Ich hab mal eine schöne rausgesucht, erklärt und übermittelt von Osho.. Tantra zu verstehen ist für uns normalos schwer.. da schleichen sich leicht missverständnisse bei den Techniken ein die sehr kurz gefasst sind.
Aber Osho erklärt es sehr gut finde ich, also hab ich mal eine von 112 rausgesucht die ich für ganz gut halte:


Ich habe folgende Anekdote gehört: Lord Mancroft war alsSprecher bei einer Parteiversammlung der Konservativen gela-den. Er kam pünktlich auf die Minute, erklomm das Rednerpultund wandte sich folgendermaßen an die Versammlung – wobeier leicht erregt wirkte: „Ich bitte um Verzeihung, wenn ich michetwas kurz fasse, aber die Umstände zwingen mich – mein Haussteht in Flammen!"
Und diese Umstände gelten für jeden, aber ihr seid nicht ein-mal leicht erregt. Euer aller Haus steht in Flammen, aber ihrmerkt es nicht – bemerkt nicht den Tod, bemerkt nicht, daßeuch euer Leben nur so durch die Finger rinnt.
Jeden Augenblick sterbt ihr, jeden Augenblick verliert ihr eineunwiederbringliche Gelegenheit. Die verlorene Zeit ist hin. Sieist durch nichts zurückzugewinnen, und euer Leben wird mitjedem Augenblick kürzer und kürzer.
Das ist es, was ich meine, wenn ich sage: Auch euer Haus stehtin Flammen, aber ihr wirkt nicht einmal leicht erregt, euchscheint das nicht im geringsten zu bekümmern. Ihr seid euchnicht mal bewußt, daß das Haus in Flammen steht. DerUmstand ist gegeben, aber eure Aufmerksamkeit blendet ihnaus. Und jedermann glaubt, noch genug Zeit zu haben um etwaszu unternehmen. Es gibt nicht genug Zeit, denn das, was dageschehen müßte, ist so viel, daß die Zeit niemals reicht.
Einst hatte der Teufel schon seit vielen Jahren untätig herum-gesessen, weil niemand in die Hölle kam. Er saß da, um dieLeute in Empfang zu nehmen, aber die Erde lief wie am Schnür-chen und die Menschen waren so brav, daß kein Mensch zurHölle fuhr. Natürlich machte er sich da langsam Sorgen. Erberief einen Kriegsrat ein. Seine größten Jünger kamen herbei,um die Lage zu besprechen: Die Hölle befand sich in einergroßen Krise, und das war unerträglich, etwas mußte einfachgeschehen; also bat er um Rat: „Was sollen wir tun?"
Einer der Jünger schlug vor: „Ich würde gern auf die Erdegehen und mit den Leuten reden und sie zu überzeugen suchen,daß es gar keinen Gott gibt und alle Religionen nur lügen, unddaß in all den Bibeln, Korans und Veden nur Unsinn drinsteht."
Der Teufel sagte: „Das bringt nichts, denn das tun wir ja nun schon seit Anbeginn, aber es hat keinen großen Eindruck auf dieLeute gemacht. Mit solchen Lehren überzeugt man nur dieje-nigen, die ohnehin so denken. Das hat also keinen Zweck, dasbringt uns nicht weiter."
Dann sprach der zweite Jünger, subtiler als der erste: „Ich willhingehen und die Leute lehren und sie zu überzeugen versu-chen, daß alles, was in Bibel, im Koran und Veden steht,goldrichtig ist: Es gibt einen Himmel und es gibt einen Gott,aber es gibt keinen Teufel und keine Hölle, habt also keineAngst. Denn wenn wir ihnen ihre Höllenangst nehmen können,werden sie erst recht auf Religion pfeifen. Denn alle Religionberuht auf Angst."
Der Teufel sagte: „Das klingt schon etwas besser. Aber damitkriegst du vielleicht nur eine kleine Minderheit rum, die Mehr-heit wird nicht auf dich hören. Ihre Angst vor der Hölle ist nichtso groß wie ihre Gier nach dem Himmel, und die ist es, was sieantreibt, immer ganz brav zu sein. Das bringt uns also wohlauch nicht weiter."
Da sprach der dritte Jünger, der Verschlagenste von allen: „Ichhab eine Idee. Gib mir eine Chance, sie auszuprobieren. Ichwill hingehen und sagen, daß alles, was die Religion behauptet,absolut wahr ist – es gibt einen Gott und es gibt einen Teufelund einen Himmel und eine Hölle. Aber es hat keine Eiledamit."
Da freut sich der Teufel und ruft: „Genau! Du hast den Bogenraus! Nun geh schon!"
Und seitdem hat man nie wieder etwas von einer Krise in derHölle gehört. Im Gegenteil, inzwischen machen sie sich dortSorgen wegen zuviel Zulauf? Aber so funktioniert unser Kopf:Wir meinen immer, es habe keine Eile.
