Abschaltung der Münzfernsprecher

Wie konnten am 21.11.2022 anscheinend alle (auch solche in Privatbesitz, zum Beispiel in Gaststätten) Münzfernsprecher abgeschaltet werden? Könnte eigentlich theoretisch ein Hacker jeden beliebigen Telefonanschluß abschalten? Kann die Mobilfunkversorgung für bestimmte Gebiete zentral abgeschaltet werden?

Marfrank schrieb:(auch solche in Privatbesitz, zum Beispiel in Gaststätten)

Wie kommst Du darauf? Alles was ich zum Thema Abschaltung am 21.11.22 mitbekommen habe, ist, dass die Telekom ihre Münzfernsprecher ("Telefonzellen") abschalten wird.

Marfrank schrieb:Könnte eigentlich theoretisch ein Hacker jeden beliebigen Telefonanschluß abschalten?

Telefonanschlüsse können (gezielt) von der Telefongesellschaft abgeschaltet werden, ja. Das passiert z.B. wenn Du bei einem Wegzug Deinen Anschluss abmeldest. Aber das hat nichts mit der Art des Fernsprechers zu tun. Da ist egal, ob nun ein Münzfernsprecher, ein Telefon mit Schnur oder eine DECT Basisstation angeschlossen sind.

H.W.Flieh schrieb:Telefonanschlüsse können (gezielt) von der Telefongesellschaft abgeschaltet werden, ja. Das passiert z.B. wenn Du bei einem Wegzug Deinen Anschluss abmeldest. Aber das hat nichts mit der Art des Fernsprechers zu tun. Da ist egal, ob nun ein Münzfernsprecher, ein Telefon mit Schnur oder eine DECT Basisstation angeschlossen sind.

Unabhängig davon braucht ein öffentliches Münz- oder Kartentelefon ja irgendwo einen ''Server'' der ihm vermittelt, was die einzelne Gesprächseinheit kostet, z.B. ins Ausland, oder auch andere Systeme vermittelt wie z.B. R-Gespräche oder Mailboxdienste. Wenn ich diesen abstelle weil kein Bedarf mehr besteht funktioniert dieser Modus dann logischerweise nicht mehr.

Bei der Telekom ist es jetzt so dass aktuell erstmal nur die Münz-Funktion deaktiviert wird, die Funktion per Telefonkarte zu zahlen läuft noch bis Januar. Vermutlich will man so die -erheblichen- Kosten des Bargeldgeschäfts loswerden, im Dezember kommt es wohl noch zur letztmaligen Leerung und dem Verplomben der Geräte bis dann im Januar alles abgestellt wird.

bgeoweh schrieb:Unabhängig davon braucht ein öffentliches Münz- oder Kartentelefon ja irgendwo einen ''Server'' der ihm vermittelt, was die einzelne Gesprächseinheit kostet
[...]
Wenn ich diesen abstelle weil kein Bedarf mehr besteht funktioniert dieser Modus dann logischerweise nicht mehr.

Wäre soweit richtig. Aber wie Du ja auch geschrieben hast:

bgeoweh schrieb:Bei der Telekom ist es jetzt so dass aktuell erstmal nur die Münz-Funktion deaktiviert wird, die Funktion per Telefonkarte zu zahlen läuft noch bis Januar.

Daher wird der Dienst ja nicht abgeschaltet werden.

Was mich aber irgendwie zu der Frage bringt: Gibt es wirklich in Privatbesitz noch Münzfernsprecher?

H.W.Flieh schrieb:Wäre soweit richtig. Aber wie Du ja auch geschrieben hast:

Doch schon, halt erst im Januar.

H.W.Flieh schrieb:Was mich aber irgendwie zu der Frage bringt: Gibt es wirklich in Privatbesitz noch Münzfernsprecher?

