum" und "Zeit" begreifbar zu machen versuchen (wobei dieses Etwas quasi per definitionem real ist).


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 16:17
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Die Frage, welche Eigenschaften einem Ding zukommen, ist ohne Einbezug des Beobachters, der diese Eigenschaften wahrnehmen und benennen kann, nicht beantwortbar (ganz in Anlehnung an Immanuel Kant, der sagte, dass das "Ding an sich" unerkennbar sei - also das Ding in seinem So-Sein nicht benannt werden kann).
Auch die Bezeichnung 'Eigenschaft' mag sich zwar auf reale Fakten beziehen ("Eigenschaften an sich"), allerdings nur mittelbar, d.h. über ein mit der Bezeichnung 'Eigenschaft' korrespondierendes, insbesondere gedachtes und erfundenes Konzept, welches spätestens im Falle von "Quantenobjekten" (another Konzept again...) an seine Grenzen stößt, um nicht zu sagen: grandios versagt.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Ich neige dazu, in Raum und Zeit leidglich Hilfskonstruktionen des Verstandes zu sehen, die uns zwar behilflich sind, um uns in der Wirklichkeit zu orientieren und die Wirklichkeit zu strukturieren, damit wir in ihr agieren und vorausschauend interagieren können, aber für sich genommen keine Entitäten sind, denen auf dieselbe Weise eine Existenz zukommt wie sie einem Ding zukommt, welches wir wahrnehmen.
Du bist schon auf der richtigen Spur, denkst meines Erachtens nur nicht konsequent zu Ende. Natürlich sind Raum und Zeit lediglich Hilfskonstruktionen, d.h. erdachte und erfundene Konzepte. Nur gilt das eben für alle unsere Konzepte! - Also meinetwegen bspw. Apfel, Autobahn oder Atom. Oder Raum, Zeit, Toaster, Banane, Klobürste oder Tisch... eine explizite Liste wäre müßig, denn es gibt hier, wie gesagt, keine Ausnahmen. Und ja, dass wir hier letztendlich immer nur über erdachte und erfundene Konzepte reden, die wir der Realität aufstempeln, gilt natürlich auch für Ding - ein Konzept, welches aber spätestens im Falle des Phänomens der sog. "Quantenverschränkung" ebenfalls an seine Grenzen stößt, um nicht zu sagen: grandios versagt.

Es lässt sich zwar keine Aussage über die "Welt an sich" treffen, ohne dabei auf (erdachte und erfundene) Bezeichnungen und Konzepte zurückgreifen zu müssen, aber schon die Verdinglichung der Wirklichkeit ist natürlich nichts weiter als Menschenwerk und gilt es, kritisch zu hinterfragen. Und wo du bspw. Dinge siehst, sehen andere Menschen Prozesse oder Strukturen, so dass sich letztendlich zwar alle auf die gleichen Fakten (und letztendlich auf ein- und dieselbe Realität) zu beziehen versuchen, dabei aber mit teils völlig verschiedenen Konzepten hantieren.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Ja, in den fortgeschrittenen Theorien wird das so beschrieben und die experimentellen Tests bestätigen diese Beschreibungen bis jetzt sehr zuverlässig, aber Raum und Zeit - als vierdimensionale Raumzeit geometrisch beschrieben - stellen hier ein mathematisches Konstrukt dar und keine physisch wahrnehmbare Entität.
Das mag vielleicht sein, gilt aber bspw. auch für den Abstand zwischen Erde und Mond, der sicherlich genauso real und faktisch gegeben ist wie Erde und Mond selbst. Dass wir in gewissen Fällen mathematische Konzepte benötigen, um diverse reale Sachverhalte darzustellen, ändert ja nix an der Realität und Faktizität eben jener (realen) Sachverhalte.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Das ist ein völlig anderes Konzept.
Natürlich... darum geht es mir ja die ganze Zeit: Wir Menschen sind wahre Meister darin, permanent neue Konzepte zu erfinden, um uns das, was Sache ist ("Realität"), irgendwie begreifbar zu machen. :)


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 16:57
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Sieht so aus, als hätten wir es mit 2 Arten von Veränderung zu tun:

1. die Zustandsänderung eines Objektes, die von der Physik mittels geeigneter Zustandsparameter (Masse, Druck, Temperatur, etc.) beschrieben wird.