Diese Techniken, über die wir uns heute unterhalten, werdennichts fruchten, wenn ihr glaubt, es habe keine Eile. Dann könntihr es ewig vor euch herschieben, und der Tod wird euch zuvor-kommen. Der Tag, an dem ihr denken werdet, daß es nun lang-sam Zeit wird, daß jetzt der richtige Augenblick da ist, wird niekommen. Ihr könnt es immer weiter vor euch her schieben.Genau das machen wir ja ohnehin schon mit unserm ganzen Leben. Du mußt dich entscheiden, wenn du etwas erreichenwillst. Du steckst in der Krise – das Haus brennt bereits. DasLeben steht immer in Flammen, weil der Tod ständig bereit-steht, gleich dahinter versteckt. Jeden Augenblick kannst duwegsein vom Fenster. Und der Tod läßt sich mit dir auf keinenStreit ein. Du kannst nichts machen. Wenn der Tod kommt,dann kommt er. Die Zeit ist sehr knapp. Selbst wenn du viel-leicht siebzig oder hundert Jahre alt wirst, ist sie noch sehrknapp. Was du unternehmen mußt, damit du dich selber trans-formierst – damit du mutierst, ein neues Wesen wirst – ist eineRiesenarbeit. Da gibt es nichts aufzuschieben!
Solange du es nicht als eine Notsituation, eine tiefe Kriseerlebst, wirst du keinen Finger rühren. Solange Religion für dichnicht zu einer Frage von Leben oder Tod wird, und du nicht dasGefühl hast, dein Leben vertan zu haben, wenn du nicht etwasunternimmst, um dich zu transformieren ... Nur wenn du dasganz deutlich und tief und ehrlich empfindest, erst dann könnendir diese Techniken irgendwie helfen. Wirklich: Du hast sienicht eher verstanden, als bis du etwas damit anfängst, denn ausVerstehen muß Handeln werden. Wenn kein Handeln darauswird, dann ist es nur ein Läutenhören, kein Verstehen.
Versucht, diesen Unterschied zu verstehen. Läutenhören istnicht Verstehen. Läutenhören wird dich nicht zu Taten zwingen,wird dich nicht zu irgendeiner Veränderung zwingen. Es wirddich nicht zwingen, endlich etwas zu unternehmen. Du wirst esim Kopf abspeichern, und dort wird eine Information daraus.Du weißt jetzt ein bißchen mehr. Aber angesichts des Todessteht plötzlich alles still. Ihr schnappt so manche Dinge auf, aberfangt nie etwas damit an. So wird daraus nur eine Last.
Verstehen heißt Tun. Wenn du etwas verstanden hast, fängstdu augenblicklich an, es auch umzusetzen; denn wenn es rich-tig ist und du das Gefühl hast, daß es richtig ist, ergibt sich dar-aus ein Handeln. Andernfalls bleibt alles nur geborgt, und eingeborgtes Wissen kann nicht zu Verstehen werden. Ihr mögtvergessen, daß es nur geborgt ist – ja ihr möchtet nur zu gernvergessen, daß es geborgt ist, denn das Gefühl, daß es geborgt isr,verletzt euer Ego. Also vergeßt ihr immerzu, daß es nur geborgt ist. Nach und nach bekommt ihr das Gefühl, es sei auf eigenemMist gewachsen. Und das ist sehr gefährlich.
Dazu fällt mir eine Anekdote ein. Die Gemeinde einer Kir-che fühlte sich von ihrem Priester zu Tode gelangweilt. Irgend-wann war das Maß voll, und die Gemeindemitglieder erklärtendem Priester: „So, jetzt geh bitte."
Der Priester sagte: „Gebt mir noch eine Chance, nur eine ein-zige; und dann geh ich, wenn ihr dann immer noch draufbesteht."
Also versammelte sich am nächsten Sonntag die ganze Stadtin der Kirche, neugierig darauf, was der Priester sich wohl hatteeinfallen lassen, schließlich war dies jetzt seine letzte Chance.Nie hätten sie sich träumen lassen, nicht einmal in ihren kühn-sten Fantasien, was für eine erhebende Predigt ihnen an diesemTage zu Ohren kam! Wer hatte je dergleichen gehört?
Überrascht, ja hingerissen lauschten sie ihm, und als die Pre-digt zu Ende war, scharten sie sich um ihren Priester und sagten:„Bitte geh nicht weg! Das ist nicht nötig, bleib hier! So etwashaben wir noch nie gehört – noch nie im Leben. Bleibe hier beiuns, und natürlich werden wir auch dein Gehalt erhöhen."
Aber da fragte ein sehr angesehenes Gemeindemitglied: „Abereines möchte ich doch noch wissen: Als du mit der Predigtanfingst, hast du deine Linke mit zwei ausgestreckten Fingernerhoben, und am Ende dann die Rechte, wieder mit zwei aus-gestreckten Fingern. Was hatten diese Zeichen zu bedeuten?"
Der Priester sagte: „Ganz einfach. Die Finger symbolisiertendie Anführungsstriche. Die Predigt war nicht von mir. Sie wargeborgt."
Vergeßt nie diese Anführungsstriche! Es tut zwar sehr gut, siezu vergessen, das verleiht ein wohliges Gefühl; aber alles, was ihrwißt, steht zwischen solchen Anführungsstrichen, ist nicht aufeigenem Mist gewachsen. Und ihr könnt diese Anführungs-striche erst dann weglassen, wenn ihr von etwas sprecht, das ihrselber erfahren habt.