Sicherlich, warum denn nicht? Die privaten ''Clubtelefone'' laufen ja allermeistens so dass sie als ganz normaler Haushaltsanschluss auf Rechnung des Betreibers abgerechnet werden und dieser dafür die Münzerlöse einbehält. Dementsprechend haben die auch meistens nur einen Tarif. Das gibt's durchaus in Motels, Hotels und Gaststätten noch, oder auf Campingplätzen und vergleichbaren Einrichtungen. Da die oft sowieso schon für Waschmaschinen, Spülmaschinen und Duschen Münz- oder Tokenautomaten haben halten sich die zusätzlichen Handlingkosten für solche Betreiber dann auch in Grenzen und es kann durchaus sogar profitabel sein.

bgeoweh schrieb:Sicherlich, warum denn nicht? Die privaten ''Clubtelefone'' laufen ja allermeistens so dass sie als ganz normaler Haushaltsanschluss auf Rechnung des Betreibers abgerechnet werden und dieser dafür die Münzerlöse einbehält.

Habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen sowas... oder einfach nicht mehr darauf geachtet.

H.W.Flieh schrieb:Habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen sowas... oder einfach nicht mehr darauf geachtet.

Es ist auch nicht mehr so weit verbreitet wie vor z.B. 50 Jahren, aber ein paar zehntausend Stellen wird es wohl insgesamt noch geben. Sowas fällt einem denke ich nur auf wenn man bewusst danach sucht, ein Nichtraucher bemerkt ja auch nicht jeden Zigarettenautomaten.

Zum Vergleich: bei der Wende gab es noch über 250.000 Telefonzellen in Gesamtdeutschland, zum Jahrewechsel diesen Jahres sind es weniger als 14.000. Schon im Jahr 2000 war gut jeder zweite ''Wende''-Zelle abgebaut. Zellen die abgebaut wurden machten einen Monatsumsatz von unter 50€. Demgegenüber gibt es in Deutschland aktuell ca. 115 Mio aktive SIM-Karten, also rechnerisch ca. 1,5 aktive Karten pro Einwohner.

bgeoweh schrieb:also rechnerisch ca. 1,5 aktive Karten pro Einwohner.

Das ist ziemlich genau das was ich habe. Eine aktive Karte und eine die nach Bedarf verwendet wird.

bgeoweh schrieb:aber ein paar zehntausend Stellen wird es wohl insgesamt noch geben.

Okay... aber mit Münzen? Aber meinetwegen, egal ob jetzt münzbasiert oder sonstwie abgerechnet wird: Die Telefonunternehmen werden auch sicherlich nicht Gebühreninformationen abschalten, also der Weiterbetrieb wird schon möglich sein. Alleine die Abschaltung der Münzfunktion der (Telekom eigenen) Telefonzellen und die endgültige Abschaltung der Telefonzellen im Januar ist mir bisher bekannt. Daher wundert mich noch die Information aus dem EP von @Marfrank

Marfrank schrieb:Wie konnten am 21.11.2022 anscheinend alle (auch solche in Privatbesitz, zum Beispiel in Gaststätten) Münzfernsprecher abgeschaltet werden?

Dazu habe ich noch nichts mitbekommen.

Das ist das Gleiche, wie mit Briefkästen. Sucht mal ´ne gelbe Postbox... ;)

Was aber ANALOGE Telefone angeht würde ich denken, dass man entweder den "Draht" kappen muss oder dass der Anbieter einfach softwaretechnisch den betreffen Anschluss stillegt.

Um die Münzfunktion stillzulegen, braucht es m.M.n. einen Hardwareeingriff in die Fernsprechgeräte direkt.

Gucky.

H.W.Flieh schrieb:Dazu habe ich noch nichts mitbekommen.

Das ist soweit ich das verstehe auch nicht richtig. Die Rede ist davon dass die Telekom die Münzfernsprecher abschaltet die sie betreibt, was eben so gut wie alle Münztelefone im öffentlichen Raum, also hauptsächlich Telefonzellen, betreffen dürfte. Die Privatgeräte sind soweit ich das verstanden habe davon nicht betroffen, genausowenig wie öffentlich zugängliche Geräte die privat betrieben werden.

Gucky87 schrieb:Um die Münzfunktion stillzulegen, braucht es m.M.n. einen Hardwareeingriff in die Fernsprechgeräte direkt.

Meinst Du nicht, dass das bei den aktuellen Telefonzellen über einen Remote Firmwareupdate zu erledigen ist?