2. die Stoffumwandlung von Objekten, die von der Chemie mittels geeigneter Reaktionsparameter (Reaktions-Glg., Stöchiometrie, Stoffkonzentration) beschrieben werden.
Und dann hätten wir noch die Lageänderungen relativ zu anderen Dingen, Kraftwirkungen zwischen Dingen usw. - also Veränderungen, die nicht nur dem einzelnen Ding für sich zukommen, sondern mehreren Dingen im Kontext zueinander zukommen.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Das ist das, was man Marxsche (oder Hegelsche) Dialektik nennt
Schon möglich, aber ich habe es nicht so mit mehr oder minder großen Vorbildern, da man dann schnell dazu neigt, sich nur noch mit den Vorbildern und deren Denkweisen auseinanderzusetzen, statt mit der Natur, um die es hier geht. Und da strenge ich lieber meinen eigenen Kopf an, um zu für mich zunächst plausiblen Folgerungen zu kommen, die man dann hinterher immer noch kritisch hinterfragen und ggf. korrigieren kann, sofern sich neue Einsichten aus neuen Aspekten ergeben, die ich zuvor nicht bedacht hatte. Aber dazu sind wir ja hier ...
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Hilfreich ist Cassirers Unterscheidung der Artikulationsformen:
Na ja, Cassirer betreibt da so etwas wie Historie, wenn er da in drei Typen unterscheidet. Ich habe das hier ja (ohne auf Cassirer zurückzugreifen) bereits praktiziert: Wir gehen vom naiven Realismus aus und sehen dann, wie wir vorankommen, wenn wir genauer hinsehen und auf die Dinge achten sowie wie sich Dinge zueinander verhalten. Dann gelangt man irgendwann auf Prozesse, die sich wiederholen, so dass sich Regelmäßigkeiten ableiten lassen, die man dann z.T. mathematisch als Term und Formel ausdrücken lassen, so dass man weiterrechnen kann usw. - also das, was unsere Altvorderen über die Jahrhunderte hinweg auch getan hatten.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Aber dem Kant’schen Ding an sich, der prinzipiellen Unerkennbarkeit kann ich nicht folgen
Das besagt schlicht, dass wir die Dinge stets gefiltert oder gebrochen durch den subjektiven Wahrnehmungsapparat erfassen und niemals unmittelbar in ihrem So-Sein, so dass wir zwar eine Menge Daten über ein Ding mittels unseres Verstandes generieren und extrahieren können, aber dann nicht das Ding in seinem So-Sein erkannt haben, sondern in seinem "Für-uns-Sein" (wenn wir die intersubjektiv kommunizierbare sprachliche Form der Erkenntnisse betrachten).
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:An was denkst du dabei?
Zum Beispiel ästhetische Eigenschaften - wie fühlt sich etwas an, wenn ich es beobachte, wie wirkt es auf mich, erweckt es mein Interesse oder langweilt es mich, hat es für mich eine Bedeutung - wenn ja, welche, kann ich etwas damit anfangen oder stört es mich nur usw. usw. - alles phänomenologische sachverhalte, die für eine naturwissenschaftliche Untersuchung irrelevant sind, aber für mich als Beobachter, der sich philosophisch mit den Dingen auseinandersetzen will, die sich mir als Natur darbieten.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Das bedeutet:

1. Einheitlichkeit; die Natur, der Kosmos ist einem „Kern“, einer Ursubstanz entwachsen.
2. universeller Zusammenhang; ergibt sich aus der Einheitlichkeit: was aus dem Einen gewachsen ist, bleibt im Ganzen verbunden.
3. universelle Wechselwirkung; ergibt sich aus dem universellen Zusammenhang: da die „Bewegung“ das allgemeinste Attribut der Materie, ihre Existenzweise ist, speist sich die Wechselwirkung aus dem Zusammenhang und der Bewegung.
Lassen wir die "Ursubstanz" mal außen vor - die ist ja bereits ein abgeleitetes Konstrukt - erscheinen uns die Dinge als prozessual zu einem Ganzen verwoben, in welches wir selber als Beobachter ebenfalls eingebunden sind. Daraus ergibt sich, dass wir die Natur stets aus der Binnenperspektive wahrnehmen und deuten können und niemals aus einer Außenperspektive - so, als wären wir selber nicht Natur, sondern Nicht-Natur oder Über-Natur oder Außer-Natur - was dann wiederum zu der Schlussfolgerung führt, dass wir uns gewissermaßen wie Münchhausen am eigenen Zopf aus dem Sumpf der Befangenheiten (und damit unhintergehbaren Vorurteilen) herauszuziehen versuchen, ohne jemals herauszukommen (im Unterschied zu Münchhausen, wenn man seiner Geschichte glauben mag ... :D ).
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:es geht nicht mehr um anschauliche oder repräsentierte Objekte, sondern um strukturelle mathematische Konzepte, die mit Elementen der Realität höchstens noch korrelieren.
Oder anders: Wir passen uns das mathematische Konstrukt so an, dass es zu den Beobachtungen passt. So lange die Beobachtungen mit den vorausberechneten Resultaten übereinstimmen, behalten wir das Konstrukt bei. Miss man Unstimmigkeiten, wird das Konstrukt präzisiert. Analog verlief die Präzisierung der Newtonschen Physik nach der unerwarteten Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zur SRT - und später zur ART, die dann die Periheldrehung der Merkurbahn vorausberechenbar werden ließ.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Ja, der gute Immanuel! Er war Newton-Fan
Und er entwarf auf der Basis der Newtonschen Mechanik eine erste wissenschaftliche Theorie der Entstehung des Sonnensystems, die er auch auf die Entstehung der Sternsysteme ausweitete, obwohl die Galaxien zu seiner Zeit (1755) noch gar nicht als extragalaktische Objekte erkannt worden sind.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:sein Erkenntnisapparat ist wie nach mechanischen Prinzipien konstruiert.
Na gut, im 18. Jahrhundert war der Mechanizismus Descartes-scher Prägung gewissermaßen Zeitgeist (z.B. LaMettrie "L'Homme machine").


