Sich ausnutzen lassen - eigene Dummheit?

Hallo ihr, ich wollte euch fragen, wie geht ihr damit um, wenn ständig Erwartungen an euch gerichtet werden und ihr diese aus Pflichtgefühl oder vielleicht sogar Altruismus erfüllt, euch aber schlecht dabei fühlt?

Bei mir ist es so, dass mein Onkel vor ein paar Monaten gestorben ist und ich einige Monate lang alles für ihn und meine Tante getan habe. Gänge zu Ämtern, Ärzten, Organisation von allem möglichen, die Tante täglich nach meiner eigenen Arbeit überall hingefahren. Ich habe meinen Onkel an meinem Geburtstag in den Tod begleitet, habe die Beerdigung organisiert und alle Verträge auf meine Tante umschreiben lassen. Ich säubere ihren Garten, kümmere mich um Banksachen, soll das Auto des Onkels nun verkaufen, fahre sie einkaufen und all das neben meinem eigenen Leben.
Heute hat sie mich gebeten ihre Post zu sichten. Das Testament sei eröffnet worden und die verstehe das alles ja nicht. In dem Testament steht, die beiden haben vor meiner Geburt ihre Großnichte als Schlusserbin einsetzen lassen. Meine Tante sagte lakonisch, das wolle sie auch so stehen lassen und ihre Ruhe haben. Dann sagte sie, hinter dem Testament steht ja noch, dass das Grundbuch ja noch geändert werden müsse auf den Namen meiner Tante, wann das denn geschehen solle. Ich bin wie vor den Kopf gestoßen, dass ich alles für sie tun soll, aber ihre Erbin soll die Großnichte sein, welche sich bisher nicht ein Mal hat blicken lassen, über die die Tante sich ständig aufregt, dass sie sich nie meldet.
Ich frage mich, bin ich zu gutmütig? Es geht mir nicht um die Erbsumme. Hätte Tante nichts, hätte ich ihr genauso geholfen. Aber praktisch gesagt zu bekommen ''hier ist Post,kümmere dich mal ach und übrigens, all das hier machst du für meine Großnichte '' tut mir gerade sehr weh und ich weiß nicht recht, wie ich damit umgehen soll.

@Arachnoidea

Tja bei Geld hat schon immer die Freundschaft aufgehört.

Wenn du ganz ehrlich in dich hinein horchst, dann frag dich, ob du dir für deine Hilfe ein Teil des Erbe erhofft hast. Wenn nicht, dann dürftest du jetzt keine Enttäuschung spüren, maximal verwundert sein.

Falls du es doch erhofft hast oder denkst dir stünde es zumindest aus Dankbarkeit in Teilen zu, dann geh zu deiner Tante und sag ihr ehrlich und höflich deine Meinung. Erläutere dass du dich undankbar behandelt fühlst und dass du von nun an Abstand nehmen wirst von persönlicher Hilfe, schließlich gibt es noch weitere Verwandte die helfen können und es macht dich kaputt diese Selbstaufopferung zu betreiben.

@Bruderchorge
Kommt wahrscheinlich auch drauf an ob einer jemandem immer zur Seite stand und befreundet war und die Person dann dennoch jemand anderes beerbt der sich nie blicken ließ und auch verwandtschaftlich nicht nähersteht als man selbst.
Aber das ist dann eher schmerzhaft weils als fehlenden Dank und Wichtigkeit wahrgenommen wird, nicht weil man kein Geld bekommt. Ist wie wenn man jemanden mag und deswegen was für ihn tut aber dann merkt dass nie auch nur ein Dank rüberkommt, das kann ab einem gewissen Punkt dann nur noch als Egoismus der Person verstanden werden was somit auch bedeutet dass die Freundschaft in gewisser Hinsicht eine Lüge war.