Gucky87 schrieb:Das ist das Gleiche, wie mit Briefkästen. Sucht mal ´ne gelbe Postbox... ;)

Brauch ich nicht.. die Standorte von den Dingern kenne ich hier Umkreis sogar tatsächlich.

bgeoweh schrieb:Das ist soweit ich das verstehe auch nicht richtig.

Ok, dann haben wir das offenbar gleich verstanden.

Gucky87 schrieb:Um die Münzfunktion stillzulegen, braucht es m.M.n. einen Hardwareeingriff in die Fernsprechgeräte direkt.

Nicht zwangsläufig, du kannst den Münzprüfer auch so einstellen dass er das Geld nicht mehr ''kassiert''. Ob das per Fernwartung geht kann ich dir nicht sagen, wüsste jetzt aber keinen zwingenden Grund warum das nicht gehen sollte.

H.W.Flieh schrieb:Meinst Du nicht, dass das bei den aktuellen Telefonzellen über einen Remote Firmwareupdate zu erledigen ist?

Haben die sowas denn?

bgeoweh schrieb:Nicht zwangsläufig, du kannst den Münzprüfer auch so einstellen dass er das Geld nicht mehr ''kassiert''.

Das geht aus der Ferne?

Gucky.

Gucky87 schrieb:Das geht aus der Ferne?

Ich hab doch gerade gesagt dass ich nicht weiß ob das aus der Ferne geht, aber technisch wäre das kein Problem. Der hat ja eine Steuerungsplatine usw. und das Telefon an sich hat garantiert einen Fernwartungsmodus um z.B. bei einem Tarifwechsel zeitgleich überall die neuen Werte aufzuspielen ohne dass ein Techniker jede einzelne Zelle besuchen muss.

Gucky87 schrieb:Haben die sowas denn?

Kann ich mir gut vorstellen.
Zumindest die magentafarbenen Viecher sind modern genug als dass das vorstellbar wäre. Und Online sind die ja eh.

Vermutlich ist der Zoo an Telefonzellen da draußen aber nicht homogen. Also daher denkbar, dass vereinzelt noch irgendwo ein Telekomtechniker dem Münzzähler zu Leibe rücken muss.

H.W.Flieh schrieb:Vermutlich ist der Zoo an Telefonzellen da draußen aber nicht homogen. Also daher denkbar, dass vereinzelt noch irgendwo ein Telekomtechniker dem Münzzähler zu Leibe rücken muss.

Doch, die sind sogar überraschend homogen. In Deutschland waren seit der Umfirmierung auf ''Magenta'' nur vier echte Telefonzellenmodelle im Einsatz die Münzbetrieb erlaubten, reine Kartentelefone gab es ein paar mehr. Da man die Münzgeräte zwangsläufig ziemlich robust aufbauen muss um sie gegen Aufbruch zu sichern halten die ewig, und was einmal abgeschrieben ist und funktioniert lässt man halt laufen.

bgeoweh schrieb:In Deutschland waren seit der Umfirmierung auf ''Magenta'' nur vier echte Telefonzellenmodelle im Einsatz die Münzbetrieb erlaubten, reine Kartentelefone gab es ein paar mehr.

Du hast recht, gerade bei Wikipedia gesehen.

Das älteste davon ist auch schon nicht mehr in Betrieb, womit nun wohl nur drei Modelle tatsächlich da draußen sind.

Das Münztelefon 23, 1992 bei der Deutschen Bundespost Telekom eingeführt, ist ein elektronisches softwaregesteuertes Münztelefon für analoge Hauptanschlüsse mit HKZ mit 16-kHz-Gebührenimpuls. Mitte dieses Jahres wurden die letzten Geräte von der Telekom abgebaut, Betrieb und Support sind eingestellt.

Quelle: Wikipedia: Münzfernsprecher

Und sogar dieses alte Modell konnte schon remote konfiguriert werden:

Softwaredownloads und die komplette Konfiguration des Gerätes sind möglich.

Quelle: s.o.

Warum überhaupt eine kollektive Abschaltung? Wäre es nicht sinnvoller die Telefonzellen bis zu ihren Abbau betriebsbereit zu lassen? Man könnte doch auch die letzte Leerung des Münzbehälters mit der Demontage verknüpfen!