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 17:54
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:sollte sich zumindest bewusst sein, dass unser Bezug zur Realität immer nur mittelbar via Sprache/Gedanken besteht
Vor allen Dingen mittels unserer Sinnlichkeit. Sprache und Gedanken verweisen mittels Symbolen (Laute, Wörter, Begriffe usw.) auf sinnliche Erfahrungen und erlauben eine Abstrahierung mittels Grammatik, so dass sich über die Sprache neue Sinnzusammenhänge ergeben können, die mit der sinnlichen Erfahrung abgeglichen werden können - also analog zum wissenschaftlichen Vorgehen, aber noch nicht streng systematisch und methodisch stringent, wie bei der experimentellen Methode.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Nur muss man hier bereits verstehen, dass es diese Einteilung natürlich nicht per se gibt, sondern nur in unserem Kopf.
Natürlich. Wir als Beobachter nehmen diese Einteilung willkürlich vor, weil uns ein gewisser Bruch zwischen lebendigen und nicht lebendigen Dingen auffällt - bereits bei Pflanzen und Pilzen wird es jedoch manchmal schwierig, sie als lebend zu erkennen, wenn man Tiere zum Vergleich hat, mit denen man als Beobachter auch etwas "er-leben" kann.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Die Natur selbst kennt all diese Konzepte nicht. Und wir Menschen sind zwar verdammt gut darin, Konzepte wie am laufenden Fließband zu erfinden, um uns die Realität irgendwie begreifbar zu machen, allerdings sind der Realität unsere ganzen Schublädchen herzlich egal.
Dem stimme ich zu, aber da wir als Menschen nun mal der Natur auf eine Weise ausgesetzt sind, die sie uns als eine Vielfalt von Dingen und Prozessen wahrnehmbar werden lässt, müssen wir nun mal Konzepte erfinden, um die Natur in eine verstehbare Ordnung zu bringen. Da kommen wir nicht drumherum - auch wenn wir dabei Münchhausen spielen ... ;)
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Was genau ist bzw. meint "Naturobjekt"...?
Etwas, was uns als Gegenstand in Erscheinung tritt und (mutmaßlich, bis zum Beweis des Gegenteils) von selbst entstanden ist.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Wer oder was entscheidet, was genau alles zu "Naturobjekt" zählt und was nicht...?
Zunächst mal der Beobachter, in der Folge im Diskurs mit anderen Menschen eine Gruppe von Beobachtern, sofern sie sich in der Beurteilung darüber einig sind, ob es sich um ein Naturobjekt handelt oder um ein Kulturerzeugnis.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Ich hinterfrage vielmehr, inwieweit "Naturobjekt" überhaupt ein viables Konzept ist im Sinne von geeignet, Realität zu begreifen.
Das wird sich in der Praxis herausstellen. Wenn es ungeeignet ist, wird man irgendwann auf Grenzen stoßen, die es geboten erscheinen lassen, dieses Konzept durch ein anderes zu ersetzen. Die Frage ist dann, welches Konzept viabler ist als das vorherige.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Genau das haben wir ja eben nicht.
Doch, die Dinge im Sinne von abgrenzbaren Strukturen, die eine Gestalt haben, haben wir durchaus. Bäume, Steine, Pilze, Menschen, Ameisen usw. - alles abgrenzbare Strukturen im Mesokosmos, die wir als Dinge erkennen und benennen können.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Deshalb finden wir in einer langen Liste von Atommodellen u.a. auch so etwas wie das sog. Orbitalmodell, weil hier nämlich unser (immer noch erfundenes und subjektives) Konzept von "Ding", "Objekt" oder einer abgrenzbare "Struktur" schlichtweg versagt (siehe Link).
Diese Modelle beschreiben die Atome aber auch als abgrenzbare Strukturen, die - jede für sich - noch eine innere Strukturiertheit aufweisen, was die Anordnung und Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Elementarteilchen betrifft.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Es gibt weder Dinge, noch Objekte oder Strukturen, auch keine Eigenschaften, Prozesse or whatever.
Doch, die gibt es schon, allerdings mit der Einschränkung, dass sie in ihrer Beschaffenheit auf den Beobachter bezogen verstanden werden (siehe dazu den Verweis auf Kants "Ding an sich"!).
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Etwas ist Sache ("Fakten") und wir nutzen Konzepte, um das, was Sache ist, zu begreifen.
Das widerspricht nicht dem, was ich über Dinge und Prozesse sage, wenn ich über Naturdinge rede. Ja, wir nutzen Konzepte, aber ein Löwe in der Savanne ist immer noch ein Löwe, der mich fressen kann, wenn ich mich falsch verhalte. Dabei ist es egal, was der Löwe an sich ist, für mich ist er eine Gefahr, der ich entrinnen muss. Das ist das, was ich in diesem Fall an der "Sache" begreifen muss, um mich mit dem "Konzept" Löwe auseinanderzusetzen. Der Löwe ist ein Faktum - ein Ding, was real existiert. Das genügt als "Konzept".
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:An und für sich ist ja auch schon das klassische "Ding" ein recht viables Konzept, um sich im Alltag bzw. Mesokosmos zurechtzufinden. Aber es versagt bereits in Kombination mit simplen anderen Konzepten wie etwa Ozean, Gebirge oder Wald, die sich offenbar schlecht als "Dinge" konzeptionalisieren lassen, nichtsdestotrotz aber genauso real sind wie Elektronen oder Quarks.
Ozeane, Gebirge oder Wälder sind Ansammlungen von Dingen, die sich zu einer neuen Ganzheit fügen, die man zwar nicht mehr scharf abgrenzen kann, wie man die diese Ganzheiten konstituierenden Einzeldinge abgrenzen kann, aber dennoch sinnvoll unter einen Begriff subsummiert werden können, so dass man verstehen kann, was man mit diesen Begriffen bezeichnet. Was Elektronen und Quarks betrifft, sind sie schlicht nicht groß genug, um als Dinge auf übliche Weise erkannt und wahrgenommen zu werden, so dass man auf entsprechend geeignete Geräte zurückgreifen muss, um aus ihren Wirkungen auf ihr Vorhandensein zu schließen.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Und letztendlich haben wir Menschen ja auch keine andere Wahl, als uns eben irgendwelcher Konzepte, die uns gerade zur Verfügung stehen (wie "Ding", "Raum", "Zeit", "Ort", "Lage", "Bewegung"...), zu bedienen, um Realität zu konzeptionalisieren und zu begreifen.
Ja.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Es gibt nicht Raum und Zeit, sondern nur etwas, das wir uns mit Hilfe von Konzepten wie "Raum" und "Zeit" begreifbar zu machen versuchen (wobei dieses Etwas quasi per definitionem real ist).
Die Frage, die noch zu erörtern ist, ist die nach dem Vorhandensein von einem Etwas, was man als Raum oder als Zeit bezeichnet. Vorhanden sind Dinge, die sich voneinander unterscheiden lassen und somit einen Abstand voneinander haben, aber bereits der Begriff Abstand bezeichnet nicht irgendein Ding, sondern genau genommen nichts. Ebenso die Veränderung von Dingen, die eine gewisse Dauer beansprucht. Auch die Dauer bezeichnet im Grunde genommen nichts. Wir bemerken zwar Veränderungen, aber die Zeit denken wir uns nur dazu, ebenso wie den Raum, wenn wir zwei oder mehrere Dinge sehen, die voneinander verschieden sind.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Auch die Bezeichnung 'Eigenschaft' mag sich zwar auf reale Fakten beziehen ("Eigenschaften an sich"), allerdings nur mittelbar
Natürlich mittelbar - aber das hatte ich ja nun bereits mehrfach bestätigt.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Konzept, welches spätestens im Falle von "Quantenobjekten" (another Konzept again...) an seine Grenzen stößt, um nicht zu sagen: grandios versagt.
Auch hier der Hinweis darauf, dass Quantenobjekte im subatomaren Bereich lediglich aus ihren Wirkungen erschlossen werden, aber nicht direkt beobachtet werden können. Die mathematischen Modelle, die diesen Bereich beschreiben, sind entsprechend angepasst worden, um Quantenobjekte bzw. deren Wirkungen vorherzusagen sowie die gewonnenen Daten entsprechend zu interpretieren.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Und wo du bspw. Dinge siehst, sehen andere Menschen Prozesse oder Strukturen, so dass sich letztendlich zwar alle auf die gleichen Fakten (und letztendlich auf ein- und dieselbe Realität) zu beziehen versuchen, dabei aber mit teils völlig verschiedenen Konzepten hantieren.
Das kommt darauf an, wie genau man wo genau hinsieht, um ein Ding zu untersuchen. Aus naiv-realistischer Sicht haben wir es zunächst mit Dingen zu tun, mit denen uns die Natur konfrontiert, aber eben auch mit Prozessen, die sich über die Veränderung von Dingen bemerkbar machen. Und dass Dinge in sich strukturiert sind sowie Dinge daran beteiligt sein können, größere Strukturen aufzubauen, ist ja keine Entkräftung des Fakts, dass wir in der Natur Dinge erkennen und wahrnehmen können und von anderen Dingen unterscheiden können, so dass wir sie abgrenzen können.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 20:27
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Und dann hätten wir noch die Lageänderungen
Ich würde diese den Zustandsänderungen zuordnen. Das ist vllt. Geschmacksache; irgendjemand hat mal gesagt, dass im Grunde alle Messungen letztendlich Ortsmessungen sind, was für eine Sonderstellung sprechen würde.