Ich half auch schon Leuten, meiner Mutter einer bestimmten Person noch mehr, aber keiner ist wütend dass wir keinen Cent abgekamen. Allerdings wars hier auch nicht die Schuld der Sterbenden, daher sind die Fälle zu anders ums zu beurteilen. Erbe wird ja auch als sowas wie ein geschenk verstanden, wie wenn du gut mit jemanden befreundet bist und ihm auch oft was schenkst aber selbst nichtmal zu Weihnachten was bekommst, dafür aber ein anderer. Denke damit haben manche eher Probleme als mit dem Geld. Natürlich sind viele auch nur aufs Geld aus das ist klar. Aber das merkt man dann meist weil die vorher nie was getan haben und erst wenn der Betroffene todkrank ist plötzlich helfen.

Du schreibst, die Erbin wurde bereits vor Deiner Geburt bestimmt.
Womöglich war die Angelegenheit damit für Deinen Onkel erledigt und ihm kam schlichtweg nie der Gedanke an eine Änderung.
Womöglich bist Du auch in irgendeiner anderen Form gut "versorgt" (guter Job, Wohneigentum?), die Großnichte aber nicht?
Du sagst, Du bist etwas traurig-verwundert, aber es geht Dir nicht um die Erbsumme als solches, dann versuche, es abzuhaken.
Sollte Deine Tante weiterhin "Aufgaben" für Dich haben, könntest Du freundlich, aber bestimmt um Erstattung Deiner Kosten (Benzin, evt auch Zeitaufwand etc) bitten.
Eine andere sinnvolle Möglichkeit sehe ich nicht.

Nachtrag, das von Dir geschilderte Konstrukt klingt mir nach dem "Berliner Testament", bei dem der Ehegatte zuerst erbt, vom Erbe ausgeben darf, was, wieviel und wofür er will und der Schlusserbe (die Nichte) zu ggb Zeit den "Rest" bekommt.
Sprich, Deine Tante darf Dir zu ihren Lebzeiten zustecken und bezahlen, was sie will.
Mach daraus, was Du für richtig hältst...

Hach ja, ein Erbe... Etwas, womit ich niemals in meinem Leben konfrontiert werde.
Obwohl ich durch so eines reich werden könnte...
Ich sags mal so: ärger dich nicht darüber, es geht vielen genauso wie dir und steh einfach drüber.
Das Leben ist nicht fair, guck mal nebenan in den Thread, aber was kann man dagegen machen? Nichts!
Also Kopf hoch.

@Arachnoidea
Ich versteh dich schon. Aber ich glaube, das ist den alten Leutchen vielfach gar nicht bewusst, wie viel Aufwand das ist, wenn sich Angehörige neben ihren eigenen Angelegenheiten noch um die von Oma oder Onkel kümmern müssen. Anders kann ich mir manches nicht erklären.
Meine Oma beispielsweise schafft auch nichts mehr selbst, verweigert aber fremde Hilfe. So dürfen zwei ihrer Kinder regelmäßig für sie einkaufen, putzen, Wäsche machen etc. Wenn sie einfach eine von der Kasse bezahlte Putzkraft zulassen würde, wäre schon viel erreicht. Wenn man dann solch ein Testament vorgelegt bekommt, tut das schon weh, ganz unabhängig vom Geld, es fühlt sich einfach undankbar an. Auch bei meiner Oma ist es so, dass auf Grund der gesetzlichen Erbfolge zwei Kinder und ein Enkel erben werden, die sich seit Jahren nicht haben blicken lassen. Sie will sich damit aber auch nicht auseinandersetzen. Jemanden wie dich, der sich kümmert, als Erben einzusetzen, wäre einfach ein Zeichen der Wertschätzung dessen, was du tust. Nur ist das deiner Tante vermutlich schlicht nicht bewusst, welchen Wert das hat, was du da machst.
Vielleicht sprichst du einfach mal mit ihr und versuchst ihr klar zu machen, wie sehr die Unterstützung, die du gibst, deinen Alltag einschränkt.
Für deine Tante wird es vermutlich von Vorteil sein, wenn sie ihre Angelegenheiten nicht auf mehr Schultern verteilt, das ist schlicht und einfach übersichtlicher für sie. Aber mach ihr ruhig mal klar, was das für dich bedeutet. Oder Versuch es zumindest.