Diese Techniken dienen dazu, Wissen in Erfahrung umzu-wandeln. Diese Techniken dienen dazu, das Läutenhören inVerstehen umzuwandeln. All das, was von einem Buddha oder einem Krishna oder einem Jesus Christus stammt, könnt ihreuch durch diese Techniken zu eigen machen, könnt es euchaneignen. Und keine Wahrheit, die nicht eure eigene ist, istwahr. Es mag eine großartige Lüge sein, eine herrliche Lüge,aber keine Wahrheit ist wahr, solange sie noch nicht aus eigenerErfahrung stammt — ganz individuell, authentisch von dir ist.
Drei Dinge. Erstens: Denkt immer daran, daß euer Haus inFlammen steht. Zweitens: Hört nicht auf den Teufel; er wirdeuch immerzu einflüstern, daß es doch keine Eile hat. Drittensvergeßt nicht: Läutenhören und Verstehen ist nicht dasselbe.
Alles, was ich jetzt hier sage, wird für euch ein Läutenhörenvon gewissen Dingen sein. Das ist zwar nötig, aber das ist nichtgenug. Es wird euch in Gang setzen, ist aber nicht das Ende derReise. Tut etwas, damit Wissen nicht einfach nur Wissen bleibt,nicht einfach nur im Gedächtnis haftenbleibt, sondern zu deinerErfahrung und deinem Leben wird.
Nun zur ersten Technik:
Ein jedes Ding wird durch Erkennen wahrgenommen. Das Selbsterstrahlt im Raum durch Erkennen. Nimm ein einziges Sein wahr— als Erkennender und Erkanntes.
Wann immer ihr etwas erkennt, wird es durch Erkennenerkannt. Der Gegenstand findet durch eure ErkenntnisfähigkeitEinlaß in euren Geist. Du schaust eine Blume an: Du weißt, daßes eine Rose ist. Die Rose ist draußen, und du bist drinnen.Etwas geht von dir aus zur Rose hin, etwas wird von dir auf dieRose projiziert — eine Energie geht von dir aus, kommt zurRose, nimmt Form, Farbe und Duft der Rose auf und kehrtdann zu dir zurück und erstattet Bericht, daß es sich um eineRosenblüte handelt.
Alles Wissen, alles was du weißt, offenbart sich dir durchdeine Erkenntnisfähigkeit. Das Erkennen ist deine Fähigkeit.Aufgrund dieser Fähigkeit sammelt sich Wissen an. Aber beimErkennen wird zweierlei offenbart: Das, was erkannt wird undder, der erkennt. Wann immer du eine Rosenblüte erkennst, ist dein Wissen nur halb, wenn du darüber den Erkennenden ver-gißt, der die Rose wahrnimmt. Zum Erkennen der Rosegehören also drei Faktoren: Die Rose – das Erkannte; dann derErkennende – du; und die Beziehung zwischen beiden – dasWissen darum.
Alles Wissen läßt sich also in drei Teile gliedern: der Wis-sende, das Gewußte und das Wissen. Wissen ist genau wie eineBrücke zwischen zwei Punkten – Subjekt und Objekt. Norma-lerweise offenbart euch euer Wissen nur das Gewußte, der Wis-sende bleibt verborgen. Normalerweise ist euer Wissen eineEinbahnstraße: Es führt zwar zur Rose hin, aber nie zu euchselbst. Und solange sie nicht beginnt, auch zu euch hinzuführen,mag solches Wissen euch zwar gestatten, die Welt zu erkennen,gestattet euch aber nicht, auch euch selbst zu erkennen.
Alle Meditationstechniken sind dazu da, den Erkennendenzu offenbaren. George Gurdjieff benutzte hierfür eine spezielleTechnik, ähnlich dieser. Er nannte sie „Selbst-Erinnerung". Ersagte: „Wann immer du etwas wahrnimmst, vergiß dabei nichtden Wahrnehmenden. Vergiß ihn nicht über dem Gegenstand.Behalte das Subjekt im Auge."
Jetzt im Moment hört ihr mir zu. Wenn ihr mir zuhört, könntihr das auf zweierlei Weise tun. Einmal, indem sich euer Geistganz auf mich fokussiert – dann vergeßt ihr den Zuhörenden.Dann wird zwar der Sprecher wahrgenommen, nicht aber derZuhörende. Gurdjieff sagte: „Bleibe dir, während zu zuhörst,des Sprechenden ebenso bewußt wie des Zuhörenden. DeineWahrnehmung muß wie ein Pfeil mit zwei Spitzen sein, in zweiRichtungen weisend – hin zum Erkennenden und hin zumErkannten." Sie darf also nicht nur in eine Richtung – zumObjekt hin – fließen. Sie muß simultan in zwei Richtungenfließen – zum Erkannten und zum Erkennenden hin. Das ist es,was er unter Selbst-Erinnerung verstand.
Wenn ihr eine Blume anschaut, behaltet auch den im Auge,der sie anschaut. Schwer ... denn wenn man das versucht, wennman den Erkennenden im Auge behalten will, wird man dieBlume vergessen. Ihr seid so sehr auf den Einbahnverkehr fixiert,daß es ein wenig dauern wird. Wenn ihr den Erkennenden im Auge behaltet, vergeßt ihr darüber das Zu-Erkennende. Wennihr das Zu-Erkennende im Auge behaltet, dann vergeßt ihr dar-über den Erkennenden.