Was mich jetzt an dieser Stelle interessiert, ist das Verhältnis der Ebenen Physik / Chemie bzw. Reduktionismus / Emergentismus.
Was heißt "reduzierbar"? Sind die Gesetze der Chemie nur vergröberte Gesetze der Physik?
Was heißt "emergieren"? Gibt es chemische Eigenschaften, die wirklich völlig neu sind?
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Schon möglich, aber ich habe es nicht so mit mehr oder minder großen Vorbildern
Wenn ich ein paar nützliche Gedanken aufgreife, heißt das nicht, dass ich mich mit der gesamten Philosophie identifiziere.
TangensAlpha schrieb:
Aber dem Kant’schen Ding an sich, der prinzipiellen Unerkennbarkeit kann ich nicht folgen
Diagnostiker schrieb: Das besagt schlicht,...
Ich kenne Kant. Ich meinte, dass ich ihm nicht zustimmen kann.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Lassen wir die "Ursubstanz" mal außen vor - die ist ja bereits ein abgeleitetes Konstrukt
Nix da! Ursubstanz oder -feld ist ein Grundbegriff und Grundbegriffe sind eben nicht abgeleitet, im Gegenteil: die Begriffe "2. universeller Zusammenhang und 3. universelle Wechselwirkung" werden aus ihm abgeleitet.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Analog verlief die Präzisierung der Newtonschen Physik nach der unerwarteten Konstanz der Lichtgeschwindigkeit zur SRT - und später zur ART, die dann die Periheldrehung der Merkurbahn vorausberechenbar werden ließ.
Vllt. sollten wir ins den Übergang von Klassischer Mechanik zu QM und ART genauer ansehen.
Zitat von DiagnostikerDiagnostiker schrieb:Na gut, im 18. Jahrhundert war der Mechanizismus Descartes-scher Prägung gewissermaßen Zeitgeist (z.B. LaMettrie "L'Homme machine").
Na, ich glaube, das hätte Kant jetzt nicht lesen dürfen :-). Was er an der klassischen Mechanik bewunderte, war der streng axiomatische Aufbau nicht die philosophischen Implikationen.