@Arachnoidea
mach dich rar, hab "keine Zeit", kümmere dich um dich selbst, und dein Privatleben,
gehe auch nicht ans Telefon wenn die Nummer deiner Tante aufleuchtet.
Nur so gewinnst du Abstand, und deine Tante wird merken was sie an dir hat/hatte.

Arachnoidea schrieb:Ich frage mich, bin ich zu gutmütig?

Vielleicht. Vielleicht bist du einfach nicht egoistisch genug.

Das, was durch deine Hilfe deiner Tante gegenüber am meisten verloren geht, ist deine Zeit. Das sieht derjenige, dem du hilfst aber einfach nicht.

Daher verlange für deine Hilfe Geld, z.B. 10 €/Stunde.

Wenn deine Tante sieht, dass sie für ein bisschen Papierkram durchsehen und herumgefahren werden 40 € zu zahlen hat, dürfte auch ihr klar werden, dass man das nicht einfach nebenher machen kann sondern dass das ziemlich aufwendig ist.

Ich kümmere mich schon mehrere Jahre um beide,unabhängig von Krankheit von Onkel oder Tante. Besagte Großnichte war als Kind mit beiden oft im Urlaub, ist älter als ich, hat 2 Kinder, welche von den beiden oft chauffiert wurden, als es Großnichte noch brauche. Seit Jahren darf ich mir anhören, dass diese sich ja gar nicht kümmere und nie meldete etc. Deshalb war ich gestern auch so schockiert.
Genau, die beiden haben ein Berliner Testament geschlossen in welchem steht, der Überlebende soll entscheiden was passiert. Würde nichts geregelt, sei Großnichte dran.
Tante testet alle und meint immer man merke es nicht. Morgen hätte Onkel Geburtstag und sie wartet wer sich meldet. Ich balle da die Faust in der Tasche aber dann tut sie mir gleichzeitig wieder Leid, weil sie niemanden mehr hat. Geld verlangen für meine Dienste würde ich als dreist empfinden. Aber andererseits ist Tante ja auch dreist und fordernd. Ich überlege wirklich ihr zu sagen, sie muss sich wen anders für den Autoverkauf und das Kärchern ihrer Auffahrt besorgen.

@Arachnoidea
Du musst zumindest sachlich mit ihr sprechen, dass sie nicht einfach so selbstverstaendlich alles auf Dir abladen kann!

@Alarmi
Ja, ich werde das irgendwie versuchen. Sie lässt einen selbst meist um die drei Worte sagen, bevor sich ihr eigener Sermon über einen ergießt, weshalb ungefähr nichts von dem ankommt, was man ihr sagt und sie bildet sich meist von Wortfetzen ihre Meinung.

@Arachnoidea
Ich glaub es ist ein ungeschriebenes Gesetz des Universums, dass jeder so jemanden in seiner Familie haben muss, sonst ist die Balance im Weltall gestoert!

Alarmi schrieb:Ich glaub es ist ein ungeschriebenes Gesetz des Universums, dass jeder so jemanden in seiner Familie haben muss, sonst ist die Balance im Weltall gestoert!

Solche Verwandte wollen nur die Persönlichkeitsentwicklung vorantreiben :D

Ich finde ja, dass man an solchen Menschen wachsen kann. Die Userin muss ihre eigene Gefühlswelt reflektieren, herausfinden was ihr gut tut und wo Grenzen sind. Dann muss sie eine unangenehme Entscheidung treffen: Entweder sie stößt der Tante auf irgendeine Art vor den Kopf, oder sie fühlt sich weiterhin ausgenutzt und ballt gelegentlich die Faust in der Tsache.

@Arachnoidea

Das du dich nach eigenem Empfinden ausnutzen lässt, hat mMn nichts mit Dummheit zu tun. Vermutlich gehst du eher einem Konflikt aus dem Weg (Harmoniemensch?) und fügst dich der Situation dementsprechend.

