Autounfall dreier Mädchen Todesfahrt im Stadtwald: Jetzt spricht eine der Mütter
14.11.2015
Von CHRISTIAN SCHEH Der Autounfall im Stadtwald, bei dem ein 15-jähriges Mädchen aus Oberrad ums Leben kam, ist das Gesprächsthema Nummer eins im Stadtteil. Die Getötete war mit zwei ebenfalls minderjährigen Freundinnen in einem gestohlenen Opel unterwegs. Die Mutter der Beifahrerin vertraute sich gestern dieser Zeitung an.
Frankfurt.
Die Botschaft, die Sandra S. am wichtigsten ist, richtet sich an alle Eltern von „unproblematischen“ Jugendlichen: „Bitte zeigt nicht mit dem Finger auf uns, denen es nicht so gut geht!“, sagt die 47-Jährige. Sie habe alles versucht, um ihre Tochter Jessica* (15) wieder auf den rechten Weg zurückzuführen. Sie habe lange Gespräche geführt, Strafen ausgesprochen und, als sie gar nicht mehr weiter wusste, sogar das Jugendamt eingeschaltet. Jessica sei aber nicht bereit gewesen, etwas davon anzunehmen. Sie habe sich weiter mit ihren Freundinnen Nathalie* (15) und Pauline* (14) getroffen und mit ihnen auch Straftaten wie Einbrüche und Diebstähle begangen. „Die Drei brauchten anscheinend den Kick, es war für mich nur eine Frage der Zeit, bis es zum großen Knall kommt.“
Der „große Knall“ war der Autounfall im Stadtwald am Mittwochabend. Die Teenager fuhren in einem Opel Corsa ohne Kennzeichen, der am 4. November in Obernburg (Unterfranken) gestohlen worden war, auf dem Wendelsweg in den Forst. Jessica habe auf dem Beifahrersitz, Nathalie hinten gesessen, sagt Sandra S. Irgendwann muss Pauline, die am Steuer saß, die Kontrolle über das Fahrzeug verloren haben. Der Corsa verunglückte und blieb zwischen Bäumen auf der linken Seite liegen.
Jessica und Pauline hätten sich aus dem Auto befreien können, gibt die Mutter den Bericht ihrer Tochter wieder. Als die beiden ihre Freundin Nathalie angesprochen hätten, habe diese „nur noch ein gurgelndes Geräusch“ von sich gegeben und sei dann still geworden. Es sind Szenen wie diese, derentwegen Sandra S. unendliches Mitleid mit ihrer Tochter und Pauline hat. „Die beiden haben extrem viel Mist gebaut, diese schrecklichen Bilder werden sie aber nie wieder vergessen.“
Abgesehen davon hätten die Mädchen mit Nathalie eine Freundin verloren, die für sie „wie eine Schwester“ gewesen sei. Die Drei hätten sich von der Gruneliusschule, einer Grundschule in Oberrad, gekannt und seien auch nach dem Wechsel auf verschiedene, weiterführende Schulen unzertrennlich gewesen. Nathalie sei „eine Süße, Freche“ gewesen, sagt Sandra S. über das verunglückte Mädchen, das noch vor ein paar Tagen bei ihr ein- und ausging. Sie habe einen zum Lachen bringen, wie ihre beiden Freundinnen aber auch „wahnsinnig machen“ können.
Als Zivilpolizisten am Mittwochabend an der Tür der Drei-Zimmer-Wohnung klingelten, die Sandra S. mit ihrer Tochter und ihrem 17-jährigen Sohn bewohnt, war das für die Mutter erst einmal nichts Ungewöhnliches: „Die Polizei war ja leider schon öfter da, weil die Mädchen etwas angestellt hatten.“ Auf die Nachricht von dem Unfall und von Nathalies Tod seien bei ihr aber „alle Dämme gebrochen“, gibt Sandra S. zu – und wieder schießen ihr Tränen in die Augen.
Die Frage, wie die Mädchen zu dem gestohlenen Fahrzeug kamen, kann die Mutter nicht beantworten. Jessica behaupte, einen „Filmriss“ zu haben und sich an nichts vor dem Unfall erinnern zu können. Ob das die Wahrheit ist, erscheint fraglich. Am Mittwochabend tischten die Mädchen der Polizei zunächst die Geschichte von einem Mann auf, der am Steuer des Unfallautos gesessen habe. Erst in einem Verhör gaben sie dann zu, dass Pauline gefahren war.
Sandra S. erzählt, sie sei am Montag von einer Freundin benachrichtigt worden, dass Jessica und ihre Freundinnen im Nonnenpfad in einem Opel sitzen. Sie sei hingelaufen, habe das Trio tatsächlich in einem Corsa – dem späteren Unfallauto – vorgefunden und habe es daraus verjagt. Wem das Auto gehörte, habe Jessica nicht gesagt, es habe aber später nicht mehr auf der Straße gestanden. Die Polizei ermittelt.
*Die Namen der drei Jugendlichen wurden von der Redaktion geändert.
Quelle:
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Todesfahrt-im-Stadtwald-Jetzt-spricht-eine-der-Muetter;art675,1697833