Marfrank schrieb:Warum überhaupt eine kollektive Abschaltung? Wäre es nicht sinnvoller die Telefonzellen bis zu ihren Abbau betriebsbereit zu lassen? Man könnte doch auch die letzte Leerung des Münzbehälters mit der Demontage verknüpfen!

Keine Ahnung, aber viele Zellen werden wohl teilweise wochenlang überhaupt nicht genutzt, vermutlich ist es einfach egal und die eine Option irgendwie günstiger oder anderweitig besser als die Andere. Es kann z.B. ja sein dass die Demontage nicht durch Techniker der Telekom erfolgt, sondern ganz oder in manchen Fällen direkt durch einen Verwerter, die Zellen werden ja oft direkt verkauft. Oder einfach durch beauftragte Subunternehmer, die aber nicht gleichzeitig das Bargeldhandling machen.

@Marfrank

Die offizielle Telekom-Website sagt dazu unter Anderem:

Denn bei aller Nostalgie ist die Grenze der Wirtschaftlichkeit längst erreicht. Fast jedes dritte öffentliche Telefon hat im letzten Jahr keinen einzigen Euro Umsatz gemacht. Im Durchschnitt macht ein Standort der Telekom nur noch wenige Euro Umsatz im Monat. Und das steht in keinem Verhältnis zu den Unterhaltskosten, die den Umsatz um ein Vielfaches übersteigen. Konkret sind das Betriebskosten, Standmiete und Reinigung. Und leider auch immer wieder Kosten für die Beseitigung von Schäden durch Vandalismus und Diebstahl.

Quelle: https://www.telekom.com/de/blog/konzern/artikel/die-letzten-groschen-sind-gefallen-1019918

Und zu der anderen Frage:

Mit der Abschaltung der ungenutzten Technik-Dinosaurier lassen sich so zwischen sechs und 15 Millionen Kilowattstunden jährlich einsparen. Das entspricht dem Stromverbrauch von mehreren Tausend Wohnungen. Auch die Versorgung mit Ersatzteilen für die alte ISDN-Technik wird von den Hersteller-Firmen eingestellt und so zunehmend schwierig. Trotz aller schönen Erinnerungen wird es auch mit diesem Blick Zeit, Abschied zu nehmen. 

Bis Anfang 2023 wird die Telekom den Dienst nun schrittweise einstellen. Dazu wird am 21. November 2022 zunächst die Münzzahlung bundesweit deaktiviert. Ab Ende Januar wird dann auch die Zahlungsfunktion mittels Telefonkarten und somit der gesamte Telekommunikationsdienst an den Telefonsäulen bzw. -häuschen eingestellt.

Im Anschluss beginnt dann der Abbau der Stelen, der voraussichtlich bis Anfang 2025 abgeschlossen ist. In Absprache mit den Gemeinden nutzt die Telekom rund ein Viertel der Standorte für die Verbesserung des örtlichen Mobilfunks ohne öffentliche Telefoniefunktion weiter. Sie baut die Standorte mit so genannten Small Cells um. Das sind kleine Antennen, die Mobilfunksignale verstärken und damit den Mobilfunk weiter verbessern. 

Eine Verpflichtung zum Betrieb öffentlicher Telefone besteht seit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes Ende 2021 nicht mehr. Durch die geringe Nutzung tragen die öffentlichen Telefone nicht mehr zu einer Grundversorgung der Bevölkerung bei. Selbst für Notrufe sind die öffentlichen Telefone nicht mehr relevant. Auch hier übernimmt der Mobilfunk und unterstützt beispielsweise mit der Übermittlung der genauen Ortsangaben.

Quelle: selbe

Der Rückbau dauert also einige Jahre, bei gleichzeitig praktisch nicht mehr stattfindendem Umsatz an einem großen Teil der Geräte. Es besteht also keine relevante Notwendigkeit mehr, die Option noch weiter anzubieten und dafür den Gesamtablauf weiter zu verkomplizieren, auch weil der Betrieb schon lange ein großes Minusgeschäft ist und unnötig Energie verschwendet.