Notruf 112 ... oder doch besser 116117?

bgeoweh schrieb:Das ist so oder so alles Firlefanz, weil man hier die Gesamtsituation beurteilen muss.

Richtig, nochmal Peter hat da völlig richtig reagiert. Und auch grundsätzlich gilt bei einem Schock für jeden, egal ob Profi oder Laie -> 112. Wenn die dann entscheiden erstmal nur Polizei zu schicken, auf Grund der geschilderten Lage, deren Entscheidung. Ich wollte nur darauf hinweisen, das man bei einem Schockzustand nicht sofort das Schlimmste vermuten sollte. Ruhe bewahren - auch im Sinne des Verunfallten - das ist immer sinnvoll.
Warst du denn da bis die Polizei eintraf? @Peter0167

bgeoweh schrieb:Diese Gesamtkonstellation rechtfertigt nicht nur das Anrufen der Notrufnummer, sondern führt vermutlich auch dazu, dass du gesetzlich dazu verpflichtet bist, und damit ist die Diskussion eigentlich zumindest im Bezug auf diesen Fall auch zu Ende.

Absolut. Es ging mir jetzt nicht darum da zu widersprechen. Nur eben für eine gewisse Gelassenheit zu werben, auch wenn das in so einer Situation schwer fällt.

Übrigens gerade die vielen Nachfragen die da an Peter gerichtet wurden, das klingt schon sehr danach, das die Leitstelle überlastet war. Eigentlich schicken die bei sowas durchaus nen Wagen raus.

Nach jahrelanger Arbeit am Notruf in einer Leitstelle (nicht Feuerwehr) kann ich zumindest sagen, dass nach Fahrzeugüberschlägen von uns grundsätzlich ein Rettungswagen mit zum Unfallort geschickt wird.
Das sieht auch unsere Rettungsleitstelle so, bei dieser Unfallart sollte man sich die Beteiligten immer genauer anschauen, auch wenn es ihnen angeblich gut geht. Die Gefahr von inneren - /Kopf- und Wirbelsäulenverletzungen ist einfach zu groß.
Ansonsten ist es schon erschreckend, wie oft jemand den Notruf wählt, weil einer gerade mal Durchfall hat...

jeba schrieb:Ansonsten ist es schon erschreckend, wie oft jemand den Notruf wählt, weil einer gerade mal Durchfall hat...

Das einzige mal, das ich nen Notruf brauchte (also selbst) war mit Durchfall / Erbrechen. Norovirus, innerhalb von 3 Stunden soviel Flüssigkeit verloren, das ich eintrübte und kaum noch ansprechbar war. Eine Infusion und mir ging es wieder gut… das war ziemlich peinlich.

paxito schrieb:Nur eben für eine gewisse Gelassenheit zu werben, auch wenn das in so einer Situation schwer fällt.

Gelassenheit ist schwierig, wenn Du an einen Unfallort kommst, bist Du ja automatisch voller Adrenalin wenn Du hilfst.
Ich hab glaube insgesamt 3x geholfen, in allen 3 Fällen war aber die 112 schon informiert.
Also ging es teils um die Absicherung des Unfallortes, oder aber um die stabile Seitenlage.

Ich würde grundsätzlich die 112 anrufen, einfach auch für mich zur Absicherung bei einem z.B. Verkehrsunfall.

Aber ich rufe auch die Polizei an, wenn ich einen Unfall baue und nur Blechschaden habe, auch wenn das mittlerweile Geld kostet. Ich habe es leider oft genug erlebt, dass der Unfallgegner auf einmal bei der Schadensabwicklung frei gedreht hat.

paxito schrieb:Warst du denn da bis die Polizei eintraf? @Peter0167

Ich bin natürlich dageblieben, bis die Beamten eintrafen. Inzwischen hatten auch schon 2 weitere Autos angehalten und Hilfe angeboten, aber von denen wusste auch keiner was zu tun sei.

Der eine Polizist kümmerte sich zunächst um die Frau, d.h. er stellte ihr nur einige Fragen, und ich sprach mit dem anderen. Nachdem alles gesagt war, fragte ich, ob ich jetzt weiter fahren kann, und das tat ich dann auch.

Kann sein, dass hinterher doch noch ein RTW gerufen wurde, aber das habe ich nicht mehr mitbekommen und auch sonst nichts mehr von dem Fall gehört.