@Alarmi
:D das wird so sein. Ach,ich bin auch wirklich ohne Geld glücklich und zufrieden. Mich schockiert nur die anscheinend fehlende Wertschätzung und das hätte ich nie gedacht. Ich hoffe, dass ich lerne mich abzugrenzen und direkt morgen sage, dass bitte Ihre Großnichte das Auto verkaufen möge.
Ich habe übrigens auch dafür unterschrieben, die Beerdigung meiner Tante zu organisieren. Das Schriftstück hat sie mir unter die Nase gehalten und mich gebeten. Dafür war und bin ich gut genug.

Arachnoidea schrieb: Ich hoffe, dass ich lerne mich abzugrenzen und direkt morgen sage, dass bitte Ihre Großnichte das Auto verkaufen möge.

LOL. Na hoffentlich versteht sie den subtilen Hinweis! :D

Arachnoidea schrieb:Ich habe übrigens auch dafür unterschrieben, die Beerdigung meiner Tante zu organisieren

Vermach sie der oertlichen Uni! :D

Bruderchorge schrieb:Wenn du ganz ehrlich in dich hinein horchst, dann frag dich, ob du dir für deine Hilfe ein Teil des Erbe erhofft hast. Wenn nicht, dann dürftest du jetzt keine Enttäuschung spüren, maximal verwundert sein.

Sehe ich anders, ich denke nicht, dass man sich zwangsweise etwas ''erhofft'' wenn man eine gute Tat (oder in dem Fall mehrere) macht.
Allerdings, wenn man dann damit konfrontiert wird, mit Erbe und allem, und man dann noch gesagt bekommt ''die Großnichte soll als Erbin drinbleiben'' ist das schon ein Schlag ins Gesicht.
Das ist genauso, als würdest du ehrenamtlich irgendwo arbeiten, das ganze mit guten Gewissen machen.
Und dann erfährst du, dass eine andere Person, dafür dass du diese Arbeit entrichtest, Geld bekommt.
Fühlt sich halt dann im Nachhinein doch scheiße an.

Naja, ich würde an deiner Stelle die Hilfe etwas runterschrauben, und Sie vielleicht auf nen Pflegedienst hinweisen.

@Steini96
Ja, du sprichst mir aus der Seele. So fühlt es sich für mich an.

Mir ist auch bewusst, ältere Menschen sind nicht mehr so gedanklich flexibel, aber Tante testet und guckt wie weit alles für mich okay ist.

Gestern fragte sie wieder, wo ich mich denn beruflich bewerben will. Ihre Angst ist, dass ich weiter weg gehe und nicht mehr zur Verfügung stehe. Und ich bin so doof gewesen tatsächlich zu denken, ich sollte mich wegen ihr nur in der Heimat bewerben.

@Arachnoidea
Die frage die du dir stellen musst: Hast du nur geholfen weil du auf ein Erbe aus warst? Oder weil du helfen wolltest? Bei Geld hört ja irgendwie die Freundschaft aus. Es ist ihr Geld und sie können Entscheiden wie es ihnen beliebt. Ich verstehe nicht wie man irgendeinen Anspruch auf ein Erbe erheben kann, nur weil man geholfen hat. Du kannst die Hilfe jederzeit verweigern, zeigt aber auch das man deine Hilfe erkaufen muss.
Wenn du verletzt bist, dann lass es sein.

@Eleonore
Wie schon von @Steini96 beschrieben und von mir bekräftigt, bin ich nicht immer schon auf ein Erbe aus gewesen. Sollte sie ins Heim müssen, ist ohnehin nichts mehr davon da. Wie schon geschrieben, geht es mir nicht um irgendeine Summe sondern darum, dass ich seit Jahr und Tag meine Freizeit und letztendlich auch mein Geld opfere, damit es beiden von ihnen gut ging. Dass jetzt auf einmal kommt, ich solle dieses,das uns noch was erledigen und im Nebensatz fällt, man wolle seine Ruhe und deshalb bliebe die Großnichte Alleinerbin, empfinde ich als vor den Kopf stoßend. Vielleicht verstehst du auch nicht recht was ich meine, aber ich kann es nicht besser erklären als schon geschrieben.