Aber mit ein wenig Ausdauer kann man sich nach und nachbeider Enden gleichzeitig bewußt bleiben. Und wenn ihr beidesim Auge behalten könnt, dann spricht Gurdjieff von Selbst-Erin-nerung. Dies ist eine der ältesten Techniken überhaupt. SchonBuddha setzte sie ein, und Gurdjieff hat sie in der Welt desWestens wieder eingeführt.
Buddha nannte es samyak smriti — rechtes Bewußtsein. Ihmzufolge ist euer Bewußtsein nicht recht bewußt, wenn es nurden einen Punkt wahrnimmt. Es muß beide wahrnehmen. Unddann geschieht ein Wunder: Wenn dir sowohl das Zu-Erken-nende wie der Erkennende bewußt wird, wirst du plötzlich einDrittes: Du bist weder-noch. Einfach dadurch, daß du dichdarum bemühst, dir des Zu-Erkennenden wie des Erkennendenbewußt zu werden, wirst du das Dritte, wirst du zum Zeugen.Augenblicklich taucht eine dritte Möglichkeit auf, tritt dasSelbst-als-Zeuge ins Dasein! Denn wie könntest du auch beidessein? Wenn der Erkennende du bist, nagelt dich das auf das eineEnde fest. Im Selbst-Erinnern verlagerst du dich vom Fixpunktdes Erkennenden weg. Dann ist das Erkennende dein Geist unddas Zu-Erkennende die Welt, und aus dir wird ein Drittes, eineBewußtheit, ein bezeugendes Selbst.
Dieser dritte Punkt läßt sich nicht transzendieren. Und wasnicht transzendierbar ist, ist das Letztendliche. Alles, was sichtranszendieren läßt, ist nicht der Mühe wert, denn dann ist esnoch nicht dein Wesen — du kannst es ja transzendieren!
Ich will euch das an einem Beispiel erklären.
Nachts schläfst du und träumst. Morgens wachst du auf, undder Traum ist weg. Im Wachsein ist kein Traum da, kommteine andere Welt ins Blickfeld: Du läufst auf den Straßen herum,du arbeitest in einer Fabrik oder in einem Büro. Dann kommstdu nach Hause zurück, und in der Nacht schläfst du wieder ein.Plötzlich verschwindet nun diese Welt, die du im Wachzustandkanntest. Plötzlich weißt du nicht mehr, wer du bist. Plötzlichweißt du nicht mehr, ob du ein Schwarzer oder Weißer bist, arm oder reich, weise oder dumm. Du weißt überhaupt nichts mehr.Du weißt nicht, ob du jung oder alt bist. Du weißt nicht, ob duMann oder Frau bist. Alles, was mit dem Wachbewußtseinzusammenhing, verschwindet. Du betrittst die Welt der Träume.Du vergißt die Wachwelr, sie existiert nicht mehr. Am Morgendann verschwindet die Traumwelt. Du kehrst zurück.
Welche von beiden ist wirklich? – denn während du träum-test, besteht die wirkliche Welt, die Welt, die du im Wachzu-stand kanntest, nicht mehr. Du hast keine Vergleichsmöglichkeit.Und während du wach bist, besteht die Traumwelt nicht mehr.Du kannst nicht vergleichen. Welche ist wirklich? Warum nenntihr die Traumwelt unwirklich? Mit welcher Berechtigung?
Wenn ihr sagt: „Weil sie verschwindet, wenn ich wach bin",kann das nicht das Kriterium sein, denn auch eure Wachweltverschwindet, wenn ihr einschlaft und träumt. Ja, wenn ihr soargumentieren wollt, dann könnte die Traumwelt sogar nochwirklicher sein, denn während ihr wach seid, könnt ihr euch aneure Träume erinnern, aber wenn ihr träumt, könnt ihr euchnicht an euer Wachbewußtsein erinnern und die Welt, in die sieeingebettet ist. Welche ist also wirklicher, welche tiefer? Eurewirkliche Welt vermag die Traumwelt nicht vollends fortzu-spülen; sie scheint solider, wirklicher zu sein. Und woran esfestmachen? Wie soll man's sagen? Wie vergleichen?
Tantra zufolge sind beide unwirklich. Aber was ist dann wirk-lich? Tantra zufolge ist derjenige wirklich, der sowohl dieTraumwelt erkennt als auch die Wachwelt erkennt – der näm-lich wird nie transzendiert, wird nie beseitigt. Ob du nunträumst oder ob du wach bist – er ist da, unerschütterlich.
Tantra zufolge ist derjenige wirklich, der den Traum wahr-nimmt, aber auch wahrnimmt, daß nunmehr der Traum zuEnde ist – derjenige, der die Wachwelt erkennt und der erkennt,daß jetzt die Wachwelt verschwunden ist – weil es nirgendwoeinen Punkt gibt, wo er nicht ist. Er ist immer da. Das, was nichtzu beseitigen ist, durch keine Erfahrung, ist das Wirkliche. Das,was nicht transzendiert werden kann, über das man nicht hin-ausgehen kann, ist dein Selbst. Alles, was du hinter dir lassenkannst, das war nicht dein Selbst. Diese Gurdjieffsche Methode,
die er „Selbst-Erinnerung" nennt, oder Buddhas Methode, die er„rechtes Bewußtsein" nennt, oder dieses Tantra-Sutra — sie alleführen zum gleichen hin. Sie führen in dir selber zu einemPunkt hin, der weder das Erkannte noch das Erkennende ist,sondern ein Selbst-als-Zeuge ist, das beides erkennt.