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Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?

16.02.2020 um 21:31
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Ich würde diese den Zustandsänderungen zuordnen.
Was hat eine Lageänderung mit dem Zustand des Objekts zu tun, dessen Lage sich ändert?
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Was heißt "reduzierbar"? Sind die Gesetze der Chemie nur vergröberte Gesetze der Physik?
Chemie ist grob gesehen nichts weiter als die Beschreibung der Wechselwirkungen zwischen den Außenschalen der Atomhüllen der beteiligten Elemente. Die chemischen Eigenschaften leiten sich aus den Beschaffenheiten der Atome der Elemente ab. Aber - und da wird es eben spezifisch - je komplexer die Moleküle werden, um so komplexer werden die Zustandsgleichungen, um sie quantenmechanisch zu beschreiben, so dass man in der Chemie in der Regel nicht mehr auf Quantenmechanik zurückgreift, sondern auf z.B. stöchiometrische Gleichungen, die ebenso hinreichend genaue Vorhersagen liefern.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Was heißt "emergieren"? Gibt es chemische Eigenschaften, die wirklich völlig neu sind?
Na ja, solche Sachen wie Schmelzpunkt, Siedepunkt, Dichte, Farbe, Konsistenz usw. lassen sich nicht physikalisch aus den Elementen ableiten, die dann die Moleküle konstituieren. Insofern haben wir bei den Verbindungen neue Eigenschaften, die sich im Ergebnis nach einer chemischen Reaktion einstellen. Beispiel: Kochsalz aus Natrium und Chlor.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Wenn ich ein paar nützliche Gedanken aufgreife, heißt das nicht, dass ich mich mit der gesamten Philosophie identifiziere.
Das mag wohl so sein, aber erfahrungsgemäß neigt man dann in Diskussionen oft dazu, sich in weitere philosophische Gedanken zu vertiefen, die über die nützlichen Gedanken hinausgehen und vor allen Dingen vom eigentlichen Gesprächsthema abschweifen lassen. Darum mein Hinweis bezüglich Marx, Engels oder Cassirer - ja, mag sein, dass es da Parallelen oder Analogien gibt, aber wir sollten das nicht überstrapazieren. Wenn Du das ebenso siehst, ist ja alles in Ordnung.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Ich meinte, dass ich ihm nicht zustimmen kann.
Du hattest geschrieben, dass Du ihm hierbei nicht folgen kannst. Präziser wäre gewesen, wenn Du geschrieben hättest, dass Du ihm hierbei nicht folgen willst, dann hätte sich das Missverständnis nicht ergeben.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Ursubstanz oder -feld ist ein Grundbegriff und Grundbegriffe sind eben nicht abgeleitet
Doch, denn diesen Grundbegriff hast Du abstrahiert, indem Du geschlussfolgert hast, dass es eine solche Ursubstanz geben müsse, weil es jetzt eine (oder mehrere) Substanz(en) gibt, so dass sich alles auf eine einzelne und einzige Ursubstanz zurückführen lassen muss,aus der sich alles weitere abgeleitet und entwickelt hat - auch wenn Du das nicht explizit hingeschrieben hattest. Und dieses Vorgehen ist nun mal ein Konstruieren - und damit Deine hypothetische Ursubstanz ein Konstrukt, das aus dem Jetzt-Zustand abgeleitet worden ist.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Vllt. sollten wir ins den Übergang von Klassischer Mechanik zu QM und ART genauer ansehen.
Dazu gibt es eine Fülle an wissenschaftshistorischen Ausarbeitungen. Bei Bedarf tut es auch eine Verlinkung zur Wikipedia, falls es nötig sein sollte. Die Frage ist nur, ob es nötig ist und ob es in Bezug auf Naturphilosophie etwas bringt.
Zitat von TangensAlphaTangensAlpha schrieb:Was er an der klassischen Mechanik bewunderte, war der streng axiomatische Aufbau nicht die philosophischen Implikationen.
Vor allen Dingen bewunderte Kant, dass sich mit einigen wenigen Grundannahmen eine ganze Welt - einschließlich einer "Allgemeinen Naturgeschichte des Himmels und der Weltkörper" beschreiben lässt. Was er dann daraus über die Beschaffenheit der Bewohner der Planeten abgeleitet hatte, ist allerdings als Kuriosum sehr vergnüglich ... :D


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