Peter0167 schrieb:Ich bin natürlich dageblieben, bis die Beamten eintrafen. Inzwischen hatten auch schon 2 weitere Autos angehalten und Hilfe angeboten, aber von denen wusste auch keiner was zu tun sei.

Du / Ihr habt doch völlig richtig reagiert. Notruf, beim Verletzten bleiben und ihn im Auge behalten. Ggf. abschirmen. Mehr hätte ich da jetzt auch nicht machen können. Wenn die Polizei eintrifft, werden die ja die Frau im Auge behalten. Das da kein RTW kam - kann ich mir tatsächlich nur mit Überlastung erklären.
Etwas, das auch hier im Norden scheinbar immer häufiger auftritt, schön ist das nicht.

paxito schrieb:Etwas, das auch hier im Norden scheinbar immer häufiger auftritt, schön ist das nicht.

Hier im Süden äußert sich das anders, hier werden in den ländlichen Räumen die Soll-Anfahrtszeiten immer weiter hochgesetzt (früher waren unter 8 Minuten angesagt, jetzt sind es unter 14). Wobei das auch wieder eine Vielzahl von Ursachen hat, teilweise liegt das auch an der Verkehrssituation, jetzt mit Corona kam zumindest zeitweise auch noch der gestiegene Zeitaufwand für die Nacharbeit nach den Transporten dazu (verstärkte Desinfektion nach jedem Transport, volles MRSA-Protokoll nach jedem Transport von bekannt Positiven), was natürlich dazu führt dass jedes Einzelfahrzeug zusätzliche Außerdienst-Zeiten anhäuft.

@Peter0167

Jeder hier im Land sollte regelmäßig Erste- Hilfe- Kurse machen (müssen), und nicht nur dann, wenn er einen Führerschein erwerben möchte. Den ersten davon als Pflichtveranstaltung in der neunten Klasse, noch zu Schulzeiten. Für Eltern sollte es selbverständlich sein, einen Erste- Hilfe- Kurs im Umgang mit Kindern zu besuchen.

Hier wird man kompetent auf den neuesten Stand gebracht und es bleibt auch stets Zeit für Fragen über eigene Unsicherheiten.

Das möchte ich euch allen ans Herz legen: Traut euch, opfert mal Freizeit dafür, macht mal wieder einen Erste- Hilfe- Kurs!

Ich musste im letzten Jahr an einem Wochenende mehrmals die 112 anrufen, da meine Nachbarin um Hilfe rief. Ich war schockiert, dass ich bei jedem Anruf zu unterschiedlichen Zeiten in der Warteschleife war. Wenn ich mir vorstelle, dass ein lieber Mensch neben mir zusammenbricht, ich vielleicht denke die Person hat einen Herzinfarkt oder Schlaganfall und jede Sekunde zählt, und dann muss ich in der Warteschleife warten… Puh! Schlimmer Gedanke.

Letztendlich hatte meine Nachbarin den Notruf auch nur missbraucht. Sie war gestürzt und hatte sich die Schulter gebrochen, hat sich aber strikt geweigert ins Krankenhaus zu gehen. So kam der RTW mehrmals, weil sie ja Schmerzen hatte und auch aus dem Bett auf dem Boden gefallen war und alleine nicht hoch kam.
Die Rettungsassistenten und -Sanitäter kamen sich auch veräppelt vor, konnten sich aber nicht wehren. Und einmal musste die Feuerwehr anrücken um die Tür aufzubrechen.
Was das an Personal bindet und Kosten verursacht…

Erst als ich meiner Nachbarin gesagt habe, dass ich ab sofort die Hilferufe nicht mehr hören werde, ging sie ins Krankenhaus.

@luckyme
Das Verhalten deiner Nachbarin macht mich wirklich fassungslos. Muss man das verstehen?

Siboah schrieb:macht mal wieder einen Erste- Hilfe- Kurs!

Stümmt. Aber ohne Zwang wird sich da kaum jemand freiwillig melden. Mein erster und letzter Kurs liegt inzwischen 38 Jahre zurück. Bis auf die Herzdruckmassage ist davon nix mehr hängengeblieben, leider :(

Vieles hat sich wohl im Laufe der Zeit auch geändert, ich habe gehört, dass man Mund zu Mund Beatmung vergessen kann, da dies bereits durch die Druckmassage miterledigt wird. Alles andere, was ich zu wissen glaube, stammt aus Fernsehserien (Chicago Med, Chicago Fire, etc.) aber das kann definitiv keinen Kurs in Erster Hilfe ersetzen.