Dieses Zeuge-Selbst ist das Höchste, über es führt nichts hin-aus. Denn nunmehr wird alles, was du tust, nur ein Zeugeseinsein. Über das Zeugesein kannst du nicht hinaus gehen. Zeuge-sein ist somit die letztendliche Grundschicht, die eigentlicheGrundlage von Bewußtsein.
Dieses Sutra wird es euch klarmachen:
Ein jedes Ding wird durch Erkennen wahrgenommen. Das Selbsterstrahlt im Raum durch Erkennen. Nimm ein einziges Seinwahr — als Erkennender und Erkanntes.
Wenn du in dir einen Punkt wahrnehmen kannst, der sowohlErkennender wie Erkanntes ist, dann hast du beides hinter dirgelassen, Objekt wie Subjekt. Dann hast du beides transzen-diert, die Materie wie den Geist. Dann hast du beides transzen-diert, das Äußere wie das Innere. Du bist an einem Punktangelangt, wo Erkennender und Erkanntes zusammenfallen.Die Trennung ist aufgehoben.
Im Verstand herrscht immer Trennung. Nur im Zeugeseinverschwindet die Trennung. Im Zeugesein kannst du nichtsagen, wer das Erkannte und wer das Erkennende ist — es ist bei-des. Aber dies muß auf Erfahrung beruhen; andernfalls ver-kommt es zum philosophischen Streitgespräch. Probiert es alsoaus, experimentiert!
Du sitzt vor einer Rosenblüte: Schau sie an. Zu allererst gilt eshier, vollkommen aufmerksam zu sein: Schenke der Rose totaleAufmerksamkeit, so daß die ganze Welt zurückweicht und nurnoch die Rose da ist — dein Bewußtsein richtet sich restlos aufdas Dasein der Rose. Ist die Aufmerksamkeit restlos, dann ver-schwindet die Welt, denn je mehr sich die Aufmerksamkeit aufdie Rose konzentriert, desto mehr weicht alles zurück. Die Weltlöst sich auf; nur die Rose bleibt. Die Rose wird die ganze Welt.
Dies ist der erste Schritt - sich auf die Rose zu konzentrieren.Wenn du dich nicht auf die Rose konzentrieren kannst, wird esschwer werden, weiter zum Erkennenden zu gehen, weil dudann immer abgelenkt bist. Konzentration wird also zur erstenStufe in Richtung Meditation. Nur die Rose bleibt; die ganzeWelt hat sich aufgelöst. Nun kannst du dich nach innen wenden;nun wird die Rose zum Sprungbrett, von dem aus du fortfährst.Nun sieh die Rose und beginne dabei, dir deiner selbst allmäh-lich bewußt zu werden - des Erkennenden.
Am Anfang wird es mißlingen. Sobald du zum Erkennendenübergehst, wird die Rose deiner Aufmerksamkeit entfallen. Siewird verblassen, sie wird weit weg gehen, sie wird ferne sein.Nun näherst du dich wieder der Rose - und vergißt darüberdich selbst. Dieses Versteckspielen wird weitergehen, aber wenndu durchhältst, kommt über kurz oder lang der Augenblick, dadu plötzlich dazwischen bist. Der Erkennende, dein Geist, unddie Rose werden da sein, und du wirst genau in der Mitte sein,auf beides schauend. Dieser mittlere Punkt, dieser Gleichge-wichtspunkt, ist der Zeuge.
Hast du ihn einmal erfahren, bist du zu beidem geworden.Dann gehören die Rose - das Erkannte - und der Erkennende -dein Geist - einfach nur als zwei Flügel zu dir, und du bist bei-der Mitte. Beides geht aus dir hervor. Dann gehen die Welt unddas Göttliche beide aus dir hervor. Du bist zum genauen Mit-telpunkt des Seins geworden. Und dieser Mittelpunkt ist nichtsweiter als ein Zeuge.
Nimm ein einziges Sein wahr - als Erkennender und Erkanntes.
Beginnt damit, euch auf irgendetwas zu konzentrieren. Unddann versucht, sobald die Konzentration restlos geworden ist,nach innen zu gehen, eurer selbst gewahr zu werden. Und dannversucht, ein Gleichgewicht herzustellen. Es wird etwas dau-ern - Monate, wenn nicht Jahre. Das kommt darauf an, wieintensiv ihr euch darum bemüht, denn es gehört ein außeror-dentliches Feingefühl dazu, die Waagschalen auszugleichen.Aber es geht, und wenn es dann so weit ist, seid ihr am Mittelpunkt der Existenz angekommen. In diesem Mittelpunktseid ihr verwurzelt, seid ihr gegründet – still, selig, in Ekstase –und alle Dualität entfällt. Dies ist es, was die Hindus samadhigenannt haben. Dies ist es, was Jesus Reich Gottes genannt hat.
Einfach nur den Wortlaut zu begreifen wird nicht viel helfen,aber wenn es euch ernst damit ist, werdet ihr von Anfang anmerken, daß da etwas vor sich geht. Wenn ihr euch auf die Rosekonzentriert, wird die Welt verschwinden. Das allein ist schonein Wunder! – wenn die ganze Welt verschwindet. Danach wirdeuch klarwerden, daß es vor allem auf eure Aufmerksamkeitankommt, und daß, wo immer ihr eure Aufmerksamkeit hin-lenkt, eine Welt entsteht, und wo immer ihr eure Aufmerk-samkeit entzieht, die Welt wegfällt. Also könnt ihr vermögeeurer Aufmerksamkeit Welten erschaffen!
Oder seht euch die Sache einmal folgendermaßen an: Du sitztjetzt hier. Wenn du in jemanden verliebt bist, dann bleibt indiesem Raum plötzlich nur noch ein einziger Mensch übrig.Alles übrige verschwindet, es ist nicht da. Was passiert da?Warum bleibt nur noch ein Mensch übrig, wenn du verliebtbist? Tatsächlich ist dann die ganze Welt wie weggeblasen, wirdsie gespensterhaft – lauter Schatten. Ein einziger Mensch istwirklich, weil dein Geist jetzt auf einen Menschen konzentriertist, dein Kopf nur noch mit einem Menschen beschäftigt ist.Alles andere ist schattenhaft geworden, ein Schattendasein – fürdich ist es nicht wirklich.
Wann immer es dir gelingt, dich zu konzentrieren, verändertdie bloße Konzentration das ganze Strickmuster deines Daseins,das ganze Gewebe deines Geistes. Probier's aus – egal woran. Dukannst es mit einer Buddhastatue oder einer Blume oder einemBaum oder was auch immer ausprobieren – oder auch nur mitdem Gesicht des geliebten Menschen oder deines Freundes ...betrachte einfach das Gesicht.
Das fällt leicht, denn wenn du ein bestimmtes Gesicht lieb-hast, ist es ganz einfach, sich darauf zu konzentrieren. Undtatsächlich waren die Leute, die sich ganz auf Buddha, auf Jesus,auf Krishna zu konzentrieren suchten, alle miteinander Lie-bende. Also fiel es einem Sariputta oder einem Maudgalyan oder all seinen andern Schülern überhaupt nicht schwer, sich aufBuddhas Antlitz zu konzentrieren – liebten sie Buddha doch! Siebrauchten Buddhas Gesicht nur anzuschauen, und schon ström-ten sie ihm rückhaltlos entgegen. Es war Liebe da, sie waren bisüber beide Ohren verliebt.
Versucht also, euch ein Gesicht zu suchen – jedes Gesichtkommt in Frage, Hauptsache, ihr liebt es – und schaut ihm ein-fach in die Augen und konzentriert euch auf das Gesicht. Plötz-lich fällt die ganze Welt weg, hat sich eine neue Dimensionaufgetan. Euer Geist ist auf eine einzige Sache konzentriert;dann wird diese Person oder diese Sache zur ganzen Welt.
Wenn ich dies sage, meine ich damit, daß euch alles, worauf ihreure gesamte Aufmerksamkeit richtet, zur ganzen Welt wird; ihrerzeugt die Welt durch eure Aufmerksamkeit. Eure Welt erschafftihr euch durch eure eigene Aufmerksamkeit. Und wenn ihr rest-los darin versunken seid, diesem Gegenstand entgegenströmt wieein Fluß, dann werdet ihr euch plötzlich der ursprünglichenQuelle bewußt, aus der diese Aufmerksamkeit strömt. Der Flußströmt bereits – jetzt werde dir seines Ursprungs bewußt.
Anfangs wirst du immer wieder den Faden verlieren, wirst duhin und her springen. Wenn du dich dem Ursprung zuwen-dest, wirst du den Fluß und das Objekt vergessen – das Meer,dem er entgegenströmt. Es wird springen; wenn du zum Objektkommst, wirst du den Ursprung vergessen. Das ist natürlich,weil der Kopf sich gewohnheitsmäßig nur dem Objekt oderdem Subjekt zuwenden kann.
Das ist der Grund, warum viele Leute Zurückgezogenheitsuchen – sie lassen einfach die Welt hinter sich. „Die Welt hin-ter sich lassen" heißt im Grunde, die Objektwelt verlassen, umsich ganz sich selber widmen zu können. Das ist einfach. Wenndu dich aus der Welt zurückziehst und die Augen schließt und alldeine Sinne verschließt, kannst du dir ohne weiteres deiner selbstbewußt sein. Doch ist diese Bewußtheit auch wiederum unecht,weil du dich damit für einen Einzelpol der Dualität entschiedenhast. Das Pendel derselben Krankheit schlägt damit nur insandere Extrem aus. Erst warst du dir nur des Objekts – desErkannten – bewußt, ohne dir des Subjekts – des Erkennenden – bewußt zu sein. Jetzt hast du dich auf den Erkennenden fixiertund das Erkannte vergessen; aber du bleibst nach wie vor inDualität gespalten. Und somit ist es nur die alte Geistesverfassungin neuer Anordnung. Nichts ist anders geworden.
Daher betone ich hier so sehr, der Welt der Objekte nichtden Rücken zu kehren: Lauft nicht weg vor der Welt derObjekte! Werdet euch vielmehr beider Reiche bewußt – desReichs des Subjekts wie des Reichs der Objekte, gleichzeitig; desInneren wie des Äußeren, gleichzeitig. Erst wenn beide da sind,könnt ihr zwischen beiden ein Gleichgewicht herstellen. Wennnur eines da ist, ergreift dieses eine Besitz von euch.