Letztlich kann jeder zu jeder Zeit in so eine Situation kommen, und wenn das geschieht, kann fehlendes oder falsches Wissen tatsächlich Leben kosten. Alle 10 Jahre mal eine Auffrischung ist definitiv sinnvoll.

@paxito
Ich denke, dass sie einfach Angst vor dem Krankenhaus hatte. Und wahrscheinlich wusste sie auch, dass sie da nicht lebend raus kommt.

Sie war schwer herzkrank, ist deswegen auch gestürzt und hat sich die Schulter gebrochen und das Herz hat dann nicht mehr mitgemacht.

Aber ihre Selbstverständlichkeit damals hat mich schon schockiert… Lässt sie sich den Krankenwagen rufen (sie konnte ihr Handy nicht mehr bedienen, deswegen spielte sie mir den Notfall vor), damit die Sanitäter ihr aufhelfen und sie zum Klo bringen…

@luckyme
Es gibt auch ambulante Dienste, bei wirklich Schwerstkranken Hospizdienste, Nachbarschaftshilfe. Ich meine sie hätte dir doch schlicht einen Schlüssel geben können? Das übersteigt echt mein Fassungsvermögen, Angst vor dem Krankenhaus hin oder her.

@paxito
Naja, es kam ganz plötzlich und ich habe mir dann auch nachdem die Tür aufgebrochen werden musste einfach ihren Schlüssel genommen. Ich hatte auch mit der Tochter telefoniert und mehrmals auf sie eingeredet, dass es nicht geht… Aber da kam einfach nichts.
Mit gebrochener Schulter und akutem Behandlungsbedarf am Herz kommt aber auch kein Pflegedienst/Hospizdienst.

Ich bin wirklich mehrmals zu ihr runter. Mein Mann hat sie sogar gewaschen, sie war voll mit Exkrementen. Aber sie musste dringend ins Krankenhaus. Aber wenn sie sich weigert kann man sie nicht zwingen.
Es war ja „nur“ ein Wochenende, von Do bis Mo. Aber für mich sehr intensiv.

luckyme schrieb:Ich bin wirklich mehrmals zu ihr runter. Mein Mann hat sie sogar gewaschen, sie war voll mit Exkrementen. Aber sie musste dringend ins Krankenhaus. Aber wenn sie sich weigert kann man sie nicht zwingen.

Das klingt so als wäre da im Hintergrund noch irgendwas mental oder psychisch nicht in Ordnung, da fehlt ja irgendwie auch jede Einsicht... andererseits scheint es die Familie da ja auch nicht zu jucken, ist auf jeden Fall krass.

luckyme schrieb:Es war ja „nur“ ein Wochenende, von Do bis Mo. Aber für mich sehr intensiv.

Das kann ich mir vorstellen, das ist der blanke Terror. Noch dazu bei "Fremden"

Ich musste bisher einmal den Notruf wählen, da eine Freundin die Treppe hinuntergestürzt und sich dabei den Knöchel gebrochen hat.

Selber habe ich im August mit starken Bauchschmerzen die 116117 gerufen und wurde da erst super am Telefon beraten, bis der junge Mann dann meinte, er schickt doch Mal lieber nen RTW vorbei, was sich als absoluter richtig erwiesen hat.
Blinddarm war gerissen, aber allein wegen der Bauchschmerzen an sich hätte ich den Notruf nicht gewählt.

Wo ich mir auch noch nicht sicher bin, trotz der heutigen neuen Erkenntnisse, ist die Sache mit den sogenannten "hilflosen Personen". Ich kann mich an einen Fall erinnern, wo ich auf dem Parkplatz meines Getränkemarktes mal einen Mann sitzen sah, noch so halb an einen Pfosten einer Überdachung angelehnt, aber im Grunde bereits seitlich weggekippt.

Es sah aus, als würde er schlafen, reagierte aber nicht auf Zurufe. Vom äußeren Erscheinungsbild machte er keinen guten Eindruck, aber Alkohol habe ich auch keinen gerochen. Ich habe ihn dann an den Schultern gepack und wieder gerade hingesetzt, und bei der Gelegenheit habe ich dann auch gemerkt, dass er noch lebt.