Wer in den Himalaja zieht und sich dort abschottet, der istgenau wie ihr, nur daß er jetzt auf dem Kopf steht. Ihr seid aufdie Objekte fixiert, sie fixieren sich auf das Subjekt. Ihr seid aufsÄußere fixiert, sie fixieren sich aufs Innere. Weder ihr seid freinoch sind sie es, weil man mit einer Seite allein nicht frei seinkann. Wenn nur eines da ist, identifiziert man sich damit. Freikönnt ihr nur dann sein, wenn ihr euch beider bewußt werdet.Dann könnt ihr das dritte werden, und das dritte ist der Frei-heitspunkt. Ist nur eines da, identifiziert ihr euch. Sind beide da,könnt ihr euch bewegen, könnt ihr hin und her gehen, könnt ihrausgleichen und schließlich zum Punkt in der Mitte gelangen,zum absoluten Mittelpunkt.
Buddha hat immer gesagt, daß sein Weg ein mittlerer Wegsei – majjhim nikai. Man hat nie wirklich verstanden, warum ersoviel Wert darauf legte, vom mittleren Weg zu sprechen. DerGrund ist dieser: Weil sein ganzes Vorgehen auf Achtsamkeitberuhte – und das ist nun einmal der Weg in der Mitte! Buddhasagte: „Kehrt euch nicht ab von dieser Welt, klammert euchaber auch nicht an jene Welt. Haltet euch vielmehr genaudazwischen. Denn in der Mitte hören beide auf zu sein. Genauin der Mitte seid ihr frei. Genau in der Mitte herrscht keineDualität, seid ihr beim Einen angelangt, und ist die Dualitätlediglich zu euren Ausläufern geworden – einfach zwei Flügel."
Buddhas „Mittelweg" beruht genau auf dieser Technik. Sieist wunderschön; sie ist aus sehr vielen Gründen schön. Erstens:Sie ist sehr wissenschaftlich; denn nur zwischen zweierlei läßt sich ein Gleichgewicht herstellen. Wenn nur ein Punkt vorhan-den ist, führt das zwangsläufig zu Schlagseite. Buddha sagt damit,daß Menschen, die weltlich sind, Schlagseite bekommen, unddaß Menschen die entsagt haben, ebenso Schlagseite bekom-men, nur zur Gegenseite. Ein ausgeglichener Mensch ist einer,der weder nach dieser noch nach der anderen Seite hin aus-schlägt. Er lebt einfach in der Mitte. Man kann ihn weder welt-lich nennen, noch kann man ihn jenseitig nennen. Er hatBewegungsfreiheit, er ist an keins von beiden gebunden. Er istzur Mittellinie gelangt - zur „goldenen Mitte".
Zweitens: Es ist sehr einfach, dich auf die Gegenseite zuschlagen - zum anderen Extrem zu gehen - sehr einfach. Wenndu zuviel ißt, kannst du leicht fasten; aber eine Diät einzuhalten,das fällt dir schwer. Wenn du zuviel redest, kannst du ganz leichtein Schweigegelübde tun; aber weniger zu reden, das fällt dirschwer. Wenn du zuviel ißt, ist es sehr leicht, gar nichts zuessen - das ist das andere Extrem. Aber mäßig zu essen, eineMittellinie einzuhalten, das ist sehr schwer. Jemanden zu liebenist einfach; jemanden zu hassen, ist einfach. Weder das einenoch das andere zu tun, ist sehr schwer. Vom einen Extrem kannman ohne weiteres ins andere verfallen.
In der Mitte zu bleiben ist sehr schwer. Warum? Weil du inder Mitte deinen Verstand aufgeben mußt. Dein Verstand be-steht aus Extremen. Verstand ist gleichbedeutend mit Exzeß.Der Verstand ist immer ein Extremist: „Entweder bist du dafüroder du bist dagegen." Du darfst nicht einfach neutral sein. DerVerstand kann Neutralität nicht ertragen; er kann nur hier oderdort sein ... weil der Verstand auf Gegensätze angewiesen ist,weil er einen Gegenpol braucht. Wenn er zu nichts im Gegen-satz steht, verschwindet er. Dann kann er quasi die Hände in denSchoß legen, er kann nicht mehr funktionieren. Probiert es aus.Werdet einmal neutral, wie auch immer ... gleichmütig: Plötz-lich setzt der Verstand aus. Wenn du für etwas bist, kannst dudenken; wenn du gegen etwas bist, kannst du denken. Wenn duweder dafür noch dagegen bist, was gibt es da noch zu denken?
Buddha zufolge ist Gleichmütigkeit das Fundament des Mit-telweges. Upeksha, Gleichmütigkeit - angesichts von Extremen die Achseln zucken.
Probiert es nur einmal aus: Bleibt angesichtsvon Extremen gleichmütig. Eine Ausgewogenheit stellt sichein ... Diese Ausgewogenheit wird euch eine neue Dimensiondes Fühlens erschließen, wo ihr beides zugleich seid, der Erken-nende und das Erkannte, das Diesseits und das Jenseits, diesesund jenes, der Körper und der Geist. Du bist beides, undzugleich auch keins von beidem – über beidem. Es ist ein Drei-eck entstanden.
Ihr habt vielleicht schon bemerkt, daß viele okkulte Gesell-schaften oder Geheimbünde sich das Dreieck zum Symbolgenommen haben. Das Dreieck ist eines der ältesten okkultenSymbole, und zwar genau aus diesem Grund – weil das Dreieckdrei Winkel hat. Normalerweise hat man nur zwei Winkel; derdritte fehlt, er ist noch nicht entstanden, hat sich noch nicht ent-wickelt. Der dritte steht über den beiden. Die ersten beidengehören zu ihm, sind Teil von ihm, er jedoch übersteigt sie undsteht höher als beide.
Wenn ihr dieses Experiment einmal macht, werdet ihr dazubeitragen, daß in eurem Innern ein Dreieck entsteht. Der dritteWinkel wird sich nach und nach erheben; und ist er erst einmalda, könnt ihr nie mehr unglücklich sein. Wer erst einmal Zeugesein kann, der kann nicht unglücklich sein. Unglück heißt, sichmit etwas zu identifizieren.
Aber da gilt es einen sehr feinen Punkt zu beachten: Dannwerdet ihr euch nicht einmal mehr mit Glückseligkeit identifi-zieren. Aus diesem Grund sagt Buddha: „Ich kann euch nursoviel sagen: Daß es dann kein Unglück mehr gibt. Im Samadhi,in der Ekstase, wird es kein Unglück geben. Womit ich nichtsage, daß dann Glückseligkeit eintritt." Buddha sagt: „Das kannich nicht sagen. Ich kann nur sagen, daß es dann kein Unglückgibt."
Und er hat recht. Denn Glückseligkeit heißt soviel wie: In kei-ner Weise mehr mit etwas identifiziert sein – nicht einmal mitder Glückseligkeit. Dies ist sehr subtil. Wenn du das Gefühlhast: „Aha, das muß jetzt die Glückseligkeit sein!", wird dichfrüher oder später das Unglück wieder eingeholt haben. Wenndu meinst, selig zu sein, bereitest du dich damit schon darauf vor, wieder unselig zu sein: Immer noch identifizierst du dich näm-lich mit einer Stimmung.
Du bist überglücklich! Jetzt identifizierst du dich mit demGlücksgefühl. Sobald du dich mit dem Glücklichsein identifi-ziert hast, beginnt das Unglücklichsein. Jetzt wirst du dich daranfestklammern, jetzt wirst du Angst bekommen vor der Gegen-seite, jetzt wirst du erwarten, daß es auf Dauer bei dir bleibt.Damit hast du alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dasUnglück einzuladen, und dann tritt das Unglück ein, und wersich mit dem Glück identifiziert, der identifiziert sich auch mitdem Unglück. „Identifikation" – so heißt die Krankheit.
Am dritten Eck bist du mit gar nichts identifiziert. Alles waskommt und geht, das kommt und geht: Du aber bleibst Zeuge,nur ein Zuschauer – neutral, gleichmütig, unidentifiziert.
Der Morgen bricht an und die Sonne geht auf und du regi-strierst es – als Zeuge. Du sagst nicht: „Dieser Morgen bin ich!"Und wenn dann der Mittag da ist, sagst du nicht: „Ich bin zumMittag geworden!" Du registrierst es. Und wenn die Sonneuntergeht und das Dunkel und die Nacht hereinbricht, sagst dunicht: „Ich bin das Dunkel und die Nacht!" Du registrierst es alsZeuge. Du sagst: „Erst kam der Morgen, dann kam der Mittag,dann kam der Abend, und jetzt ist es Nacht. Und bald wird eswieder Morgen sein und der Kreislauf geht weiter so, und ichbin nur ein Zuschauer. Ich mache den Zeugen."
Wenn dir das gleiche auch mit deinen Stimmungen möglichwird – deinen Morgenstimmungen und Mittagsstimmungenund Abend- und Nachtstimmungen, und sie ihre eigenen Kreiseziehen, sie einfach immer nur weitergehen – wirst du zu einemZeugen. Dann sagst du: Jetzt ist das Glück gekommen, genauwie der Morgen. Und gleich wird die Nacht kommen – dasUnglück. Die Stimmungen um mich her werden sich verän-dern, ich aber werde in mir selbst zentriert bleiben. Ich werdekeiner dieser Stimmungen anhaften. Ich werde mich an keineStimmung klammern. ich werde nichts erhoffen und ich werdenichts vermissen. Ich werde einfach Zeuge sein. Was immergeschehen mag, ich werde es mir ansehen. Wenn es kommt,werde ich es sehen. Wenn es weggeht, werde ich es sehen."

Buddha benutzt diese Technik viele Male. Er sagt wieder undwieder: ,Wenn ein Gedanke auftaucht, dann schau hin. Dirkommt ein Glücksgedanke oder ein Unglücksgedanke – schauihn dir an. Er wird seinen Gipfel erreichen – schau ihn dir an.Dann fängt er an abzufallen – schau ihn dir an. Dann löst er sichauf – schau es dir an. Seinen Aufstieg, seine Entfaltung, sein Ster-ben... du hingegen bleibst immer nur Zeuge. Du schaust es dirimmerzu an. Dieses dritte Eck macht dich zum Zeugen – sakshin.Und Zeuge zu sein, ist die höchste Möglichkeit des Bewußtseins.

Quelle: Osho - Das Licht der Bewusstheit