Von hinten kam dann eine Frau auf mich zu und meinte, sie hätte schon Hilfe gerufen. Von der Temperatur her ging es eigentlich, es war schon Frühling und es bestand zumindest keine Gefahr, dass der Mann erfriert.

Was macht man in so einem Fall? Nachdem was ich gestern und heute hier so gelesen habe, wäre ein RTW-Einsatz übertrieben, denn es war keine lebensbedrohliche Situation erkennbar. Sollte man da besser die Polizei rufen, oder den Mann da sitzen lassen?

Ich bin erst mal in den Getränkemarkt, und als ich raus kam, hatten die Sanis ihn gerade in den Rettungswagen verfrachtet. Immerhin war er da auch wieder bei Bewusstsein.

Peter0167 schrieb:Was macht man in so einem Fall? Nachdem was ich gestern und heute hier so gelesen habe, wäre ein RTW-Einsatz übertrieben, denn es war keine lebensbedrohliche Situation erkennbar. Sollte man da besser die Polizei rufen, oder den Mann da sitzen lassen?

Der Mann ist Bewusstlos und kommt auch nicht mehr ohne weiteres zu sich. Das ist immer ein klarer Fall für den RTW. Egal wie der Betreffende nun aussieht und was da die Hintergründe sind. Bewusstlosigkeit ist immer ein sehr, sehr schlechtes Zeichen.
Selbst wenn da einfach nur Alkohol oder Drogen im Spiel sind, muss man schon deutlich in der Vergiftung sein um überhaupt nicht mehr aufzuwachen.

paxito schrieb:Selbst wenn da einfach nur Alkohol oder Drogen im Spiel sind, muss man schon deutlich in der Vergiftung sein um überhaupt nicht mehr aufzuwachen.

Richtig. Wer genug geladen hat um nicht mehr ansprechbar zu sein und auch bei Berührung nicht mehr aufzuwachen, der ist auch voll genug dass er an seiner eigenen Kotze ersticken oder sonst Probleme kriegen kann. Und es ist ja egal, warum die Person jetzt hilflos ist, ob sie sturzbesoffen ist oder im diabetischen Schock: eine solche Person ist auf jeden Fall gefährdet, wenn sie irgendwo rumliegt, und benötigt Hilfe. Der nächste der vorbeikommt beklaut sie vielleicht, tut ihr was an oder übersieht sie und fährt sie an...

Das ist halt dieses ewige Problem: wenn du als RTW an einem "Partywochenende" zu einer hilflosen Person gerufen wirst, sind wahrscheinlich 99 von 100 sogenannte "Schnapsleichen" und haben außer dem Kater eigentlich nichts zu befürchten, aber der 100. hat halt irgendeine Medikamentenwechselwirkung, eine allergische Reaktion oder sonst irgendwas Abenteuerliches. Weißt du vorher aber nie. Du musst alle so behandeln, als wären sie der Jackpot und nicht die 95. Niete.

Ich bin vor 2-3 Jahren morgens (am We) früh zum Bäcker gegangen und vor einem Club hier im Ort lag eine Person auf dem Boden. Weit und breit sonst niemand in Sicht. Ansprechbar war der Mann nicht, ich war mir aber auch nicht sicher, ob er nicht evt. sturzbetrunken aus dem Club gekommen war und sich einfach da nur auf den Boden gelegt hatte, um seinen Rausch auszuschafen. Theoretisch hätte er aber natürlich auch gestürzt sein können und sich dabei den Kopf angeschlagen haben können - ich wußte es einfach nicht. Blut sah man keins, geatmet hat er, aber er reagierte eben auf nichts. Also was tun ? Liegenlassen konnte ich ihn auch nicht, zumal es auch noch ziemlich kalt war.

Ich habe dann die 112 angerufen, die Sache kurz geschildert und der Disponent sagte mir, daß sie auf jeden Fall einen Rettungswagen schicken würden. Ich sollte solange bitte bei dem Mann bleiben, darauf achten, ob er sich übergibt oä. Kurze Zeit später war der RTW schon da und sie haben ihn mitgenommen. Würde es auch jeder Zeit wieder so machen, da ich als Laie absolut nicht einschätzen kann, ob so eine Situation relativ harmlos ist oder eben nicht.